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  Österreichische Militärluftfahrt in Politik und Medien
IX 2002

02.09.2002
Häupl: Wozu braucht Österreich überhaupt noch ein Bundesheer?
"Presse"-Gespräch. Bürgermeister Häupl philosophiert über die Notwendigkeit des Heers und meint, daß eine steuerliche Entlastung 2003 durch eine Verwaltungsreform und eine Hochwasser-Anleihe zu finanzieren ist.
VON NORBERT RIEF

24 Abfangjäger, 18 oder gar keine? Die parteipolitischen Positionen sind klar. Für die SPÖ sind Abfangjäger überflüssig. Wiens Bürgermeister und SP-Bundesvize Michael Häupl geht nun noch einen Schritt weiter und stellt im Gespräch mit der "Presse" die Notwendigkeit des ganzen Bundesheeres in Frage.
"Wozu brauchen wir denn überhaupt noch ein Bundesheer? Welche Rolle spielt die Landesverteidigung in einem gemeinsamen Europa", fragt sich Häupl. Das Heer sei derzeit zur Grenzsicherung eingesetzt. "Wenn unsere Nachbarländer der Europäischen Union beitreten, dann stellt sich die Frage der Landesverteidigung neu. Man kann ja wohl davon ausgehen, daß uns die Schweiz als einziges Nicht-EU-Mitglied nicht angreifen wird." Die Aufgabe des Heeres, die Grenzen zu sichern, sei mit der EU-Erweiterung jedenfalls dahin.
Ein Bundesheer brauche Österreich dann noch, um seinen internationalen Verpflichtungen aufgrund der Mitgliedschaft bei EU und UNO nachzukommen, und für den Katastropheneinsatz wie jetzt beim Hochwasser, "wo das Heer wirklich hervorragende Arbeit geleistet hat". Und diese Aufgaben könne man entweder mit einem Freiwilligen-Heer, mit einem Berufsheer oder mit einer adaptierten Wehrpflicht wahrnehmen.
Ob nicht nach seinen Überlegungen die Wehrpflicht überhaupt hinfällig sei? Häupl: "So einfach kann man das nicht beantworten, weil ja mit der Wehrpflicht auch der Zivildienst zusammenhängt. Und es gibt Dutzende Organisationen, die von Zivildienern abhängig sind." Insgesamt sehe er aber in der Zukunft des Heeres "nirgendwo einen Platz und nirgendwo eine Notwendigkeit für Abfangjäger". Macht es sich Österreich nicht zu leicht, wenn man sagt, die Luftraumüberwachung sollen andere für uns machen? "Man macht es sich gar nicht leicht. Die Frage der Luftraumüberwachung ist in der Europäischen Union keine Frage eines einzelnen Landes mehr, sondern eine Frage der gesamten Union. Da geht es um den Schutz des EU-Luftraums." Daher werde am Ende des Tages ein europäisches Heer stehen, meint Häupl.
Verzichte man auf die Abfangjäger, dann bedeute das im Gegenzug doch wohl nicht, daß man die geforderte Steuerreform machen könne. Häupl: "Absolut. Wenn man Abfangjäger ab 2005 bezahlen muß, dann sehe ich nicht, wie das mit einer Steuerreform 2003 zusammenhängen soll." Das sage er nicht nur in Richtung Jörg Haider, der einen Konnex zwischen Abfangjägern und Steuerreform hergestellt hat, sondern auch in Richtung der eigenen Parteifreunde, die teilweise ebenfalls verlockt seien, Abfangjäger und Steuerreform zu verknüpfen.
Freie Hand für Klestil
Er, Häupl, glaube, daß man eine Steuerreform schon 2003 trotz des Hochwassers finanzieren könne - "nur weil die Regierung sagt, daß es unfinanzierbar ist, muß das ja noch lange nicht richtig sein". Man sollte den zweiten Teil der Verwaltungsreform vorziehen. Durch Deregulierungen und schnellere Verfahren sei einiges an Geld einzusparen (SP-Chef Alfred Gusenbauer nannte in einem früheren "Presse"-Gespräch einen Betrag zwischen 730 Millionen und 2,2 Milliarden Euro). Ob man, wie Gusenbauer gefordert hatte, die Bezirkshauptmannschaft einsparen könne? "Nein, denn die spielen beim Bürgerservice eine große Rolle, die sind notwendig."
Ein zweiter Teil zur Finanzierung der Steuerreform sei eine Hochwasser-Anleihe. Mit diesen beiden Maßnahmen ließe sich schon "eine veritable Reform" im kommenden Jahr machen. Aus seiner, Häupls, Sicht, sei eine steuerliche Entlastung 2003 unumgänglich. "In Zeiten einer Wirtschaftsrezession muß man dadurch gegensteuern, daß man die Kaufkraft der Menschen stärkt." Zur Begründung der Bundesregierung, man könne aufgrund des Hochwassers keine Steuerreform machen, meint der SP-Chef: "Die Steuerreform und die Hilfe für die Hochwasseropfer gegeneinander auszuspielen halte ich für frivol."
Bei der Nationalratswahl wünscht sich Häupl einen eigenständigen Kurs der SPÖ. "Wir sollten uns nicht vorzeitig auf Koalitionen festlegen und mit einer anderen Partei im Rucksack antreten." Nach der Wahl werde man sehen, mit wem man zusammenarbeiten könne - "meiner Meinung nach mit allen Parteien außer der FPÖ$!R".
Kein Problem hat Häupl mit der Andeutung von Bundespräsident Thomas Klestil, daß nicht automatisch die stärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt werde. "Es ist völlig egal, wen der Bundespräsident mit der Regierungsbildung beauftragt. Er wird nach der Verfassung und nach seiner politischen Erfahrung handeln." Die Aufregung "meiner Freunde" über die Klestil-Aussage könne er nicht teilen. "Es ist ja recht einfach: Wer die Mehrheit im Parlament hat, der stellt die Regierung." 1999 sei der Chef der stärksten Partei mit der Regierungsbildung beauftragt gewesen - "und herausgekommen ist etwas ganz anderes".


02.09.2002
Häupl stellt Bundesheer in Frage
Nach EU-Erweiterung neue Aufgabenstellung - "Kein Angriff der Schweiz zu erwarten" - ÖVP hält Ideen für "ungeheuerlich"
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl will die Rolle des Bundesheeres überdenken. "Wenn unsere Nachbarstaaten der Europäischen Union beitreten, stellt sich die Frage der Landesverteidigung neu", sagte SPÖ-Vizeparteichef Häupl gegenüber der Tageszeitung "Die Presse" (Montagsausgabe). Man könne "ja wohl davon ausgehen, dass uns die Schweiz als einziges Nicht-EU-Mitglied nicht angreifen wird". Aufgaben für das Bundesheer sieht Häupl allerdings im Bereich der internationalen Verpflichtungen im Rahmen von EU und UNO. Die "hervorragende Arbeit" des Bundesheers bei der Katastrophenhilfe wie zuletzt beim Hochwasser könne man in Zukunft "mit einem Freiwilligen-Heer, mit einem Berufsheer oder mit einer adaptierten Wehrpflicht" leisten. Gegen eine Abschaffung der Wehrpflicht spreche aber die Verknüpfung mit dem Zivildienst, und "Dutzende Organisationen" seien von Zivildienern abhängig.
Gegen Abfangjägerkauf
Entschieden lehnt Häupl die Anschaffung von Abfangjägern ab. Die Luftraumüberwachung sei in der EU "keine Frage eines einzelnen Landes" mehr. Allerdings widerspricht der SP-Vize Parteifreunden, die mit dem Verzicht auf die Abfangjäger eine Steuerreform finanzieren wollen: "Wenn man Abfangjäger ab 2005 bezahlen muss, dann sehe ich nicht, wie das mit einer Steuerreform 2003 zusammenhängen soll".
Eine Steuerreform 2003 will aber auch Häupl: "In Zeiten einer Wirtschaftsrezession muss man dadurch gegensteuern, dass man die Kaufkraft der Menschen stärkt." Er hält die Reform durch die zweite Etappe der Verwaltungsreform, Deregulierungen und eine "Hochwasser-Anleihe" auch für finanzierbar.
ÖVP hält Häupl-Ideen für "ungeheuerlich"
Scharfe Zurückweisung seiner Ideen zum Bundesheer hat Wiens Bürgermeister und Parteichef-Vize Michael Häupl (S) am Montag von der ÖVP geerntet: Für Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat wäre eine Abschaffung "ungeheuerlich", Wehrsprecher Walter Murauer kritisiert "hemmungslosen Linkspopulismus".
Häupl will - laut "Presse" - die Rolle des Bundesheeres überdenken. "Wenn unsere Nachbarstaaten der Europäischen Union beitreten, stellt sich die Frage der Landesverteidigung neu", sagte er.
Man könne von einem Spitzenrepräsentanten der SPÖ offensichtlich heute nicht einmal mehr ein Bekenntnis zur Landesverteidigung erwarten, so Rauch-Kallat. Dies sei für eine ehemals Regierungsverantwortung tragende Partei "bedauerlich und beschämend". Der SPÖ sei die Landesverteidigung und damit die Sicherheit der Menschen in Österreich nichts wert.
Gehe es nach Häupl, "hätten wir wohl auch keine Feuerwehr, die bei der jüngsten Hochwasserkatastrophe Keller ausgepumpt hätte. Und die tausenden Soldaten, die im Einsatz standen und geholfen haben, der Lage Herr zu werden, wären auch nicht hier gewesen", meinte Murauer. "Offenbar geht es den Sozialdemokraten als ehemals staatstragender Partei nur noch darum, die Grünen in Sachen hemmungslosen Linkspopulismus zu übertreffen", sagte der ÖVP-Wehrsprecher.


02.09.2002
Häupl stellt Bundesheer in Frage
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl will die Rolle des Bundesheeres überdenken. "Wenn unsere Nachbarstaaten der Europäischen Union beitreten, stellt sich die Frage der Landesverteidigung neu", sagte SPÖ-Vizeparteichef Häupl gegenüber der Tageszeitung "Die Presse" (Montagsausgabe). Man könne "ja wohl davon ausgehen, dass uns die Schweiz als einziges Nicht-EU-Mitglied nicht angreifen wird".
Internationale Verpflichtungen, Katastrophenhilfe und Zivildiener
Aufgaben für das Bundesheer sieht Häupl allerdings im Bereich der internationalen Verpflichtungen im Rahmen von EU und UNO. Die "hervorragende Arbeit" des Bundesheers bei der Katastrophenhilfe wie zuletzt beim Hochwasser könne man in Zukunft "mit einem Freiwilligen-Heer, mit einem Berufsheer oder mit einer adaptierten Wehrpflicht" leisten. Gegen eine Abschaffung der Wehrpflicht spreche aber die Verknüpfung mit dem Zivildienst, und "Dutzende Organisationen" seien von Zivildienern abhängig.
Anschaffung von Abfangjägern abgelehnt
Entschieden lehnt Häupl die Anschaffung von Abfangjägern ab. Die Luftraumüberwachung sei in der EU "keine Frage eines einzelnen Landes" mehr. Allerdings widerspricht der SP-Vize Parteifreunden, die mit dem Verzicht auf die Abfangjäger eine Steuerreform finanzieren wollen: "Wenn man Abfangjäger ab 2005 bezahlen muss, dann sehe ich nicht, wie das mit einer Steuerreform 2003 zusammenhängen soll".
SPÖ-Vize hält Steuerreform für möglich
Eine Steuerreform 2003 will aber auch Häupl: "In Zeiten einer Wirtschaftsrezession muss man dadurch gegensteuern, dass man die Kaufkraft der Menschen stärkt." Er hält die Reform durch die zweite Etappe der Verwaltungsreform, Deregulierungen und eine "Hochwasser-Anleihe" auch für finanzierbar.
ÖVP hält Häupl-Ideen für "ungeheuerlich"
Scharfe Zurückweisung seiner Ideen zum Bundesheer hat Wiens Bürgermeister und Parteichef-Vize Michael Häupl (S) am Montag von der ÖVP geerntet: Für Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat wäre eine Abschaffung "ungeheuerlich", Wehrsprecher Walter Murauer kritisiert "hemmungslosen Linkspopulismus". Man könne von einem Spitzenrepräsentanten der SPÖ offensichtlich heute nicht einmal mehr ein Bekenntnis zur Landesverteidigung erwarten, so Rauch-Kallat. Dies sei für eine ehemals Regierungsverantwortung tragende Partei "bedauerlich und beschämend". Der SPÖ sei die Landesverteidigung und damit die Sicherheit der Menschen in Österreich nichts wert.
"Hemmungsloser Linkspopulismus"
Gehe es nach Häupl, "hätten wir wohl auch keine Feuerwehr, die bei der jüngsten Hochwasserkatastrophe Keller ausgepumpt hätte. Und die tausenden Soldaten, die im Einsatz standen und geholfen haben, der Lage Herr zu werden, wären auch nicht hier gewesen", meinte Murauer. "Offenbar geht es den Sozialdemokraten als ehemals staatstragender Partei nur noch darum, die Grünen in Sachen hemmungslosen Linkspopulismus zu übertreffen", sagte der ÖVP-Wehrsprecher.


02.09.2002
SP zu Kinderbetreuung: "Ein Kampfjet sind 20.000 Plätze"
Die Bundesfrauensekretärin der SPÖ, Bettina Stadlbauer, hat der Regierung am Montag vorgeworfen, falsche Prioritäten zu setzen. Um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu fördern, sei der Flächen deckende Ausbau der Kinderbetreuungsplätze vor allem für Zwei- bis Dreijährige notwendig. Stadlbauers Rechnung lautet: "Ein Kampfjet sind 20.000 Betreuungsplätze". Die Kinderfreunde vermissen "tausende Hortplätze".
Regierung setze falsche Prioritäten
Stadlbauer sieht sich durch die jüngsten Aussagen der Arbeiterkammer bestätigt. Diese hatte die Situation von Zwei- bis Dreijährigen als "alarmierend" bezeichnet und mehr Initiativen gefordert. Insgesamt würden 100.000 Kinderbetreuungsplätze in Österreich fehlen, erinnerte Stadlbauer heute. Mit der Investition von 90 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren könnte man dieses Manko ausgleichen. "Die blau-schwarze Regierung dürfte aber an einem Ausbau der Kinderbetreuungsplätze nicht interessiert sein, denn sie setzt eindeutig die falschen Prioritäten", unterstrich Stadlbauer in Anspielung auf den Ankauf von Kampfjets. Die Frage der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuung stelle sich zur Zeit nicht, solange die nötigen Kinderbetreuungsplätze fehlten, sagte die SPÖ-Bundesfrauensekretärin bezüglich eines entsprechenden Vorschlags der ÖVP.
Nachholbedarf an Hortplätzen festgestellt
Großen Nachholbedarf an Hortplätzen, besonders für Kinder im ländlichen Raum, sieht die SP-Abg. Gabi Binder, Familiensprecherin der Kinderfreunde. Die totale Auslastung der Hortplätze in Ballungszentren zeige, dass der Bedarf vorhanden sei, meinte sie in einer Aussendung. Jedes Kind in Wien finde in unmittelbarer Nähe einen Hortplatz, im Westen Österreichs allerdings seien Betreuungseinrichtungen für nachmittags oft mehr als 100 Kilometer entfernt.


03.09.2002
Zweites Volksbegehren gegen Abfangjäger sorgt für grüne Irritationen
Die Parteispitze der Grünen hat mit der Ankündigung eines zweiten Volksbegehrens aus den eigenen Reihen wenig Freude. Vor allem eine Zusammenarbeit mit Rudolf Fußi wird abgelehnt.
Der Abend soll recht lange gedauert haben. Werner Kogler, Abgeordneter der Grünen und Kämpfer gegen die Abfangjäger, traf jüngst in einem Lokal mit Rudolf Fußi, seines Zeichens Initiator des Volksbegehrens gegen die Anschaffung der Abfangjäger, zusammen. Inhalt des Gesprächs unter anderem: ein mögliches zweites Volksbegehren gegen Abfangjäger im Herbst, für das man sich gemeinsam stark machen sollte. Dann könnte man noch mehr Unterschriften zusammenkriegen, so das Kalkül der beiden. Die Ankündigung eines "heißen Herbstes" wurde von Kogler als Idee der Grünen medial verbreitet, auch Fußi meldete sich via Aussendung mit den Plänen zu Wort. Die Parteispitze der Grünen stieg jedoch sofort auf die Bremse.
Ein eigenes Volksbegehren der Grünen werde es nicht geben, so der stellvertretende Klubchef der Grünen, Karl Öllinger im Gespräch mit der "Presse". Immerhin habe man bereits das erste nicht mitinitiiert, ein Volksbegehren sei nicht das richtige Instrument für eine Partei, glaubt er. Aber eine Unterstützung einzelner Mandatare für das Volksbegehren werde man sich offenhalten: Sollte die Bundesregierung etwa bei Behandlung des Volksbegehrens die Bedenken der Unterzeichner nicht ernst nehmen, könnten einige mobil machen. Mögliches Datum: Anfang 2003.
In der Partei ist zu hören, daß Alexander Van der Bellen und Öllinger in der Partei mehr Distanz zu Fußi fordern. Die populistischen Ausritte und Attacken Fußis seien nicht mit der Linie der Grünen vereinbar, so deren Argumentation. Wie meinte ein Vertreter der Wiener Grünen jüngst: "Zum Glück gibt es den FP-Machtkampf, sonst hätten wir jetzt eine schöne interne Debatte breit in den Medien gehabt."


04.09.2002
F-16-Angriff auf Eurofighter
Verteidigungsministerium setzt plangemäß sein Beschaffungsprojekt fort
von Conrad Seidl

Während das Beharren auf dem Kauf von Abfangjägern des Typs Eurofighter einen Anlass für die Turbulenzen in der FPÖ geliefert hat, gehen die Vertragsverhandlungen mit dem Hersteller EADS in die Schlussrunde. Dem Vernehmen nach könnte der Vertrag schon am kommenden Freitag unterzeichnet werden - falls nicht noch ein Mitbewerber einen Strich durch die Rechnung macht. Lockheed-Martin hat nämlich sein Verkaufsteam zurück nach Wien geschickt und geht mit harten Vorwürfen gegen das Ministerium vor. Lockheed-Martins F-16 (die sowohl gebraucht als auch neu angeboten wurde) war wegen angeblicher technischer Mängel beim Radar aus dem Wettbewerb als "nicht entsprechend" ausgeschieden worden. Ein Vorgang, der die Texaner besonders erzürnt - das ist ihnen nämlich noch nie vorgekommen. Und es sei ihnen auch noch nicht vorgekommen, dass streng geheimes Material über das neue Radargerät zwar von der US- Botschaft angeboten wurde, vom beschaffenden Ministerium aber nie eingesehen wurde, erklärt Lockheed-Vertreter Alan Bonderud dem Standard.
Bonderud fragt auch ganz unschuldig, wieso es mit dem Vertragsabschluss mit EADS gar so schnell gehe: "Wie kann ein Vertrag, an dem man sonst zwischen neun und zwölf Monaten verhandelt, nun in wenigen Wochen unterschriftsreif sein?" Ohne explizit Schiebung zu unterstellen, kündigt der Lockheed-Martin- Mann an, das Ministerium "in einem ersten Schritt" zu "bitten", den Kaufvorgang zu stoppen. Das sei auch politisch sinnvoll, solange eine Diskussion um "Abfangjäger oder Steuerreform" laufe.
Den Amerikanern gehe es dabei gar nicht so sehr um den Verkauf von ein paar Flugzeugen, sondern um die Wiederherstellung ihres Rufes: "Die wertvollen Marken ,F-16‘, ,Fighting Falcon‘ und letztlich ,Lockheed Martin‘ wurden durch den lächerlichen Vorwurf Österreichs, die F-16 entspreche nicht, geschädigt. Wir haben ein fortschrittliches Flugzeug, das bis mindestens 2010 dem Eurofighter überlegen sein wird - und wir haben davon allein in den letzten zwei Jahren 320 Stück verkauft, EADS hat aber erst 148 Stück des Eurofighters fix verkauft," behauptet Bonderud (womit er die bestehenden Vorverträge von EADS außer Acht lässt).
Auch die schwedisch-britischen Anbieter Saab-BAE sind nicht untätig geblieben: Beim FP-Vorstand in der Nacht auf Mittwoch wurde unter anderem ein Leasing-Angebot für den Gripen diskutiert.
Verteidigungsminister Herbert Scheibner blieb aber unbeeindruckt. Mittwochmittag posierte er in Wien-Schwechat vor einem eigens eingeflogenen Eurofighter. In einem Hangar am Flughafen Schwechat hat er dann einen Kooperationsvertrag mit den Austrian Airlines (AUA) für die Pilotenausbildung unterschrieben. Er sieht die Beschaffung durch FP-Beschlüsse gedeckt.


05.09.2002
Abfangjäger bleiben
Jörg Haider hält an seiner Forderung nach einer Steuerreform fest. Dabei dürfte er bei einem direkten Gespräch mit Bundeskanzler Schüssel einen Teilerfolg erzielt haben.
Montagabend verhandelte Jörg Haider mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel geheim über einen Alternativplan zur Steuerreform. Dienstagabend zeigte sich Haider unbeschwert mit US-Kindern, die in Kärnten ihren Urlaub verbringen. Gleichzeitig kam es in Wien zu einem zähen Ringen im zwölfstündigen FP-Bundesparteivorstand, in dem vor allem Oberösterreichs FP-Obmann Hans Achatz auf die vorliegenden 380 Unterstützungsunterschriften zur Einberufung eines außerordentlichen Parteitags pochte ("Wichtig ist, daß die Parteibasis ein Machtwort spricht.").
Mittwoch stand wiederum der Schüssel-Haider-Alternativplan im Mittelpunkt der Spekulationen. Dieses Konzept könnte als eine Art Steuerreform gewertet werden und daher doch noch den von den FP-Delegierten gewünschten Sonderparteitag verhindern.
In dem Alternativplan geht es um die Bereiche Soziales, Beschäftigung und Sicherheit. Der Abfangjäger-Ankauf soll in der Verhandlung zwischen Schüssel und Haider nicht berührt worden sein, erklärte am Mittwoch Verteidigungsminister Herbert Scheibner. Diese Feststellung wollte - ebenfalls am Mittwochvormittag - der Kärntner Landeshauptmann nicht völlig außer Streit stellen. Haider selbst erklärte, das Programm enthalte erste Auswirkungen der Steuerreform schon für das Jahr 2003 sowie Maßnahmen zur Ankurbelung von Wirtschaft und Beschäftigung. Auch um den Bereich der Pensionsanpassung soll es gehen. In der Sitzung des FP-Bundesvorstandes wurde über diesen Plan gesprochen, eine Abstimmung darüber fand nicht statt.
Damit ist die interne Auseinandersetzung der FPÖ zumindest teilweise durch eine Sachdebatte ersetzt worden. Die Fixpunkte im FP-Streit waren am Mittwoch aber (fast) unverändert:
[*] Erstens die vorliegenden Unterschriften für einen Sonderparteitag. Zwar haben einige Delegierte ihre Unterstützung zurückgezogen (z. B. der Zweite Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn), aber das erforderliche Quorum ist ja bei weitem, um 130 Stimmen, überschritten worden. Riess-Passer ersuchte nach Ende des Bundesparteivorstands alle Unterzeichner, ihre Zustimmung zum außerordentlichen Parteitag noch einmal zu überlegen. [*] Zweitens die Aussage von Parteichefin Riess-Passer, daß schon die Einberufung des Sonderparteitages ihren Rücktritt als FP-Obfrau und als Vizekanzlerin zur Folge haben werde. Dieser Drohung schlossen sich in der Vorstandssitzung die freiheitlichen Regierungsmitglieder und Klubobmann Peter Westenthaler an. [*] der neue Alternativ-Plan zur Steuerreform, über dessen Umsetzung jetzt in den zuständigen Gremien der ÖVP und FPÖ beraten werden soll. Über einen Terminplan zu diesen Gesprächen und über gemeinsame Verhandlungsrunde gab es vorerst keine Angaben.
Haider kalmiert
Um 6.10 Uhr war am Mittwochmorgen der Parteivorstand beendet, die FP-Spitze stellte sich in einer Pressekonferenz den Journalistenfragen. Wenige Stunden danach kommentierte in Kärnten Haider die Sitzung des zweithöchsten Parteigremiums - dem er ja bewußt ferngeblieben ist. Ein Sonderparteitag, so Haider, sei zwar das "demokratische Recht der Basis", er selbst sehe eine derartige Veranstaltung aber nur als "letzten Ausweg". Mit kritischen Worten bedachte er die Drohung Riess-Passers mit ihrem Rücktritt: Das sei falsch. "Wir sollten jetzt gemeinsam eine Lösung finden."
In der FP-Basis waren am Mittwoch unterschiedliche Signale zu hören. Parteitagsdelegierte aus Niederösterreich, Wien, Oberösterreich, Kärnten und Vorarlberg betonten, daß sie auf dem Sonderparteitag bestehen wollen. Andere erklärten hinter vorgehaltener Hand, daß sie mit ihrer schriftlichen Zustimmung zum Parteitag "nicht glücklich" seien, daß sie aber von über ihnen stehenden FP-Politikern dazu gedrängt wurden. Aber mit Namen wollten sie nicht genannt werden. Am besten wäre eine Aussöhnung der Streitparteien, eine Beilegung des Konflikts und gemeinsame Anstrengungen für einen neuerlichen Aufschwung.
Oberösterreichs FP-Chef Achatz bot neuerlich an, den Sonderparteitag in Linz abzuhalten. Als Termin kommt der 13. Oktober, ein Sonntag, in Frage.


