Der Empfänger des Jindalee Operational Radar Network (JORN) in Australien.

Die Antennenmasten des JORN sind 5,5m hoch und erstrecken sich über 2,5km Länge.

Der Nachfolger des JORN soll aus 300 einzelnen Antennen bestehen.

Anti-Stealth

Es gibt mehrere denkmögliche Ansätze wie man der "Stealth-Gemeinde" das Leben möglichst schwer machen könnte.

Die simpelste Methode wäre sicher eine Verstärkung der Sendeleistung an den vorhandenen Luftraumüberwachungs-Standorten. Auch eine noch so kleine Signatur muss bei steigendem Energieeinsatz irgend wann einmal sichtbar werden.

Das AN/FPS-118 "Over-The-Horizon-Backscatter" in Maine "überblickt" den kompletten Nordatlantik und sieht von der Südküste Grönlands über Island, Nordschweden, den Norden und Westen Deutschland's, Frankreich, Spanien, Gibraltar, die Westküste Afrikas bis in den Norden Brasiliens, ganz Kolumbien sowie einen Bereich Mittelamerikas und einen kleinen Teil des Pazifiks westlich von Panama.
Einen ähnlichen Zugang haben gigantische Anlagen die extreme Reichweiten aufweisen, wie sie Australien im Norden des Kontinents mit dem 1,8 Mrd. USD teuren JORN (Jindalee Operational Radar Network) betreibt. Das dort positionierte Over-The-Horizont (OTH)-Radar wurde zwar nicht zur Erfassung von Stealth-Flugzeugen konzipiert - man sagt ihm aber nach, dass es das kann - zeigt aber recht deutlich welche Projekte sich zur Erreichung eines gesetzten Zieles realisieren lassen.
Alleine die drei Empfänger sind je 2,5km lang und bestehen aus zwei Reihen mit je 256 Antennenpfählen mit je 5,5m Länge. So lassen sich Reichweiten von weit über 1.000km erzielen und der Radarstrahl wird dabei durch die Ionosphäre über den Horizont gespiegelt. Bei einer Auflösung zwischen 1km und 2km werden so 37.000 km² Küste und 9 Millionen km² Ozean erfasst.
Das US OTH-B System (AN/FPS-118) arbeitet nach dem selben Prinzip. Im Frequenzbereich von 5-28 MHz und mit einer Ausgangsleistung von 1.400kW erzielt es Reichweiten zwischen minimal 800km und je nach Atmosphärischen Bedingungen max. 3.000km bis 5.500km. Insgesamt 6 Systeme - 3 im US-Bundesstaat Maine an der Ostküste, sowei 3 an der Westküste - wurden errichtet, sind aber nach Ende des kalten Krieges nur zum Teil in Betrieb.
Der Zufall will es, dass die extrem niedrigen Frequenzen, mit denen diese Anlagen arbeiten, den "Stealth"-Flugzeugen, die gemeinhin auf die Täuschung weit höherer Bandbreiten hin ausgelegt sind, so gar nicht schmecken. China soll inzwischen schon 4 OTH-Anlagen betreiben.

Passiv-Radar

Mit der zunehmenden Nutzung von Mikrowellenübertragung ist das Passiv-Radar-Konzept mehr in den Blickpunkt der Militärs geraten.

Das erste bekannte System dieser Art war das tschechische "TAMARA".
Es wurde entworfen um die Strahlung von aktiven Radaranlagen, Freund-Feind-Kennungssystemen, TACAN-Navigationsanlagen, Entfernungsmesssystemen, elektronischer Störeinrichtungen und Datenübertragungsanlagen in den Frequenzbereichen 0.82 Ghz bis 18 GHz zu empfangen und sie auszuwerten um Flugzeuge passiv zu orten, zu identifizieren und anzupeilen.

"VERA-E" des tscechischen Herstellers ERA erfasst Luftfahrzeuge durch ihre elektronischen Emissionen.
Das mobile System setzt sich zusammen aus jeweils drei Empfänger-Subsystemen - mit Abständen von 10km bis 35km zueinander positioniert, einem Empfänger-Kontroll-Subsystem, einem Datenverarbeitungs-Subsystem sowie einem Kommando und Kontrollmodul - alle jeweils aufgebaut auf Tatra-LKW's. Mit den drei Empfängern ist TAMARA in der Lage die Position von Luftfahrzeugen durch Erfassung ihrer elektronischen Emissionen in 2 Dimensionen zu errechnen.

