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US Fighter

EU Fighter

RU Fighter

ROW Fighter

Das JSF-Gap
Kampf um den Kampfflugzeug-Weltmarkt von Morgen

Aus amerikanischer Sicht soll der Joint Strike Fighter - als F-35 designiert - vollenden, was F-16 und F-18 zwischen 1970 und 2000 beinahe geschafft haben, Europa als Systemlieferant am milliardenschweren Kampfflugzeug-Weltmarkt endgültig aus dem Rennen werfen. Doch bis der JSF im Export erhältlich ist vergeht noch ein Jahrzehnt.
Martin Rosenkranz für www.airpower.at über den Kampf zwischen Giganten und Zwergen um einen Multi-Milliarden-Dollar Weltmarkt auf dem nicht nur Preis/Leistung zählt, sondern mit dem Vehikel "Kampfflugzeug" auch strategisch um Macht und Einflussbereiche gerungen wird.

Der JSF soll als Top-Seller der Zukunft den gesamten Westmarkt für sich erobern und die mit der F-16 eroberte Marktposition von LM einzementieren.
Foto: Lockheed Martin

Im Zeitraum von 1991 bis 2000 - das erste Jahrzehnt nach der Sowjetunion - wurden weltweit fast 3.800 Kampfflugzeuge zu "fly away" Gesamtkosten von USD 130 Mrd. gebaut. Im Zeitraum zwischen 2001 und 2010 - das zweite Jahrzehnt nach der Sowjetunion - werden etwa 2.900 Kampfflugzeuge um ca. USD 135 Mrd. die Produktionsstrassen verlassen. Für das dritte Jahrzehnt nach der Sowjetunion ist ein Anstieg bei Stückzahlen und Kosten zu erwarten.
Foto: Martin Rosenkranz

Als das JSF Programm 1995 vorgestellt wurde, glaubte man seinen Ohren nicht zu trauen. Ein Flugzeug sollte zum Ersatz für ein halbes dutzend völlig unterschiedlicher Flugzeugtypen werden - von A-10 über F-16 und F/A-18 bis zum Harrier -, das zu einem unschlagbaren Preis und obendrein noch mit dem Prädikat "Stealth".
Heute weiß man, der JSF ist mehr industrielle Strategie denn Kampfflugzeug - und das ist keine europäische Sicht sondern die Aussage von US-Analysten! Europäische Regierungen und Produzenten (und nicht nur die) werden mit Anreizen gelockt um am US-Programm mitzupartizipieren. Mittel- bis langfristiges Endergebnis dieser Strategie - aus den letzten unabhängigen Systemlieferanten entstehen US abhängige verlängerte Werkbänke für diverse Komponenten. Das mag wirtschaftlich vorerst nicht schlecht sein - allerdings erkauft durch die zukünftige Unfähigkeit sich von Entscheidungen innerhalb der US-Administrationen - seien es US-Kongress, Pentagon oder Hersteller - abzukoppeln. Denn letztendlich fällt in Washington - und nur dort - die Entscheidung wer, wie viele JSF zu welchem Preis kaufen darf, welche Komponenten diese Flugzeuge enthalten dürfen und wer sie produziert.
US intern ist der Weg vom Export-Oligopol zum Export-Monopol schon vorgezeichnet - von den ehemals dutzenden Kampfflugzeugherstellern sind Jahre nach Ende des kalten Krieges nur noch Boeing und Lockheed Martin geblieben - und die Weiche zum Lockheed Martin-Monopol ist schon gestellt.
Bleibt als Konkurrent noch Europa als einziger verbliebener westlicher Exporteur von Kampfflugzeugen.