05.09.2002
Schweden hat Angebot für gebrauchte Gripen übermittelt
12 bis 18 Jets für zehn Jahre um 500 Millionen Euro
Die Konkurrenten des Eurofighter um den größten österreichischen Rüstungsdeal hoffen offenbar noch immer auf eine Änderung der Typen-Entscheidung. Der schwedische Verteidigungsminister Björn von Sydow hat seinem österreichischen Amtskollegen Herbert Scheibner (F) das angekündigte Angebot für das Leasing gebrauchter Gripen übermittelt, berichtet das Magazin "Format" in seiner am Freitag erscheinenden Ausgabe. Und der US-Konzern Lockheed Martin fordert, dass sein Angebot für F-16 nachträglich umfassend evaluiert wird. Das Angebot der Schweden sieht vor, bereits im kommenden Jahr sechs bis acht Gripen an Österreich zu vermieten. In der Folge könnten 12 bis 18 Stück an Österreich verleast werden. Für eine Periode von zehn Jahren wird der Preis dafür mit 500 Millionen Euro angegeben. Das Verteidigungsministerium winkt aber ab: "Ein derartiges Offert wäre nur während der offiziellen Ausschreibung als Alternative zulässig gewesen", wird ein Sprecher zitiert.
Datiert ist das Schreiben Von Sydows mit 3. September. Der Verteidigungsminister bekundet darin sein Mitgefühl für die Zerstörungen durch das Hochwasser. Er habe davon gehört, dass als Folge die Zahl und die Zahlungsziele für die Abfangjäger noch einmal überdacht werden. In vollem Bewusstsein der bereits gefallenen Typenentscheidung unterbreite er daher noch einmal ein Angebot. In dem angegeben Preis wären auch Ausbildung und Logistik inkludiert, heißt es. Kompensationsgeschäfte würden den Leasing-Preis übersteigen.
Lockheed Martin fordert unterdessen einen Verhandlungsstopp mit Eurofighter-Anbieter EADS und eine Evaluierung des eigenen Offerts. "Die Behandlung des FMS-Angebotes (als Verkäufer aufgetreten wäre das Foreign Military Sales Program der US-Regierung, Anm.) musste am 7. Mai 2002 abgebrochen werden, weil fest stand, dass für das geforderte Radar und die Digital Moving Map keine Preisangaben zu erlangen waren", hieß es zur F-16 im Ministerratsvortrag vom 5. Juli zur Typenentscheidung. Der US-Konzern ist darüber verärgert, weil in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden sei, sein Produkt entspreche nicht den österreichischen Anforderungen und will seinen Ruf wieder hergestellt sehen.
Zwischen Verteidigungsministerium und EADS wird unterdessen weiter verhandelt. Ein erstes Ergebnis könnte Ende nächster Woche vorliegen, heißt es. Nach einer Prüfung könnte es dann einige Tage später zur Vertragsunterzeichnung kommen.
Rudolf Fußi, der Initiator des Volksbegehrens gegen die Abfangjäger, hat unterdessen bekräftigt, nach einer Vertragsunterzeichnung sofort ein weiteres Volksbegehren einleiten zu wollen. "Wenn Scheibner am 13. September unterschreibt, liegen 3 Tage später bereits die Unterstützungserklärungen auf allen österreichischen Gemeindeämtern auf. Ich werde es nicht zulassen, dass die Interessen einzelner Waffenlobbyisten und provisionsgeiler Politiker wichtiger genommen werden, als die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung in diesen schweren Zeiten", so Fußi in einer Aussendung.


06.09.2002
Lockheed Martin kritisiert Entscheidungsprozess
US-Anbieter ist um Ruf der F-16 besorgt und fordert Bewertung ein - Verteidigungsministerium weist Vorwürfe zurück
Der im Rennen um die Draken-Nachfolge unterlegene US-Rüstungskonzern Lockheed Martin ortet Ungereimtheiten im Vorfeld der Typenentscheidung. Stein des Anstoßes ist nach wie vor die Entscheidung der Heeresexperten, die F-16 von Lockheed Martin wegen der Ausschreibung nicht entsprechenden technischen Spezifikationen für das Radar und eine digitale Landkarte auszuscheiden. Die Vertreter des US-Konzerns sehen den Ruf ihres Produkts gefährdet und betonen, sie hätten alle Informationen angeboten. Das Verteidigungsministerium weist die Vorwürfe zurück. Konkret verweist der Österreich-Vertreter von Lockheed Martin, Alan Bonderud, im Gespräch mit der APA auf einen Brief von Lieutenant General Tome H. Walters, dem Direktor der für den weltweiten Verkauf von amerikanischer Rüstung verantwortlichen "Defense Security Cooperation Agency", an Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F). In diesem Schreiben betont Walters in Sachen digitaler Landkarte, dass Österreich der erste Kunde für ein neues System sein könnte, das auch in US-Jets zum Einsatz kommen solle.
Und das angebotene Radar entspreche den Anforderungen der Ausschreibung, so Walters weiter. Nähere Details könnten aber nur in einem Informationsgespräch unter Geheimhaltung genannt werden. Experten der US-Regierung und der Rüstungsindustrie stünden dafür zur Verfügung.
Auf diesen mit 16. Mai datierten Brief habe man nie eine Antwort bekommen, so Bonderud. Es habe lediglich geheißen, mit Vertretern der Rüstungskonzerne werden keine Gespräche geführt. Überhaupt ist er über die Zeitabläufe verwundert. Im Ende Juni fertig gestellten Bericht der Bewertungskommission heißt es, die Bewertung des F-16-Angebots sei am 7. Mai eingestellt worden.
Bereits am 25. Mai hat die "Presse" berichtet, dass die F-16 aus dem Rennen sei. Das Verteidigungsministerium hat diesen Bericht in einer Aussendung damals dementiert, die Angebote aller drei Bieter würden bewertet. "Jemand sagt da nicht die Wahrheit", so Bonderud, "es ist nicht die US-Regierung und es ist nicht Lockheed Martin".
Bonderud fordert nun, dass das Angebot für die F-16 umfassend bewertet wird. Dann, so ist er überzeugt, würde es als das Beste gelten. Andernfalls wäre zumindest das Vertrauen in den Entscheidungsprozess wieder hergestellt. Lockheed Martin sorgt sich auch um den Ruf seines Jets, noch nie sei die F-16 irgendwo wegen technischer Unzulänglichkeiten ausgeschieden worden.
Im Verteidigungsministerium hat man die Vorwürfe am Freitag zurückgewiesen. Man habe von Anfang an betont, über die Details der Verfahrensabläufe nicht zu informieren. Offiziell ausgeschieden sei die F-16 jedenfalls erst Ende Juni mit dem Endbericht der Bewertungskommission, zu einem früheren Zeitpunkt sei eine derartige Aussage daher nicht möglich gewesen. Und das von Lockheed Martin angebotene Treffen hätte nicht ausgereicht, weil Grundlage der Bewertung nur die innerhalb der Anbotsfrist vorgelegten schriftlichen Unterlagen sein konnten.


06.09.2002
Abfangjäger: Kritik von Lockheed Martin
Der im Rennen um die Draken-Nachfolge unterlegene US-Rüstungskonzern Lockheed Martin ortet Ungereimtheiten im Vorfeld der Typenentscheidung.
Sie stoßen sich an der Entscheidung der Heeresexperten, die F-16 von Lockheed Martin wegen der Ausschreibung nicht entsprechenden technischen Spezifikationen für das Radar und eine digitale Landkarte auszuscheiden.
Die Konzernvertreter sehen den Ruf ihres Produkts gefährdet und betonen, sie hätten alle Informationen angeboten. Das Verteidigungsministerium weist die Vorwürfe zurück.


06.09.2002
Abfangjäger: Grüne kündigen Misstrauensantrag an
Wegen des Eurofighter-Kaufs wollen die Grünen in der ersten Parlamentssitzung nach der Sommerpause am 19. September einen Misstrauensantrag gegen die Regierung einbringen.
Außerdem fordern sie eine Sonderpräsidiale, um von den Regierungsfraktionen Auskunft über den Fahrplan für die Behandlung des Abfangjäger-Volksbegehrens zu bekommen. Diese Vorgangsweise will Klubobmann Alexander Van der Bellen seiner Fraktion bei der Klubklausur am Montag vorschlagen.
Grüne fordern Nachdenkpause
Der Kaufvertrag für die Eurofighter solle bereits am nächsten Freitag, den 13. September, unterzeichnet werden, erläuterte der Sprecher der Grünen, Lothar Lockl heute Nachmittag. Wenn die Regierung nicht bereit sei, die Unterzeichnung aufzuschieben, würden die Grünen einen Misstrauensantrag einbringen.
Sie verlangen zumindest solange eine Nachdenkpause, bis das Anti-Abfangjäger Volksbegehren, das mehr als 620.000 Menschen unterschrieben haben, vom Parlament behandelt ist. Das Volksbegehren werde frühestens im Oktober dem Nationalrat zugeleitet.


07.09.2002
Nur zwei Eurofighter sollen bewaffnet werden
Nach Informationen des oberösterreichischen SPÖ-Vorsitzenden Erich Haider will die Regierung zwar 18 Eurofighter bestellten, aber nur für zwei Kampfflugzeuge auch die Bewaffnung.
16 Jets sollen unbewaffnet bleiben. Grund dafür sei, dass die Bewaffnung "noch einmal zwei Milliarden Euro kostet", sagte Haider am Samstag der APA. Der oberösterreichische SP-Vorsitzende beruft sich dabei auf Informationen aus dem Beschaffungsakt.
"Auf Ankauf ganz verzichten"
Haider wirft der Regierung vor, sie wolle die Bevölkerung "schwer hinters Licht führen". Mit nur zwei bewaffneten Abfangjägern sei weder die Verteidigung des Luftraumes noch der Neutralität möglich. Man solle daher auf den Ankauf ganz verzichten und das Geld besser für den Hochwasserschutz verwenden, bekräftigte Haider die SPÖ-Forderung.


07.09.2002
Fertigungsfehler verzögern Auslieferung an Deutschland
Erster Eirpfogjter geht erst zum Jahresende an die Luftwaffe
Gefährliche Fertigungsfehler und eine Fehleinschätzung der Hersteller werden die Auslieferung der ersten "Eurofighter" an die Deutsche Luftwaffe voraussichtlich um drei Monate bis Dezember verzögern. Eine entsprechende Vorabmeldung des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" bestätigte am Samstag das Bundesverteidigungsministerium. Nach Angaben eines Sprechers sind die Fertigungsfehler an den Vorflügeln - den so genannten Canards - und am Seitenleitwerk aufgetreten. In Österreich hatte der von der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung beschlossene Ankauf von ursprünglich 24 (später 18) für heftige innenpolitische Diskussionen gesorgt. Laut "Spiegel" droht die aus Kohlefaser-Verbundwerkstoff geklebte Außenhaut, sich bei Überschallflügen abzulösen, was zum Absturz führen würde. Als weitere Ursache für die Verzögerungen nannte der Sprecher eine Unterschätzung des Arbeitsaufwandes bei der Serienvorbereitung des Rumpfvorderteils. Die eigentlich für diesen Monat vorgesehene Auslieferung des ersten Serienflugzeugs an das Jagdgeschwader 73 "Steinhoff" in Laage verschiebt sich dem Sprecher zufolge jetzt auf Ende 2002. der Beginn der Ausbildung der Piloten verschiebe sich entsprechend auf April 2003, und der Flugbetrieb mit geplanten zehn Eurofightern könne erst im Oktober 2003 aufgenommen werden.
Im Jänner 1998 hatten Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien die arbeitsteilige Produktion von 620 Flugzeugen mit einer Option auf 90 weitere Maschinen vereinbart. Für die Deutsche Luftwaffe sind 180 Eurofighter vorgesehen, die außer den gut 30 Jahre alten Phantom-Jägern auch die von der DDR-Armee übernommenen 23 MiG-29 ersetzen sollen. Am 8. April 2002 hatte in Manching bei München der erste auf deutschem Boden gefertigte Serien-Eurofighter zum Jungfernflug abgehoben.
Der Eurofighter ist ein extrem wendiges zweistrahliges Hochleistungsflugzeug. Gebaut und bewaffnet ist er für die Bekämpfung von Zielen in der Luft über weite Distanzen und im direkten Luftkampf sowie für die Bekämpfung von Bodenzielen. Marschtempo ist die anderthalbfache Schallgeschwindigkeit (Mach 1,5). Spitzenwert ist Mach zwei.
Über die Kosten schweigen sich Verteidigungsministerium und Industrie aus. Sicher scheint, dass es mehr sein werden als die beim Start des Programms veranschlagten 11,76 Milliarden Euro. Der Bundesrechnungshof hatte schon vor gut zwei Jahren gewarnt, die Summe könnte noch auf 14,83 Milliarden Euro steigen.


07.09.2002
Kein Verständnis für Kritik von Erich Haider
Die Behauptung von Oberösterreichs SPÖ-Chef Erich Haider, dass nur zwei der 18 neuen Abfangjäger mit Waffen ausgestattet würden, sei schlichtweg falsch. Das sagte am Samstag Franz Kulnik, der Pressesprecher von Verteidigungsminister Herbert Scheibner.
Woher Haider diese Information habe, sei im Verteidigungsministerium nicht nachvollziehbar.
"Bevölkerung hinters Licht führen"
Der oberösterreichische SPÖ-Chef Erich Haider hatte die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Abfangjägerkauf scharf kritisiert. Er habe Informationen aus dem Verteidigungsministerium, wonach aus Kostengründen nur für zwei Eurofighter die entsprechende Bewaffnung angeschafft würde. Die 16 anderen Maschinen würden demnach nutzlos am Boden stehen bleiben. Haider war der Bundesregierung vor, sie würde die Bevölkerung hinters Licht führen.
Bewaffnung im Preis inkludiert
Im Verteidigungsministerium wundert man sich, woher diese Information kommen soll. Laut Franz Kulnik, dem Pressesprecher von Verteidigungsminister Herbert Scheibner, werde selbstverständlich für jeden einzelnen der 18 Abfangjäger die entsprechende Bewaffnung beschafft. Die Kosten seien im ausverhandelten Kaufpreis bereits inkludiert.


09.09.2002
SP-Wahlversprechen: Steuerreform, keine Abfangjäger
SP-Chef Gusenbauer rückt Arbeitsplätze in den Mittelpunkt des Wahlkampfs; eine SP-Kampagne gegen Abfangjäger wird gestartet. Die Grünen schließen eine grün-schwarze Koalition aus.
Für die SPÖ gab Alfred Gusenbauer am Montag mit zwei konkreten Versprechen den Startschuß für den Wahlkampf: Steuerreform sowie kein Abfangjäger-Kauf. Eine Steuerreform werde sowohl investierenden Unternehmen sowie kleinen und mittleren Einkommensbeziehern zu Gute kommen. Eine Entscheidung über den Kauf von "Kampfflugzeugen" sei indessen erst sinnvoll, wenn über das künftige europäische Sicherheitssystem entschieden sei, sagte Gusenbauer. Da zu befürchten sei, daß die Regierung noch in ihren letzten Tagen den Abfangjäger-Deal unterschreiben werde, starte die SPÖ ab sofort eine Kampagne gegen diese Anschaffung...


10.09.2002
Kauf der Abfangjäger könnte sich neuerlich verzögern
Der vorzeitige Bruch der Regierung führt auch zu Turbulenzen beim Abfangjäger-Kauf. Der höchst umstrittene Deal wird an die nächste Koalition weitergereicht. Es war der neuerdings fanatische Jet-Gegner Jörg Haider, der am Dienstagnachmittag verkündete: Er habe am Vorabend in einem Gespräch mit Verteidigungsminister Herbert Scheibner vereinbart, den Kaufvertrag nicht zu unterschreiben. Ursprünglich hätte dieser am 13. September unterzeichnet werden sollen.
„Jörg Haider hat sichergestellt, dass der Abfangjägerkauf gestoppt wird.“
Strutz, FP Kärnten

Triumphgeheul von Haiders Kärntner Mannen ließ nicht lange auf sich warten: Indem Haider „in Gesprächen auf Bundesebene sicher gestellt“ habe, dass die Beschaffung gestoppt wird, erfülle er nicht nur „den sehnlichsten Wunsch Tausender Österreicher“. Er mache damit auch klar, „dass für die FPÖ ,Steuerreform vor Abfangjägern’ nicht nur ein Wahlversprechen ist, sondern auch umgesetzt wird“, meinte der freiheitliche Landeschef Martin Strutz via Aussendung.

„Die Aussage Jörg Haiders, der Ankauf werde gestoppt, ist ein Missverständnis.“
Scheibner (FPÖ)

Scheibner stellte die Situation bei einer Pressekonferenz eine halbe Stunde später anders dar: „Dabei kann es sich nur um ein Missverständnis handeln. Ich werde den Ankauf sicher nicht stoppen.“ Der interimsmäßige FP-Chef wies darauf hin, dass er den sofortigen Ankauf mit Landeshauptmann Haider vereinbart habe. Diese Vorgangsweise sei von den Delegierten beim Treffen in Knittelfeld genehmigt worden.

„Die Verhandlungen werden fortgesetzt. Die Unterschrift hängt vom Ergebnis ab.“
Scheibner

De facto hat Scheibner klein beigegeben. Als Schlupfloch dient die Neuwahl. Er wolle zwar binnen Monatsfrist das Geschäft abschließen, um es rechtsgültig zu machen brauche man aber ein Sonderfinanzierungsgesetz (von dem bis dato keine Rede war, Anm.). Das könne nicht beschlossen werden, weil sich der Nationalrat am 19. September auflöst. Damit sei das nächste Parlament zuständig, gibt er den Ball weiter.
„Es gibt einen Beschluss, der umzusetzen ist.“
Schüssel

Kanzler Wolfgang Schüssel hatte zuvor, nach dem Ministerrat, betont, dass er zum Abfangjäger-Kauf stehe. „Ich bin selbstverständlich dafür, das Bundesheer ernst zu nehmen.“ Die vorherige SP/VP-Regierung habe die Anschaffung auf die nächste Legislaturperiode verschoben. Die derzeitige Koalition habe die Typenentscheidung getroffen: „Es gibt einen Beschluss, der umzusetzen ist. Ich stehe fest auf dem Boden des Regierungsprogramms.“ Der Frage, ob noch vor der Wahl die Unterschrift unter den Kaufvertrag gesetzt wird, wich Schüssel aus: Das falle nicht in seinen Kompetenzbereich, sei Sache des Verteidigungsministers.
Budget 2003
Offen ist noch, wie es mit dem Budget 2003 weitergeht, das ebenfalls nicht mehr beschlossen werden kann. „Die Vorgangsweise wird noch überlegt“, sagte der Kanzler. Jedenfalls werde es ein Provisorium geben, „was aber im Prinzip keinen Unterschied macht.“ Damit würde die so genannte Zwölftelregelung in Kraft treten: Jedes Ministerium darf pro Monat nur so viel ausgeben wie im Vorjahr. Zwei weitere wichtige Finanzangelegenheiten betreffen die Beamten und die Pensionen. FP-Klubchef Peter Westenthaler ging davon aus, dass es trotz vorgezogener Wahl eine Beamtenlohnrunde gibt: „Darauf werden die beamten nicht verzichten“, spielte er auf die Streikdrohungen der Staatsdiener an. Sozialminister Herbert Haupt wiederum will noch eine Pensionsanpassung zu Stande bringen: „Die Pensionisten sollen einen gerechten Anteil am Fortschritt haben.“ Dies sei Mitgrund, warum er sein Amt nicht zurückgelegt habe. Er wollte alles in „geordneter Form“ an seinen Nachfolger übergeben.


10.09.2002
"Missverständnis" mit Haider
Scheibner dementiert: "Abfangjägerkauf ungeklärt"
Verteidigungsminister Herbert Scheibner hat den Ball in der Abfangjägerfrage ans Parlament weitergespielt und damit zumindest indirekt eingestanden, dass der Abfangjägerkauf in dieser Legislaturperiode nicht mehr rechtswirksam werden kann. Die Aussagen des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider, dass er die Beschaffung stoppen werde, wies er jedoch als "Missverständnis" zurück: Er habe mit Haider lediglich besprochen, dass es auf Grund der bevorstehenden Auflösung des Parlaments möglicherweise nicht mehr zum Beschluss des für die Rechtsgültigkeit des Vertrages notwendigen Finanzierungsgesetzes kommen könnte.
Scheibner betonte gleichzeitig, dass die Vertragsverhandlungen fortgesetzt werden. Die Unterschrift hänge vom Ergebnis ab. Er sei auch überzeugt, dass jede Regierung den Abfangjägerkauf umsetzen werde.
Jörg Haider hatte zuvor mitgeteilt, dass er am Vorabend in einem Gespräch mit dVerteidigungsminister Herbert Scheibner vereinbart habe, den Kaufvertrag nicht zu unterschreiben.
"Zuerst muss es zu einer Steuersenkung kommen", meinte Haider. Wenn dies gelingt, werde Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer "das Hören und Sehen vergehen". Der Landeshauptmann hatte sogar die Absicht, ein Volksbegehren "Steuerreform statt Abfangjäger" zu initiieren. Auch der von rund 400 Delegierten geforderte Sonderparteitag wurde unter dieses Motto gestellt.


10.09.2002
Schüssel steht zu Anschaffung
Will aber nicht sagen, ob Kaufvertrag noch vor Neuwahltermin unterschrieben wird
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) steht nach wie vor zur Anschaffung neuer Abfangjäger. Das machte der Kanzler am Dienstag im Pressefoyer nach dem Ministerrat auf entsprechende Journalisten-Anfragen klar. Er sei "selbstverständlich dafür, das Bundesheer ernst zu nehmen", so Schüssel. Es gebe zudem einen Beschluss, der umzusetzen sei. Er stehe fest auf dem Boden des Regierungsprogramms. Die vorige SPÖ-ÖVP-Regierung habe die Abfangjäger-Entscheidung in die nächste Legislaturperiode verschoben. Die derzeitige Regierung habe dagegen eine Typenentscheidung getroffen. Aufgabe des Verteidigungsministers sei es, die Verhandlungen so zu führen, dass der Preis stimme. Der Wirtschaftsminister habe dafür zu sorgen, dass es zu adäquaten Gegengeschäften komme.
Ausweichend antwortete Schüssel allerdings auf die Frage, ob die Unterschrift unter den Kaufvertrag noch vor dem Neuwahltermin gesetzt werde. Das falle nicht in seinen Kompetenzbereich, sondern sei Sache des Verteidigungsministers, betonte Schüssel.


10.09.2002
Opposition weiter gegen Beschaffung
SPÖ: Schüssel und Scheibner nicht lernfähig - Kogler: Finanzierungsgesetz kann Volksabstimmung unterzogen werden
SPÖ und Grüne haben am Dienstag ihre Kritik an der Eurofighter-Beschaffung bekräftigt. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures warf Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) und Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) vor, "trotz aller Widerstände aus der Bevölkerung" an der Beschaffung festzuhalten und "völlig falsche Prioritäten" zu setzen. Der Grün-Abgeordnete Werner Kogler wies auf eine Möglichkeit für die von den Grünen geforderte Volksabstimmung hin: Diese könnte das Finanzierungsgesetz zum Inhalt haben. Bures betonte, der Kauf der Abfangjäger bedeute eine "absolut sinnlose und unproduktive Belastung des Bundesbudgets" über Jahre hinaus. Bures: "Die Abfangjäger sind eine Investition, für die es keinerlei Rendite gibt." Ein Abschluss des Abfangjäger-Deals noch in der Endphase dieses blau-schwarzen Experiments wäre "eine schwere Hypothek für jede zukünftige Regierung, aber vor allem eine schwere Hypothek für die Bevölkerung".
Kogler sagte: "Wir haben Recht behalten: Ohne Zustimmung des Parlaments ist keine Beschaffung der Abfangjäger möglich!" Die Grünen wollen die Beschaffung auch zum "zentralen Wahlkampfthema" machen. Der Abgeordnete: "Mit neuen Mehrheiten kann und wird die Auseinandersetzung um die Kampfjets gewonnen werden."


10.09.2002
SPÖ-Aktion gegen Abfangjäger
Protestaktion vor Kanzleramt
Bei der SPÖ hat der Wahlkampf anscheinend bereits voll eingesetzt. Vor dem Bundeskanzleramt demonstrierten am Dienstag etwa 30 SPÖ-Sympathisanten, darunter die Umweltsprecherin Ulli Sima, gegen den Kauf der Abfangjäger. Ihr Motto: "Entweder Abfangjäger oder zwei Mrd. für faire Chancen". Auf Plakaten rechnete die SPÖ vor: ein Abfangjäger entspreche 20.000 neuen Kindergartenplätzen, 2.000 neuen Arbeitsplätzen, 10.000 neuen Lehrstellen oder der Ambulanzgebühr bzw. der Studiengebühr.


10.09.2002
Für SPÖ-Kärnten Haider "völlig unglaubwürdig"
Ambrozy-Kritik auch an Scheibner
Die SPÖ sei der einzige Garant dafür, dass der Kauf der sinnlosen Abfangjäger gestoppt wird, bekräftigte am Dienstag der Vorsitzende der Kärntner Sozialdemokraten, LHStv. Peter Ambrozy. Landeshauptmann Jörg Haider und Minister Herbert Scheibner (beide F) seien "völlig unglaubwürdig". Beide hätten noch vor kurzem für den Ankauf der Kampfflugzeuge geworben und mit Gegengeschäften argumentiert. Haider agiere längst in einem "politischen Dämmerzustand zwischen Rücktritten und Rücktritten von Rücktritten", und sei nach seinen unzähligen Umfallern nicht mehr ernst zu nehmen. Ambrozy: "Haider ist der Obmann einer blauen Chaos-Truppe, der einmal mehr mit falschen Versprechungen auf , als Spitzenkandidat ins Rennen zu gehen." Scheibner sei ohnehin nicht mehr als eine Marionette Haiders und selbst in den eigenen FPÖ-Reihen als "Verräter und Umfaller" gebrandmarkt.


