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Indien
 

Indien - "Flanker" guards democracy...

EINLEITUNG

Die Indische Union ist nach China das bevölkerungsreichste Land der Erde. Es wird - nach allen Prognosen - in ca. 40 Jahren etwa 1,5 Milliarden Menschen beherbergen und wahrscheinlich auf den ersten Rang der Weltbevölkerungsstatistik aufsteigen. Wir können heute nur erahnen, welche Probleme damit auf Indien zukommen. Immer noch sind im Land unvorstellbare Ungerechtigkeiten und soziale Missstände anzutreffen: 50% Analphabeten, ungenügender Zugang für Unterprivilegierte zu: Bildung, Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung, die - besonders in ländlichen Gebieten - herabwürdigende Stellung der Frau in der Gesellschaft, deren Mitgiftregelung und die damit einhergehende Abtreibung weiblicher Föten, die nach wie vor praktizierten Witwenverbrennungen, Korruption und Misswirtschaft, um nur einige zu nennen.

Doch der Vielvölkerstaat hat es bisher immer wieder geschafft, nicht in Chaos und Anarchie zu versinken. Seine inneren Probleme hat Indien - mit Ausnahme des Punjab- und Kaschmirkonflikts - immer politisch geregelt und damit eine erstaunliche politische und demokratische Stabilität bewiesen. Die "größte Demokratie der Erde" verfügt über große materielle Ressourcen und - selbst gegenüber China - über ein enorm strebsames Humankapital, dessen Entwicklung die zentrale Aufgabe seiner exzellent ausgebildeten Eliten ist. Indiens internationale Bedeutung wird noch zunehmen, wenn es seine staatliche Integrität erhalten kann und seine Liberalisierungspolitik erfolgreich fortsetzt. Es bietet einen gewaltigen Zukunftsmarkt und besitzt heute schon High-Tech Standorte der Spitzenklasse. Trotz teils schrecklicher Bedingungen für die vor Ort darin Involvierten, dürfte Indien also von der Globalisierung und der damit verbundenen Ökonomisierung der weltweiten Beziehungen und Prozesse in zunehmendem Maße profitieren.
Militärisch ging von Neu Delhi nie eine Bedrohung der internationalen Sicherheit aus, der indische Staat war nie auf eine expansive Politik ausgerichtet. Seriöse Szenarien gehen davon aus, dass dies auch unter den nuklearen Vorzeichen so bleiben wird. Die großen internationalen Akteure werden Indien als Faktor in der Weltpolitik zunehmend nicht mehr ignorieren können und die Indische Union wird - ganz ohne Säbelrasseln a la China - aller Voraussicht nach den ihr größenmäßig gebührenden Platz im internationalen System einnehmen. Grosse internationale Organisationen wie die WTO und der IWF gelten übrigens für Indien als undemokratisch, und die UNO wird als machtlos und zu passiv wahrgenommen.
Um so mehr ist die "Supermacht im Wartezimmer" Indien regionalen Konflikten verhaftet. Obwohl Indien und Pakistan die gleichen Wurzeln haben - die Sprachen Hindi und Urdu unterscheiden sich nur in der gebräuchlichen Schrift - sind diese beiden Staaten wie verfeindete Geschwister. Der Dauerkonflikt mit Pakistan gehört bis heute zu Indiens Geschichte, 1965 und 1971 wurden heftige kurze Kriege gegeneinander geführt, auch mit modernen Luftstreitkräften. Indien sieht sich zudem von China bedroht, das 1962 in einer Demonstration seiner Macht Indiens Streitkräfte in einem kurzen Grenzkrieg für längere Zeit traumatisierte. Seither beherrscht der nördliche Nachbar die indischen Bedarfsplanungen, welche die Streitkräfte den eigenen Anforderungen zugrunde legen. Als Folge dieses Krieges und dem Hochgebirgsschauplatz Kaschmir wurden nicht nur die indischen Gebirgsdivisionen neu aufgestellt, sondern auch die Nuklearrüstung vorangetrieben. Seit 1998 ist Indien weithin sichtbar Atommacht. Wohl ist keine Wissenschaft derart politisch wie die Kernwaffenforschung, Indien bemüht sich international aber unermüdlich, die eigenen Atomwaffen als rein defensive Maßnahme gegen die pakistanische Bedrohung (Stichwort: "islamische Bombe") und die chinesische Atommacht zu rechtfertigen. Neu Delhi fühlt sich überdies geostrategisch eingekreist zwischen der Volksrepublik und deren Partnern Pakistan und Myanmar (Burma) - indische Quellen berichteten sogar von einem Geheimvertrag zwischen China und den Malediven um eine chinesische U-Boot-Basis auf dieser moslemischen Inselgruppe einzurichten. Damit wäre die Einkreisungsphobie Indiens aus allen vier Himmelsrichtungen bestätigt.

