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Eurofighter NEWS

RAF - Release to Service

Am 13. Mai 2004 wurde durch den Assistant Chief of the Air Staff (ACAS) der Royal Air Force (RAF) die Zulassung des Eurofighter Typhoon zum Flugdienst (Release to Service / RTS) bei der RAF erteilt. Damit passiert der Eurofighter einen weiteren wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur vollen Einsatzfähigkeit.

Der RTS ist das Dokument welches die Limits für einen sicheren Flugbetrieb einer bestimmten Flugzeugtype definiert. Die Unterschrift stellt den Schritt vom Testflugbetrieb zum normalen Flugbetrieb in der RAF dar und wurde nach einem Jahr rigoroser Tests und Analysen zur Gewährleistung eines sicheren Betriebs erteilt.
Diese Tests wurden unter dem "Case White" Arrangement gemeinsam von Industrie und RAF durchgeführt und durch unabhängige Sicherheitsstudien durch QinetiQ unterstützt.

Der Flugbetrieb verlief dank herausragender Zuverlässigkeit des Systems ("outstanding serviceability rates") bisher überaus erfolgreich. Bis zum 1. Juni 2004 mussten bei der RAF von 229 geplanten Flügen nur fünf Flüge aufgrund technischer Probleme beim Check verschoben werden und es kam zu keinem einzigen Abbruch im Flug - eine Verlässlichkeit von 97,8% schon im Testflugbetrieb.
Zum Vergleich, im inzwischen bestens dokumentierten Kuwaitkrieg von 1991 gab es bei den über 200.000 Einsatzflügen im Durchschnitt eine Zuverlässigkeit von knapp 92%.
In Deutschland erfolgte die Zulassung zum Flugdienst bei der Luftwaffe bereits im April 2004. Ein Formalakt der nach wie vor in die nationale Verantwortlichkeit fällt.
Dass die Luftwaffen unterschiedliche Standards bei den Zulassungstests setzen bedeutet aber nicht, dass es hard- oder softwareseitig Unterschiede bei den Flugzeugen gibt - alle Eurofighter sind ident.

Die "Case White" Eurofighter auf der Flightline in Warton.
Foto: eurofighter.com

IPA5 fliegt

Am 7. Juni 2004 um 16:02 war es so weit - mit IPA5 hob in Warton der letzte Eurofighter für das Testflugprogramm ab. Am Steuer des von BAE SYSTEMS gebauten Einsitzers saß Typhoon Projekt Pilot, Mark Bowman.
Die IPAs (Instrumented Production Aircrafts) sind nach Serienstandard gefertigte und mit spezieller Testinstrumentierung versehene Eurofighter, mit denen die Nachweise für die Leistungserbringung und die Zulassungen für den Regelflugbetrieb durchgeführt werden.
IPA4, der erste Serieneinsitzer, absolvierte seinen Erstflug am 26.Februar 2004 bei EADS CASA im spanischen Getafe (airpower.at berichtete).
Folgende Funktionalitäten werden mit IPA5 qualifiziert:
  • Treibstoffsystem des Serieneinsitzers
  • Cockpitsystem des Serieneinsitzers
  • Monitorsystem für die strukturelle Integrität des Serieneinsitzers
  • Sensorfusion
    • Radar (Captor)
    • Defensive Aids Sub System (DASS)
  • Missionsbewertung
  • "Carefree Handling"
  • Pilotenhelm (Head Equipment Assembly / HEA)

Die Tests mit IPA5 werden dazu beitragen, dass noch im Herbst 2004 die vorläufige Einsatzfähigkeit "IOC" (Initial Operating Capability), als wichtiger Zwischenschritt zur späteren vollen Einsatzfähigkeit "FOC" (Full Operating Capability), erreicht werden kann.
IPA5, der zweite Eurofighter Serien-Einsitzer.
Foto: BAE SYSTEMS

Der große Schritt

Anfang Juli geht der Eurofighter auf seine bisher größte Reise.
Gemeinsam mit der amerikanischen F-15T und der französischen Rafale steht der Eurofighter in der Endauswahl für den Ersatz der McDonnell Douglas A-4SU Skyhawk in Singapur. Eine Entscheidung über den Sieger soll Ende dieses Jahres oder 2005 fallen. Eine Bestellung von 20 bis 24 Maschinen wird erwartet, wovon die ersten acht im Zeitraum 2008/9 geliefert werden sollen.
Zu diesem Zweck sollen zwei Serienmaschinen der RAF (Royal Air Force) bald den langen Weg nach Singapur antreten, um dort durch die Defence Science and Technology Agency (DSTA) Singapurs evaluiert zu werden - ein mindestens 12.000km langer Flug - one way!
Die Flugroute selbst ist streng geheim, führt sie doch vorbei an Gebieten wo eine sichere Zwischenlandung und die notwendige Geheimhaltung rund um das hochmoderne Flugzeug nicht in allen Fällen gewährleistet werden kann. Die RAF ist deshalb mit drei Eurofightern seit einigen Wochen schwer beschäftigt um neben einer exakten Flugplanung unter Einbeziehung allfälliger Eventualitäten auch eine perfekte Unterstützung der Maschinen durch Tankflugzeuge zu ermöglichen - mit jeweils nur vier Zwischenlandungen will man es zum pazifischen Inselstaat und wieder zurück schaffen. Die Streckenflüge werden von Piloten des 17 Sqn der RAF durchgeführt, die Evaluierung in Singapur von BAE SYSTEMS-Piloten gemeinsam mit Personal aus Singapur.
Zwei Eurofighter von England nach Singapur. Eine Strecke über 12.000km mit nur vier Ziwischenlandungen.
Grafik: airpower.at