10.09.2002
Platzt Deal vor den Wahlen? Verwirrung in der FPÖ
Haider: Scheibner wird Vertrag nicht unterzeichnen - Scheibner spricht von Missverständnis, "glaubt an das Gute" und spielt den Ball ans Parlament - Ohne Finanzierungsgesetz kein rechtsgültiger Kaufvertrag möglich, Verhandlungen laufen
Der Ankauf von Abfangjägern für das österreichische Bundesheer könnte geplatzt sein. Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) teilte am Dienstag in Klagenfurt vor Journalisten mit, dass er am Vorabend in einem Gespräch mit dem geschäftsführenden FPÖ-Bundesparteionmann und Verteidigungsminister Herbert Scheibner vereinbart habe, den Kaufvertrag nicht zu unterschreiben. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hatte zuvor nach dem Ministerrat erklärt, an der Anschaffung der Abfangjäger festhalten zu wollen.
Scheibner spielt Ball ans Parlament
Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) hat den Ball in der Abfangjägerfrage am Dienstag ans Parlament weitergespielt und damit zumindest indirekt eingestanden, dass der Abfangjägerkauf in dieser Legislaturperiode nicht mehr rechtswirksam werden kann. Die Aussagen des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider, dass er die Beschaffung stoppen werde, wies er als "Missverständnis" zurück: Er habe mit Haider lediglich besprochen, dass es auf Grund der bevorstehenden Auflösung des Parlaments möglicherweise nicht mehr zum Beschluss des für die Rechtsgültigkeit des Vertrages notwendigen Finanzierungsgesetzes kommen könnte. Scheibner betonte gleichzeitig, dass die Vertragsverhandlungen fortgesetzt werden. Die Unterschrift hänge vom Ergebnis ab. Er sei auch überzeugt, dass jede Regierung den Abfangjägerkauf umsetzen werde.
Parteigremien haben Beschaffung bestätigt
Verteidigungsminister Herbert Scheibner wollte in seiner Pressekonferenz erst gar keinen Zweifel an seinem Willen aufkommen lassen, die Abfangjäger-Beschaffung durchzuziehen. Diese seien notwendig für die Wahrung der Souveränität. "Alle Parteigremien haben dass bestätigt. Selbst der Knittelfelder Delegiertentag hat das bestätigt. Und dabei wird es auch bleiben." Und weiter: "Die Abfangjäger sind sehr stabil. Und das zu Lande und in der Luft." Auf die Frage, wie er das "Missverständnis" mit Jörg Haider einschätze, sagte Scheibner: "Ich glaube an das Gute." Haider hatte knapp eine Stunde vor der Pressekonferenz überraschend verlautbart, er habe sich mit Scheibner auf einen Stopp der Beschaffung geeinigt. Die Verschiebung zumindest der Rechtsgültigkeit der Beschaffung ist für Scheibner freilich klar. Wenn das Gesetz in dieser Periode, die nach den Planungen von ÖVP und FPÖ enden soll, nicht mehr beschlossen werden könne, dann sei eben das nächste Parlament dafür zuständig. Eine nächste Regierung würde auch durch die Unterschrift unter den Vertrag nicht präjudiziert. Man schafft ja keine vollendete Tatsachen durch die Unterschrift, denn das Finanzierungsgesetz ist für die Rechtsgültigkeit notwendig.
Haider: Schüssel und Gusenbauer soll Hören und Sehen vergehen
"Zuerst muss es zu einer Steuersenkung kommen", sagte Haider. Wenn dies gelingt, werde Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) und SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer "das Hören und Sehen vergehen". Der Landeshauptmann hatte sogar die Absicht, ein Volksbegehren "Steuerreform statt Abfangjäger" zu initiieren. Auch der von rund 400 Delegierten geforderte Sonderparteitag wurde unter dieses Motto gestellt.
FPÖ-Kärnten bestätigt Haider-Aussage
Auch der Kärntner FPÖ-Obmann Martin Strutz erklärte am Dienstag, dass der Ankauf der Eurofighter gestoppt sei. "Jörg Haider ist dem Wähler verpflichtet und hat in Gesprächen auf Bundesebene sichergestellt, dass der Abfangjägerkauf gestoppt wird", stellte Strutz dazu fest. "Damit erfüllt der Landeshauptmann den sehnlichen Wunsch tausender Österreicherinnen und Österreicher und macht klar, dass für die FPÖ eine Steuerreform vor Abfangjägerkauf nicht nur ein Wahlversprechen ist, sondern auch umgesetzt wird." Die FPÖ und Landeshauptmann Haider seien bemüht, die Anliegen der Österreicherinnen und Österreicher wie Steuerreform, Absage des Abfangjägerkaufes und Einhaltung der Versprechen im Zusammenhang mit der EU-Osterweitung umzusetzen. Den Österreicherinnen und Österreichern wird damit klar vor Augen geführt, dass "es nur Haider gelungen ist, die heikle Frage der Beschaffung von Abfangjägern auch tatsächlich zu stoppen", wie viele es sich sehnlichst gewünscht haben. Damit sei klar gestellt, welcher Politiker in Österreich auf die Wünsche der Bevölkerung eingeht und auch die nötige politische Kraft hat, diese umzusetzen, sagte Strutz.
Keine Zustimmung der FPÖ-Kärnten
Die FPÖ-Abgeordneten werden im Nationalrat keine Zustimmung zum Finanzierungsgesetz für die Eurofighter erteilen. Dies erklärte FPÖ-Landesgeschäftsführer Kurt Scheuch. Vielmehr sei eine klare Prioritätensetzung mit den Punkten Hochwasserhilfe, Steuerreform 2003, Arbeitsplatzsicherung für Jugendliche und ältere Arbeitnehmer sowie die Sicherung der Pensionen in den Vordergrund zu stellen. Diese Meinung sei von den Kärntner Abgeordneten schon bei der letzten Klubsitzung am 19. August, wo sie einen dem entsprechenden Entschließungsantrag zur Diskussion gestellt hätten, vertreten worden.


10.09.2002
Eurofighter landen im Luftschloss
Der Ankauf von Eurofightern für das österreichische Bundesheer ist so gut wie geplatzt. Der Kärntner Landeshauptmann Haider (FPÖ) teilte mit, er habe mit Verteidigungsminister Scheibner vereinbart, dass die FPÖ den Kaufvertrag nicht unterschreiben werde. Der Minister fühlt sich von seinem Parteikollegen missverstanden und spielt den Ball ans Parlament weiter. Kanzler Schüssel ist für den Ankauf - allerdings in der bloßen Theorie.


10.09.2002
Eurofighter - ins Nichts verschoben
Auch in der Abfangjäger-Frage setzt sich das Prinzip Chaos durch.
Laut Kärntens Landeshauptmann, Jörg Haider (FPÖ), gibt es Übereinstimmung mit Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ), den Kaufvertrag für die Abfangjäger nicht zu unterschreiben.
Scheibner: "Ein Missverständnis"
Verteidigungsminister Scheibner hat den Ball in der Abfangjägerfrage am Dienstagnachmittag ans Parlament weitergespielt und damit zumindest indirekt eingestanden, dass der Abfangjägerkauf in dieser Legislaturperiode nicht mehr rechtswirksam werden kann.
Die Aussagen Haiders, dass er die Beschaffung stoppen werde, wies er als "Missverständnis" zurück: Er habe mit Haider lediglich besprochen, dass es auf Grund der bevorstehenden Auflösung des Parlaments möglicherweise nicht mehr zum Beschluss des für die Rechtsgültigkeit des Vertrages notwendigen Finanzierungsgesetzes kommen könnte.
Scheibner betonte gleichzeitig, dass die Vertragsverhandlungen fortgesetzt würden. Die Unterschrift hänge vom Ergebnis ab. Er sei auch überzeugt, dass jede Regierung den Abfangjägerkauf umsetzen werde.
Der Glaube an das Gute
Scheibner wollte in seiner Pressekonferenz erst gar keinen Zweifel an seinem Willen aufkommen lassen, die Abfangjäger-Beschaffung durchzuziehen. Diese seien notwendig für die Wahrung der Souveränität.
"Alle Parteigremien haben das bestätigt. Selbst der Knittelfelder Delegiertentag hat das bestätigt. Und dabei wird es auch bleiben." Und weiter: "Die Abfangjäger sind sehr stabil. Und das zu Lande und in der Luft."
Auf die Frage, wie er das "Missverständnis" mit Jörg Haider einschätze, sagte Scheibner: "Ich glaube an das Gute." Haider hatte knapp eine Stunde vor der Pressekonferenz überraschend verlautbart, er habe sich mit Scheibner auf einen Stopp der Beschaffung geeinigt.
"Ohne uns keine Unterschrift"
"Es gibt eine Übereinstimmung mit dem Verteidigungsminister, dass wir den Kaufvertrag für die Abfangjäger nicht unterschreiben werden. Damit ist klar, dass ohne die FPÖ in dieser Frage keine Lösung möglich ist", hatte Haider gesagt. Das sei eine wichtige Voraussetzung für das Einhalten des Versprechens: "Steuerreform vor Abfangjäger".
Aus Kärnten war jedenfalls am Dienstag deutlich zu vernehmen, dass die Kärntner Nationalratsabgeordneten der FPÖ dem Abfangjäger-Ankauf nicht zustimmen würden.
Schüssel steht zu Jets
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) steht nach wie vor zur Anschaffung neuer Abfangjäger. Das machte der Kanzler am Dienstag im Pressefoyer nach dem Ministerrat auf entsprechende Journalisten-Anfragen klar. Er sei "selbstverständlich dafür, das Bundesheer ernst zu nehmen", so Schüssel. Es gebe zudem einen Beschluss, der umzusetzen sei. Er stehe fest auf dem Boden des Regierungsprogramms.
Die vorige SPÖ-ÖVP-Regierung habe die Abfangjäger-Entscheidung in die nächste Legislaturperiode verschoben. Die derzeitige Regierung habe dagegen eine Typenentscheidung getroffen. Aufgabe des Verteidigungsministers sei es, die Verhandlungen so zu führen, dass der Preis stimme. Der Wirtschaftsminister habe dafür zu sorgen, dass es zu adäquaten Gegengeschäften komme.
Ausweichend antwortete Schüssel allerdings auf die Frage, ob die Unterschrift unter den Kaufvertrag noch vor dem Neuwahltermin gesetzt werde. Das falle nicht in seinen Kompetenzbereich, sondern sei Sache des Verteidigungsministers, betonte Schüssel.


10.09.2002
Wer ist der bessere Abfang-Jäger
Volksbegehrens-Initiator Fußi über SPÖ in Abfangjäger-Frage empört.
Der Abfangjägerkauf bleibt auch außerhalb der Regierung umstritten. Die SPÖ mobilisiert mit einer Plakat-Kampagne gegen den Ankauf (allerdings könnte diese nun obsolet werden). Und Rudolf Fußi, Initiator des Volksbegehrens gegen Abfangjäger, kritisiert wieder die SPÖ.
"Verlogene SPÖ"
Die SPÖ sei ein Lehrmeister in Sachen Hinterfotzigkeit und Verlogenheit, alterierte sich Fußi am Dienstag in einer Aussendung.
Dass Gusenbauer versuche, die 625.000 Menschen, die das Abfangjäger-Volksbegehren unterschrieben haben, für sich zu vereinnahmen, sei schäbig.
Fußi wirft der SPÖ konkret vor, dass man unter Kanzler Viktor Klima selbst Abfangjäger beschaffen wollte. Würde die SPÖ mit der ÖVP koalieren, würde die SPÖ sicher Abfangjäger kaufen.
Häupl: "Keine Abfangjäger kaufen"
Der Wiener Bürgermeister, Michael Häupl (SPÖ), forderte die Bundesregierung am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz dagegen auf, keine Vorverträge für die Anschaffung der Abfangjäger mehr zu unterschreiben: "Sie belasten damit die künftige Regierung, sie belasten damit die künftigen Steuerzahler."
Häupl sprach sich generell gegen einen Ankauf von Kampfflugzeugen aus. Sollten bei einer eventuellen SP-Regierungsbeteiligung bereits Verträge vorliegen, werde man dagegen Rechtsmittel einsetzen.


10.09.2002
Häupl gegen Abfangjäger
Gegen einen Ankauf von Abfangjägern hat sich am Dienstag Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) ausgesprochen. Er nahm auch zu Spekulationen Stellung, dass Wiener Stadträte nach den Wahlen Regierungsämter übernehmen könnten.
Personalspekulationen um Wahlliste
Häupl wurde schon öfters als möglicher Kanzlerkandidat genannt. Am Dienstag hat er aber neuerlich betont, er werde nicht kandidieren.
Auf der Wahlliste der SPÖ werde sich weder der Wiener Bürgermeister noch ein amtsführender Stadtrat finden, sagte Häupl gegenüber Radio Wien. Es habe sich in Wien ein Team gefunden, das ganz ausgezeichnete Arbeit leiste.
Über alles reden
Offen bleibt aber, ob alle derzeitigen Stadträte nach der Wahl im Rathaus bleiben. Denn, so Häupl weiter, sollten bei der Bildung einer österreichischen Bundesregierung unter Führung der Sozialdemokratie und eines Bundeskanzlers Gusenbauer personelle Wünsche da sein, dann werde man natürlich darüber reden.
Häupl: "Unser Verhältnis ist so gut, dass wir über alles reden können."
Künftige Regierung nicht belasten
Beim Thema Abfangjäger sprach sich Häupl gegen einen Kauf durch die Regierung aus. Sie sollte auch keine Vorverträge für die Anschaffung mehr unterschreiben. Sie würde damit die künftige Regierung und die künftigen Steuerzahler belasten, sagte Häupl. Sollten bei einer eventuellen SPÖ-Regierungsbeteiligung bereits Verträge vorliegen, werde man dagegen Rechtsmittel einsetzen.
Skpesis bei Kompensationsgeschäften
Die in Aussicht gestellten Kompensationsgeschäfte bezeichnete der Wiener Bürgermeister als "Schimäre" und verwies auf die Gegengeschäfte beim Drakenankauf.
Allerdings müsse man bei der Abfangjägerfrage "seriös bleiben", forderte Häupl. Diese hätten weder etwas mit Hochwasserhilfe noch mit der Steuerreform zu tun.


10.09.2002
"Werden keine Abfangjäger kaufen"
Laut Haider gebe es Übereinstimmung mit Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ), den Vertrag für die Abfangjäger nicht zu unterschreiben. Scheibner spricht von einem Missverständnis: Vor der Neuwahl könnte es nicht mehr zum Beschluss des notwendigen Finanzierungsgesetzes kommen.
"Werden Kaufvertrag nicht unterschreiben"
Er könne seiner Partei auch als Nicht-Bundesparteiobmann Hilfestellung geben, sagte Haider im Gespräch mit Wolfgang Dittmar. "Der Kurs der FPÖ hat sich zu adaptieren in Frage der Steuerreform und -senkung und der EU-Erweiterung ebenso wie bei den Abfangjägern", so Haider.
"Es gibt eine Übereinstimmung mit dem Verteidigungsminister, dass wir den Kaufvertrag für die Abfangjäger nicht unterschreiben werden. Damit ist klar, dass ohne die FPÖ in dieser Frage keine Lösung möglich ist", sagt Haider. Das sei eine wichtige Voraussetzung für das Einhalten des Versprechens, Steuerreform vor Abfangjäger. "Wenn sich das alles gut entwickelt, werden wir die Partei in einer Position bringen, wo dem Herren Gusenbauer und Schüssel hören und sehen vergeht."
Scheibner: "Ein Missverständnis"
Scheibner sagt hingegen, er habe mit Haider lediglich besprochen, dass es auf Grund der bevorstehenden Auflösung des Parlaments möglicherweise nicht mehr zum Beschluss des für die Rechtsgültigkeit des Vertrages notwendigen Finanzierungsgesetzes kommen könnte. Mehr zu Scheibners Aussagen:
Haider lässt Abfangjägerkauf platzen
Die Kärntner FPÖ-Abgeordneten werden im Nationalrat keine Zustimmung zum Finanzierungsgesetz für die Eurofighter erteilen, sagte der Kärntner FPÖ-Landesgeschäftsführer Kurt Scheuch in einer Aussendung. Vielmehr sei eine klare Prioritätensetzung mit den Punkten Hochwasserhilfe, Steuerreform 2003, Arbeitsplatzsicherung für Jugendliche und ältere Arbeitnehmer sowie die Sicherung der Pensionen in den Vordergrund zu stellen.
Der Kärntner FPÖ-Obmann Martin Strutz erklärte am Dienstag, dass der Ankauf der Eurofighter gestoppt sei. "Jörg Haider ist dem Wähler verpflichtet und hat in Gesprächen auf Bundesebene sichergestellt, dass der Abfangjägerkauf gestoppt wird", stellte Strutz dazu fest. Für die FPÖ sei eine Steuerreform vor Abfangjägerkauf nicht nur ein Wahlversprechen.
Ambrozy: Haider völlig unglaubwürdig
Die SPÖ sei der einzige Garant dafür, dass der Kauf der sinnlosen Abfangjäger gestoppt wird, reagierte der Vorsitzende der Kärntner SPÖ, LHStv. Peter Ambrozy, in einer Aussendung. Haider und Scheibner seien völlig unglaubwürdig. Beide hätten noch vor kurzem für den Ankauf der Kampfflugzeuge geworben und mit Gegengeschäften argumentiert. Scheibner sei ohnehin nicht mehr als eine Marionette Haiders und selbst in den eigenen FPÖ-Reihen als "Verräter und Umfaller" gebrandmarkt.
"Obmann soll ein Jüngerer werden"
Haider hat sich am Dienstag nicht festgelegt, ob er selbst an die Spitze der Partei zurückkehren werde. Für ihn bleibt Verteidigungsminister Herbert Scheibner die erste Wahl. "Man muss ihn eben überzeugen", sagte er am Dienstag bei einem Pressegespräch in Klagenfurt. Denn es wäre das Beste, "einen der jungen Minister" damit zu betrauen. Er nannte in diesem Zusammenhang auch den Namen Mathias Reichhold. Reichhold hat aber bereits bekannt gegeben, als Bundesparteiobmann nicht zur Verfügung zu stehen.
"ÖVP hat Absprungbasis gesucht"
Haider sagte, der Koalitionspartner ÖVP habe offenbar Interesse daran gehabt, eine Absprungbasis zu finden, um die anstehenden schweren Entscheidungen nicht treffen zu müssen. Zum Beispiel die Steuerreform, vor der er unter dem Deckmantel Hochwassser geflüchtet sei und weiters die EU-Erweiterung, die offenbar erst nach der Nationalratswahl erledigt werden solle. Hier habe die FPÖ eine besondere Position.
Haider sieht die Chancen der FPÖ gesichert, trotz des medialen Trommelfeuers. Die FPÖ sei die einzige Partei, die konsequent für eine Steuerreform eintrete und auch ein Konzept dafür habe. Außerdem zeige die FPÖ klare Fronten bei der Osterweiterung, während ÖVP und SPÖ diese offenbar um jeden Preis durchführen wolle. Bei Benes-Dekreten und AKW Temelin wäre die "FPÖ gut beraten, wenn sie sich ihre Entscheidung bis zur Ratifizierung im Parlament offen hält".


10.09.2002
Schüssel für Aufschiebung der Abfangjäger-Anschaffung
Kaufvertrag wird nicht unterschrieben - ÖVP will neuen Finanzierungsansatz: Kampfjets sollen sich durch "sehr attraktives Gegengeschäftsmodell teilweise selbst finanzieren" - Entscheidung in drei bis vier Monaten
Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel tritt nunmehr für eine Aufschiebung der Abfangjäger-Beschaffung ein. Das teilte er Dienstag Abend nach dem ÖVP-Vorstand mit. Er wolle die Luftraumüberwachung aus dem parteipolitischen Streit heraushalten, meinte der VP-Obmann. Schüssel vertritt jetzt einen neuen Ansatz, wonach die Beschaffung nicht vom Staat sondern von einer wirtschaftlichen Plattform abgewickelt werden soll. Eine Entscheidung könne dann in drei bis vier Monaten fallen. Schüssel empfahl, die Verhandlungen fortzusetzen, um weitere Informationen einzusammeln. Mit der Unterschrift unter den Kaufvertrag möchte er zunächst zuwarten.
ÖVP will neues Finanzierungsmodell
Schüssel hat Dienstagabend nach dem ÖVP-Vorstand auch ein neues Finanzierungsmodell für die Abfangjäger-Beschaffung angekündigt. Eine wirtschaftliche Plattform solle den Kauf übernehmen und auch die Kosten dafür teilweise selbst tragen. Wie dies genau von Statten gehen soll, konnte der Kanzler allerdings nicht erklären und meinte, man werde in den nächsten Monaten noch einiges an "Gehirnschmalz" in die Sache stecken und bis spätestens Jahresende eine Lösung präsentieren.
Bei den anwesenden Journalisten löste Schüssel mit dieser Ankündigung ungläubiges Staunen aus. Auf die Frage, ob nun kein einziger Steuer-Euro in den Abfangjäger-Kauf fließen werde, meinte der Kanzler, dies könne man nicht sagen, allerdings werde sich die Beschaffung "weitgehend selber finanzieren". Man müsse nun eben ein "sehr attraktives Gegengeschäftsmodell" aushandeln, dann werde "vieles möglich". Bei der Typenentscheidung für den Eurofighter dürfte es aber bleiben.
Bezüglich der Gegengeschäfte machten Schüssel und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein klar, dass diese "überhaupt noch nicht" ausverhandelt seien. Schüssel geht weiterhin von einer 200-Prozent-Quote aus.


10.09.2002
Draken- Alarmstart in Zeltweg
Learjet der belgischen Luftwaffe über Osttirol identifiziert
Der Wahlkampf um die Eurofighter-Beschaffung hatte kaum begonnen, da kam es am Dienstagabend zu einem Einsatz der alten Draken. Um Punkt 19.32 Uhr stiegen vom Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg zwei Draken zur Identifizierung einer Maschine auf, die von Banja Luka aus Richtung Österreich unterwegs war. Um 19.37 Uhr gelang es den Piloten, die Maschine zu identifizieren. Es handelte sich um einen Lear-Jet der belgischen Luftwaffe, berichtete Herbert Kullnig, der Sprecher des Verteidgungsministeriums. Laut Kullnig handelte es sich um den 16. Abfangjäger-Einsatz in diesem Kalenderjahr. Der Flug sei auffällig gewesen, weil offenbar eine falsche, langsamere Flugzeug-Type für einen Überflug angemeldet war. Nun werde eine Protestnote folgen.
Erst zu Mittag hatte Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider seinen Anti-Abfangjägerwahlkampf eröffnet und erklärt, er habe mit dem geschäftsführenden FPÖ-Bundesparteionmann und Verteidigungsminister Herbert Scheibner vereinbart, dass der Kaufvertrag unterschrieben werde.
Aus Sicht Scheibners ist Haider mit seiner Einschätzung freilich einem Missverständnis aufgesessen: Es werde weiter verhandelt, die Unterschrift hänge vom Ergebnis ab. Mit Haider habe er lediglich besprochen, dass es auf Grund der bevorstehenden Auflösung des Parlaments möglicherweise nicht mehr zum Beschluss des für die Rechtsgültigkeit des Vertrages notwendigen Finanzierungsgesetzes kommen könnte.


10.09.2002
Gusenbauer im STANDARD-Interview: "Wäre massiver Wähler-Betrug"
Der SP-Chef warnt die Regierung, den Vertrag über den Kauf von Abfangjägern zu unterschreiben
Standard: Gehen Sie als Spitzenkandidat der SPÖ in die Wahl?
Gusenbauer: Ja, sicher.
Standard: Wie legt die SPÖ den Wahlkampf an?
Gusenbauer: Die Linie ist im Wesentlichen die, dass wir sagen: Entgegen allen Warnungen hat Wolfgang Schüssel aus persönlichem Machtkalkül Österreich diesem schwarz- blauen Experiment unterzogen. Das ist jetzt ein Jahr vor dem eigentlichen Wahltermin tatsächlich gescheitert. Dieses Experiment hat gebracht: höchste Steuern, Rekordarbeitslosigkeit, Wirtschaftsflaute, Sozialabbau und neue Schulden. Jetzt geht es darum, dieses schwarz-blaue Experiment abzuwählen, vor allem, weil Schüssel am Montag ganz klar gesagt hat, dass es sein Ziel ist, nach der Wahl mit Schwarz-Blau weiterzumachen. Wenn Schüssel Erster wird, heißt das vier weitere Jahre mit der Bilanz, die sie bisher vorgelegt haben.
Standard: Die SP-Linie Steuerreform statt Abfangjäger ist doch eine, die auch die FPÖ vertritt. Kommen sich SPÖ und FPÖ hier nicht ins Gehege?
Gusenbauer: Überhaupt nicht. Die FPÖ ist die Partei der gebrochenen Wahlversprechen, und wenn diese schwarz- blaue Regierung irgendeinen Sinn gehabt hat, dann nur den, das nachgewiesen wurde, wie sich die FPÖ verhält, wenn sie an der Macht ist: nämlich alle Wahlversprechen zu brechen und die kleinen Leute mit einer enormen Belastungspolitik zu überziehen. Das ist absolut unglaubwürdig, was die jetzt vorschlagen.
Standard: Die Linie der SPÖ bei der Steuerreform klingt nach einem Angebot an die FPÖ-Wähler: Seht her, bei uns wird umgesetzt, was Haider nicht halten konnte.
Gusenbauer: Erstens muss man schon sehr deutlich sagen, wer der Urheber dieser Formel ist. Ein sozialdemokratischer Steuersenkungsantrag liegt seit Monaten im Parlament, wo Haider kein Ohrwaschel gerührt hat zu diesem Thema. Die ablehnende Haltung der SPÖ zu Abfangjägern ist auch seit Monaten klar, und auch dazu hat Haider damals kein Ohrwaschel gerührt. Klar ist auch, dass wir der Meinung sind, dass die Steuersenkung zur Ankurbelung der Wirtschaft notwendig ist. Das geht nur, wenn man zeitlich befristet den Investitionsfreibetrag wieder einführt, damit die Unternehmen investieren und Arbeitsplätze schaffen. Und indem man die Kaufkraft der kleinen und mittleren Einkommensbezieher erhöht.
Standard: Wie groß wäre der Umfang der Steuerreform?
Gusenbauer: Etwa zwei Milliarden Euro.
Standard: Der Anschaffungspreis der Abfangjäger . . .
Gusenbauer: Na ja, da muss man sagen, dass bei denen noch jährliche Wartungskosten dazukommen.
Standard: Woher wollen Sie die zwei Milliarden nehmen?
Gusenbauer: Zum einen verzichten wir auf den Kauf der Abfangjäger, zum anderen hat man mit so einem Steuersenkungsprogramm einen enormen Konjunkturimpuls, der höhere Beschäftigung und höhere Einnahmen über die Mehrwertsteuer bringt. Wenn man jetzt Geld in die Hand nimmt und die Wirtschaft ankurbelt, wird man am Ende des Tages ein niedrigeres Budgetdefizit haben.
Standard: Der Kaufvertrag soll aber noch diese Woche unterschrieben werden.
Gusenbauer: Das wäre der größte Skandal überhaupt, dass eine Regierung, die nur noch zur Hälfte besteht, wenige Monate vor Ablauf der Legislaturperiode diesen Vertrag unterzeichnet. Das wäre ein massiver Betrug an den Wählerinnen und Wählern.
Standard: Was würde eine SPÖ in der Regierung von dem zurücknehmen, was ihre Vorgängerin hinterlassen hat?
Gusenbauer: Was wir versprochen haben: Wir werden die Ambulanzgebühren, die unsoziale Besteuerung der Unfallrenten und die Studiengebühren zurücknehmen. Und dann gibt es eine Reihe von Bereichen, die man reformieren muss.
Standard: Zum Beispiel?
Gusenbauer: Das Kindergeld. Da müssen die bestehenden Benachteiligungen für berufstätige Frauen beseitigt werden und die Motivation zur Vereinbarkeit von Kind und Beruf muss hergestellt werden.


