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Gedanken über (theoretische) Kill-Szenarios im Auslandseinsatz


von Georg Mader

Seit ungefähr fünf Jahren ist für den informierten Beobachter zu bemerken, dass viele Länder in denen (oder über denen) Piloten zukünftiger EU- oder multinationaler Eingreif- oder Sicherungsszenarios bisher MiG-21, MiG-23, SU-22 oder ältere Mirage und F-5 begegnet wären - ohne Berücksichtigung der Fähigkeiten jener Piloten - in aller Stille auf moderne Jagdflugzeugmuster (meist russischer Provinienz) umgestellt haben. Der auch in der NATO (BRD, Ungarn, Polen) geflogene Luftüberlegenheits-Jäger MiG-29 mit seinen verschiedenen Ausformungen ist zuletzt in der neuesten - auch Österreich angebotenen - Version -SMT an Jemen gegangen, Sudan wird der nächste Kunde sein. Staaten wie Eritrea, Myanmar (Burma) und Bangladesh haben MiG-29 beschafft und Indien startet ein grosses Update-Programm für seine A-Versionen bzw. beschafft neue schiffsgestützte K-Versionen für sein Trägerprogramm. Die Tatsache, dass vor einem Jahr ein anonymer privater Betreiber (besser Besitzer) von zwei MiG-29 in den USA von der deutsch-russichen MAPS (MiG Aircraft Support GmbH) im bayrischen Manching logistische Unterstützung und Dokumentation kaufen wollte, zeigt dass darüber hinaus selbst nicht-staatliche Verbreitung dieses Hochleistungsjägers nicht mehr unrealistisch ist.

Dazu Überlegungen des österr. Verteidigungsministeriums vom August 2001:

"Aus militärischen Gründen besteht gerade am Beginn eines Einsatzes verstärkter Bedarf an fliegerischen Einsatzkräften. Dies würde auch für solidarische Maßnahmen im Rahmen der EU zutreffen, die insbesondere im Bereich der Luftstreitkräfte einen immer höheren Bedarf und eine immer größere Bedeutung erhalten. Österreich muß damit rechnen, in der EU vermehrt unter Druck zu geraten, wenn es - bei welchen Gelegenheiten auch immer - nicht in der Lage ist, seinen Teil des Luftraumes des EU zu überwachen bzw. zu sichern (Bsp.: Kosovo-Krise 1999) oder sich an Erstmaßnahmen nicht beteiligt und keine fliegerischen Einsatzmittel für solidarische Maßnahmen zur Verfügung stellt. Zusätzlich ist anzumerken, daß wegen des relativ deutlich geringeren Risikos für Flugzeugbesatzungen eine solche Beteiligung politisch erheblich günstiger zu beurteilen ist, als etwa der Einsatz infanteristischer Kräfte, der je nach Einsatzart mit hoher Wahrscheinlichkeit Menschenleben kostet. Wie ein Vergleich der Anzahl beigestellter Flugzeuge in der Kosovo-Krise zeigt, stellt schon eine Beteiligung mit 4 bis 6 Flugzeugen einen international willkommenen und wertvollen Beitrag dar, der auch nach außen signalisiert, daß einem Staat das Schicksal der gesamten Wertegemeinschaft nicht egal ist..."
Noch ein Kapital ernster ist die Export-Verbreitung des bekannten hochagilen Jägers SU-27 (und seinen verschiedenen Versionen) der russischen Firma Sukhoi. Von vielen US- und NATO-Institutionen wird die Su-Familie (NATO-Bezeichnung "Flanker") als einer der weltbesten Maschinen, ebenbürtig in der Klasse F-15, Rafale oder Eurofighter klassifiziert. Als eines der schubstärksten Flugzeuge in der Klasse über 20 Tonnen erstaunt die SU-27, -30, -35 und -37 auf vielen Flugshows mit physikalisch schwer nachzuvollziehenden Manövern, dank unikater Kombinationen von beweglicher Schub-Vektor-Steuerung und Canard-Vorflügeln. Seinerzeit als Abfangjäger für den grossen russischen Raum gedacht, vereinbart das Muster überlange Flugdauer mit einer Waffenlast bis zu 10 Flugkörpern RVV-AE oder R-73E, welche übrigens - auch nach westlicher Einschätzung - westlichen Missiles in etlichen Parametern zumindest gleichwertig sind. Zwar sieht man heute Putin's Russland mit anderen Augen als vor einigen Jahren, doch ist es für westliche Strategen und auch die Befehlshaber einer künftigen EU-Eingreiftruppe doch einfach beruhigend, dass die russiche Luftwaffe (VVS) selbst kein Geld hat, dieses äußerst leistungsfähige Flugzeug in nennenswerter Stückzahl in Dienst zu stellen.