Der modernere Nachfolger des tschechischen Herstellers, mit der Bezeichnung "VERA-E", ist durch zumindest ein viertes Empfängermodul zur 3D-Berechnung befähigt. Der auswertbare Frequenzbereich kann auf 0.1 Ghz bis 40 GHz erweitert werden.

Das ukrainische "Colchuga".
Das ukrainische "Colchuga" ist ein weiterer Vertreter dieser Gattung.
Mit vier LKW-Paaren, bestehend aus einem Sensorträger sowie einem Generatorwagen, positioniert mit rund 80km Abstand zueinander, können mit der passiven Überwachung des Frequenzbereiches 0.1 to 18 GHz laut Hersteller Luftfahrzeuge schon beim Abheben in über 600km Entfernung erfasst werden.
Dass für diese Technologie gesteigertes Interesse besteht zeigt der vor kurzem durchgeführte Ankauf von vier "Colchuga" Systemen durch die Volksrepublik China.

Theoretisch kann man sich mit mehreren passiven Empfängern auch an der frei zugänglichen "Mikrowellen-Suppe" bedienen, um Luftfahrzeuge, die durch die "Suppe" fliegen, zu orten.
Flugzeuge aller Art reflektieren, verändern, stören diese vorhandene Strahlung und erzeugen Zeit- und Doppler-Frequenzverschiebungen.
Diese können mit hochkomplexer Software und einer Reihe von zusammengeschalteten Empfängern analysiert und der Flugpfad von Objekten durch diese elektromagnetischen Felder errechnet werden.

Erzeugt werden diese Felder durch vorhandene aktive LRÜ-Einrichtungen, sowie militärische wie nichtmilitärische Datenübertragungseinrichtungen. Das derzeit größte Netz dieser Art sind die weltweit stark genutzten zivilen Mobilfunksysteme.
BAE SYSTEMS arbeitet an diesem Konzept und nennt es "CELLDAR" -das "CELLphone raDAR". CELLDAR soll die weltweit zuhauf vorhandenen elektromagnetischen Strahlungsfelder zur Verfolgung, Identifizierung und Anpeilung von Objekten, die sich durch diese Strahlungsfelder bewegen, nutzen.

Der Vorteil dieser passiven Systeme gegenüber normalem Radar - jedes Objekt wird aus unzähligen Richtungen bestrahlt und reflektiert diese Energie auch wieder überall hin. Das bisherige Stealth-Konzept - das Handling eines einzelnen gebündelten Radarstrahles, der in jede andere Richtung nur nicht wieder zurück geworfen werden darf - geht damit zu einem Gutteil nicht mehr auf. Selbst der Ausfall einzelner Sender und Empfänger beeinflusst das System nicht. Nur die flächendeckende Energieversorgung, des großteils nach zivilen Erfordernissen errichteten Sendersystems, birgt militärisch betrachtet ein Problem in sich - kann aber ebenfalls gelöst werden.

Aber das wirklich garstige an solchen Anlagen ist, dass sie nicht leicht zu orten sind - und Stören kann man sie mit vorhandenen Mitteln auch nur schwer. Immerhin liefert man durch die Aktivierung der elektronischen Störeinrichtungen eines Flugzeuges, Systemen wie TAMARA oder CELLDAR exakt jenen Stoff, den diese für ihre Auswertungen brauchen.

Comeback der Langwelle ?

Nicht nur die Stärke der Signale und die Anzahl der Sende- und Empfangseinrichtungen, sondern auch die Wellenlänge der Signale ist für die Erfassung von Stealth-Flugzeugen entscheidend.

Zwar wurde der Abschuss einer F-117A am 27. März 1999 über Jugoslawien mit TAMARA in Verbindung gebracht. Neuere Informationen lassen allerdings den Schluss zu, dass dabei mehrere herkömmliche Radarsysteme sowjetischen Ursprungs in Verwendung waren.

Mit einem improvisierten Netzwerk aus alten UHF-Radargeräten, sowie möglicherweise auch mit Geheimdienstinfos über die ungefähre Flugroute und den Zeitpunkt des Abfluges von Aviano, gelang es der Jugoslawischen Flugabwehr offenbar genug Informationen über den Flugpfad der "Nighthawk" zu sammeln, um das Flugzeug des 49th FW / 8th FS mit einigen Almaz S-125 Pechora Raketen (SA-3) und der finalen Zuhilfenahme einer veralteten MiG-21 vom Himmel zu holen.