11.09.2002
Abfangjägerkauf: Haider düpiert Scheibner
Verteidigungsminister Scheibner und Bundeskanzler Schüssel wollen am Kauf von Abfangjägern festhalten. Landeshauptmann Haider versicherte, er habe den Kauf stoppen können.
Verwirrung herrschte am Dienstag um den Kauf neuer Abfangjäger. Kurz nach 13 Uhr versandte der Freiheitliche Landespressedienst in Kärnten die Meldung, daß Landeshauptmann Jörg Haider den Abfangjägerkauf gestoppt habe. Urheber der Aussendung: Martin Strutz, FP-Landeschef in Kärnten und Haider-Vertrauter. Nur Jörg Haider sei es gelungen, die heikle Frage der Beschaffung auch tatsächlich zu stoppen. "Damit ist klargestellt, welcher Politiker in Österreich auf die Wünsche der Bevölkerung eingeht und auch die nötige politische Kraft hat, diese umzusetzen", ließ Strutz ganz in Wahlkampf-Manier verlauten. Kurze Zeit später folgte eine Eilt-Meldung mit der Aussage Haiders, er habe mit Scheibner am Montagabend vereinbart, daß dieser den Kaufvertrag nicht unterzeichne.
"Mißverständnis"
Die Pikanterie an der Aussendung: Knapp danach, um 14 Uhr, war ein Pressegespräch mit Verteidigungsminister Herbert Scheibner angesetzt. Auch er hatte die Aussage Haiders aus der Agenturmeldung erfahren.
"Ich glaube immer an das Gute, daher muß es sich um ein Mißverständnis handeln", ließ er sehr vorsichtig Kritik anklingen. Es könne keine Rede davon sein, daß er, Scheibner, den Abfangjägerkauf stoppe. "Ganz im Gegenteil." Alle Parteigremien, selbst die Versammlung in Knittelfeld, hätten den Kauf beschlossen. Ein Kaufstopp wäre unverantwortlich. Er habe die Verpflichtung, dies zu tun, auch wenn es unpopulär sei. Er habe Haider lediglich gesagt, daß der Vertrag durch die vorzeitige Auflösung des Nationalrates möglicherweise nicht mehr rechtsgültig werden könnte.
Scheibner will unterschreiben, sobald ein fertig ausgehandelter Vertrag vorliegt. Auf einen bestimmten Zeitpunkt wollte er sich nicht festlegen, nannte aber binnen Monatsfrist als Zeitrahmen. "Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich längst unterschrieben." Er könne aber "nicht garantieren", daß dies noch vor der Wahl geschehe. Der Minister will auch dann unterschreiben, wenn der Nationalrat das Finanzierungsgesetz nicht mehr beschließt. Durch dieses Gesetz wird der Vertrag rechtsgültig. Die Kärntner FP-Abgeordneten haben bereits wissen lassen, daß sie dem Gesetz nicht zustimmen werden.
Konsequenzen, falls eine nachfolgende Regierung den Kauf rückgängig machen wird, sieht er nicht. "Jede Regierung hat die Notwendigkeit, diese Nachbeschaffung zu beschließen", meinte Scheibner ausweichend. Im persönlichen Gespräch gebe das jeder zu, selbst "Landeshauptleute und Bürgermeister der SPÖ$!R", die auf möglichst hohe Kompensationsgeschäfte hofften.
Kritik von SPÖ
Auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hatte am Dienstag nach dem Ministerrat erklärt, am Kauf neuer Abfangjäger festhalten zu wollen.
Die SPÖ hingegen kritisiert das Festhalten am Abfangjägerkauf. Der stellvertretende SP-Vorsitzende und Parlamentspräsident Heinz Fischer forderte die bundesgesetzliche Ermächtigung des Nationalrates ein. Er ersuchte angesichts der Kaufsumme und der Belastung für das Budget um eine "haushaltsrechtliche Klarstellung" des Finanzministers. Der Kauf sei eine "absolut sinnlose und unproduktive Belastung des Bundesbudgets", kritisierte SP-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures. Schüssel und Scheibner seien nicht lernfähig.
Am Dienstag wurde auch bekannt, daß Verteidigungsminister Scheibner einen neuen Chef des "Kommandos Internationale Einsätze" bestellt hat: Brigadier Günter Höfler (49) wird als Chef künftig von Graz aus für die Auslandspräsenz des Bundesheeres zuständig sein. Höfler war von 1995 bis 1999 Verbindungsoffizier bei der Nato in Brüssel.


11.09.2002
Begräbnis dritter Klasse für ein sicherheitspolitisches Muß
Der Kauf von Kampfjets wird nun doch nicht mehr vor der Wahl abgeschlossen. Haider hat Scheibner zurückgepfiffen und wieder einmal die Machtverhältnisse in der FPÖ klargemacht.
Es hätte sein politisches Meisterstück sein sollen, der mit Abstand teuerste Kauf für das österreichische Bundesheer. Seit Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren hat Herbert Scheibner gegen alle Widerstände von Rot-Grün, trotz einer Kampagne der "Kronen Zeitung" und unbeeindruckt von 624.720 Unterschriften eines Anti-Abfangjäger-Volksbegehrens für den Kauf von Kampfjets gekämpft.
Nun ist er an den Machtverhältnissen in der FPÖ gescheitert. Es hat nicht sein sollen: Jörg Haider holte am Montag in einem Gespräch den Verteidigungsminister auf den harten Boden der freiheitlichen Realitäten zurück.
Der Kärntner Landeshauptmann ist gegen einen definitiven Beschluß vor der Neuwahl. Er will in dieser Frage den Schulterschluß mit der auflagenstärksten Zeitung des Landes - daß er sich mit SPÖ und Grünen in einem Boot wiederfindet, stört Haider nicht.
Scheibner hat in seinem Ministerium bis zuletzt den Beamten erklärt, es bleibe beim Zeitplan der Beschaffung. Schließlich stand er nicht nur unter Druck der Offiziere, die ahnen, daß eine zumindest nicht gänzlich auszuschließende rot-grüne Koalition den Kauf von Jets überhaupt storniert könnte. Der Kauf von Nachfolgern für die Draken-Abfangjäger war auch das Prestigeobjekt des Ministers.
Spätestens Anfang nächster Woche soll der Vertrag ausverhandelt sein. "Wir sind schon sehr weit", heißt es von einem maßgeblichen Beteiligten. Danach folgt nach Rücksprache mit dem Minister die Unterzeichnung durch den Chef der Einkaufsabteilung im Verteidigungsressort, Ministerialrat Edwin Wall. Der Clou: Rechtswirksam wird das Geschäft erst, wenn im Hohen Haus das Gesetz beschlossen ist, das die Finanzierung des Kaufs sichert, der mit seinen ungefähr zwei Milliarden Euro das ordentliche Verteidigungsbudget - pikanterweise unter einem FP-Minister das geringste aller Zeiten - völlig sprengen würde. Dafür aber gibt es keine Zustimmung mehr im FP-Klub. Scheibner kann zwar für jene argumentieren, denen (auch noch in der FPÖ) der Kauf von Kampfjets als sicherheitspolitische Notwendigkeit erscheint, daß von ihm aus der Beschaffungsakt erledigt sei, das Parlament aber wegen der Neuwahl keinen Beschluß mehr fassen könne. Tatsache bleibt, daß der Kauf von Nachfolgern für die altersschwachen Draken weiter verschleppt, wenn nicht gar unmöglich gemacht wurde. Und daß der Zeitpunkt näher rückt, zu dem Österreichs Luftraum ungeschützt sein wird - offen für jedermann.


11.09.2002
Thema vom Tisch?
Kaum stehen Neuwahlen auf dem Plan, ist das Thema Abfangjäger vom Tisch - zumindest für die Regierung. Kanzler Schüssel (ÖVP) nimmt den Jet-Gegnern den Wind aus den Segeln und sagt den geplanten Deal fürs Erste ab. Nach der Wahl will er ein neues Finanzierungsmodell für den nach wie vor präferierten Eurofighter vorstellen. Die SPÖ setzt dennoch voll auf das Thema und benennt die Wahl zur Volksabstimmung über den geplatzten Ankauf um. Die Verhandlungen mit dem Eurofighter-Anbieter EADS gehen indes unverdrossen weiter.


11.09.2002
Für Riess-Passer Diskussion von Anfang an "verhaut"
Wer neutral sein wolle, müsse Ja zu Flugzeugen sagen
Aus Sicht von Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) war die Diskussion um den Ankauf von neuen Abfangjägern von Anfang an "so verhaut", dass es schwer gewesen sei, die Angelegenheit zu diskutieren. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass man, wolle man neutral bleiben, auch für seine Luftraumüberwachung sorgen müsse. Nicht nötig wäre diese Sicherung nur, wenn man einem Verteidigungsbündnis beitrete. Wer neutral sein wolle, müsse jedenfalls Ja zu Abfangjägern sagen. Klar machte Riess-Passer zudem, es sei müßig über eine andere Verwendung der Mittel, die die Flugzeuge kosten würde, zu reden. Schließlich würden die ersten Zahlungen erst 2006 fällig. Dann käme das Geld für die Hochwasser-Opfer allerdings reichlich spät. Und sie hoffe auch, dass es nicht erst 2006 zu einer Steuerreform komme.


11.09.2002
Bartenstein hofft auf breiteren Konsens nach der Wahl
Gegengeschäftsvertrag war nicht unterschriftsreif
In Sachen Abfangjäger sollte eine "Nachdenkpause" während des Wahlkampfes eingelegt werden, meinte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) Mittwoch im ORF-"Mittagsjournal". Wenn nach der Wahl die neue Regierung steht, sollte man einen neuen "Anlauf nehmen, um vielleicht doch einen breiteren Konsens als den in der Regierung zu erzielen". Zu der von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) gestern angeregten Wirtschaftsplattform für die Flugzeuge meinte Bartenstein: "Hier ist kreatives Denken gefordert. Bislang gibt es weltweit nur zarte Versuche, die Beschaffung militärischer Güter überhaupt auszugliedern. Hier kann man vielleicht einen Schritt weiter gehen als bisher mit der Plattform Gegengeschäfte". Der von dieser Plattform auszuverhandelnde Gegengeschäftsvertrag sei "noch nicht in der Nähe der Unterschriftsreife" gewesen.
Schüssel selbst wollte am Mittwoch in einer Pressekonferenz bei der Konsenskonferenz keine Stellungnahme zu den Abfangjägern geben.


11.09.2002
Van der Bellen rügt Unwissenheit oder Unehrlichkeit
Ankauf der Eurofighter nur nach Nationalratsbeschluss möglich - Grüne sehen in Vertagungsentscheidung wichtigen Etappensieg
Die Regierung sei rund um den geplanten Ankauf der Abfangjäger entweder "krass unfähig" gewesen oder habe schlicht gelogen. Denn der Ankauf der umstrittenen Eurofighter sei nicht, wie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) immer wieder behauptet habe, ausschließliche Angelegenheit der Bundesregierung. Das erklärte der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen in einer Pressekonferenz am Mittwoch. Vor dem Ankauf müsse nämlich ein Beschluss des Nationalrates vorliegen. Wenn Schüssel jetzt von der Vertagung des Ankaufes der Eurofighter aus wahlkampftaktischen Gründen spreche, so stimme das einfach nicht. Denn nach eigenen Recherchen und einem Gutachten des Experten für öffentliches Recht, Heinz Mayer, ergebe sich eindeutig, dass ein Beschluss des Nationalrates in Form einer bundesgesetzlichen Ermächtigung vor Ankauf der Abfangjäger unumgänglich sei. Andernfalls wäre Rechtswidrigkeit gegeben, erklärte Van der Bellen.
Als "abenteuerliche Idee, die eher zu der früheren Sozialministerin Elisabeth Sickl (F) gepasst hätte", bezeichnete Van der Bellen, den Vorschlag Schüssels, dass eine Wirtschaftsplattform die Abfangjäger ankaufen und auch zu einem Großteil finanzieren könnte. "Mit derartigen Ideen macht sich der Bundeskanzler gründlich lächerlich. Was soll denn dann auf den Eurofightern stehen? Etwa Frank Stronach liebt euch", kritisierte der Grüne Bundessprecher.
Trotz aller Ärgernisse rund um den Ankauf der Abfangjäger wertete Van der Bellen die Vertagungsentscheidung für die Beschaffung der Eurofighter als "wichtigen Etappensieg", auch wenn die Sache noch lange nicht ausgestanden sei.


11.09.2002
Geplatzter Deal als Wahlkampffinte?
Gusenbauer: "Die Volksabstimmung über die Abfangjäger wird die Nationalratswahl sein."
Einen Tag nach Ausrufung der Neuwahlen hat die Wahlschlacht begonnen. Ein Thema könnte der Opposition abhanden kommen: der nunmehr verschobene Abfangjäger-Kauf. Beharrte die Regierung noch bis Montag auf den Kauf der 18 Eurofighter, jagte am Dienstag ein Rückzieher den anderen.
Zuletzt versuchte Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er wolle die Luftraumüberwachung aus dem parteipolitischen Streit heraushalten, meinte der ÖVP-Obmann Dienstagabend nach dem ÖVP-Vorstand. Noch zu Mittag hatte der Kanzler auf der terminmäßigen Beschaffung gepocht.
Durchkreuzte Pläne
Der Deal werde auf nach der Neuwahl verschoben, so der Kanzler dann am Abend zur Überraschung vieler. Dass er wohl kaum vor den vorgezogenen Wahlen über die Bühne gegangen wäre, steht auf einem anderen Blatt. Denn ohne eine Mehrheit in der zerstrittenen FPÖ ist der Kauf vorläufig geplatzt.
Wettrennen um Plakate
Schüssels Schachzug kann auch als Finte gegen die SPÖ verstanden werden: Deren frisch gedruckte Wahlkampfplakate sehen nunmehr alt aus. "Entweder Abfangjäger oder zwei Mrd. für faire Chancen" lautet deren Motto.
Auf der Plakatserie rechnete die SPÖ vor: Ein Abfangjäger entspreche 20.000 neuen Kindergartenplätzen, 2.000 neuen Arbeitsplätzen, 10.000 neuen Lehrstellen oder der Ambulanzgebühr bzw. der Studiengebühr.
Scheibners Rückzieher
Zuvor hatte der Kärntner Landeshauptmann, Jörg Haider (FPÖ), behauptet, auf sein Drängen hin sei der Kauf abgesagt worden. Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ) habe als Parteifreund diesem Wunsch Haiders zugestimmt.
Am Abend wurde jedoch in Klagenfurt bekannt, dass die ersten Wahlplakate der FPÖ Kärnten mit dem Slogan "Haider stoppt die Abfangjäger" schon gedruckt waren.
Scheibner selbst hatte dann am Dienstag ungelöste Finanzierungsfragen als Grund für den Rückzieher genannt. Er werde daher seine Unterschrift nicht wie geplant in dieser Woche unter den Kaufvertrag setzen.
Gusenbauer: "Wahl wird Volksabstimmung"
Für den SPÖ-Chef, Alfred Gusenbauer, ist das Thema mit dem Entschluss der Regierung, die Entscheidung über den Kauf aufzuschieben, in den Mittelpunkt der Wahlauseinandersetzung gerückt.
Wäre der Deal gelaufen gewesen, hätte man nur mehr etwas beklagen können. Nun könne man die Bevölkerung aber zu einer Entscheidung aufrufen. "Die Volksabstimmung über die Abfangjäger wird die Nationalratswahl sein." "Ich garantiere, dass die SPÖ Abfangjäger nach der Wahl nicht ankaufen wird", sagte Gusenbauer am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien..
Van der Bellen: "Taktik"
Vor dem Ankauf müsse ein Beschluss des Nationalrates vorliegen, erklärte der grüne Bundessprecher, Alexander Van der Bellen, am Mittwoch. Wenn Schüssel jetzt von der Vertagung des Ankaufes der Eurofighter aus wahlkampftaktischen Gründen spreche, so stimme das einfach nicht - mehr dazu in "Unwissenheit oder Unehrlichkeit".
Ministerium verhandelt weiter
Die Vertragsverhandlungen zwischen dem Verteidigungsministerium und dem Eurofighter-Anbieter European Aeronautic Defence and Space Company (EADS) gehen unterdessen offenbar weiter.
"Die Vertragsverhandlungen sind wie vorgesehen in der Schlussphase. Mit der Vorlage eines endgültigen Vertragsentwurfs kann in den nächsten Tagen gerechnet werden", so Ministeriumssprecher Herbert Kullnig am Mittwoch.
Die Entscheidung über die weitere Vorgangsweise sei dann freilich Sache der politisch Verantwortlichen. Militärisch laufe alles wie gehabt, sagt der stellvertretende Regimentskommandant am Fliegerhorst Zeltweg, Oberst Josef Gasperl - mehr dazu in oesterreich.ORF.at
EADS: "Zielgerichtete Verhandlungen"
EADS reagierte am Mittwoch nur mit einer kurzen Stellungnahme auf die von Schüssel verkündete Verschiebung. "Unser Team in Österreich führt die Verhandlungen zielgerichtet fort. An Spekulationen über den weiteren Fortgang beteiligen wir uns nicht", so EADS-Sprecher Wolfram Wolff.
Zahlreiche Gegengeschäfte seien aber in Gefahr, warnt EADS-Vizechef Klaus-Dieter Bergner im Interview mit dem Nachrichtenmagazin "News".


11.09.2002
Abgefangene Jäger
Conrad Seidl
Der Kauf des Eurofighter dürfte sich zu einem spektakulären Fehlstart entwickeln. Inzwischen ist nicht einmal mehr Verteidigungsminister und FPÖ-Interimschef Herbert Scheibner sicher, das Projekt durchsetzen zu können, das er selbst schon seit seiner Zeit als Oppositionspolitiker befürwortet hat: den Ersatz der altersschwachen Draken (die nicht einmal mehr von Gegnern des Bundesheeres als "Kampfflugzeuge" ernst genommen werden) durch Jets der neuesten Generation wie eben den Eurofighter. Zehn Jahre lang hat die jeweilige Bundesregierung das unpopuläre und budgetbelastende Thema vor sich hergeschoben - immer in der Hoffnung, dass sich die Sache entweder von selbst erledigen würde (weil ewiger Friede den Kontinent einen würde) oder es wenigstens einen Meinungsumschwung zugunsten der Fliegerei geben würde.
Beides ist nicht eingetreten: Aus der im Vorjahr beschlossenen Landesverteidigungsdoktrin ist die Notwendigkeit der Abfangjäger klar ableitbar. Nur: Populärer sind sie deswegen nicht geworden, im Gegenteil. Selbst innerhalb der FPÖ, die Scheibner (mehrfach nur mit ausdrücklicher Unterstützung von Jörg Haider) bisher auf Kurs halten konnte, dürfte es keine Mehrheit mehr für Abfangjäger geben. Schon gar nicht will man mit der Belastung in den Wahlkampf gehen, den Kauf beschlossen zu haben.
Dem Minister bleibt allenfalls, einen erst halbwegs ausverhandelten Vertrag mit Vorbehalten zu paraphieren - das sichert ihm einen Rest an Selbstachtung. Den Luftraum sichert es nicht.
Wenn Österreich Luftraumsicherung betreiben will, dann braucht es Abfangjäger - wenn es (entgegen der neuen Doktrin) darauf verzichten will, dann ist das für den Moment auch nur halb so schlimm. Dann werden eben die Draken außer Betrieb genommen, ohne dass es Nachfolger gibt. Piloten und Mechaniker würden sich mehr oder weniger rasch in alle Winde verlaufen - ein allfälliger Neuaufbau einer Luftwaffe in späteren Jahren würde für das Bundesheer ein langwieriger Prozess. Eine Luftwaffe von Grund auf neu aufzubauen wäre noch um vieles teurer, als jetzt Abfangjäger zu kaufen, die sich auf bestehende Strukturen stützen könnten. So erklärt sich die "Jetzt oder nie"-Haltung, die das Bundesheer und sein Minister bisher hatten. Wenn Österreich nicht innerhalb der nächsten Monate die Draken-Nachfolge unter Dach und Fach bringt, dann wird es bald keine Luftwaffe mehr haben. Und im Ernstfall versuchen müssen, die Fähigkeit zur aktiven Luftraumüberwachung irgendwo anders (also bei einem befreundeten, wenn nicht gar alliierten Nachbarstaat) zu organisieren. Das ist nicht prinzipiell unmöglich - wenn man in so einem Fall die Neutralität ad hoc abzuschaffen bereit ist (sonst kann man niemand anderem die Luftraumüberwachung übertragen) und neben den politischen auch die finanziellen Kosten einer Luftraumüberwachung durch andere zu tragen bereit ist.
Verteidigungsminister Scheibner weiß das natürlich alles - und er dürfte aus Erfahrung zu jenen gehören, die nicht daran glauben, dass weitere Aufschübe den Abfangjägerkauf irgendwie leichter machen könnten. Aber seit er vor einem Monat bei der Stückzahl der Eurofighter - wegen des Hochwassers reichten ihm 18 statt der vorher als Mindestzahl genannten 24 - nachgegeben hat, ist seine Linie ohnehin nicht mehr zu halten.
In der FPÖ haben die Populisten obsiegt. Die von Haider und Ewald Stadler geprägten Freiheitlichen erweisen sich damit als eine Partei, die zwar pompöse Ehrungen für die im Solde Hitlers Gefallenen inszenieren - denen aber modernes Gerät für die Soldaten im Dienst der Republik Österreich zu teuer erscheint.


11.09.2002
Kein Thema für die Wahl"
Abfangjäger für Rauch-Kallat kein Wahlkampfthema.
"Die Gusenbauer-SPÖ hat immer noch kein Team, sie hat kein Programm - und nun hat sie nicht einmal mehr ein Thema für die Wahl." Mit diesen Worten trat ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat der Ankündigung von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer entgegen, die Wahl werde eine Volksabstimmung über die Abfangjäger.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) habe nämlich das Thema Abfangjäger "bereits aus dem Wahlkampf herausgenommen", meinte sie.
"In Kreisky-Ära stecken geblieben"
Trotzdem kritisierte Rauch-Kallat die SPÖ-Kampagne zum Thema Abfangjäger: Die SPÖ sei bereit, "die Sicherheit des Landes auf dem Altar des Populismus zu opfern".
Außerdem sei Gusenbauer "in der Kreisky-Ära stecken geblieben", wenn er glaube, Arbeitsplätze mit Steuergeld schaffen zu können. "Und was die Politik von Bruno Kreisky gebracht hat, ist uns allen nur allzu gut in Erinnerung, nämlich hohe Arbeitslosigkeit und hohe Schulden."
Mit einer solchen Politik würden auch nicht Chancen geschaffen, sondern kaputtgemacht, so die ÖVP-Generalsekretärin.


11.09.2002
Van der Bellen rügt Schüssel
Grüne sehen in Vertagungsentscheidung wichtigen Etappensieg.
Die Regierung sei rund um den geplanten Ankauf der Abfangjäger entweder "krass unfähig" gewesen oder habe schlicht gelogen. Denn der Ankauf der umstrittenen Eurofighter sei nicht, wie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) immer wieder behauptet habe, ausschließliche Angelegenheit der Bundesregierung, erklärte der Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, in einer Pressekonferenz am Mittwoch.
Vor dem Ankauf müsse nämlich ein Beschluss des Nationalrates vorliegen. Wenn Schüssel jetzt von der Vertagung des Ankaufes der Eurofighter aus wahlkampftaktischen Gründen spreche, so stimme das einfach nicht.
"Andernfalls Rechtswidrigkeit"
Denn nach eigenen Recherchen und einem Gutachten des Experten für öffentliches Recht, Heinz Mayer, ergebe sich eindeutig, dass ein Beschluss des Nationalrates in Form einer bundesgesetzlichen Ermächtigung vor Ankauf der Abfangjäger unumgänglich sei. Andernfalls wäre Rechtswidrigkeit gegeben, erklärte Van der Bellen.
"Wirtschaftsplattform abenteuerliche Idee"
Als "abenteuerliche Idee, die eher zu der früheren Sozialministerin Elisabeth Sickl (FPÖ) gepasst hätte", bezeichnete Van der Bellen den Vorschlag Schüssels, dass eine Wirtschaftsplattform die Abfangjäger ankaufen und auch zu einem Großteil finanzieren könnte.
"Mit derartigen Ideen macht sich der Bundeskanzler gründlich lächerlich. Was soll denn dann auf den Eurofightern stehen? Etwa 'Frank Stronach liebt euch'?", kritisierte der grüne Bundessprecher.
Trotzdem "wichtiger Etappensieg"
Trotz aller Ärgernisse rund um den Ankauf der Abfangjäger wertete Van der Bellen die Vertagungsentscheidung für die Beschaffung der Eurofighter als "wichtigen Etappensieg", auch wenn die Sache noch lange nicht ausgestanden sei.


11.09.2002
Gegengeschäfte im Wert von 4 Mrd. Euro
News: Wenn Jet-Deal platzt, geht Grand-Cherokee-Produktion in die USA. Magna-Steyr dementiert.
Nachdem die Regierung nun den Abfangjäger-Deal, der gerade zur Unterzeichnung anstand, offenbar platzen lässt, droht Ungemach für Österreichs Wirtschaft seitens des Eurofighter-Herstellers European Aeronautic Defence and Space Company (EADS).
Der europäische Großkonzern hatte zahlreiche Großaufträge mit einem Gesamtvolumen von rund vier Mrd. € zugesagt. "Diese Aufträge", so stellt EADS-Vizechef Klaus-Dieter Bergner im Gespräch mit dem Magazin "News" nun klar, "waren immer nur als Gegengeschäfte geplant und werden nur dann an österreichische Unternehmen gehen, wenn der Kauf der Eurofighter zu Stande kommt."
Steyr-Deal vor Platzen?
Konkret nannte Bergner zwei Aufträge, die gleich nach der Unterzeichnung des Abfangjäger-Deals hätten vergeben werden sollen: Magna Steyr hätte den Nachfolger des Jeep Grand Cherokee in Österreich fertigen sollen.
"Ohne die Eurofighter-Bestellung lässt DaimlerChrysler dieses Modell aber in den USA produzieren", so Bergner. Das Volumen dieses Auftrages bezifferte Bergner mit 400 Mio. €.
Zahlreiche Kleinbetriebe involviert
Ebenfalls um einen 400-Mio.-€-Auftrag geht es für den Rieder Flugzeugkomponenten-Hersteller FACC, der durch den Eurofighter-Deal zum wichtigen Airbus-Zulieferer aufgestiegen wäre.
"Allein aus diesem Deal würden sofort 50 Aufträge an Klein- und Mittelbetriebe weitergegeben", erläutert Bergner die Bedeutung für Österreichs Gesamtwirtschaft.
Dennoch zuversichtlich
Die EADS glaubt trotz der ungünstigen politischen Vorzeichen, den Abfangjäger-Auftrag doch noch zu bekommen. "Wir bringen Österreichs Wirtschaft den High-Tech-Anschluss an die Weltwirtschaft und sind deshalb zuversichtlich", so Bergner zu "News".
Magna-Steyr: "Verhandeln weiter"
Magna-Steyr verhandelt nach eigenen Angaben weiter intensiv mit Daimler-Chrysler über den Bau des neuen Jeep Grand Cherokee, erklärte Andreas Rudas, Sprecher des Unternehmens, Mittwochnachmittag.
Den "News"-Bericht, wonach bei einem Platzen des Eurofighter-Kaufs die Fertigung dieses Autos in den USA statt in Graz stattfinden werde, könne man nicht bestätigen. Der Jeep Grand Cherokee wird in Graz seit 1994 gefertigt, für 2005 ist eine neue Generation des Geländewagens geplant.