Das Multi-Milliarden-Dollar Game

Der Pot um den gespielt wird - ein Markt in dem jährlich Kampfjets um rund USD 15 Milliarden (fly-away) neu produziert bzw. beschafft werden. Dazu kommen in Folge auch noch gewaltige Umsätze aus der Logistik. Ein einmal gewonnener Kunde generiert für die Dauer von 25-40 Jahren zusätzliche Einnahmen in bis zu zweistelliger Höhe des Flugzeug-Kaufpreises für Ausbildung und Wartung sowie eventuell auch Modernisierungen im Zusammenhang mit dem erworbenen Flugzeug. Dies umso mehr als es mit zunehmender Komplexität der Luftfahrzeuge selbst für industriell hochentwickelte Länder bzw. Konkurrenzunternehmen de facto unmöglich wird unabhängig vom Hersteller des Flugzeuges ein Modernisierungsprogramm durchzuführen oder auch nur spezielle Bewaffnung oder Ausrüstung anzupassen.
War es mit Flugzeugen aus der Generation 60er-80er Jahre teils noch möglich ein "reverse-engineering" durchzuführen, so ist bei hochmodernen Flugzeugen der Grad der Vernetzung so groß geworden, dass potentiell gewaltige Wechselwirkungen die Folge selbst vergleichsweise geringer Eingriffe am Rande des Systems sein könnten.
Resultat - der Kunde wird noch stärker an den Hersteller gebunden als bisher, das Produkt noch wirksamer vor Eingriffen durch die Konkurrenz geschützt. Modernisierungsprojekte wie sie z.B. die israelische Luftfahrtindustrie für Luftfahrzeuge aus Ost und West anbietet (z.B. Mig-21 "Lancer") werden mit Kampfflugzeugen der modernsten Generation nahezu unmöglich sein.
Wer also den Deal macht, der kann sich - heute und morgen noch viel eher als gestern - über stetig fließende Einnahmen am Sektor militärischer Hochtechnologie freuen - und das für Jahrzehnte.

Europa

Als es der europäischen Luftfahrtindustrie Anfang 1998 gelang mit vier europäischen Ländern einen Rahmenvertrag über 620 Eurofighter-Jäger abzuschließen, fand das zwar Beachtung in Washington - in seiner Weltmarktführerschaft gefährdet sah man sich dort aber nicht. Zumal die F-16 nach wie vor Bestseller war - und um die Jahrtausendwende Exportauftrage für hunderte Maschinen an Land gezogen werden konnten.
Hellhöriger wurde man erst, als die Entwicklungs-Pläne für die Tranchen 2&3 ersichtlich wurden und auf einmal ein potenter Konkurrent am zukünftigen Kampfflugzeug-Weltmarkt absehbar wurde.

Bis dahin war Dassault's Mirage 2000 der europäische Top-Seller am Weltmarkt gewesen und hatte als einziger der US-Konkurrenz auf dem Weltmarkt Paroli bieten können. 286 Stück der "Deux-Mille" konnten die Franzosen bisher im Export platzieren - und auf moderne Varianten der Mirage 2000 liegen nach wie vor die Hoffnungen von Dassault. Denn dem französischen Hersteller - mit seiner technologischen Kompetenz eine Perle der europäischen Luftfahrtindustrie - ist mit dem Mirage Nachfolger Rafale bisher im Export kein Erfolg beschieden. Selbst Frankreich kauft nur schleppend den Mirage-Nachfolger.

Wie schwer es für einen Kleinanbieter ist, und wie leicht man zwischen Rüstungsriesen und ihren strategische Interessen verfolgenden Regierungen beinahe zerrieben werden kann, sieht man am Beispiel eines anderen europäischen Anbieters. Ein Konsortium aus Saab und BAE Systems bietet als Gripen International das ab Ende der 80er Jahre in Schweden entwickelte und mit NATO-Technik aus England aufgepeppte, kleine Kampfflugzeug "Gripen" weltweit an.
1999 gelingt der erste Exporterfolg - Südafrika bestellt 9 Zweisitzer und zeichnet eine Option auf 19 Einsitzer.
Nur "ein Produkt" anzubieten reicht heute im Hightech-Militärbereich fast nicht mehr. Für Unternehmen, welchen die Unterstützung global einflussreicher politischer Kräfte fehlt, wird es zunehmend schwierig sich gegen strategisch angelegte Großmachtpolitik durchzusetzen.
Foto: Saab

Sowohl was die Stückzahl als auch was den finanziellen Aufwand betrifft, kann es derzeit kein US-Programm dem Eurofighter aufnehmen. Während die US Administration durch den amerikanischen Technikanteil Einfluss auf den Gripen(Schweden), die F-2(Japan) und den T/A-50 (Korea) nehmen kann - so wie man früher Exporte des Tornados durch das eingebaute US-Radar verhindern konnte - , besteht diese Möglichkeit bei Eurofighter und Rafale nicht.
Foto: EADS