Neu Delhi ist zwar insgesamt in der konventionellen militärischen Entwicklung hinter Peking etwas zurück, doch hat Indien sowohl die Ambitionen wie die Voraussetzungen, eines Tages die regionale Führungsrolle zu beanspruchen. Indiens Streitkräfte sind die drittgrößten der Welt. Wie China strebt Indien eine Hochseeflotte an, die zur Machtausübung im Indischen Ozean und im Westpazifik fähig wäre. Neu Delhi bemüht sich erfolgreich um verstärkte diplomatische und militärische Kooperation mit Washingtons Partnern Israel und Japan sowie mit Vietnam, einem uralten Gegner Chinas. Mit den Nikkobaren- und Andamanen- Archipelgruppen besitzt Indien sogar einen Sitz am westlichen Zugang zur strategisch wichtigen Malakka- Straße, einem "interessanten" Gebiet wo wegen HighTech-gerüsteter Piraten immer wieder moderne Containerschiffe samt Ladung 'in Verstoß geraten'...
Gewissermaßen fällt auch das heute in den "War on Terror". Besonders interessant ist daher das Verhältnis Indiens zu den ebenfalls ostentativ demokratischen USA. Am 4. Dezember 2001 gaben Neu Delhi und Washington die Vereinbarung einer tiefgreifenden militärischen Kooperation bekannt. Auch politisch und wirtschaftlich wollen sich die beiden bevölkerungsstärksten Demokratien der Welt annähern. Die seit Indiens Atomwaffentests 1998 verhängten US-Sanktionen wurden aufgehoben. Die besonders im Luftbereich modernisierten indischen Streitkräfte, könnten aus US-Sicht einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung chinesischer Expansion leisten, hier hat man eindeutig einen gemeinsamen Gegner. Angesichts der offenbar auf Dauer ausgelegten US-Präsenz in zentralasiatischen Ländern mehren sich aber in Indien bereits kritische Stimmen, die deswegen und wegen Pakistans Musharraf als neuem Anti-Terror-Partner der USA vor einer Einschränkung des politischen Handlungsspielraums in der Kaschmirfrage warnen. Darüber hinaus warnen Oppositionspolitiker und Kommentatoren davor, sich durch eine allzu enge Anbindung an die USA von alten Verbündeten zu entfremden. So ist Russland noch immer Indiens größter Rüstungslieferant und Indien auch weiterhin das "gelobte Land", welches prominenten russischen Betrieben das Überleben sichert. Auch mit dem Iran pflegt Neu Delhi seit langem gute Beziehungen. Indien wird daher trotz wechselseitigem Wohlwollen über die jüngste Annäherung zu den USA auch in Zukunft eine selbstbewusste und vielseitige Außenpolitik betreiben, und die amerikanische Pakistan-Politik wird wesentlicher Gradmesser des künftigen Verhältnisses Neu Delhis zu Washington sein.

Georg Mader, JDW


Foto: Kapil Chandni via BHARAT RAKSHAK

Foto: PRO, Indian Air Force

Foto: PRO, Indian Air Force

Foto: PRO, Indian Air Force


Bharatiya Vayu Sena (Indische Luftwaffe)