11.09.2002
Verschoben oder geplatzt? Erstes Wahlkampfthema Eurofighter
Der Kauf der Eurofighter - Herzensanliegen von Interims-FP-Chef Scheibner - dürfte nun doch Opfer des Wahlkampfes und der neuen Linie seiner Partei werden.
Einmal mehr war es der wieder erstarkte Alt-Chef Jörg Haider, der die neue Marschrichtung vorgab. Herbert Scheibner werde den Kaufvertrag für die 18 Jets nicht unterschreiben, berichtete er gestern von einer neuen Vereinbarung. Der Verteidigungsminister sprach von einem "Missverständnis", die Verhandlungen würden weiterlaufen. Auch Kanzler Schüssel (VP) will an dem Projekt festhalten.
Dennoch ist ein verbindlicher Abschluss vor der Neuwahl unwahrscheinlich, denn dafür müsste der Nationalrat ein Finanzierungsgesetz beschließen. SP und Grüne machten jedenfalls den Kampf gegen die Eurofighter zu ihrem ersten großen Wahlkampfthema.
Als Termin für die Wahl wird der 24. November immer wahrscheinlicher. Die FP will ihre Obmannfrage nun doch nicht erst im Oktober klären, sondern bereits am 21. September den neuen Parteichef küren. Immer klarer zeichnet sich ab, dass Altparteiobmann Jörg Haider nun doch wieder an die Spitze der FP zurückkehrt. Alle anderen Kandidaten sagten ab.


11.09.2002
Der Jet-Kauf ist geplatzt
Haider: "Beschaffung wird gestoppt." Scheibner: "Missverständnis, ich unterschreibe den Kaufvertrag." Schüssel: "Für Verschiebung".
Jörg Haider kann seinen ersten großen Erfolg als vermutlich neuer Parteiobmann, Spitzenkandidat und Wahlkampf-Leiter der FPÖ verbuchen: Nachdem der Kärntner Landeshauptmann seit Monaten gemeinsam mit Rot-Grün gegen die militärische Luftraum-überwachung mobil gemacht hatte, feierte er am Dienstag den Endsieg: Der Abfangjäger-Kauf ist geplatzt.
Er habe mit Verteidigungsminister Herbert Scheibner vereinbart, dass dieser den Kaufvertrag über 18 "Eurofighter" nicht unterschreibe, teilte Haider in Klagenfurt mit. Stattdessen werde es eine Steuerreform geben, dass SPÖ und ÖVP "Hören und Sehen vergeht", so Haider vollmundig.
Scheibner dementierte dies zwar vorerst, sprach von einem Missverständnis und versicherte, dass es für ihn eine Selbstverständlichkeit sei, den Kauf der "Eurofighter" mit seiner Unterschrift zu besiegeln. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte die FPÖ Kärnten in Klagenfurt bereits Plakate "Haider stoppt Abfangjä-gerkauf" affichieren lassen, und Kärntens FPÖ-Obmann Martin Strutz erklärte fassungslos vor Glück: "Haider erfüllt den sehnlichen Wunsch tausender Österreicherinnen und Österreicher!"
Da wollte auch Scheibner nicht mehr abseits stehen und ließ durchblicken, dass sich die "Eurofighter"-Beschaffung auch dann nicht mehr ausgehen werde, wenn er den Kaufvertrag unterschreibe. Denn damit der Kaufvertrag Rechtsgültigkeit erlange, müsse zuvor im Parlament ein Finanzierungsgesetz beschlossen werden. Und das, so Scheibner, gehe sich aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen und der Auflösung des Nationalrats in der kommenden Woche leider nicht mehr aus.
Heer widerspricht Minister Scheibner
Dieser Rechtsansicht des Verteidigungsministers widerspricht man beim Heer: Ein hochrangiger Offizier, der nicht genannt werden will, sagte den SN, der Kaufvertrag erlange mit der Unterschrift des Ministers Rechtskraft. Das Finanzierungsgesetz sei dafür nicht maß-geblich. Scheibner gestand ein, dass es in dieser Frage unterschiedliche Rechtsauffassungen gebe.
Derlei Spitzfindigkeiten sind jedoch mittlerweile ohne Belang, denn Dienstagabend nach dem Parteivorstand der ÖVP vollführte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel eine atemberaubende Kehrtwende: Nachdem er die Beschaffung neuer Abfangjäger monatelang gegen alle Widerstände durchgetragen hatte und auch Dienstagmittag noch gegen eine Verschiebung des Kaufs aufgetreten war, kündigte er dann am Abend genau diese an: Der Kauf solle bis Jahresende verschoben werden und nicht mehr vom Staat, sondern von einer "wirtschaftlichen Plattform" bezahlt werden. Durch die Gegengeschäfte solle sich der Kauf weitgehend selbst finanzieren. Details konnte Schüssel nicht nennen.


11.09.2002
Abfangjäger bleiben Wahlkampfthema
Die Regierung sei rund um den geplanten Ankauf der Abfangjäger entweder "krass unfähig" gewesen oder habe schlicht gelogen. Denn der Ankauf der umstrittenen Eurofighter sei nicht, wie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) immer wieder behauptet habe, ausschließliche Angelegenheit der Bundesregierung. Das erklärte der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellender am Mittwoch. Vor dem Ankauf müsse nämlich ein Beschluss des Nationalrates vorliegen.
Rechtswidrigkeit
Wenn Schüssel jetzt von der Vertagung des Ankaufes der Eurofighter aus wahlkampftaktischen Gründen spreche, so stimme das einfach nicht. Denn nach eigenen Recherchen und einem Gutachten des Experten für öffentliches Recht, Heinz Mayer, ergebe sich eindeutig, dass ein Beschluss des Nationalrates in Form einer bundesgesetzlichen Ermächtigung vor Ankauf der Abfangjäger unumgänglich sei. Andernfalls wäre Rechtswidrigkeit gegeben, erklärte Van der Bellen.
Farnk Stronach liebt euch
Als "abenteuerliche Idee, die eher zu der früheren Sozialministerin Elisabeth Sickl (F) gepasst hätte", bezeichnete Van der Bellen, den Vorschlag Schüssels, dass eine Wirtschaftsplattform die Abfangjäger ankaufen und auch zu einem Großteil finanzieren könnte. "Mit derartigen Ideen macht sich der Bundeskanzler gründlich lächerlich. Was soll denn dann auf den Eurofightern stehen? Etwa Frank Stronach liebt euch", kritisierte der Grüne Bundessprecher.
Demokratischer Druck
Für SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer hat sich mit der nunmehrigen Verlagerung der Abfangjäger-Kauf-Entscheidung auf die nächste Bundesregierung "der demokratische Druck" ausgezahlt. Damit werde die voraussichtlich am 24. November stattfindende Nationalratswahl zu dem, was die SPÖ stets gefordert habe: zu einer Volksabstimmung über diese Großbeschaffung, sagte Gusenbauer am Mittwoch in Wien. Die Wähler hätten nun die Entscheidung: die ÖVP werde den Kauf tätigen. "Ich garantiere, dass die SPÖ Abfangjäger nach der Wahl nicht ankaufen wird", sagte der SPÖ-Vorsitzende.
Priorität Abfangjäger
Bei der Wahl werde es vor allem um Prioritäten gehen. Wer Wolfgang Schüssel (V) wähle, wähle "die Priorität Abfangjäger". Wer sich für die SPÖ entscheide, votiere für soziale Sicherheit, die Ankurbelung der Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Sicherung des Gesundheitssystems und der Pensionen.


11.09.2002
Abfangjäger: Schüssel will Entscheidung verschieben
ÖVP für neues Finanzierungsmodell / Wahl vermutlich am 24. 11.
SPÖ: Wer uns wählt, kriegt garantiert keine neuen Jets!

Doch kein Jet-Kauf: Mit diesem Schachzug wollte der Bundeskanzler seinen Kritikern ihr wichtigstes Wahlkampfthema rauben. Für Jörg Haider wurden schon die ersten Wahlplakate mit dem Slogan "Haider stoppt die Abfangjäger". Die Jets bleiben aber weiter Thema für die Opposition. Reaktion der Grünen: "Ein wichtiger Etappensieg", Reaktion der SPÖ: Der demokratische Druck habe zu Verschiebung geführt. Und: Wer am 24. 11. Rot wählt, kriegt garantiert keine neuen Abfang-Jets!
Für SPÖ-Chef Gusenbauer hat sich mit der Verlagerung der Abfangjäger-Kauf-Entscheidung auf die nächste Bundesregierung "der demokratische Druck" ausgezahlt. Damit werde die Nationalratswahl zu dem, was die SPÖ stets gefordert habe: zu einer Volksabstimmung über diese Großbeschaffung, so Gusenbauer. Die Wähler hätten die Entscheidung: die ÖVP werde den Kauf tätigen. "Ich garantiere, dass die SPÖ Abfangjäger nach der Wahl nicht ankaufen wird", sagte der SPÖ-Boss.
Bei der Wahl werde es vor allem um Prioritäten gehen. Wer Wolfgang Schüssel (V) wähle, wähle "die Priorität Abfangjäger". Wer sich für die SPÖ entscheide, votiere für soziale Sicherheit, die Ankurbelung der Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Sicherung des Gesundheitssystems und der Pensionen.
Für den SPÖ-Chef ist das Thema Abfangjäger mit dem Entschluss der Regierung, die Entscheidung über den Kauf aufzuschieben, übrigens in den Mittelpunkt der Wahlauseinandersetzung gerückt. Wäre der Deal gelaufen gewesen, hätte man nur mehr etwas beklagen können. Nun könne man die Bevölkerung aber zu einer Entscheidung aufrufen.
Befragt, ob sich damit nicht bereits im Vorfeld des Wahltags eine Koalition mit der ÖVP, die den Kauf von Abfangjägern befürworte, automatisch ausschließe, sagte Gusenbauer: es werde an der ÖVP liegen, die Lehren aus ihrem schlechten Abschneiden bei der Wahl zu ziehen und dann ihre Position zu dem Thema neu zu überdenken.
Heißes Eisen Abfangjäger
Nach dem Ministerrat am Dienstag bekräftigte Kanzler Schüssel noch, dass er nach wie vor zur Anschaffung neuer Jets stehe. Nach dem Bundesparteivorstand am Abend trat er dann für eine Kauf-Aufschiebung ein. Er wolle die Luftraumüberwachung aus dem parteipolitischen Streit heraushalten.
ÖVP will neue Finanzierung durch Wirtschaftsplattform
Schüssel vertritt einen neuen Ansatz, wonach die Beschaffung nicht vom Staat sondern von einer wirtschaftlichen Plattform abgewickelt werden soll. Eine Entscheidung könne dann in drei bis vier Monaten fallen. Schüssel empfahl, die Verhandlungen fortzusetzen, um weitere Informationen einzusammeln. Mit der Unterschrift unter den Kaufvertrag möchte er zunächst zuwarten. Eine wirtschaftliche Plattform solle den Kauf übernehmen und auch die Kosten dafür teilweise selbst tragen. Wie dies genau von funktionieren soll, konnte der Kanzler nicht erklären. Man werde in den nächsten Monaten noch einiges an "Gehirnschmalz" in die Sache stecken und bis spätestens Jahresende eine Lösung präsentieren.
Bei den Journalisten löste Schüssel mit dieser Ankündigung ungläubiges Staunen aus. Auf die Frage, ob nun kein einziger Steuer-Euro in den Abfangjäger-Kauf fließen werde, meinte der Kanzler, dies könne man nicht sagen, allerdings werde sich die Beschaffung "weitgehend selber finanzieren". Man müsse nun eben ein "sehr attraktives Gegengeschäftsmodell" aushandeln, dann werde "vieles möglich". Bei der Typenentscheidung für den Eurofighter dürfte es aber bleiben.
Übrigens hat die Bundeswahlbehörde am Montag das endgültige Ergebnis des Anti-Abfangjäger-Volksbegehrens von Anfang August bekannt gegeben: Es wurden exakt 624.807 Unterstützungsunterschriften gezählt.


11.09.2002
Steuereinnahmen zu Abfangjägern umleiten
Eurofighter- Wirtschaftsplattform des Bundeskanzlers gerät unter Beschuss - Wirtschaftskammer sucht Modelle
In der Wirtschaftskammer begrüßte man die Idee von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, den Beschaffungsvorgang für die 18 Abfangjäger der Type Eurofighter "Typhoon" auf eine Wirtschaftsplattform auszulagern. Wie das im Detail funktionieren soll, blieb am Mittwoch jedoch ziemlich im Nebel. Der mit der Abwicklung der Gegengeschäfte betraute Wirtschaftskammer-Generalsekretär Christian Domany etwa meinte in einer ersten Reaktion: "Da beim Fliegerkauf 200-prozentige Gegengeschäfte (Offset) vorgesehen sind, ist vorstellbar, dass ein Teil der durch diese Neuaufträge induzierten Steuern und Abgaben für die Finanzierung der Abfangjäger verwendet wird." Darüber müsse man allerdings erst mit den Unternehmen reden.
Das von Domany skizzierte Modell setzt voraus, dass dem Abfangjägerkauf im Volumen von 1,8 Milliarden Euro Gegengeschäfte im Auftragswert von 3,6 Milliarden Euro folgen sollen. Daraus würden Mehreinnahmen an Steuern und Sozialversicherungsbeträgen entstehen, die in die Finanzierung umgelenkt werden könnten, erläuterte Domany im STANDARD-Gespräch.
"Das ist doch absurd", kontert FP-Wirtschaftssprecher Thomas Prinzhorn. "Wenn der Kauf ohne Steuerbelastung möglich ist, frage ich, warum er nicht gleich so gemacht wurde." Der grüne Wirtschaftssprecher Werner Kogler hat "noch nie so einen ökonomischen Schwachsinn gehört". Dass dies der ehemalige Wirtschaftsminister Schüssel vorschlage, sei "unpackbar". Durch Gegengeschäfte entstehe kein Mehrwert. Falls doch, müsste eine spezielle Gegengeschäftssteuer eingeführt werden, um diesen zu identifizieren.
"An eine Privatisierung der Landesverteidigung ist jedenfalls nicht gedacht", versicherte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. "Der Kauf könnte aber billiger werden, weil Unternehmen effizienter beschaffen und verhandeln als staatliche Organe."
Auch der Österreich-Vertreter des Eurofighter-Konsortiums EADS, Wolfgang Aldag, zeigte sich verwundert über Schüssels Plan, wagte aber keine Kritik an der Kaufverzögerung. "Es ist nichts ungewöhnliches, dass sich solche Beschaffungsvorgänge über mehrere Legislaturperioden hinziehen." Ein internationales Vorbild für die Beschaffung von Abfangjägern durch andere Institutionen als staatliche Stellen, kenne er nicht, sagte Aldag, der die Vorlage der Idee abwarten will.
Unter Berufung auf EADS-Vizechef Klaus-Dieter Bergner berichtet News, dass beim Platzen des Abfangjäger-Kaufs zwei Großaufträge wackeln würden: Die 400 Millionen Euro schwere Produktion des Nachfolgers für den Jeep Grand Cherokee bei Magna Steyr in Graz und ein ebenso schwerer Airbus-Zulieferauftrag für Fischer FACC in Oberösterreich. Ohne die Eurofighter-Bestellung würden diese Aufträge sicher ausbleiben, heißt es.
Für Wirtschaftsminister Martin Bartenstein "ist kreatives Denken gefordert. Bislang gibt es weltweit nur zarte Versuche, die Beschaffung militärischer Güter auszugliedern.
Hier kann man vielleicht einen Schritt weiter gehen als bisher mit der Plattform Gegengeschäfte." Der von dieser Plattform auszuverhandelnde Gegengeschäftsvertrag sei "noch nicht in der Nähe der Unterschriftsreife"gewesen.


11.09.2002
Abfangjäger auf FP-Abschussliste
Der Kauf des Eurofighter dürfte für diese Legislaturperiode gestorben sein. Jörg Haider hat ihn ins Visier genommen, Verteidigungsminister Herbert Scheibner bezweifelt, dass die Flieger eine Parlamentsmehrheit bekommen
von Conrad Seidl und Peter Mayr

In der FPÖ zeichnet sich bereits der nächste Richtungsstreit ab. Wie so oft ausgelöst vom Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Er habe Montagabend in einem Gespräch mit Scheibner vereinbart, den Kaufvertrag nicht zu unterschreiben, ließ Haider am Dienstag aufhorchen. Der Jubel der Kärntner-FP war ihm sicher. "Damit erfüllt der Landeshauptmann den sehnlichen Wunsch Tausender Österreicherinnen und Österreicher", sagte Landesparteiobmann Martin Strutz. Vorschnell, wie sich später herausstellte. Ganz anders nahm nämlich der Verteidigungsminister die Botschaft auf. Alles nur ein "Missverständnis. Ich glaube immer an das Gute", versuchte Herbert Scheibner die Haider- Aussage zu erklären.
Und enttäuschte seine Kärntner Parteifreunde umgehend. "Alle Parteigremien haben das bestätigt. Selbst der Knittelfelder Delegiertentag hat das bestätigt. Und dabei wird es auch bleiben", stellte Scheibner klar. Er habe mit Jörg Haider lediglich besprochen, dass es aufgrund der bevorstehenden Auflösung des Nationalrates nun möglicherweise nicht mehr zum Beschluss des für die Rechtsgültigkeit des Vertrages notwendigen Finanzierungsgesetzes kommen könnte. Und spielte damit den Ball weiter an das Parlament.
Dort ist es mehr als unsicher, ob eine Mehrheit für den Kauf noch gesichert werden kann - die Kärntner FPÖ-Abgeordneten würden jedenfalls dagegen stimmen, andere gelten als unsicher.
Scheibner betonte, dass die Vertragsverhandlungen fortgesetzt würden. Die Unterschrift hänge vom Ergebnis ab. Eine nächste Regierung würde aber auch durch die Unterschrift unter den Vertrag nicht präjudiziert. Man schaffe, so Scheibner, ja keine vollendeten Tatsachen durch die Unterschrift, denn erst das Finanzierungsgesetz mache den Vertrag rechtsgültig.
Ähnlich war es in Tschechien: Dort hat die vorige Regierung den Kaufvertrag (in diesem Fall für schwedische Gripen) ausverhandelt und paraphiert - es aber dem neu zu wählenden Parlament überlassen, ob dieser Vertrag auch bestätigt würde. Nach dem Hochwasser im August wurde die Sache auf die lange Bank geschoben. Inzwischen prüft Tschechien die Möglichkeit, den eigenen Luftraum vom Nato-Partner Polen überwachen zu lassen.
In Fachkreisen wird ohnehin bezweifelt, ob es für Österreich sinnvoll ist, den Kaufvertrag jetzt mit großer Eile zu paraphieren: "Man braucht möglicherweise nur eineinhalb Monate für einen Rahmenvertrag, aber ein Vielfaches davon, um diesen Rahmen zu befüllen", sagt Georg Mader, Österreich-Korrespondent von Jane's Defence. Er verweist darauf, dass die Schweiz beim Kauf der F-18 ein ganzes Jahr für die Detailverhandlungen gebraucht hat.
Eine ähnliche Argumentation verwendet Alan Bonderud vom Eurofighter-Konkurrenten Lockheed-Martin - er fordert, dass das Geschäft überhaupt gestoppt wird.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel stellt sich die Frage, ob der Abfangjägerkauf verschoben wird, nicht: "Ich bin selbstverständlich dafür, das Bundesheer voll ernst zu nehmen. Es gibt Beschlüsse im Regierungsprogramm, die umzusetzen sind", betonte er nach dem Ministerrat. Dort sei der Abfangjägerkauf kein Thema gewesen. Nun liege der Kauf nicht in seinem Ressort, der Verteidigungsminister habe Preise auszuhandeln, der Wirtschaftsminister Gegengeschäfte zu bewerten.
Die vorige Bundesregierung habe die Abfangjäger-Entscheidung auf diese Legislaturperiode vertagt. Eine weitere Verzögerung sei wenig sinnvoll, meinte Schüssel: "Ich halte von einer weiteren Verschiebung wenig."
In der Opposition nahm man den Vorstoß Haiders für einen Ankaufstopp wohlwollend auf. Sollten bei einer eventuellen SP-Regierungsbeteiligung bereits Verträge vorliegen, werde man dagegen Rechtsmittel einsetzen.


11.09.2002
Gusenbauer garantiert keinen Kauf nach der Wahl
Demokratischer Druck habe zu Verschiebung der Beschaffungs-Entscheidung geführt - Wahlkampfaktion der Jungen ÖVP
Für SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer hat sich mit der nunmehrigen Verlagerung der Abfangjäger-Kauf-Entscheidung auf die nächste Bundesregierung "der demokratische Druck" ausgezahlt. Damit werde die voraussichtlich am 24. November stattfindende Nationalratswahl zu dem, was die SPÖ stets gefordert habe: zu einer Volksabstimmung über diese Großbeschaffung, sagte Gusenbauer am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Wien. Die Wähler hätten nun die Entscheidung: die ÖVP werde den Kauf tätigen. "Ich garantiere, dass die SPÖ Abfangjäger nach der Wahl nicht ankaufen wird", sagte der SPÖ-Vorsitzende. Bei der Wahl werde es vor allem um Prioritäten gehen. Wer Wolfgang Schüssel (V) wähle, wähle "die Priorität Abfangjäger". Wer sich für die SPÖ entscheide, votiere für soziale Sicherheit, die Ankurbelung der Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Sicherung des Gesundheitssystems und der Pensionen.
Für den SPÖ-Chef ist das Thema Abfangjäger mit dem Entschluss der Regierung, die Entscheidung über den Kauf aufzuschieben, übrigens in den Mittelpunkt der Wahlauseinandersetzung gerückt. Wäre der Deal gelaufen gewesen, hätte man nur mehr etwas beklagen können. Nun könne man die Bevölkerung aber zu einer Entscheidung aufrufen.
Befragt, ob sich damit nicht bereits im Vorfeld des Wahltags eine Koalition mit der ÖVP, die den Kauf von Abfangjägern befürworte, automatisch ausschließe, sagte Gusenbauer: es werde an der ÖVP liegen, die Lehren aus ihrem schlechten Abschneiden bei der Wahl zu ziehen und dann ihre Position zu dem Thema neu zu überdenken.
Die Junge ÖVP (JVP) nutzte die Pressekonferenz Gusenbauers im Presseclub Concordia am Mittwoch übrigens bereits für einen ersten Wahlkampf-Auftritt: vor dem Hauseingang in der Wiener Bankgasse verteilten die Jugendlichen in Anlehnung an die aktuelle Anti-Abfangjäger-Kampagne der SPÖ Flyer mit der Aufschrift: "Entweder 1 Gusenbauer. Oder eine sichere Zukunft mit der ÖVP". In die Hand gedrückt bekamen die Journalisten zudem eine Karikaturen-Postkarte: unter dem Motto "Zilk & Leikam Parteifreundges. m. b. H. präsentiert" finden sich in einer Reihe ein Kühlschrank mit der Aufschrift "ohne Gefrierfach", ein weiterer Kühlschrank mit der Aufschrift "ohne FCKW" und schließlich Alfred Gusenbauer, dem ein Taferl mit den Worten "ohne Charisma" um den Hals gehängt wurde.


11.09.2002
Schneller Start auf flinken Beinen
Die ÖVP hat mit dem Aufschub des Abfangjägerkaufes das Momentum im Wahlkampf - Ein Kommentar von Samo Kobenter
Mit der Ankündigung, den Kauf der Abfangjäger zu verschieben, hat Bundeskanzler Wolfgang Schüssel dem Wahlkampfauftakt der SPÖ das Momentum genommen und Jörg Haider den ersten Sieg im Kampf um die Wählerstimmen geschenkt. Der lässt in Kärnten schon plakatieren, dass er die Abfangjäger verhindert hat. Die SPÖ dagegen hat soeben ihr erstes Plakat präsentiert, auf dem Schüssel aufgefordert wird, auf die Abfangjäger zu verzichten. Ist doch kein Thema mehr, kann die ÖVP darauf locker antworten: Klassisch weggedrückt, der Igel war schneller als der Hase. Natürlich wird die SPÖ darauf antworten, dass aufgeschoben nicht aufgehoben heißt. Das ist auch richtig, doch es zählt in der kurzen Phase der Emotionalisierung vor der Wahl Null. Es geht ja nicht um die Aktivierung des ohnehin sehr kurzen Gedächtnisses der Wähler, sondern um eine Codierung ihrer Gefühle, die bei der Wahl in die konkrete Entscheidung für eine Partei zurückübersetzt werden. Und hier hat Haider momentan die beste Ausgangsposition: Er kann das Gefühl vermitteln, bereits etwas getan zu haben - die Abfangjäger verhindert.
Schüssel darf für sich buchen, mit seiner Entscheidung für den Aufschub die Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen - seine Positionierung wird also weiter auf die Vermittlung von Stabilität und Verlässlichkeit abzielen. Gusenbauer dagegen vermittelt das Gefühl, hinterher zu hecheln - auch wenn er rational natürlich recht hat, dass ein Kauf der Flugzeuge nicht vom Tisch ist. Aber Wahlen gewinnt man nicht mit rationalen Argumenten, wie die SPÖ weiß: Altmeister Bruno Kreisky hat es vor Jahrzehnten mit seiner legendären Einladung, "ein Stück des Weges gemeinsam" mit den Sozialdemokraten zu gehen, eindrucksvoll bewiesen.
Gewiss, die damaligen Zeiten und Umstände sind mit heute nicht vergleichbar, die dichtere politische Grundierung der Gesellschaft minimierte die Beweglichkeit der politischen Lager, deren ideologische Grundsätze so festgefügt waren wie das Verhalten der damals noch existierenden "Stammwähler" vorhersehbar.
Doch diese Spezies gibt es kaum noch, und in dem Ausmaß, wie die politischen Programme der wachsenden Mobilität der Wähler Rechnung trugen und beliebiger wurden, wurde es riskanter, eine Wahl zur inhaltlichen Grundsatzentscheidung zu machen - und mag sie noch so mehrheitsfähig scheinen.
Die SPÖ wählt also einen gefährlichen Weg, die Wahl zur Volksentscheidung über die Abfangjäger zu stilisieren. Sie könnte sich genau in dem Mechanismus wieder finden, in dem sie während der letzten zweieinhalb Jahre in der Opposition gefangen war: Dass ihr ein Thema aus der Hand genommen und als erledigt erklärt wird - und sie nicht darstellen kann, dass dem nicht so ist.
Abgesehen davon sollte sich die SPÖ überlegen, wie sehr sie sich mit dem kategorischen Nein zu Abfangjägern für die Verhandlungen nach der Wahl bindet. Meint sie es ernst, so wird sich eine Koalition mit der ÖVP - mit oder ohne Schüssel - nicht ausgehen. Die SPÖ hätte also unausgesprochen das getan, was Gusenbauer tunlichst vermeiden will: Sie hätte sich einer Koalitionsoption beraubt, als potenzieller Partner blieben allein die Grünen übrig. Dass die SPÖ am Tag danach ihre Liebe zur neuen Anti-Abfangjäger-Partei, der FPÖ, entdeckt, ist ja nicht anzunehmen. Wahrscheinlicher ist, dass die rote Wahlkampflinie demnächst unauffällig in Richtung der Aufzählung schwarz-blauer Versäumnisse korrigiert wird.
Die ÖVP wiederum hat den schwierigeren Teil noch vor sich: Sie wird es mit dem Kanzlerbonus auf ein Duell Schüssel gegen Gusenbauer anlegen und versuchen, die FPÖ gerade so weit zur Ader zu lassen, das sie als möglicher Koalitionspartner überlebt. Beide, SPÖ und ÖVP, werden den heißen Atem Haiders spüren, der um seine letzte Chance kämpft. Es wird für alle ein heißer Tanz.