Doch schon Mitte der 90er Jahre hatte man aber in Schweden den jahrzehntelangen Kunden Österreich im Visier - als Kern einer Mitteleuropastrategie. Mit der Zeltweger Fliegerwerft als zentrales Element wollte man einen Mitteleuropäischen Kundenstock etablieren und an Österreich, Ungarn, Tschechien, Polen, später mglw. Slowenien, Slowakei und Schweiz das Flugzeug verkaufen. Vor allem die jahrelange Nichtentscheidung Österreichs ließ die Mitteleuropa-Pläne von Saab nahezu implodieren.
Man konnte Zeltweg nicht als nahegelegenes zentrales Logistik- und Ausbildungsstandbein anbieten und auch keine positiven Effekte auf die Stückzahlkosten in günstigere Angebote ummünzen. Von den erhofften 100-200 Stück in Mitteleuropa wurde nichts. Polen nahm die F-16, Österreich entschied sich für den Eurofighter. In Tschechien scheiterte der Gripen-Ankauf an einer einzigen Stimme im Parlament. Dort hat man seither ein Kurzzeit-Leasing ausgeschrieben - und Schweden bietet jetzt Gripen der Schwedischen Luftwaffe an, allerdings baut Saab deswegen nicht neue Flugzeuge. Gerade einmal an Ungarn konnten 14 neue Gripen verkauft werden.
Bemerkenswert an den Kampagnen in Österreich, Ungarn und Tschechien waren vor allem die harten Attacken von US-Seite gegen das schwedisch-englische Produkt. Während in Österreich der kleine europäische Konkurrent - der übrigens einen nicht mal geringen US-Technikanteil beinhaltet - mit abfälligen Bemerkungen nur "schlecht gemacht" wurde, waren die jungen NATO-Partnerstaaten unverhohlenen Drohungen ausgesetzt. Vor allem die offenbar selbst stark unter Druck stehenden US-Botschafter machten den jeweiligen Regierungen unmissverständlich - und ganz und gar nicht "diplomatisch" - klar, welche Entscheidung man sich von Seiten des größten Bündnispartners erwartet.
Nach einem ähnlichen Rezept wird auch außerhalb des Bündnisses überall dort vorgegangen wo stationierte US-Streitkräfte "nach dem rechten sehen" - was vor allem Südostasien, Nahost sowie die Golfanrainerstaaten betrifft.

Im Visier der US-Industrie

Während dessen wurde auf der anderen Seite des Atlantiks durch die Wahl des Texaners George Bush's ins Weiße Haus, die Entscheidung den Weltmarktführer "Lockheed Martin" (LM) mit der Produktion des F-16 Nachfolgers und absehbaren Topsellers "F-35 JSF" in Texas zu beauftragen und die Parallel-Teilnahme der Eurofighter-Partner Großbritannien (BAE SYSTEMS) und Italien (Alenia) am JSF-Programm das Feld bereitet, auf dem seither mächtige Kräfte um die Zukunft des Eurofighters streiten.
Jenem Eurofighter, der als einzig ernstzunehmender westlicher Konkurrent der US-Kampfflugzeuge verblieben ist und der heute zentral im Visier der US-Rüstungskonzerne steht - wobei Pentagon, Weißes Haus und professionelle US-Analysten diesen Kampf nach Kräften unterstützen. In düsteren Visionen wird Luftfahrtindustrien und Regierungen rund um den Globus dargestellt wie groß die Gefahr ist am Kampfflugzeugsektor unterzugehen, wenn man nicht eng mit dem JSF-Programm verknüpft ist. Und der Erfolg dieser Strategie gibt der US-Rüstungsindustrie recht - bisher sind immerhin 10 Partnerländer der Einladung gefolgt und haben über USD 4,5 Mrd. in die JSF-Entwicklung eingezahlt ohne auch nur ein einziges Flugzeug - dafür aber ein bisschen industrielle Partizipation - zu bekommen.

Eurofighter Nr.1 von 2000-2010

Es nagt sichtbar Selbstbewusstsein der US-Rüstungsindustrie, dass man nach Jahrzehnten der Marktführerschaft nun die Nr.1 Position abgeben muss. Denn die USA sehen sich bis zum Ende des Jahrzehnts mit einer schwer zu überbrückenden Lücke am Kampfflugzeug-Sektor konfrontiert.
Selbst US-Analysten - wie die Teal Group - sehen für den Zeitraum von 2000 bis 2010 das Eurofighter-Programm als das stückzahl- und finanzstärkste Programm am Weltmarkt. Das rund 70Mrd. Euro starke Eurofighter-Programm wird in diesem Zeitraum mehr als 20% des Weltmarktvolumens abdecken und für sich alleine beinahe halb so groß sein, wie alle anderen US-Kampfflugzeug-Programme - immerhin vier - zusammen.

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