"Balanced Heritage"
Das RAF Museum in London-Hendon

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In jedem Luftfahrt- oder Militärmuseum fallen mir irgendwann die Worte eines ehemaligen Klassenvorstandes bei einem Besuch im Wiener Arsenal ein. "Mein Gott, welch ein Aufwand und wofür? Abscheu sollten diese Tötungsmaschinen erwecken!" Doch am Ende faszinierten sie fast alle in der (Buben)Klasse, und diese technische bzw. detailverliebte Faszination überwiegt - in Friedenszeiten. Hiervon leben solche Museen, überall auf der Welt. Ihre Exponate gehören zu unserer Zeit bzw. Entwicklungsgeschichte, sie sind für sich allein nicht schlecht oder gut. Verteidig(t)en sie den Betrachter erfolgreich, stehen sie für alle Zeiten im Herrgottswinkel - das erklärt den englischen Spitfire-Mythos. Vietnamesische Zivilisten dagegen, werden sich eine US-Navy F-4B wahrscheinlich nur mit gemischten Gefühlen anschauen können... Georg Mader für www.airpower.at aus dem RAF Museum, Hendon.

Hendon-Direktor Michael Fopp
So wie aber seitdem die Modellbau-geprägten Zeiten vorüber gingen, veränderten sich auch die Prioritäten, meine - und offenbar auch die des offiziellen Museums der Britischen Luftwaffe (RAF) in Hendon. Seit Königin Elizabeth II. - übrigens erst am 15. November 1972 - die Sammlungen in North-London eröffnete, war mir Hendon jedoch lediglich als jener Ort bekannt, wo man gleich mehrere überlebende Original-Unikate deutscher Flugzeugmuster des 2. Weltkrieges sehen konnte. Mein erster Besuch lag aber auch schon über zehn Jahre zurück. Inzwischen gibt es auch ein paar deutschsprachige Berichte darüber im Netz, manche der Leser waren auch bestimmt schon dort.
Von den Neuerungen und Plänen des neuen Hendon-Direktors Michael Fopp wusste ich jedenfalls (noch) nichts, bis die letzten Weihnachten eine günstige Kalenderkonstellation - und der Dezember 2003 "Hundred Years of Powered Flight" mit sich brachten. Der Gedanken "Christmas in London" mit einem Privatbesuch bei Jane's-Freunden zu verbinden war schnell da und abgemacht, später kam dann noch die - traditionelle - Suche nach dem Luftfahrt-Input in den Kurzurlaub. Etwas Aufklärung brachte dann schnell die News, dass RAF-Hendon seit vielen Wochen geschlossen war und just zum Jubiläum "100 Years of Powered Flight" am 17. Dezember wieder neu aufgestellt und didaktisch-erneuert eröffnen würde. "Hoffentlich heller arrangiert als vorher", war der erste Gedanke. Der Input war jedenfalls gefunden. Und es war ein guter...

How to get to...

Mit der Northern Line (schwarz), der Underground ("Tube") die man im Zentrum Londons z.B. in Tottenham Court Road nimmt, fahren wir über Hendon-Central hinaus bis Colindale. (Achtung: Im Gegensatz zum Fahrplan teilt sich die Linie NICHT in erst in Camden Town sondern man muss bereits in Euston eine Garnitur Richtung Endstation Edgeware nehmen.) Colindale liegt, (aber nur geographisch) vergleichbar mit Gerasdorf, am nördlichen Rande Londons. Man ist auf dem Lande, die Luft frisch und würzig.
Von Colindale sind es noch etwa 20 Minuten Fußweg entlang des Grahame-Parkway bis zum Museum, ist schön ausgeschildert. Nachdem man schon ganz aus dem Ort heraus ist, sieht man rechts das große, weiß umzäunte Museums-Areal mit mehreren langgestreckten Gebäuden. Mitten auf dem Hof, der zugleich Parkplatz ist, stehen auf Stützen die "ewigen Stars" Spitfire und Hurricane, eine Bloodhound-SAM und zwei große Vosper-Motorboote. Jene haben bekanntlich die britischen - und deutschen - Flieger aus dem Ärmelkanal gefischt. Fühle mich sofort wohl, hier muss sich niemand dauernd selbst hinterfragen. Was hier mit Nasenrümpfen besehene und manchmal auch gescholtene Minderheit ist, ist dort selbstverständliche und angesehene Mehrheit - alles atmet das....
In der Tat ist ja Hendon ist ein historischer Platz aus den Anfängen der motorisierten Fliegerei - aber das ist in England eigentlich fast jeder Flugplatz. Vom Hendon-Field aus waren damals, 1910 und 1911, die berühmte Air-Races um die 10.000 Pfund der "Daily Mail" rund um England und über den Kanal gegangen, Thema des Films "Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten". Übrigens sind dabei auch die beiden KuK.-Leutnante Bier und Klobucar in einer Etrich-Taube mitgeflogen. Einer der Teilnehmer war auch Claude Grahame-White (1879-1959), Inhaber der britischen Pilotenlizenz No. 6. Da vorher alle "Aviatiker" nach Frankreich fliegen lernen gingen, eröffnete er 1912 in Hendon die erste Flugschule Englands und baute später dort mehrere eigene Entwürfe. Im ersten Weltkrieg wurde daraus eine bekannte Flugzeugfabrik, doch davon später...


Hurricane

Spitfire

"Bloodhound" Surface to Air Missile

Die Vosper-Motorboote waren die Rettung für viele Piloten,
die während der Luftkämpfe in den Ärmelkanal fielen.

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