12.09.2002
SPÖ nach dem VP-Schwenk: Nie mehr Abfangjäger
Die ÖVP will das Thema Abfangjäger aus dem Wahlkampf heraushalten, SP-Chef Gusenbauer will die Wahl hingegen für eine "Volksabstimmung" über den Kauf nützen.
Die Entscheidung des VP-Parteivorstandes am Dienstagabend, den Kauf von Abfangjägern bis nach der Wahl zu verschieben, stößt in den Reihen der ÖVP auf einhellige Zustimmung. Bundeskanzler und VP-Chef Wolfgang Schüssel plädierte für eine Verschiebung, um das Thema "Abfangjäger" aus dem Wahlkampf herauszuhalten.
So meinte Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, wenn es um die "Sicherheit Österreichs geht, sollte die Parteipolitik in den Hintergrund treten". Niemand würde verstehen, wenn man jetzt den Kauf noch durchpeitsche. Begrüßt wird auch das neue Finanzierungskonzept, von dem man sich eine "Entlastung der Steuerzahler" erhofft.
"Volksabstimmung über Abfangjäger-Kauf"
In der SPÖ dreht man hingegen den Spieß nach dem VP-Schwenk um: SP-Vorsitzender Alfred Gusenbauer will die Nationalratswahl zur "Volksabstimmung über den Abfangjägerkauf" machen. Er begrüßte die Entscheidung der VP-Spitze, alles andere wäre "absurd" gewesen. "Hätte die Bundesregierung den Ankauf jetzt noch getätigt, hätte man sich über die falsche Entscheidung beklagen können", so Gusenbauer. "Ich garantiere, daß die SPÖ Abfangjäger nach der Wahl nicht ankaufen wird", versprach der SP-Chef.
Zur Verteidigungspolitik im Falle einer SP-Regierungsbeteiligung meinte Gusenbauer, Österreich werde auch ohne Abfangjäger seine Verpflichtungen im Rahmen der internationalen Solidarität erfüllen. "Es gibt in Europa keinen Mangel an Abfangjägern." Als Aufgaben des Bundesheeres nannte er internationale Friedenseinsätze, Katastrophenhilfe und den Assistenzeinsatz an der Schengengrenze.
"Wahre Motive"
Die Verschiebung des Abfangjägerkaufs hat laut Alexander Van der Bellen zwei "wahre" Gründe. "Wahr ist, der Bundeskanzler hat keine Mehrheit", sagte der grüne Bundessprecher am Mittwoch. "Wahr ist auch, daß Schüssel jetzt einfällt, er braucht ein Gesetz." Die Regierung sei rund um den Eurofighter-Kauf "entweder kraß unfähig gewesen, oder man hat uns schlicht belogen".
Eine Anschaffung in der Größenordnung übersteige die Kompetenz der Regierung, diese brauche nach seinen Recherchen und einem Gutachten des Verfassungsexperten Heinz Mayer aber eine bundesgesetzliche Ermächtigung. Eine Beschlußfassung im Nationalrat sei daher vor Abschluß des Kaufvertrags erforderlich. Freilich könne Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FP) auch ohne Ermächtigung unterschreiben. "Das wäre rechtswidrig, aber rechtskräftig", so Van der Bellen. "Wir würden alles nutzbar machen, um Minister Scheibner persönlich haftbar zu machen." Unterzeichnende Regierungsmitglieder könnten außerdem wegen Amtsmißbrauchs belangt werden. Schüssels Idee einer Wirtschaftsplattform, die die Abfangjäger ankaufen soll, hält Van der Bellen für "den abenteuerlichsten Unsinn, den ich je gehört habe".
EADS: "Bananenrepublik"
"Wir gehen doch davon aus, daß Österreich eine Republik ist, die nicht das Attribut ,Banane' verdient", kommentierte Wolfram Wolff, Pressechef der EADS-Sparte Militärflugzeuge, im "Presse"-Gespräch den Schwenk beim Thema Abfangjäger. Die EADS (European Aeronautic Defence and Space Company) habe eine Typenentscheidung (für den Eurofighter Typhoon) und einen entsprechenden Ministerrats-Beschluß in der Tasche - "darauf und die Handschlag-Qualität Österreichs setzen wir".
Solange der Vertrag nicht unterschrieben und rechtskräftig sei, liefen auch keine Pönaleforderungen an. Die bisherigen Kosten, die Wolff mit zumindest einer Million Euro beziffert - EADS hat in einem eigenen Büro gut 30 Mann als Verhandlungsteam in Wien -, seien "unternehmerisches Risiko". Das EADS-Team treibe deshalb vorerst auch die Vertragsarbeiten mit dem Verteidigungs- und dem Wirtschaftsministerium weiter bis zur Unterzeichnungsreife - dann liegt der Ball bei der Politik.


12.09.2002
Neutralität beginnt im Luftraum
Übertragung der Luftüberwachung an andere nicht zum Nulltarif
Österreichs Neutralität und staatliche Souveränität stünde infrage, wenn das Land die Überwachung seines Luftraums einem fremden Staat überließe. Sollte sich Wien also entschließen, daher lieber gleich der Nato beizutreten, wäre diese Arbeitsteilung im Rahmen der Bündnissolidarität möglich. Der Salzburger Völkerrechtsprofessor Wolfram Karl hält es aus neutralitätsrechtlicher Sicht für "nicht vorstellbar", dass sich Österreich seine Abfangjäger erst im Ernstfall ausborgt: Im Neutralitätsfall könne man nicht hergehen und Schweizer Piloten auf Schweizer Gerät von Schweizer Stationierungsorten aus den neutralen österreichischen Luftraum überwachen lassen. Karl meint dazu: Zwar sei es einem Neutralen prinzipiell selbst überlassen, "wo und wie er seine Waffen herholt", man müsse aber zumindest "die Hand draufhaben".
Dies könne durch einen langfristigen Vertrag geschehen - aber dieser würde "üblicherweise doch mit einem Unternehmen, nicht mit einem Staat abgeschlossen". Für einen Vertrag, nach dem ein anderes Land die Luftraumüberwachung eines Neutralen übernehme, gebe es kein internationales Beispiel.
Dass unter Nato-Bündnispartnern die Lage aber ganz anders sein kann, darauf weist man in der Brüsseler Zentrale des Nordatlantikpakts hin: Auch der Nato-Staat Island habe keine eigene Luftwaffe. Stattdessen haben die Isländer den USA die Überwachung ihres Luftraums im Rahmen des NATINDAS (Nato Integrated Air Defence System) übertragen. Ein "Ausborgen" von Fliegerkapazität wäre innerhalb der Nato möglich.
Auch wenn Österreich sich wegen seiner Größe nicht mit Island vergleichen lasse, heißt es in Nato-Kreisen, dass eine Luftraumüberwachung durch Nato-Nachbarländer dennoch denkbar und möglich sei - soweit Wien wirklich auf einen so wichtigen Teil seiner Souveränität verzichten wolle. Im Verteidigungsfall seien die Nato-Partner aber ohnehin zu Beistand verpflichtet.
In der Nato wird aber auch deutlich gemacht, dass ein Abschieben der Luftraumüberwachung nicht zum Nulltarif zu haben wäre. Island habe zum Beispiel den USA einen großen Luftwaffenstützpunkt überlassen. Auch müsse an besondere österreichische Anstrengungen in anderen militärischen Bereichen gedacht werden.


12.09.2002
Bundeskanzler Schüssel fragt sich, "ob wir uns selber ernst nehmen"
Der ÖVP-Parteichef zum Thema Eurofighter
"Sicherheit muss uns etwas wert sein. Wir brauchen harte Maßnahmen zu unserem eigenen Schutz, ohne Abmagern oder Weichmachen." Bundeskanzler Wolfgang Schüssel am 25. September 2001
"Ich habe gewisse Erfahrung mit solchen Großinvestitionen - es haben sich alle, alle noch gerechnet. Der Kauf der Draken hat sich durch die Kompensation mehr als bezahlt gemacht, da haben wir 50 Prozent mehr hereinbekommen." derselbe im STANDARD am 25. Oktober 2001
"Die neuen Abfangjäger werden sicher wie geplant in der ersten Jahreshälfte 2002 bestellt." derselbe in der Tiroler Tageszeitung vom 2. März 2002
"Ich frage mich langsam, ob wir uns selber ernst nehmen" derselbe in Format, 29. März 2002
"Der Rückgang von 24 auf 18 Jets ist ein Zeichen, dass jeder neue Prioritäten setzt." derselbe am 24. August 2002
Man werde noch einiges an "Gehirnschmalz" in die Sache stecken und bis spätestens Jahresende eine Lösung präsentieren. Allerdings werde sich die Beschaffung "weitgehend selber finanzieren". Man müsse nun eben ein "sehr attraktives Gegengeschäftsmodell" aushandeln, dann werde "vieles möglich". Schüssel in der APA am 10. September 2002


12.09.2002
Der Aufschub des Kaufs durch Schüssel
Der Kanzler kann nicht verhindern, dass die anderen Parteien die Großbeschaffung zum einem zentralen Wahlkampfthema machen
Für die Oppositionsparteien kam die Nachricht vom (zumindest vorläufigen) Aus für den Abfangjäger gerade recht: Während die Bundes-SPÖ schon seit Tagen auf Plakaten vorrechnet, was man alles um den Preis eines Abfangjägers kaufen könnte, hat die Salzburger Landesorganisation schon ein Sujet vorbereitet, auf dem Bundeskanzler Schüssel mit einem Eurofighter gezeigt wird: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben" steht dabei. Was auch (im grafischen Stil der SPÖ-Werbung gehaltene) Plakate der Jungen ÖVP belegen: "Entweder Gusenbauer - oder eine sichere Zukunft mit der ÖVP". Die FPÖ wetteifert inzwischen mit SPÖ, Grünen und dem Demokraten-Chef Rudolf Fußi darum, als Verhinderer der Abfangjäger wahrgenommen zu werden. Dies zur tiefen Enttäuschung der Beschäftigten im immer noch freiheitlich geführten Verteidigungsministerium: "Wir wissen, dass die Argumente, die da vorgebracht werden, jeder Grundlage entbehren", sagte Major Georg Geyer bei einer Buchpräsentation anlässlich des 11. September. Friedrich Korkisch, einer der Autoren des Buches "Gut gegen Böse" (Austria Medien Service), kritisierte die Politiker für ihren Unwillen, "die Notwendigkeit von Jagdflugzeugen zu kommunizieren".
Keine Großereignisse
Künftig werde es keine Großveranstaltungen wie Olympische Spiele, Weltmeisterschaften oder Gipfeltreffen mehr in Österreich geben - weil bei all diesen Veranstaltungen weltweit die militärische Sicherung des Luftraums gegen Attentate gefordert werde, malte der für Wehrpolitik zuständige Brigadier Wolfgang Schneider eine Zukunft ohne Abfangjäger aus.
Einer der 17 Draken-Piloten hat am Dienstagabend bereits erklärt, er werde jetzt zur AUA wechseln. Offiziell allerdings wird seitens des Verteidigungsministeriums weiter mit dem Eurofighter-Hersteller EADS verhandelt - so als ob Bundeskanzler Wolfgang Schüssel den Aufschub nicht angekündigt hätte. EADS-Pressesprecher Wolfram Wolff: "An Spekulationen über den weiteren Fortgang beteiligen wir uns nicht."
Andere Anbieter, die mit der Entscheidung für den Eurofighter im Juli schon aus dem Rennen zu sein schienen, machen sich nun wieder Hoffnungen: Lockheed-Martin hat immerhin sein erstes Ziel erreicht, das Geschäft zu stoppen - nun will man als Nächstes Details über ein neues, noch geheimes Radar präsentieren. Schweden hat nicht nur mit rechtlichen Schritten gegen den Eurofighter-Vertrag (der dazu erst einmal abgeschlossen sein müsste) gedroht, sondern auch 18 gebrauchte Gripen zum Leasing angeboten. Und selbst die MiG-29 wird wieder ins Gespräch gebracht - Generaldirektor Nikolai Nikitin vom russischen Hersteller RAC war dieser Tage in Wien.
Die SP hält von all dem nichts: Sie will, dass die Wahl zur "Volksabstimmung über diese Großbeschaffung" wird.


12.09.2002
Schüssels Salto mortale
So schnell kann man Glaubwürdigkeit verlieren. Manche schaffen es in Jet-Geschwindigkeit.
VON HANS WERNER SCHEIDL

Am Dienstagabend gab es für zwei Saab-"Draken" in Zeltweg Alarmstart: Eine unbekannte Maschine näherte sich - von Banja Luka kommend - dem österreichischen Luftraum. Um 19.37 Uhr gelang es den beiden Piloten, die Maschine der belgischen Luftwaffe zu identifizieren. Es war der 16. Abfangjäger-Einsatz in diesem Jahr.
Zur gleichen Stunde hatte die Regierung in Wien schon die Reißleine gezogen. Die Vertragsunterzeichnung zum Ankauf neuer Jets wird auf die Zeit nach den Wahlen verschoben. Wie viele Maschinen es dann noch sein werden, ob überhaupt je neues Gerät beschafft werden wird - das steht in den Sternen.
So rasant - nämlich mit Überschallgeschwindigkeit - kann man seine Glaubwürdigkeit über Bord werfen, wenn Wahlzeiten herandräuen. Am Montag hatte Jörg Haider seinem Minister Herbert Scheibner befohlen, den Ankauf zu verschieben, am Dienstag prangten im südlichsten Bundesland schon die ersten Plakate: "Haider stoppt Abfangjäger-Kauf." Worauf der Regierungschef wieder in die Geiselhaft Haiders geraten scheint, aus der er sich mittels Neuwahlen gerade herauswinden wollte.
Mag sein, daß Wolfgang Schüssel auch wirklich glaubt, den rot-grünen Jet-Gegnern ihr bisher griffigstes Wahlkampfthema aus der Hand geschlagen zu haben. Daß die Regierung ihnen aber mit dieser Verschiebung in Wahrheit zu einem billigen Sieg verholfen hat - mein Gott, an alles kann man in einer Wahlkampagne nicht denken! Da herrschen andere Gesetze, da hat staatspolitische Verantwortung zunächst einmal Pause.
Zugegeben: Die Front gegen den Ankauf der teuren Militärmaschinen war groß. Und stark. Und mächtig. Nicht Herr Fußi ist damit gemeint, dessen Volksbegehren in hochsommerlicher Zeit immerhin 624.720 Unterzeichner mobilisieren konnte. Die konnte Schüssel noch negieren. Als aber die FP-Regierungsmannschaft handlungs- und paktunfähig wurde, erschien dem VP-Regierungschef die Verschiebung des ganzen Deals noch als einziger sinnvoller Ausweg.
Daß Haider mit der Kehrtwendung wieder einen unentwegt Getreuen düpierte, das kann dem VP-Spitzenkandidaten Wolfgang Schüssel zwar egal sein. Daß er mit seinem fliegerischen Salto mortale aber bei den Unterzeichnern des Volksbegehrens punkten wird können - das scheint denn doch eine sehr windige Überlegung zu sein, an die Schüssel wohl selbst nicht so recht glaubt.
Die Sache holperte von Anbeginn wie auf einer rumpligen Flugzeugpiste. Nie hatte die scheidende Bundesregierung hieb- und stichfest dartun können, warum es ausgerechnet 24 Maschinen sein müßten, warum es just die teuerste Type sein sollte und - gravierendster Schwachpunkt in der Argumentation - wie Österreichs Sicherheitspolitik im europäischen Umfeld eigentlich aussehen sollte.
Dieses Versäumnis sollte sich bald bitter rächen. Denn als es - unter dem Eindruck der Hochwasserkatastrophe - dann plötzlich nur noch 18 Flugzeuge sein mußten, war die ganze mühsam zusammengebastelte Argumentationslinie eingebrochen. Nicht nur die Militärs und ihr Minister verstanden die Welt nicht mehr - durch Österreich ging ein Kopfschütteln ob so viel "Flexibilität."
Doch es kam noch toller, als man befürchten mußte. Schüssel, der zeit seines Lebens auf seine Wirtschaftskompetenz gepocht hat, zaubert ein "Selbstfinanzierungmodell" aus dem Zylinder, das im Winter fertig sein soll. Mit den 200prozentigen Gegengeschäften rechnet er noch immer fix, hat er versichert. Wie das alles funktionieren soll, das bleibt bis dato völlig unklar.
Schade, daß man dieses Wunderrezept nicht schon früher entdeckt hat. Das wäre ein wirklicher Wahlschlager geworden.


12.09.2002
€-Fighter für wenige Cent
Die Eurofighter für das Bundesheer sind nach wie vor heiß umstritten und wahrscheinlich Gegenstand des anlaufenden Wahlkampfes. Blickt man freilich auf die Website des Eurofighter-Herstellers, dann könnte jeder Österreicher ganz einfach zu einem Eurofighter kommen. Kostenpunkt maximal 10 Cent.


12.09.2002
Abfangjäger im Eigenbau
Obwohl der Abfangjäger-Deal zu scheitern droht, kann sich jeder Österreicher seinen eigenen Eurofighter besorgen.
Ein wenig Fingerspitzengefühl ist schon notwendig, aber den Eurofighter gibt es auch zum Selbermachen. Der Luftfahrtkonzern EADS selbst bietet die Anleitung dazu auf seiner Website an, samt Bauplan zum Ausdrucken.
Im Gegensatz zum "Standard-Modell" gibt es den Eigenbau-Abfangjäger beinahe zum Nulltarif. Lediglich die Kosten für ein einfaches Blatt Papier und den Ausdruck müssen aufgebracht werden.
Jedem sein eigener Eurofighter
Während das österreichische Bundesheer auf Grund der aktuellen Regierungskrise wieder um seine neuen Abfangjäger bangen muss, wird das Papier-Modell unvermindert angeboten. Jeder Österreicher kann sich nach wie vor seinen eigenen Eurofighter besorgen.
Geduld erforderlich
Um den eigenen Superflieger in die Lüfte schicken zu können, muss das gute Stück erst einmal "gebaut" werden.
Kein einfaches Unterfangen, handelt es sich beim Eurofighter doch um eines der modernsten Fluggeräte der Gegenwart.
Auch ORF.at versuchte sich als Flugzeugbauer, und erst nach mehreren Versuchen gelang es schließlich, ein der Bauanleitung entsprechendes Modell zu fabrizieren.
Verblüffende Ähnlichkeit
Das Resultat verblüfft durch die nicht zu übersehende Ähnlichkeit mit dem Original. Auch die Flugeigenschaften des Papiermodells scheinen denen des echten Fliegers ebenbürtig.
Tipp: Redaktionsinternen Tests zufolge gelingt die nicht ganz einfach zu bewerkstelligende Konstruktion besser, wenn der Bauplan auf ein DIN-A3-Blatt kopiert wird.


12.09.2002
Haider kommt, die Abfangjäger gehen
DER STANDPUNKT
ALEXANDER PURGER

Beim Startschuss für den Abfangjäger-Kauf im Jahr 2000 sprach ein involvierter Offizier ein großes Wort gelassen aus: Er sagte, eine so große Beschaffung sei nur in der Mitte einer Legislaturperiode durchsetzbar - möglichst weit weg vom nächsten Wahltermin. So ist es. Als sich durch den FPÖ-Putsch der Wahltermin jetzt schlagartig auf zwei Monate näherte, ließen alle Beteiligten die Angelegenheit fallen wie eine heiße Kartoffel.
Rüstungsinvestitionen sind und waren nie populär. In Österreich kommt aber noch hinzu, dass das, was sich österreichische Sicherheitspolitik nennt, ein Gespinst aus Halbwahrheiten und Lügen ist, das niemand durchschaut. Der mühseligen Aufgabe, die Österreicher aufzuklären und für den Abfangjäger-Kauf zu gewinnen, wollte sich die schwarzblaue Regierung nicht unterziehen. Könnte ja unpopulär sein. Sie überließ das Feld dadurch den Populisten, die denn auch rasch zur Stelle waren: Hobby-Politiker Rudolf Fußi führte das Anti-Abfangjäger-Volksbegehren zu einem Sensationserfolg und machte damit Jörg Haider nervös. Dessen politisches Motto lautet, dass kein Politiker auf einem tieferen Niveau agieren darf als er selbst. Also war Fußi für ihn ein Warnsignal und der Anlass für die Rückkehr an die Schalthebel der FPÖ. Er warf das Steuer herum und brachte die Freiheitlichen binnen Stunden auf den sicherheitspolitischen Kurs von SPÖ, Grünen und Kommunisten.
Rücksichten nimmt der ehemalige Reserve-Offizier dabei keine - nicht auf das Heer, nicht auf den eigenen Minister. Während Scheibner in Wien noch "selbstverständlich" die Abfangjäger kaufen wollte, ließ sich Haider in Kärnten auf Plakaten schon als Jet-Killer feiern. (Ein Mann von Ehre wäre daraufhin als Verteidigungsminister zurückgetreten.) Dass dann auch Kanzler Schüssel die Notbremse zog und den Jet-Kauf abblies, war zwar auch nicht ehrenhaft, aber logisch. Warum soll er sich im Wahlkampf für etwas prügeln lassen, das mit der auf Brutal-Opposition gewendeten FPÖ ohnehin nicht mehr durchzusetzen war?
Wie die Regierung Klima hat nun also auch die Regierung Schüssel den Abfangjäger-Kauf, der durch die Verfassung geboten ist, verschlampt. SPÖ, Grüne und die neue Haider-FPÖ, zwischen die in dieser Frage kein Blatt Papier passt, verneinen lauthals die Notwendigkeit der Luftraumüberwachung - und zwar wider besseres Wissen, wie Alexander Van der Bellen zugegeben hat. Die ÖVP geht auf Tauchstation. Und auch der Bundespräsident hat es in der ganzen Diskussion kein einziges Mal der Mühe wert gefunden, für das Bundesheer, dessen Oberbefehlshaber er ist, Stellung zu beziehen. Könnte ja unpopulär sein.
Österreich wird von Populisten regiert, die lieber mit der Mehrheit irren, als gegen die Mehrheit recht zu behalten. Vermutlich halten sie das auch noch für Demokratie.


12.09.2002
Prag bittet um "Draken"
Unsere Abfangjäger werden zur Sicherung des Prager NATO-Gipfels gebraucht. Dass US-Jets über Österreich fliegen, konnte dank eigener Jets verhindert werden.
Ausgerechnet am Tag nach dem Platzen des Abfangjä-ger-Kaufs weist das Bundesheer einmal mehr auf die Notwendigkeit der militärischen Luftraumüberwachung hin: Die "Air North", das Kommando der NATO-Luftstreitkräfte in Nordeuropa, bittet Österreich, mit den "Draken"-Abfangjä-gern bei der Sicherung des kommenden NATO-Gipfels zu helfen.
In der tschechischen Hauptstadt tagen vom 20. bis 22. November die Chefs der NATO-Staaten, darunter auch US-Präsident George W. Bush. Eine militärische Luftraum-überwachung zählt bei derlei Gipfeltreffen zum Sicherheitsstandard. Tschechien kann mit seinen 68 Abfangjägern den eigenen Luftraum überwachen, zu einer umfassenden Sicherung des Gipfels ist aber auch die Beobachtung des gesamten europäischen Luftraumes notwendig. Als NATO-Mitglied und nichtneutrales Land ist Tschechien hier - im Unterschied zu Österreich - in der Lage, Hilfe von außen anzufordern.
Der österreichischen Luftwaffe soll gemäß dem NATO-Ersuchen die Rolle zufallen, den heimischen Luftraum besonders zu sichern. Das Bundesheer hat sich zu dieser Kooperation bereit erklärt, teilte der Leiter der Luftabteilung, Brigadier Erich Wolf, am Mittwoch auf Anfrage der SN mit. Zum Einsatz wird nicht nur die passive Luftraum-überwachung, also das Radarsystem "Goldhaube", kommen. "Da seh' ich bei einem einfliegenden Objekt nur einen Punkt auf dem Radar, weiß aber nicht, wer das ist", erläutert Wolf. Es werde daher auch Patrouillenflüge der "Draken" und erhöhte Bereitschaft am Boden geben. Falls ein unidentifiziertes Flugzeug Richtung Tschechien fliegen sollte, würden die "Draken" die Maschine beobachten und an der Grenze an die tschechischen oder die NATO-Jets "übergeben". Zu einem Einsatz der Abfangjäger im Ausland würde es nicht kommen.
Nach Ansicht Wolfs ist es ein Glücksfall, dass Österreich gerade noch über flugfähige Abfangjäger verfügt. Die NATO habe nämlich auch die Idee geäußert, Österreich solle seinen Luftraum öffnen und die NATO erledige den Schutz des tschechischen Luftraums von der österreichischen Seite her selbst. "Dann wären bewaffnete US-Jets, über die wir keine Befehlsgewalt gehabt hätten, über Österreich patrouilliert", sagt Wolf. "Da hätten wir ein schweres Souveränitätsproblem bekommen". Da Österreich aber noch eigene Jets besitze, habe man diese Idee ablehnen können.
Das Beispiel Tschechien zeige jedenfalls, dass das Argument "Wir sind nur von befreundeten Staaten umgeben, brauchen also keine Abfangjäger" falsch sei, sagt Brigadier Wolf. Das gelte am Boden, nicht aber in der Luft. Schließlich könnten Terroristen jede beliebige Verkehrsmaschine an jedem beliebigen Punkt kapern und - wie man in den USA gesehen habe - in eine tödliche Waffe verwandeln. "Vom Luftraum her kann man quer durch Europa jedes beliebige Land bedrohen", sagt Wolf. "Am Boden gibt es keine aktuelle Gefahr. Aber in der Luft ist die Bedrohung eminent."