Die Militärs haben nur ein großes Problem mit den niedrigen Frequenzen. Ihre Auflösung ist ungenügend um damit eine exakte Steuerung von Raketen zu ermöglichen und die Antennen bekommen gewaltige Ausmaße, sind also nicht bzw. kaum mobil. Erst eine Kombination von Geräten und Frequenzen kann hier Erfolg versprechen.

Eine weitere Möglichkeit Stealth-Fluggeräte zu erfassen ist eine Anpassung der Abtastrate. Derzeit wird der Abtastbereich mehrmals pro Minute jeweils für Bruchteile von Sekunden überprüft. Für eine Kleinflächensuche, wie sie die Stealth-Maschinen notwendig machen, sind diese Zeiträume zu kurz. Andererseits sind die dadurch zwangsweise entstehenden Zeiträume ohne Beobachtung bei Kampfflugzeug-Normalgeschwindigkeiten von über 200m/s ein auch nicht sehr ratsam.

Ähnlich wie bei den Anlagen der Fliegerabwehr könnte die Lösung für die Luftraumüberwachung in einer physikalischen Trennung und Aufgabenteilung mehrerer Radargeräte liegen. Eine Trennung in Anlagen welche langsamer die Zielsuche von Kleinflächen betreiben und Anlagen welche mit hoher Abtastrate Normalziele suchen sowie die Zielverfolgung bekannter Objekte übernehmen, könnte auch zu einer verbesserten Stealth-Abwehr führen. Mit Softwareanpassungen wird heute schon bei Geräten mit elektronischer Strahlschwenkung ein ähnlicher Effekt erzielt. Auf der Zeitschiene wird die Zielverfolgung auf das Notwendige reduziert und mehr Zeit der Zielsuche zugewiesen.

Sensorfusion und Net-Centric-Warfare

Das Radioteleskop in Arecibo.

Mit Radiointerferometrie werden mehrere Antennen zusammengeschalten um Reichweite und Auflösung zu steigern.
Foto: "NRAO / AUI / NSF".

Wie auch bei den Kampfflugzeugen der letzten Generation dürfte sich auch die Luftraumüberwachungs- und Fliegerabwehr-Gemeinde in Richtung "Sensorfusion" bewegen.
Das Konzept dahinter - nicht aus nur einer Quelle sondern aus der Verknüpfung der Information aus zahlreichen unterschiedlichen Quellen - Radar, Infrarot, Elektro-Optik bzw. auch "Atmosphären-Anomalie-Detektoren" (z.B. die Verfolgung von Kondensstreifen) - eine Feuerleitlösung für die Fliegerabwehr zu errechnen.
Ein solches Netzwerk wäre für die mit SEAD/DEAD (Unterdrückung bzw. Zerstörung der Fliegerabwehr) Aufgaben betrauten Flugzeuge wesentlich schwerer und mit einem vielfach höherem Risiko zu knacken als es die auf sich allein gestellten Fliegerabwehr- und Luftraumüberwachungs-Einrichtungen heute darstellen.
Die Zukunft gehört also nicht nur in der Luft sondern auch am Boden der vernetzten Kriegsführung und das wird auch die Anti-Stealth-Frage mit einschließen.

Zu einem Gutteil muss hier nicht mal technisches Neuland betreten werden - wie ein Blick auf die Radio-Astronomie zeigt. Dort wird Vernetzung von Empfängern - in kontinentalem ja sogar globalem Ausmaß - zum Zweck der Steigerung von Reichweite und Auflösung mit Erfolg schon längstens praktiziert.
Mit Hilfe dieser Technik, genannt Radiointerferometrie, gelingt es mit einzelnen, relativ kleinen - und unter Umständen nicht mal zur selben Anlage gehörenden - Radio Teleskopen sogar die Leistung des größten Radio Teleskops der Welt - "Arecibo" - weit in den Schatten zu stellen.

Natürlich kann das nicht 1:1 auf die Luftraumüberwachung angewendet werden, aber es zeigt wie eine Reihe von Empfängern ein besseres Ergebnis erzielt als ein noch so großer Einzelner.