Auch die "größte Demokratie der Welt", Indien, konnte sich dem "Charme" eines Kampfflugzeuges mit den Kapazitäten - und vor allem der Reichweite - der Flanker nicht entziehen. 1996 bestellte Indien 50 Maschinen der Type Su-30K und Su-30MKI und bekam die ersten acht schon 1997 geliefert. Zwischenzeitlich lief ein Programm mit dem die russischen Maschinen mit westlicher Elektronik - vor allem aus Frankreich - aufgewertet wurden. Aufgrund der Komplexität verzögerte sich das Programm etwas und statt einer vollständigen Auslieferung per 2003 waren mit Ende 2003 erst 28 von den 50 bestellten Maschinen im operationellen Dienst.
Doch schon im April 2002 war zwischen Indien und der Russischen Föderation ein Vertrag geschlossen worden, mit dem nahtlos an das erste Programm angeschlossen wurde. Hindustan Aeronautics Limited (HAL) wird ab 2004 bis 2017 insgesamt 140 Sukhoi-30MKI in Lizenz fertigen. Der Vertrag hat einen Gesamtwert von 250 Milliarden Rupien bzw. USD 5,2 Milliarden.
Inzwischen gibt es einiges an Ungemach zwischen der Indischen Luftwaffe und Rosoboronexport. Vor allem bei den hochmodernen Schubvektor-Triebwerken der MKI ist der unerwartet hohe Wartungsaufwand zum Streitpunkt geworden. Die anvisierten 300 Betriebsstunden für den Wartungsintervall der Triebwerke werden zum größten Teil nicht erreicht.
Indien hat im Dezember 2003 die Zahlungen an Russland bis zur Klärung der Ursache gestoppt.
Trotzdem ist Indien weiterhin an Sukhois interessiert. Zuletzt hat Indien einen Bedarf von bis zu 400 einsitzigen Kampfflugzeugen angemeldet um damit 300 alte MiG-21FL/M Abfangjäger und 100 MiG-23BN Jagdbomber zu ersetzen. Der finanzielle Umfang des Geschäfts wird von russischer Seite auf gut USD 5 Milliarden geschätzt.
Ursprünglich wollte Indien die Eigenentwicklung LCA (Light Combat Aircraft) dafür verwenden. Seit vielen Jahren anhaltenden Verzögerungen bei der Entwicklung haben die indische Regierung dazu veranlasst nach einer Alternative zu suchen. Mitte 2003 hat Indien daher Dassault um Angebote für die Mirage-2000, SAAB/BAE Systems um Angebote für den Gripen und Rosoboronexport um Angebote für MiG-29M1, Su-35 und ein einsitziges Derivat der Su-30MKI gebeten.

Martin Rosenkranz


Foto: Sanjay Simha via BHARAT RAKSHAK

Foto: Archiv Georg Mader

Foto: Sanjay Simha via BHARAT RAKSHAK

'Cope-India 2004' - "Kulturschock" oder nur RAPTOR-Push ?

Gradmesser in ganz anderem Sinne war eine erste US-indische Übung mit Beteiligung von Kampfflugzeugen. Vom 14.-25. Februar 2004 waren sechs F-15C aus Elemendorf AFB/Alaska zu Gast auf der indischen Luftwaffenbasis Gwalior (da gibt es auch die einzige EW-Range Indiens). Das einzige Programm von 'Cope-India 2004': Dissimilar Air Combat Training (DACT) gegeneinander. Entgegen anderslautender Meldungen, hatten die F-15C nicht das E-Scan-Radar mit welchem einige der Elmendorf-Maschinen ausgerüstet sind. Die Amerikaner wurden nicht durch AWACS geführt bzw. unterstützt. Nicht beteiligt waren auch die neuen indischen SU-30MKI, es fanden sich - neben Mirage-2000 und modernisierten MiG-21, MiG-27 und Jaguars - aber sehr wohl die "normalen" indischen SU-30K ein, das erste Mal konnten während 2 x 30min. pro Tag modernere 'Flanker' von westlichen Piloten "beübt" werden.
Kurz skizziert: Es waren dann die Eagle-Drivers die "beübt" wurden. Die Amerikaner sollen - nicht nur nach euphorischen "Hindustan"-Artikeln sondern nach US-Quellen - 90% der Engagements verloren haben. Am ersten Tag wurden alle vier Eagles vernichtet. Es gelang nicht - auch nur einmal - eine SU-30 zu eliminieren, im Gegenteil. Jene hatte immer den "längeren Schuss". Aber selbst die aufgewerte MiG-21 "Bison" war für ungute Überraschungen gut.