Hingegen ist es keine angenehme Vorstellung, dass die Versionen dieses Musters im Rahmen der Überlebens-Anstrengungen der russischen Kontruktionsbüros und Fertigungsstätten recht vital exportiert werden, was selbst die (ohnmächtigen) russischen Luft-Generäle nicht begeistert. China und Indien haben jeweils Lizenzverträge zur Fertigung von 200 bzw. 140 Maschinen der SU-27/30 Serie im eigenen Land mit Russland abgeschlossen und darüber hinaus auch direkt Erstserien von ca. 50 - 80 Stück bestellt. Weiters sind in den letzten Jahren Vietnam (36), Syrien (ca. 12), Äthiopien (8) und Angola (8*von Belarus) "Kunden" geworden, zusätzlich zu den Beständen die von jenem Typ in den Luftstreitkräften der Ukraine (70), Kasachstans (32), Uzbekistans (30) und Belarus* einfach "zurückgeblieben" sind, bzw. von Russland (+400) im Verlauf als "Reparationen" geliefert wurden. Malaysia und Südkorea haben das neueste Muster der Familie jeweils in ihren laufenden RFPs adressiert und auch hier gibt es Berichte von zwei in die USA privat importierten SU-27. Im Sommer 2001 kostete eine Basisversion der zweisitzigen Strike-Variante USD 420 Mil.

Neben älteren Versionen diverser MiGs, verschiedener Mirage 5 und F-1, indonesischer, venezolanischer und pakistanischer F-16A, ca. 500 Northrop F-5 und diversen Eigenbauten, sind es also jene zwei erwähnten russischen Typen, die in Händen der genannten nationalen - aber in Hinkunft auch halbstaatlichen - Mächte in sehr vielen denkbaren bzw. noch unvorhersehbaren Szenarios anzutreffen sein werden. In diesem Zusammenhang muss daruf hingewiesen werden, dass nun nicht mehr schlecht ausgebildete Piloten der Nutzerländer direkt in den Cockpits sitzen können, sondern altgediente und erfahrene Söldnerpiloten die von Diktatoren oder Warloards gleich mitgemietet werden. Im Konflikt Äthiopien gegen Eritrea sind jene Männer aus Moldawien und der Ukraine erstmals auch gegeneinander angetreten und auch Mazedonien hat sie im Frühjahr 2001 mit den SU-25 aus der Ukraine gleich mitgekauft. Obwohl in heutigen Konflikt-Konstellationen AWACS und "situation awareness" eine führende Rolle bei jenen Einsätzen einnehmen wird, würden also jene Söldner in Zusammentreffen den künftig entsandten EU-Piloten alles abverlangen. Gerade in den denkbaren Szenarios welche nationale oder abgespaltene Kräfte der genannten Nationen beinhalten, wird es daher auf die Leistungsparameter bzw. auf nachgewiesene Kampferfolge der genannten Flugzeugtypen ankommen, welche auch in der österreichischen Selektion beinhaltet sind.

Was für die Führung der österreichischen Fliegerkräfte daraus abzuleiten wäre, stellt sich wie folgt dar. Da Boeing's F-18 für Österreich nun nicht realisiert werden wird und von der Mirage 2000 kein "Anlassen" zu hören ist, kann es auf Grund der (bereits hinlänglich dargestellten) resultierenden Favoriten-Konstellation darauf hinauslaufen, dass - im schlimmsten Fall - Österreicher am Himmel über entlegenen Regionen der Welt sterben könnten, bzw. andere EU-Kameraden oder NATO-Piloten plötzlich ohne Deckung sind, sollte die falsche Entscheidung bezüglich der beschafften Technologie getroffen werden. Es sollte jedenfalls unbedingt vermieden werden, das wertvolle hochspezialisierte Piloten aus der Steiermark für den falsch verstandenen Götzen schneller volkswirtschaftlicher Prosperität in Friedenszeiten geopfert werden. Da es sich um militärisches Gerät handelt, sollten dessen militärische Fähigkeiten für die österreichische Entscheidung - mindestens - ebenso ausschlaggebend sein wie industrielle Beteiligungen, Cluster oder Betriebsansiedlungsprojekte !


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Letzte Aktualisierung: 12.01.2002