Das Problem der Lenkwaffen

Alles was am Boden passieren könnte um "Stealth" ungeschehen zu machen, basiert auf Steigerung der Empfangsleistung und/oder Vernetzung. Lenkwaffen haben in beiden Fällen ein Problem. Sowohl das Platz- als auch das Energieangebot in einer Lenkwaffe ist äußerst beschränkt weshalb weder ein hoher Einsatz von Energie noch der Einsatz niedriger Frequenzen erfolgen kann. Und eine Datenübertragung mit Steuerinformationen an die Lenkwaffe ist mit elektronischen Kampfmitteln zu stören.
Stellt sich also die Frage wie die Luft/Luft- und Boden/Luft-Lenkwaffen ihr Ziel finden sollen?
Auch hier kann die Netzwerktechnologie bis zu einem gewissen Punkt helfen. Die Übernahme von Informationen bzw. die Steuerung der Waffe durch mehre unterschiedlich positionierte Einrichtungen ist heute schon in der technischen Erprobung und nahe an der Serienreife. Und wenn es gelingt die Waffe nahe genug an das Stealth-Flugzeug heranzuführen, dann haben auch die kleinen Sensoren in den Raketen ihre Chance - zumal in einigen Bereichen der Sensortechnologe immer noch große Fortschritte erzielt werden.
So können hochmoderne Infrarotsensoren ein Flugzeug heue schon erkennen, selbst wenn dieses absolut keine Eigensignatur hat. Alleine das fehlen der ultravioletten "Hintergrundbeleuchtung", dort wo das Flugzeug ein Stück Himmel verdeckt, reicht für diese Sensoren vollkommen aus - was natürlich nur bei Sonneneinstrahlung wirklich gut funktioniert. Und auch bei Nacht ist ein noch so gut getarntes Flugzeug anhand der Temperatur-Anomalien die es erzeugt von solch hochsensiblen Sensoren zu erfassen. Denn selbst wenn die Oberfläche des Fluggerätes mit technischen Tricks gekühlt oder die Infrarotsignatur auf andere Arten verfälscht oder unterdrückt wird - die Luft, durch die sich das Flugzeug bewegt, wird durch Antrieb und Reibung erhitzt und erzeugt so eine verräterische Spur am kühlen Nachthimmel.

Und selbst die kleinen Radarsuchköpfe haben gegen die Stealth-Flugzeug noch ihre Berechtigung. Denn aus einigen Winkeln - dort wo große ebene Flächen senkrecht angeleuchtet werden können - ist die Signatur nur schwer zu unterdrücken.

Prinzipiell wird wohl auch im Bereich der Lenkwaffen ein Fusion von Sensoren plus Vernetzung mit unterschiedlichsten Datenquellen Platz greifen müssen. Nur mit Lenkwaffen die sowohl intern als auch extern jeweils mehrere Sensoren bzw. Datenquellen zur Zielsuche abfragen bzw. abgleichen können, werden auch ein Chance haben gut getarnte Flugobjekte abfangen zu können.

 

Handbuch - Radar und Radarsignalverarbeitung.

Einleitend werden die Radargleichung als ein Werkzeug zum Radarentwurf und wichtige Begriffe der Radartechnik erklärt. Grundlagen und moderne Verfahren der Radarsignalverarbeitung und des Sendesignalentwurfs werden am Beispiel der grossen Klasse der MTI- und Pulsdoppler- oder MTD-Radare behandelt, ergänzt jeweils durch praktische Beispiele. Der Anhang enthält eine Zusammenfassung der Theorie determinierter Signale und linearer Systeme. In der 3. Auflage wurde das Kapitel Pulskompression überarbeitet, das Kapitel CFAR-Methoden wurde überarbeitet und erweitert.

Über den Autor
Dipl.-Ing. Albrecht Ludloff leitete über viele Jahre die Abteilung für Radarsignalverarbeitung der Daimler-Benz Aerospace (Dasa), vormals AEG-Telefunken.

 


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Über den Autor
Nach dem Studium der Nachrichtentechnik an der Universität Stuttgart und einer Tätigkeit am Heinrich-Hertz-Institut in Berlin empfing Eberhard Hanle 1963 von der Technischen Universität Berlin den Doktorgrad. Danach war er am Forschungsinstitut für Funk und Mathematik in der FGAN in Wachtberg-Werthhoven tätig. Er arbeitete am Entwurf fortschrittlicher Radarsysteme, Rechnersteuerung von Gruppenantennen in Multifunktionssystemen, Zielextraktion mit Störechounterdrückung, multistatischem Betrieb und polarimetrischen Anwendungen. Während dieser Tätigkeiten veröffentlichte er zahlreiche Artikel über neue Radarsysteme und Signalverarbeitung. Er hat 1996 die deutsche Empfehlung zum Thema dieses Buches verantwortlich zusammengestellt und herausgegeben.

 


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Letzte Aktualisierung: 12.06.2003