12.09.2002
Chaos in der FPÖ: Haider laut Scheibner nun doch für Neuanschaffung
Vertrag soll noch vor den Wahlen unterzeichnet werden
Der Kärntner Landeshauptmann und designierte FP-Chef Jörg Haider soll im Gegensatz zu seinen jüngst affichierten Plakaten doch für die Beschaffung neuer Abfangjäger sein. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Format" laut Vorausmeldung am Donnerstag unter Berufung auf Verteidigungsminister Herbert Scheibner. "In dieser Legislaturperiode wird es sich nicht mehr ausgehen. Aber Jörg Haider ist mit mir vom Kauf der Abfangjäger überzeugt", wird Scheibner zitiert.
Auf Werbeplakaten wirbt Haider allerdings mit dem Slogan: "Für Österreich erreicht - Haider stoppt Abfangjägerkauf". Auch bei der FPÖ-Bundesparteileitungssitzung in Linz hielt Haider vor Beginn stolz eine Zeitung in die Kameras. Die Schlagzeile: "Haider schießt Abfangjäger ab".
Wie "Format" berichtet, soll nun der Vertrag mit dem Eurofighter-Hersteller EADS noch vor den Wahlen unterzeichnet werden. Allerdings mit dem Rechtsvorbehalt, dass der Nationalrat dem Ankauf durch ein Finanzierungsgesetz noch zustimmen müsste. Damit müsste die endgültige Entscheidung erst von der nächsten Regierung getroffen werden.


13.09.2002
Abfangjäger-Volksbegehren verfällt durch die Neuwahl
Nationalratspräsident Fischer verweist auf Konsequenzen durch die Neuwahlen. Seine politische Zukunft ließ er vorerst offen.
Das Volksbegehren gegen den Kauf von Abfangjägern aus dem heurigen Sommer dürfte vom Innenministerium voraussichtlich um den 15. Oktober dem Parlament zugewiesen werden. Theoretisch könnte es dann zwar immer noch in einer Sitzung des Nationalrats behandelt werden, Nationalratspräsident Heinz Fischer sah am Donnerstag allerdings keine Absicht, eine solche Sitzung noch vor der Neuwahl einzuberufen.
Für das Volksbegehren bedeutet das, mit der neuen Gesetzgebungsperiode, die mit der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Nationalrates beginnt, erlöscht es so wie alle im Parlament liegenden Anträge. Allerdings könne der Text des Volksbegehrens als Initiativantrag erneut eingebracht werden.
Seine eigene politische Zukunft wollte Fischer vorerst nicht vorwegnehmen. "Solange Kandidatenlisten nicht erstellt sind", wolle er nicht verraten, ob er erneut für das Amt des Nationalratspräsidenten zur Verfügung steht.
Fischer erläuterte zudem, um das vorzeitige Ende der Gesetzgebungsperiode zu beschließen, gäbe es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Der Nationalrat könnte einen bereits vorliegenden SP-Antrag auf Neuwahlen beschließen. Die Regierungsparteien seien aber mit dieser Variante "wenig glücklich", so Fischer. ÖVP und FPÖ wollten einen neuen eigenen Antrag einbringen. SP-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl gab indes bekannt, das Wahlkampfbudget ihrer Partei betrage 7,5 Millionen Euro.


13.09.2002
NEWS exklusiv: Russland spendiert 30 "Gratis"-MiGs
Schüssel: Vorerst keine Jets, Entscheidung erst nach Wahl
SPÖ: Wer uns wählt, kriegt garantiert keine neuen Jets!

NEWS liegt exklusiv das „Commercial Offer No. 040-01K/02“ der staatlichen „Russian Aircraft Corporation – MiG“ vor, das Verteidigungsminister Scheibner überreicht wurde. Das Angebot klingt sensationell: Die Russen bieten – so wie von Österreich ursprünglich auch ausgeschrieben – 24 einsitzige MiG-29-M-Maschinen und sechs MiG-29-M2-Zweisitzer-Jets an. Der Hammer liegt beim Preis: Österreich müsste für die 30 neuen Kampfjets keinen einzigen Rubel, geschweige denn Euro, springen lassen. Dabei will Kanzler Schüssel den Jet-Kauf aus dem Wahlkampf vor den Neuwahlen Ende November heraushalten. Die Grünen: "Ein wichtiger Etappensieg", die SPÖ: Wer Rot wählt, kriegt garantiert keine neuen Abfang-Jets! Für Jörg Haider wurden schon die ersten Wahlplakate mit dem Slogan "Haider stoppt die Abfangjäger".
Das Angebot sieht vor, dass die MiG-29-Kampfjets zu 100 Prozent gegen die Streichung Schulden der russischen Föderation bei der Republik Österreich geliefert würden. Sämtliche Flugzeuge und auch das notwendige Equipment können laut Offert innerhalb von „24 bis 48 Monaten“ geliefert werden. Die für Österreich bestimmten MiGs kämen in der aktuellsten Version (MRCA).
Detailiertes Angebot
Das 95-seitige Angebot, das NEWS vorliegt, lässt kaum Fragen offen: Bewaffnungssysteme, Avionik, Serviceprogramme, Betriebs- und Erhaltungskosten – alles wird minutiös aufgelistet. Von der maximalen Geschwindigkeit (übrigens 2.200 km/h) über die Triebwerkstypen, deren Schubkraft, technische Details zum Radarsystem, Zieleinrichtungen, Luft-Luft-Raketen, Luft-Boden-Raketen, „unguided missiles“ bis hin zu einer Studie über das Kampfpotenzial des Russen-Jets, der dabei selbstredend vor allen Mitbewerbern zu liegen kommt.
800 Mio. Dollar für 24 Jets
Selbst der Kaufpreis wird auf Cents genau bewertet – wiewohl er zu 100 Prozent durch die Tilgung russischer Staatsschulden bezahlt werden soll. So kosten die 24 Einsitzer 799,2 Millionen US-Dollar, die sechs Zweisitzer würden mit 205,2 Millionen US-Dollar zu Buche schlagen. Putin selbst hat der „Russian Aircraft Corporation“ für den Deal bereits grünes Licht gegeben: Das Offert endet mit einer hochoffiziellen „Government Permission“, wonach sämtliches angebotenes Equipment – inklusive „Raketen und Bewaffnung“ von sämtlichen „Restriktionen“ für die Lieferung nach Österreich befreit sind. Fakt ist: Bisher wurden 1.300 MiG-Jets in 29 Staaten verkauft. Auch die Ungarn, die vor kurzem die Bestellung von Saab Gripen stornierten, haben sich jetzt für den Russen-Bomber entschieden. Und die Slowakei hat erst Anfang Juli einen Kaufvertrag über 20 MiG 29 unterzeichnet. Als „Zuckerl“ bieten die Russen daher an, Wartungsarbeiten im MiG-Servicezentrum unweit von Bratislava „kostengünstig“ zur Verfügung zu stellen.


13.09.2002
Abfangjäger: Ohne Gesetz geht gar nichts
Das Finanzministerium hat das Heer bereits vor einem Jahr darüber unterrichtet, daß die Beschaffung von Abfangjägern gesetzlich geregelt werden muß.
Auf wenig Verständnis stößt im Finanzministerium die Diskussion darüber, ob die Beschaffung von Abfangjägern gesetzlich geregelt werden müßte. Es gebe eine klare Bestimmung im Bundeshaushaltsgesetz, wonach finanzielle Vorbelastungen künftiger Budgets ab einer bestimmten Größenordnung in einem eigenen Gesetz legitimiert werden müssen. Die Grenze liege bei zehn Prozent des Jahres-Sachaufwands eines Ressorts, beim Verteidigungsministerium somit bei 64 Millionen Euro. Das erklärte der für das Heer zuständige Ministerialrat im Finanzressort, Herbert Hillingrathner.
Das Verteidigungsressort sei darauf bereits vor einem Jahr hingewiesen worden. Über die Kosten der Anschaffung bestehe immer noch keine Klarheit, erklärte er im Gespräch mit der "Presse". Zuerst müsse es einen Gesamt-Systempreis geben. Ein Abkommen zwischen Heer und EADS, das demnächst abgeschlossen werden soll, wäre nicht verbindlich, sondern sei lediglich eine Absichtserklärung.
Verteidigungsminister Herbert Scheibner hat erst am Dienstag erklärt, man sei bisher unschlüssig gewesen, ob ein eigenes Finanzierungsgesetz überhaupt notwendig sei: "Es gab verschiedene Rechtsauffassungen. Aber es geht in die Richtung, daß es notwendig ist." Daran besteht für den Wiener Verfassungsrechtler Heinz Mayer kein Zweifel. Der Minister könne einen Vertrag nur rechtsverbindlich unterschreiben, wenn vorher die finanzielle Deckung in Form eines Gesetzes beschlossen wurde. Diese Rechtslage sei seit Jahren unverändert.
Der einzige strittige Punkt, den Mayer sehen kann, ist, ob dem Gesetz auch im Bundesrat zugestimmt wird. Denn verfassungsrechtlich steht dem Bundesrat bei Gesetzesbeschlüssen des Nationalrats etwa über ein Bundesfinanzgesetz oder eine Verfügung über Bundesvermögen (anders als bei den übrigen Gesetzen) kein Mitwirkungsrecht zu.
Eine Erklärung für die plötzlich Debatte ist, daß ursprünglich wohl geplant war, das Gesetz zur Finanzierung der Abfangjäger im Budget für 2003 zu "verstecken". Da nun aber vor der Wahl kein Budget verabschiedet wird, müßte ein eigenes Finanzierungsgesetz für die Jets beschlossen werden.


13.09.2002
Abfangjäger als Wahlmotiv?
Der Kauf der Abfangjäger, dessen Fixierung diese Woche von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel auf Drängen der VP-Vorständler aufgeschoben worden ist, spielt in der kommenden Wahlauseinandersetzung zumindest auf Seiten der Opposition eine entscheidende Rolle.
Die SP hat, zufällig gleichzeitig mit dem ungewollten Wahlkampfstart Anfang der Woche, eine Plakatserie vorgestellt, in der sie die Kosten für die Überwachungsflugzeuge mit den damit möglichen Sozial- und Arbeitsplatzinvestitionen in Vergleich stellt. Auch die Grünen wollen vorrangig mit dem Kampf gegen den von der Mehrheit der Österreich abgelehnten, nach Regierungsmeinung aber sicherheitspolitisch notwendigen Kauf punkten.
Laut OGM-Umfrage hat Kanzler Wolfgang Schüssel, prominentester Befürworter, in dieser Frage die klarste Linie vertreten. 27 Prozent sind dieser Meinung, 21 Prozent sagen das von SP-Herausforderer Alfred Gusenbauer, 19 Prozent von Grünen-Chef Alexander Van der Bellen. Nur auf sieben Prozent kommt Jörg Haider, der als grundsätzlicher Befürworter der Flugzeuge vor zwei Wochen umgeschwenkt hat und mit dem Slogan "Haider stoppt Abfangjäger" in die Wahl geht. Nur unter den FP-Sympathisanten finden sich 34 Prozent, die ihrem Altneu-Obmann klare Position in der Frage konzedieren.
Ob der Kampf gegen Abfangjäger für den Erfolg einer neuen Partei reichen, lässt sich aus dem Ergebnis noch nicht klar schließen. Rudolf Fußi, Initiator des Anti-Abfangjäger-Volksbegehrens, will mit der Gruppe "Die Demokraten" und mit seinem Hauptthema in die Wahl gehen. Das halten laut OGM 20 Prozent der Österreicher für wünschenswert und 65 Prozent für weniger wünschenswert. Überdurchschnittlich Anklang findet Fußi bei Grünen (32 Prozent) und Sozialdemokraten (22 Prozent).


14.09.2002
Wos brauch ma dös?
Abfangjäger sind überflüssig - oder doch nicht? Die Schmarotzer- und die Milchmädchendoktrin.
VON ANDREAS UNTERBERGER

Schon beginnen die Milchmädchen wieder, auf Plakatwänden zu rechnen. Was man etwa alles für einen Abfangjäger bekommt. Arbeitsplätze beispielsweise sind da einfach kaufbar. Und schon ist ein Problem gelöst. Ein geniales Rezept, seit Bruno Kreisky bekannt.
Bis heute laborieren wir freilich an Folgen seiner Milchmädchen-Politik. Sobald der Staat Arbeitsplätze kauft, passiert zweierlei: Erstens werden immer die falschen, nämlich die zukunftslosen Arbeitsplätze gerettet, weil dort am meisten gejammert wird. Zweitens führt diese Philosophie immer zu Schulden, die dann Jahre später erst recht Wirtschaft und Arbeitsmarkt erwürgen. Müßten wir heute nicht Zinsen und Annuitäten für Schulden der letzten 30 Jahre zahlen, könnten wir sofort die teuerste diskutierte Steuerreform samt Senkung der Lohnnebenkosten finanzieren. Und die Abfangjäger auch gleich bar aus der Portokassa bezahlen.
Der zweite Teil der Milchmädchenrechnung besteht aus Abfangjägern. Brauchen wir sie wirklich? Viele Politiker und die Mehrheit der Bürger zweifeln daran.
Nicht ganz unverständlich: Bundesheer und der Präsenzdienst dort sind in einem Zustand, der für die Idee der Landesverteidigung nicht gerade wirbt. Oberflächlich ist auch weit und breit keine Bedrohung Österreichs zu sehen. Überdies hat die Regierung wirklich jede Mühe und Anstrengung gescheut, die Notwendigkeit des Flieger-Kaufs den Bürgern irgendwie zu begründen.
Warum ist dieser aber doch sinnvoll und notwendig? Erstens deshalb, weil Österreich ein schlechtes Beispiel geben würde. Wenn schon die reiche Alpenrepublik noch weniger für Landesverteidigung tut (sie gibt im europäischen Vergleich jetzt schon am wenigsten dafür aus!), wie will man da ärmeren Ländern zumuten, daß sie etwas für Europas Sicherheit tun? Damit bricht auch das Schmarotzerprinzip zusammen, das die SPÖ zu ihrer Sicherheitsdoktrin erhoben hat: Ein Vakuum sei möglich, da ringsum andere Länder für Sicherheit sorgen würden.
Zum zweiten sind die Bedrohungen der Zukunft nicht mehr die eines Landkrieges, obwohl uns die langen Kämpfe in der südlichen Nachbarschaft noch allzu gut in Erinnerung sind. Heutige Bedrohungen sind andere: Terroristen, Wahnsinnige, Kriminelle. Gewiß, auch die USA haben den 11. September nicht verhindern können. Man kann aber sicher sein, daß sich der dort nicht wiederholen wird. Die damals unvorbereiteten Amerikaner haben viel aus den Attacken gelernt.
Drittens: Wer kann ohne Abfangjäger verhindern, daß Drogen, Waffen oder Menschen einfach mit Kleinflugzeugen oder Hubschraubern ins Land geschmuggelt werden?
Viertens: Wer seinen Luftraum nicht selbst kontrolliert, der bekommt ihn von anderen kontrolliert und kann höchstens mit Diplomatenbriefen dagegen protestieren. Wenn jetzt etwa ein großes Gipfeltreffen in Prag stattfindet, wird im Luftraum ganz Mitteleuropas zur Vorsorge gegen Terror mit Abfangjägern patrouilliert. Wären die österreichischen endgültig eingemottet, würde die Nato (zu der Tschechien zählt) auch ohne Erlaubnis ihre Kontrollflüge übers nahe Österreich ausdehnen. Und sie wird dabei ihre und nicht Österreichs Interessen im Auge haben.
Daß fünftens deshalb auch das Neutralitätsrecht eine Luftraumverteidigung fordert - worin sich die einschlägige Wissenschaft ungewohnt einig ist -, sei kaum noch erwähnt.
Denn alle rationalen Argumente helfen nichts, wenn ein Wahlkampf dem "Wos brauch ma dös?" zu Salonfähigkeit verhilft. Und ebenso einer zweiten österreichischen Grundregel: "Es wird scho nix passiern." Lediglich in Kaprun und im Kamptal will man neuerdings nicht so recht an solche Sprüche glauben.


15.09.2002
Scheibner gegen Haider bei Abfangjägern
FP-Interimsobmann fordert, Beweise vorzulegen oder persönlichen Unterstellungen zurückzuziehen
Der Interims-Parteiobmann der FPÖ, Herbert Scheibner, hat die Aussagen Jörg Haiders im Zusammenhang mit dem Abfangjägerkauf scharf zurückgewiesen: "Ich bin verwundert, dass gerade Jörg Haider, dem von den politischen Gegnern im Zusammenhang mit seinen Auslandsreisen - sicher ungerechtfertigt - persönliche Interessen vorgeworfen werden, jetzt die selben Argumente gegen Parteikollegen verwendet."
Scheibner forderte, Beweise vorzulegen oder die Beschuldigungen und persönlichen Unterstellungen zurückzuziehen. Die Typenentscheidung sei in einem objektiven Verfahren abgewickelt worden. Die Eurofighter-Entscheidung habe Haider bis vor Kurzem auch mitgetragen. Schließlich wisse der Kärntner Landeshauptmann auch, dass die Bundesländer mit Milliardenaufträgen und tausenden neuen Arbeitsplätzen sehr stark von den Gegengeschäften profitieren würden.
Um jeden Verdacht auszuräumen, kündigte Scheibner an, Rechnungshofpräsident Franz Fiedler zu ersuchen, auch den zweiten Teil dieses Beschaffungsvorhabens - nämlich von der Offertlegung bis zu Vertragsverhandlungen - zu überprüfen.
Zur parteiinternen Situation nach dem Rückzug Haiders wollte Scheibner nicht Stellung nehmen. Er meinte bloß, dass alle maßgeblichen Parteirepräsentanten mithelfen sollten, einen Ausweg zu finden. Er deutete an, dass es dafür schon die "eine oder andere Idee" gebe. Diese sollen jedoch nicht in der Öffentlichkeit, sondern in den Parteigremien voraussichtlich am Montag, diskutiert werden.


15.09.2002
Abfangjäger- Finanzierung: Kogler fordert Untersuchungs- Ausschuss
Fußi vermutet Bestechung - auch dem Initiator des Volksbegehrens sollen "nützliche Aufwendungen" angeboten worden sein
Die jüngsten Aussagen Jörg Haiders über "wirtschaftliche Interessen" im Zusammenhang mit der Abfangjäger-Beschaffung haben nun weitere Gegner des Rüstungsprojekts auf den Plan gerufen. Der Grün-Abgeordnete Werner Kogler forderte am Sonntag, dass noch in der laufenden Legislaturperiode ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden solle. Nur so könnten die Vorwürfe unter Wahrheitspflicht aufgeklärt werden. Volksbegehrer Rudolf Fußi will die Causa gerichtsanhängig machen und per Sachverhaltsdarstellung mit den jüngsten Entwicklungen die Gerichte befassen. "Wenn da indirekt behauptet wird, dass die halbe Bundesregierung eingekauft ist, wäre es das wert, noch einen Untersuchungsausschuss zu initiieren. Das kann ja auch ein Schnellverfahren sein", so Kogler. Die vermutete "größte Schiebung der Republik" müsse auf alle Fälle aufgeklärt werden.
"Völlig unglaubwürdig" ist für Kogler der Ruf von Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) nach Kontrolle durch den Rechnungshof (RH): Das Verteidigungsministerium selbst habe die Veröffentlichung der bisher vorliegenden Prüfung durch den RH habe das Verteidigungsministerium blockiert, indem es die ihm zur Verfügung stehenden Fristen für eine Stellungnahme voll ausgenützt habe. Schleunigst offen gelegt werden sollte nach Ansicht Koglers auch der Stand der laufenden Vertragsverhandlungen für den Eurofighter-Ankauf.
Fußi wiederum kündigte an, eine Sachverhaltsdarstellung einbringen zu wollen. Als Zeugen will er neben Haider und Scheibner den früheren FPÖ-Geschäftsführer Gernot Rumpold und dessen Frau, Haider-Pressesprecher Karl-Heinz Petritz, Haiders persönlichen Referenten Franz Koloini, Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer "sowie weitere Politiker der ÖVP" geladen sehen.
Begründen will Fußi diese Sachverhaltsdarstellung einerseits mit einem Zitat Rumpolds ("Format" vom 13. September), "das ist ja wie in Uganda. Wenn man in Österreich nicht mit dem Geldkoffer auftaucht, dann klappt gar nichts". Andererseits sollen die Ausführungen Haiders durchleuchtet werden. Beweise für Unregelmäßigkeiten habe er keine, sagte Fußi aber auf entsprechende Frage. Fußi berichtete auch, ein Flugzeugkonzern habe ihm "nützliche Aufwendungen" für den Fall in Aussicht gestellt, dass er seinen Widerstand gegen den Abfangjäger-Deal aufgebe. "Wenn das sogar mir angeboten wird, der nichts zu sagen hat", dann sei es nachvollziehbar, wenn es an Regierungsmitglieder ähnliche Offerte gegeben haben könnte.


16.09.2002
Jets und andere Schmutzwäsche
Scheibner weist Haiders Verdacht zurück und schaltet RH ein
Die von Jörg Haider in sein Rücktrittsschreiben eingestreuten Hinweise auf "die wirtschaftlichen Interessen mit der Abfangjägeranschaffung" sowie zu diskutierende "Hintergründe und Details" verweisen auf den vom Volksbegehren-Initiator Rudolf Fußi immer wieder geäußerten Verdacht von Nebenabsprachen und sogar möglicher Parteienfinanzierung. Mit entsprechend scharfen Worten hat am Sonntag Interimsparteiobmann Verteidigungsminister Herbert Scheibner die Aussagen zurückgewiesen: "Ich bin verwundert, dass gerade Jörg Haider, dem von politischen Gegnern im Zusammenhang mit seinen Auslandsreisen - sicher ungerechtfertigt - persönliche Interessen vorgeworfen werden, jetzt dieselben Argumente gegen eigene Parteikollegen verwendet." Er forderte, Beweise vorzulegen oder die Beschuldigungen und persönlichen Unterstellungen zurückzuziehen.
Die Typenentscheidung sei in einem objektiven Verfahren abgewickelt worden. Die Eurofighter-Entscheidung habe Haider bis vor kurzem auch mitgetragen. Schließlich wisse der Kärntner Landeshauptmann auch, dass die Bundesländer mit Milliardenaufträgen von den Gegengeschäften profitieren würden.
Um jeden Verdacht auszuräumen, kündigte Scheibner an, den Präsidenten des Rechnungshofs (RH), Franz Fiedler, zu ersuchen, auch den zweiten Teil dieses Beschaffungsvorhabens - von der Offertlegung bis zu Vertragsverhandlungen - zu überprüfen.
Unabhängig von Haiders Rückzug ist die Parteilinie der Freiheitlichen zu den Abfangjägern unklar: Scheibner ist dafür, auch wenn das nötige Finanzierungsgesetz (das sonst mitsamt dem Budget beschlossen worden wäre) jetzt sicher keine Mehrheit bekommen würde. Der designierte Spitzenkandidat Herbert Haupt ist derzeit dagegen - will aber laut profil in der nächsten Legislaturperiode für Verhandlungen offen sein. Justizminister Böhmdorfer wies - wie Scheibner - den Vorwurf zurück, dass es Verflechtungen zwischen "Lobbyisten" in der Regierung und dem Abfangjägerkauf gebe.
Ein möglicher anderer Hintergrund sind Berichte im Wirtschaftsblatt und im Format über einen "Geldregen" über Riess-Passer und ihren Ehemann Michael, der infolge eines geplatzten Projektes einer Sommerakademie für Diplomatenkinder in Konkurs gegangen war. Nun heißt es, Herr Passer solle bei Magna anheuern, das von den Gegengeschäften im Zuge des Eurofighter-Ankaufs mit profitieren soll, wird ein Gerücht aus der FPÖ zitiert. Riess-Passer will gegen diese "unwahren Behauptungen" auf dem Gerichtsweg vorgehen.
Kolportiert wurde auch die Kaufabsicht für eine Penthousewohnung - etwa gleichzeitig kamen Details von Haiders Spesenabrechnungen auf: Bestätigt sind 276.160 Euro für das Jahr 2000, 159.880 Euro für 2001 und heuer bisher schon 203.480 Euro.


16.09.2002
Eurofighter-Gegner durch Haiders Aussagen motiviert
Die jüngsten Aussagen Jörg Haiders über "wirtschaftliche Interessen" im Zusammenhang mit der Abfangjäger-Beschaffung haben nun weitere Gegner des Rüstungsprojekts auf den Plan gerufen. Der Grün-Abgeordnete Werner Kogler forderte am Sonntag, dass noch in der laufenden Legislaturperiode ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden solle. Nur so könnten die Vorwürfe unter Wahrheitspflicht aufgeklärt werden. Volksbegehrer Rudolf Fußi will die Causa gerichtsanhängig machen und per Sachverhaltsdarstellung mit den jüngsten Entwicklungen die Gerichte befassen.
Regierung eingekauft
"Wenn da indirekt behauptet wird, dass die halbe Bundesregierung eingekauft ist, wäre es das wert, noch einen Untersuchungsausschuss zu initiieren. Das kann ja auch ein Schnellverfahren sein", so Kogler. Die vermutete "größte Schiebung der Republik" müsse auf alle Fälle aufgeklärt werden.
RH blockiert
"Völlig unglaubwürdig" ist für Kogler der Ruf von Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) nach Kontrolle durch den Rechnungshof (RH): Das Verteidigungsministerium selbst habe die Veröffentlichung der bisher vorliegenden Prüfung durch den RH habe das Verteidigungsministerium blockiert, indem es die ihm zur Verfügung stehenden Fristen für eine Stellungnahme voll ausgenützt habe. Schleunigst offen gelegt werden sollte nach Ansicht Koglers auch der Stand der laufenden Vertragsverhandlungen für den Eurofighter-Ankauf.
Sachverhaltsdarstellung
Fußi wiederum kündigte an, eine Sachverhaltsdarstellung einbringen zu wollen. Als Zeugen will er neben Haider und Scheibner den früheren FPÖ-Geschäftsführer Gernot Rumpold und dessen Frau, Haider-Pressesprecher Karl-Heinz Petritz, Haiders persönlichen Referenten Franz Koloini, Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer "sowie weitere Politiker der ÖVP" geladen sehen.
Wie Uganda
Begründen will Fußi diese Sachverhaltsdarstellung einerseits mit einem Zitat Rumpolds ("Format" vom 13. September), "das ist ja wie in Uganda. Wenn man in Österreich nicht mit dem Geldkoffer auftaucht, dann klappt gar nichts". Andererseits sollen die Ausführungen Haiders durchleuchtet werden. Beweise für Unregelmäßigkeiten habe er keine, sagte Fußi aber auf entsprechende Frage. Fußi berichtete auch, ein Flugzeugkonzern habe ihm "nützliche Aufwendungen" für den Fall in Aussicht gestellt, dass er seinen Widerstand gegen den Abfangjäger-Deal aufgebe. "Wenn das sogar mir angeboten wird, der nichts zu sagen hat", dann sei es nachvollziehbar, wenn es an Regierungsmitglieder ähnliche Offerte gegeben haben könnte.