Produktionsstrassen zum bersten gefüllt

Inzwischen schreitet der Fertigungsprozess immer schneller voran. Während die letzten Zweisitzer des Batch 1 die Fertigung nach und nach verlassen, haben sich in Warton, Manching, Getafe und Caselle die Produktionsstrassen mit Serieneinsitzern gefüllt.
Im Herbst soll der dritte Serieneinsitzer - der erste der an eine Luftwaffe übergeben wird - fertig gestellt sein. Und dann geht es Schlag auf Schlag. Haben letztes Jahr noch rund ein dutzend Maschinen die Hallen verlassen, werden es heuer rund 40 sein. Schon nächstes Jahr werden beinahe 50 Maschinen die Produktion verlassen und ab 2006 wird mit der vollen Fertigungsrate von 52 Flugzeugen pro Jahr - im Schnitt ziemlich exakt eine Maschine pro Woche - gearbeitet.
Dieser Umstand ist es auch, der die Regierungen beim Tranche 2 Vertrag gewaltig unter Druck setzt. Schon im März dieses Jahres waren von den 148 Maschinen der ersten Tranche 125 in verschiedenen Stadien der Fertigung und mit den 363 Triebwerken ist das Eurojet Konsortium auch schon sehr weit fortgeschritten.
GS003 in der Fertigungsstrasse in Manching
Foto: Martin Rosenkranz

Tranche 2 - heuer muss es sein!

"Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben" - so sagt man. Und damit ihm genau das nicht passiert drängt der Deutsche Verteidigungsminister Peter Struck auf einen "Vorratsbeschluss" des Haushaltsausschuss des deutschen Bundestages.
Die Rotgrüne-Koalition in Berlin sieht "keinen Spielraum für einen Vorratsbeschluss" und möchte auch den viernationalen Vertrag im Bundestag begutachten, bevor man Steuergelder in Milliardenhöhe durchwinkt.
Hintergrund: Struck hat - ohne auf das Parlament zu warten - mit EADS einen nationalen Vertrag geschlossen, der einen Preisnachlass für die 68 deutschen Eurofighter der zweiten Tranche vorsieht. Er braucht aber als einziger der vier Partner auch einen Parlamentsbeschluss um die internationalen Verträge für die zweite Tranche auch unterzeichnen zu können.
Inzwischen schalten in England - wo es zuletzt die größten Schwierigkeiten mit der Finanzierung gab, weil 500 Millionen Pfund aus dem Eurofighter-Topf entnommen wurden, um den Irak-Einsatz zu finanzieren - die Lichter schön langsam auf Grün.
Der britische Verteidigungsminister Geoffrey Hoon hat eine Einigung mit der Industrie für den Sommer in Aussicht gestellt. Jetzt fürchtet Struck offenbar "überzubleiben" und als einziger ein fertiges Papier mangels Bundestagsbeschlusses nicht unterzeichnen zu können. Denn ob Struck in der Ferienzeit in der Lage ist den notwendigen Bundestagsbeschluss zu bekommen ist mehr als fraglich. Eine Verzögerung bis Herbst möchte er jedenfalls auf alle Fälle vermeiden.

Die Industrie hat für den Fall einer - bereits nahenden - Produktionsunterbrechung die jährlichen Kosten mit 1,5 Milliarden Euro für das Flugzeug und 500 Millionen Euro für die Triebwerke beziffert - dafür das NICHT(!) produziert wird wohlgemerkt. Kosten die der Verursacher - in dem Fall die Regierung die nicht unterschreibt - zu tragen hat.
Und auch der Ösi-Faktor ist hier zu beachten. Die 18 österreichischen Eurofighter sollen genau aus jener zweiten Tranche kommen, die jetzt zur Verhandlung steht. Sollte das Eurofighter-Konsortium seinen Lieferverpflichtungen ab Mai 2007 aufgrund einer etwaigen Produktionsunterbrechung nicht nachkommen können, enthält der Vertrag mit der Republik Österreich Konventionalstrafen wie Schadenersatz, Rücktrittsrecht oder Deckungskauf. Kosten die das Konsortium dann wohl kaum auf sich sitzen lässt und wohl nach dem Verursacherprinzip regressieren wird.

Alfonso de Castro und IPA4, der erste Serieneinsitzer, noch im "Primer".

Nachsatz: Mittlerweile möchten die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen im Falle einer Vereinbarung der Partnerstaaten Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien mit dem Hersteller-Konsortium umgehend grünes Licht gegeben.
Die für den Wehretat zuständigen Berichterstatter von Rot-Grün sollen bei einer Entscheidung in der Sommerpause den Milliardenkauf ohne Zeit raubende Sondersitzung des Haushaltsausschusses genehmigen.
So möchte man verhindern "dass das Parlament für etwaige Verspätungen anderer den Schwarzen Peter zugeschoben bekommt".

Martin Rosenkranz