Am Wochenende während der Übung - eigentlich fürs Kulturprogramm vorgesehen - waren die Amerikaner für "Brainstorming" kaserniert worden. Das - im Ernstfall sicher nicht existierende - Fehlen von AWACS bzw. die gewohnheitsmäßige Ausrichtung darauf war in der Duellsituation tatsächlich fatal. Immerhin hatte man sich in der Vergangenheit immer über den kommunistischen und arabischen Piloten und seine strikte Bodenführungs-Abfangjagd amüsiert - und die Lehre wird sicherlich zu AWACS-Killer Arbeitsgruppen in Bejing führen.

Was nun US-Analysten wie Richard Fisher wegen der steigenden Zahl chinesischer 'Flanker' als "Schock" innerhalb der USAF bezeichnet, kann aber natürlich auch konzertierte Taktik sein.

Nun wird sich die USAF ihre Force-Multiplier aber sicher nicht so einfach vom Brett nehmen lassen. Beabsichtigter Effekt könnte aber in Wahrheit der Ruf nach früheren und nach mehr F/A-22s sein - deren Kongressmittel sprudeln nicht so, wie sich die USAF das wünscht. Hat man also die Elmendorf-Drivers tatsächlich zum Verlieren und Raptor-"Pushen" hingeschickt (?) - dann könnte das aufgegangen sein. Senior USAF-Leaders begründen den Ausgang der Übung gegen die Inder als Beweis dass "es eben Zeit für die nächste Generation" ist. Schon hört man Stimmen die "nur 276 F/A-22s" als viel zu wenig kritisieren - und selbst der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry kriegt sein Fett ab. Republikaner kritisierten ihn öffentlich, weil er vor 1995 und 1998 Mittel für die F-22 blockiert hatte. Flugs hat man nun das Protokoll ausgegraben. Er meinte damals: "Soweit man aus "Desert-Storm" und den Balkankriegen absehen kann und uns die CIA sagt, wird für 15 bis 20 Jahre kein Gegner gegen unsere heutigen F-15 und F-18 Kampfflugzeuge und unsere ausgezeichnete Piloten eine Überlegenheit erreichen können...." Nun, es hat 6 Jahre gedauert. (Siehe Statements unten).

Georg Mader, JDW

Indisches-Statement: "After more information of the post assessment of the air exercises is becoming countable, it is apparent that the IAF had scored a distinctive edge over the USAF, across the full board. Therefore in our assessment Cope India 2004 should be regarded as a "watershed" event of the IAF community, where the IAF pilots and personnel displayed outstanding and exemplary human resources and skills and are poised to brand themselves as top class air-combat personnel on a truly global scale. The USAF pilots are usually trained to operate in close cooperation of E-3B and E-2C 'Hawkeye' AWACS and other ISR (Intelligence, Surveillance and Reconnaissance) platforms. Their absence in the Cope India 2004 air exercise proved to be a great handicap to the USAF pilots."

US-Statements: According to Colonel Mike Snodgrass, commander of the 3rd Wing at Elmendorf USAFB, "the training standard and some of the equipment of the IAF was decidedly better than what we had anticipated". According to Colonel Greg Neubeck, deputy commander of operations for the wing's 3rd operations-group and exercise director for Cope India, "what USAF faced was not only superior numbers, but also IAF pilots who were very proficient with their aircraft and smart on tactics, a tough combination for the USAF to overcome. Those who have read draft copies of the Cope India 2004 report say the IAF Sukhoi-30MKs and USAF F-15 pilots were detecting each other at the same time with their radars, but the Indian pilots were getting off the simulated first shot with their R-27 AAMs and often winning the long-range BVR engagements." Col. Snodgrass concludes: "The major takeaway from Gwalior for the Air Force is that our prediction of needing to replace the F-15 with the F/A-22 is proving out as we get smarter and smarter about other countries' capabilities around the world and what technology is limited to in the F-15 airframe. We've taken the F-15 about as far as we can and it's now high-time to move to the next generation."

Foto: PRO, Indian Air Force

Foto: US Air Force

Foto: US Air Force

Foto: PRO, Indian Air Force

Foto: PRO, Indian Air Force