16.09.2002
Gusenbauer an Haider: Will Klarheit über Eurofighter-Deal
SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer forderte Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ) heute auf, all das, was dieser "über vermeintliche Unregelmäßigkeiten" im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Kauf wisse, "klar und offen auf den Tisch" zu legen. Das würde der Transparenz gut tun, sagte Gusenbauer am Rand einer Pressekonferenz zum Thema Jugendarbeitslosigkeit.
Der Hinweis Haiders auf Lobbys und mögliche wirtschaftliche Verflechtungen rund um das Regierungsteam sei jedenfalls "sonderbar".
Haider: Lobbyismus in der Abfangjäger-Frage
Am Samstag hieß es in jener Aussendung, in der Haider seine Absage für den FPÖ-Vorsitz bekannt gab, wörtlich:
"Da in den letzten Tagen für mich klar wurde, dass die wirtschaftlichen Interessen mit der Abfangjägeranschaffung die FPÖ in ihrer politischen Handlungsfähigkeit offenkundig lähmt und eine Rückkehr zu der von mir vertretenen Linie, wonach eine Steuersenkung für die Arbeitnehmer und Gewerbebetriebe Vorrang vor allem anderen haben müsse, um die Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft zu beleben, ziehe ich die Konsequenzen und verzichte auf eine Kandidatur beim kommenden Bundesparteitag.
Die bisherigen Regierungsmitglieder und die sie umgebenden Lobbys und Interessengruppen haben nun die Möglichkeit, ihre Linie in der Gesamt-FPÖ durchzusetzen und einen für die ÖVP maßgeschneiderten Koalitionspartner darzustellen. Über Hintergründe und Details dieser Erklärung wird in absehbarer Zeit ausführlich zu diskutieren sein."
Gusenbauer: "Haider drückt sich"
Was die Entscheidung Haiders betrifft, doch nicht als Parteichef zur Verfügung zu stehen, warf Gusenbauer dem "einfachen Parteimitglied" vor, sich vor der Verantwortung drücken zu wollen. Alle Wahlversprechen der FPÖ seien gebrochen worden - man stehe vor einer Rekordarbeitslosigkeit, der höchsten Steuer- und Abgabenquote, vom Nulldefizit sei man weit entfernt. Haider stehe damit "vor dem Scherbenhaufen der freiheitlichen Regierungspolitik" und sehe offenbar kaum eine Chance, sich in der Wahlauseinandersetzung positiv darzustellen.
In Richtung ÖVP betonte Gusenbauer, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) bereits eine Fortsetzung der blau-schwarzen Koalition in Aussicht gestellt habe. Wer also die ÖVP wähle, stimme auch für eine Koalition mit den Freiheitlichen - "Wer Schüssel wählt, kriegt Haider gleich dazu", so der SPÖ-Chef.


16.09.2002
"Muss der Gewalt weichen"
Auch Wiederkandidatur 2004 in Kärnten offen.
Der wochenlange Machtkampf bei den Freiheitlichen ist um eine neue Facette reicher. FPÖ-Altchef Jörg Haider begründet seinen überraschenden Rückzug mit einer "massiven Drohung" wegen des Abfangjäger-Deals.
"Will mich und Familie schützen"
"Ich muss der Gewalt weichen. Auch in Österreich wird unwahrscheinlicher Druck gemacht, um dieses Geschäft zu machen", sagte der Kärntner Landeshauptmann am Montag in Klagenfurt in einem ORF-Interview. "Ich will mich und meine Familie nicht gefährden."
"Drohung am Freitag in Klagenfurt"
Haider schilderte einen Zwischenfall, der sich Freitagabend in Klagenfurt abgespielt habe. Vor einem Restaurant sei jemand auf ihn zugegangen und habe gesagt: "Herr Doktor Haider, behindern sie den Kauf der Abfangjäger nicht und passen sie auf ihre Familie auf."
Er sei "schockiert" gewesen, sagte der 52-Jährige. Den Mann, der keinen Kärntner Dialekt gesprochen habe, habe er vorher noch nie gesehen, aber: "Ich habe ihn mir genau gemerkt", so Haider.
Staatsanwalt: Keine Anzeige
Wer hinter der Drohung steckt, wisse er nicht. Eine Anzeige habe es in dieser Causa bisher aber noch nicht gegeben, teilt die Sicherheitsdirektion für Kärnten mit.
"Noch nie so direkt bedroht"
Er sei noch nie "so direkt" bedroht worden und glaube nicht an Zufälligkeiten, sagte Haider. "Daher bin ich nicht bereit, ein Risiko einzugehen, wenn in Österreich solche Methoden einreißen."
Haider zieht Fortuyn-Parallele
Er sei nicht bereit, "meine Familie in irgendeiner Weise zu gefährden und habe mich daher aus dem Rennen genommen", so Haider.
Vor einigen Wochen habe ihn ein niederländischer Journalist auf den "größten Fehler" des ermordeten Populisten Pim Fortuyn aufmerksam gemacht - "dass er in seinem Programm die Forderung erhoben hat, dass es zu Luft und zu Lande keine militärische Nachrüstung mehr geben sollte, sondern nur mehr in der Marine."
Appell an FPÖ: Nein zum Deal
Die FPÖ, aber auch die Politik insgesamt müsse sich die Frage stellen, ob sie beim Abfangjäger-Geschäft mitmachen will, wenn solche Methoden einreißen, regte der Landeshauptmann an.
"FPÖ-Minister als Chef oder ein Neuer"
Auf die Frage, wer neuer FPÖ-Obmann werden solle, sagte Haider: "Entweder einer der Minister (Herbert) Scheibner, (Herbert) Haupt, (Mathias) Reichhold und (Dieter) Böhmdorfer oder ein Neuer."
Schuldzuweisung an Schüssel und Grasser
Nicht er bzw. die FPÖ, sondern Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) haben laut Haider den Koalitionsvertrag gebrochen: "Er wollte die Steuerreform nicht, sagt aber im Wahlkampf, dass sie zu machen sei."
Auch Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) wisse, dass er an der Entwicklung "nicht ganz unbeteiligt" sei. Er hätte nur sagen müssen, "die Steuerreform geht": "Aber er ist auf Schüssel hineingefallen."
"Vorderhand" weiter Landeshauptmann
Zu seiner politischen Zukunft sagte Haider, er werde "vorderhand in Kärnten weiter arbeiten und sich bemühen, die vielen Projekte, die wir auf Schiene haben, umzusetzen". Eine Kandidatur bei der Landtagswahl 2004 sei jedoch daraus nicht abzuleiten. Haider wörtlich: "Es ist möglich, dass ich dann nur noch Privatmann sein werde." - mehr dazu in kaernten.ORF.at.
Absage am Samstag
Haider hatte am Samstag überraschend seine Zusagen zurückgenommen, nach dem Rücktritt von FPÖ-Obfrau Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer beim FPÖ-Sonderparteitag die Parteiführung wieder zu übernehmen. In einer schriftlichen Erklärung hieß es unter anderem:
"Da in den letzten Tagen für mich klar wurde, dass die wirtschaftlichen Interessen mit der Abfangjäger-Anschaffung die FPÖ in ihrer politischen Handlungsfähigkeit offenkundig lähmt (...), ziehe ich die Konsequenzen und verzichte auf eine Kandidatur beim kommenden Bundesparteitag. Die bisherigen Regierungsmitglieder und die sie umgebenden Lobbys und Interessengruppen haben nun die Möglichkeit, ihre Linie in der Gesamt-FPÖ durchzusetzen und einen für die ÖVP maßgeschneiderten Koalitionspartner darzustellen. Über Hintergründe und Details dieser Erklärung wird in absehbarer Zeit ausführlich zu diskutieren sein."
Parteispitze tagt
Auch Riess-Passer lehnt es am Wochenende ab, an die FPÖ-Spitze zurückzukehren. Andere Favoriten winkten ebenfalls ab. Der FPÖ-Vorstand tagt Montagabend.
"Nicht aus der Partei weg"
Haider will am FPÖ-Parteitag am Samstag in Oberwart seinen Rückzug nicht selbst erklären: "Das wird nicht notwendig sein. Wer zu mir steht, wird meinen Schritt verstehen. Ich bin ja nicht aus der FPÖ weg."
Wahlkampf-Teilnahme offen
Bei der vorgezogenen Nationalratswahl sieht Haider für die FPÖ "gute Chancen, ihre Vitalität zu beweisen, wenn entsprechende personelle Weichen gestellt werden". Ob er in den Wahlkampf eingreifen werde, wollte er nicht sagen.
Neuauflage von Schwarz-Blau?
Auf die Frage, ob er eine Neuauflage der FPÖ-ÖVP-Koalition präferiere, sagte Haider: "Ich wünsche mir eine starke Einbindung der FPÖ in die Entscheidungen dieser Republik. Der Wähler hat es in der Hand, der FPÖ entsprechende Stärke zu geben."
"Dinge bewegen auch in Opposition"
Wichtig sei jedoch, dass weiterhin "Dinge bewegt" werden. Dies könnte auch als Opposition geschehen, meinte der Landeshauptmann. Eine Fortsetzung der "Wenderegierung" könnte es aber nur mit Schwarz-Blau geben.


16.09.2002
Abfangjäger: Ruf nach Gerichten und U-Ausschuss
Grüne wollen Ausschuss vor Wahl, SPÖ für Untersuchung nach dem Urnengang - Fußi: "Schüsselgate"
Auch die SPÖ bekräftigte am Montag die Forderung nach einem Beschaffungsstopp bei den Abfangjägern. "Nach den Korruptionsvorwürfen von Landeshauptmann (Jörg) Haider gegen Noch-Regierungsmitglieder der FPÖ fordere ich einen definitiven Stopp aller Beschaffungsaktivitäten hinsichtlich des Ankaufes von Kampfflugzeugen", so Rechnungshofsprecher Günter Kräuter in einer Aussendung. Er tritt so wie der Grün-Abgeordneter Werner Kogler auch für einen Untersuchungsausschuss ein, will diesen aber erst nach der Wahl einsetzen. Den Vorstoß von Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F), der eine Rechnungshofprüfung der gesamten Beschaffung fordert, hält Kräuter für unausgegoren. Grundsätzlich stelle sich die Frage, ob die "gegenseitigen Vorwürfe innerhalb der blau-schwarzen Chaos-Regierung" sowie des "EADS-Lobbyisten und ehemaligen Geschäftsführers der FPÖ", Gernot Rumpold, der gegenüber der Öffentlichkeit feststellte, dass "wenn man in Österreich nicht mit einem Geldkoffer auftauche, gar nichts klappe", durch die Staatsanwaltschaft zu überprüfen seien.
Einen Untersuchungsausschuss will Kräuter nach der Wahl einsetzen. "Bis zu diesem Zeitpunkt sind aber sämtliche von Haiders Korruptionsverdacht betroffenen Minister aufgefordert, auf diese Vorwürfe zu reagieren und klarzulegen, worin ihre 'wirtschaftlichen Interessen' beim Ankauf der Kampfflugzeuge liegen."
Kogler hingegen beharrte am Montag auf einem U-Ausschuss noch vor der Wahl. "Die SteuerzahlerInnen und WählerInnen haben ein Recht darauf, rechtzeitig Bescheid zu wissen, was hier läuft", so der Abgeordnete in einer Aussendung. Der parlamentarische Fahrplan und die Geschäftsordnung würden die Einsetzung eines U-Ausschusses noch vor der Wahl zulassen. Ein erster Zwischenbericht sei noch vor der Wahl vorzulegen. Scheibners Vorstoß bezeichnete er als "Flucht nach vorne".
Volksbegehrer Rudolf Fußi wiederum forderte als Konsequenz aus dem "Schüsselgate" eine sofortige Offenlegung der aller Parteifinanzen: "Wenn die Politik in diesem Land noch einen Funken Anstand hat, muss sie sofort die Parteifinanzen offenlegen!" Er bekräftigte zudem, dass selbst ihm, "einem unbedeutenden Wurschtl", "nützliche Aufwendungen" angeboten worden seien. "Was kassieren dann die Entscheidungsträger", fragte er. Gekommen sei das Angebot nicht vom Eurofighter-Anbieter EADS und auch nicht von einem anderen der drei zuletzt im Rennen gewesenen Anbieter.


16.09.2002
Bestechungsaffäre: Staatsanwaltschaft Wien möchte Ermittlungen einstellen
Kärntner SP will Anzeige gegen Unbekannt erstatten
Die Staatsanwaltschaft Wien möchte auf Grund einer anonymen Anzeige aus dem Juli aufgenommenen Ermittlungen in Sachen Eurofighter-Entscheidung einstellen, berichtet die "Presse". Die Kärntner SPÖ fordert eine lückenlose Aufklärung über Gerüchte eines Bestechungsskandals im Zusammenhang mit dem geplanten Ankauf der Eurofighter. "Wenn es sein muss, ist die SPÖ auch bereit, eine Anzeige gegen Unbekannt einzubringen", sagte Ambrozy nach dem Parteivorstand in Klagenfurt. Laut "Presse" hat der Leiter der Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft Wien, Erich Müller, seinen Vorhabensbericht in Sachen Abfangjäger fertig gestellt, der nun im Justizministerium liege. Aus Sicht des Staatsanwalts liege kein strafbarer Tatbestand vor. Auch die Oberstaatsanwaltschaft habe sich dieser Auffassung angeschlossen. Im Ministerium ist aber noch keine Entscheidung gefallen, wie der zuständige Sektionschef Werner Pürstl der "Presse" am Montag bestätigte.
Schwere Vorwürfe gegen FPÖ
In der Anzeige vom 22. Juli wurde Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F), Peter Westenthaler, Gernot Rumpold und dessen Gattin, Magna-Chef Siegfried Wolf, sowie namentlich nicht genannten Vertretern des Eurofighter-Herstellers EADS und Mitgliedern der Bewertungskommission des Bundesheeres Amtsmissbrauchs, Anstiftung zum Amtsmissbrauch, Untreue und schwerer Betrug vorgeworfen. Konkret heißt es, der Eurofighter sei zum Zug gekommen, obwohl die Bewertungskommission Saab mit dem Gripen als Bestbieter bezeichnet habe.
Die Kärntner SPÖ bezog sich auf die jüngsten Aussagen. "Schüssel und Haider haben von sich aus das Gerücht in die Welt gesetzt, dass es in Zusammenhang mit dem Abfangjägerankauf Korruption und Parteienfinanzierung geben könnte", meinte er. Daher sei jetzt "vollständige Aufklärung gefragt und alle sollen das, was sie wissen, öffentlich auf den Tisch legen, damit diese Angelegenheit nicht im Graubereich stecken bleibt, wie vieles andere in der Republik, etwa die Spitzelaffäre."
Er habe sich gewundert, dass Schüssel selbst diese Gerüchte zum Anlass genommen habe, um das Aussetzen des Ankaufs der Abfangjäger zu begründen, erklärte Ambrozy auf Nachfrage. Haider wiederum habe Andeutungen in diese Richtung in seiner Erklärung über den Rückzug von der Parteispitze gemacht. "Daher sollen beide jetzt dafür sorgen, dass es eine lückenlose Aufklärung gibt", betonte Ambrozy.


16.09.2002
Haider: Drohungen schuld am Rückzug
Zusammenhang mit Abfangjägerkauf - Vergleich mit Fortuyn
Um Stunden verschobene Parteisitzungen und die verzweifelte Suche nach einem Obmann: In der FPÖ regierte Montag das Chaos. Mitten in die Sitzungen hinein meldete sich Jörg Haider nach zwei Tagen auf Tauchstation via ORF-Kärnten zu Wort: Bedrohungen seien schuld am Rückzug vom Comeback. Haider: "Als ich Freitag ein Lokal betreten wollte, ist jemand, den ich noch nie gesehen habe, auf mich zugegangen, und hat mir gesagt, Herr Haider, behindern Sie den Kauf der Abfangjäger nicht und passen Sie gut auf Ihre Familie auf." Das habe ihn zum Rückzug bewogen: "Aus den Umständen hat sich bei mir die Meinung verfestigt, dass hier nicht mit normalen Karten gespielt wird. Ich bin nicht bereit, meine Familie zu gefährden. Deshalb habe ich mich aus dem Rennen genommen. Umso mehr, als mir ein holländischer Journalist erzählte, dass Pim Fortuyn die Forderung erhoben hatte, dass es keine militärische Nachrüstung geben sollte. Das war offenbar sein Todesurteil."
Die verbliebenen Parteispitzen bemühten sich indes in Wien, für den Parteitag am Wochenende Obmann und Antrag zustande zu bringen. Diesmal wurde der Rückzug Jörg Haiders als länger dauernd betrachtet. "Ich rechne nicht mehr mit seiner Rückkehr an die Parteispitze", tönte etwa Vorarlbergs FPÖ-Chef Hubert Gorbach. Daher hoffe er: "Haider würde gut daran tun, seine Zurufe auf Kärnten zu reduzieren."
Haiders größter innerparteilicher Fanclub, die Kärntner FPÖ, legte sich auf einen Wunschkandidaten fest: Herbert Scheibner - oder ein anderes Regierungsmitglied. Recht viele gibt es da nicht mehr. Noch-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer ließ Montag neuerlich ausrichten, dass ein Rückzug vom Rückzug "ausgeschlossen" sei. Noch-Finanzminister Karl-Heinz Grasser wurde zwar von Gorbach als Parteichef ins Spiel gebracht, hat aber weder viele Freunde in der FPÖ, noch Lust aufs Amt. Damit gebe es noch Sozialminister Herbert Haupt und den (parteifreien) Justizminister Dieter Böhmdorfer - oder eben Scheibner. Der seit dem Rücktritt Riess-Passers interimistische Parteichef hat zwar schon mehrmals abgewunken, ob dieses "Nein" allerdings endgültig ist, schien am Montag mehr als fraglich.
So chaotisch war die Lage, dass auch Außenseiterkandidaten kolportiert wurden - etwa Norbert Gugerbauer. Dieser hatte sich vor Jahren aus der Politik zurückgezogen, aber zuletzt in der FPÖ Oberösterreich mitgemischt. Auch Kriemhild Trattnig tauchte aus der Versenkung auf. Die Kärntnerin hatte sich wegen Differenzen mit der "Buberlpartie" 1992 verabschiedet - und meldete sich Montag mit der Aufforderung an Haider, auch als Landeshauptmann zurückzutreten: "Ich habe den Eindruck, dass er nicht mehr will oder nicht mehr kann."


16.09.2002
Nach Haider-Vorwürfen: Abfangjäger-Ausschuss?
Wie politische Gegner, klagt der Interimsobmann der FPÖ, Herbert Scheibner, verhalte sich Jörg Haider bei seinem Abgang. Tatsächlich hat der Kärntner Landeshauptmann seiner Partei einen Bärendienst erwiesen. Als Grund für seinen Verzicht auf die Kandidatur als FP-Obmann hatte Haider in seiner schriftlichen Erklärung angeführt: „In den letzten Tagen wurde mir klar, dass die wirtschaftlichen Interessen mit der Abfangjägeranschaffung die FPÖ in ihrer politischen Handlungsfähigkeit offenkundig lähmt. “ Haider sprach von „Lobbys“ rund um die „bisherigen Regierungsmitglieder“ und deutete dunkel an, dass „über Hintergründe und Details“ in absehbarer Zeit „ausführlich zu diskutieren“ sei. Dieser Aufforderung kam die Opposition gestern gern nach. SP-Chef Alfred Gusenbauer forderte Haider auf, sein „Abfangjäger-Wissen“ preiszugeben. Er solle „vermeintliche Unregelmäßigkeiten beim Abfangjäger-Kauf klar und deutlich auf den Tisch legen“.
Untersuchungsausschuss gefordert
SPÖ und Grüne fordern die umgehende Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Die Gegenoffensive von Verteidigungsminister Herbert Scheibner, der auf Haiders Vorwürfe hin den Rechnungshof bemühen will, hält die Opposition für nicht zielführend. Der grüne Rechnungshofsprecher Werner Kogler: „In Verdacht geratene Minister sollen noch vor der Wahl unter Wahrheitspflicht im Parlament aussagen müssen.“ SP-Abgeordneter Günther Kräuter verweist darauf, dass der Rechnungshof ohnehin eingeschaltet ist. Aber: „Zielführend wäre ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss.“ Bis dieser installiert sei, seien „alle Beschaffungsaktivitäten“ beim Abfangjägerkauf „sofort zu stoppen“. Kräuter: „Sämtliche von Haiders Korruptionsverdacht betroffenen Minister sind aufgefordert, klarzulegen, worin ihre wirtschaftlichen Interessen beim Abfangjägerkauf bestehen.“
EADS-Geld für FP-nahen Verein?
Der Initiator des Anti-Abfangjäger-Volksbegehrens, Rudolf Fussi, behauptet, Eurofighter-Produzent EADS habe dem FP-nahen Verein „Österreicher in Not“ Inserate zur Verfügung gestellt. Mit diesem Verein wirbt die FPÖ auf ihrer Homepage um Hochwasser-Spenden. Fussis Vorwurf konnte man in einer P.-R.-Agentur, die für EADS arbeitet, nicht ausschließen. EADS hat nach dem Hochwasser die Eurofighter-Werbung gestoppt, um „Hilfsorganisationen zu unterstützen“. Eine endgültige Stellungnahme war gestern nicht zu erhalten. Fussi behauptet weiters, dass sogar ihm, „einem kleinen Würschtel“, wie er sagt, Wahlkampf-Millionen von einem Jet-Erzeuger geboten worden seien, damit er seinen „Widerstand“ aufgebe. Sein Volksbegehren haben 624.000 Österreicher unterschrieben.


16.09.2002
"Passen sie auf ihre Familie auf"
Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider begründet seinen am Samstag bekannt gegebenen Rückzug von der Rückkehr an die Spitze der FPÖ mit "massiven Drohung" im Zusammenhang mit dem Ankauf der Abfangjäger. "Ich muss der Gewalt weichen. Auch in Österreich wird unwahrscheinlicher Druck gemacht, um dieses Geschäft zu machen", sagte er in einem Montag am frühen Nachmittag in Klagenfurt aufgezeichneten ORF-Interview. "Ich will mich und meine Familie nicht gefährden."
"Passen sie auf ihre Familie auf"
Haider berichtete von einem Zwischenfall, der sich seiner Schildung nach Freitag am Abend in Klagenfurt abgespielt hatte. Vor einem Restaurant sei jemand auf ihn zugegangen und habe gesagt: "Herr Doktor Haider, behindern sie den Kauf der Abfangjäger nicht und passen sie auf ihre Familie auf." Er sei "schockiert" gewesen, sagte der Landeshauptmann. Den Mann, der keinen Kärntner Dialekt gesprochen hätte, habe er vorher noch nie gesehen, aber "ich habe ihn mir genau gemerkt". Wer hinter der Drohung steckt, wisse er nicht.
Noch nie "so direkt" bedroht
Haider sagte, er sei noch nie "so direkt" bedroht worden und glaube nicht an Zufälligkeiten. "Daher bin ich nicht bereit, ein Risiko einzugehen, wenn in Österreich solche Methoden einreißen", sagte er. Die FPÖ, aber auch die Politik insgesamt müsse sich die Frage stellen, ob sie bei diesem Geschäft (gemeint ist der Ankauf der Eurofighter, Anm.) mitmachen will, wenn solche Methoden einreißen.
Minister solle die Partei übernehmen
Auf die Frage, wer neuer Bundesparteiobmann werden solle, sagte Haider: "Entweder einer der Minister (Herbert) Scheibner, (Herbert) Haupt, (Mathias) Reichhold und (Dieter) Böhmdorfer oder ein Neuer." Er betonte, dass nicht er bzw. die FPÖ, sondern Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) den Koalitionsvertrag gebrochen habe. "Er (Schüssel, Anm.) wollte die Steuerreform nicht, sagt aber im Wahlkampf, dass sie zu machen sei." Auch Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F) wisse, dass er an der Entwicklung (gemeint FPÖ-Krise) "nicht ganz unbeteiligt" ist. Er hätte nur sagen müssen, "die Steuerreform geht": "Aber er ist auf Schüssel hineingefallen."
Beteiligung am Wahlkampf offen
Bei der kommenden Nationalratswahl sieht der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider für die FPÖ "gute Chancen, ihre Vitalität zu beweisen, wenn entsprechende personelle Weichen gestellt werden". Ob er in den Wahlkampf eingreifen werde, konnte er am Montag im ORF-Interview nicht sagen.
"Wähler hat es in der Hand, der FPÖ entsprechende Stärke zu geben"
Auf die Frage, ob er eine Neuauflage der FP-VP-Koalition präferiere, sagte Haider: "Ich wünsche mir eine starke Einbindung der FPÖ in die Entscheidungen dieser Republik. Der Wähler hat es in der Hand, der FPÖ entsprechende Stärke zu geben". Wichtig sei jedoch, dass weiterhin "Dinge bewegt" werden. Dies könnte auch als Opposition geschehen, meinte der Landeshauptmann. Eine Fortsetzung der "Wenderegierung" könnte es aber nur mit Schwarz-Blau geben.
"Vorderhand" weiter Landeshauptmann, Wiederkandidatur offen
Zu seiner politischen Zukunft sagte Haider, er werde "vorderhand in Kärnten weiter arbeiten und sich bemühen, die vielen Projekte, die wir auf Schiene haben, umzusetzen". Eine Kandidatur bei der Landtagswahl 2004 sei jedoch daraus nicht abzuleiten. Haider wörtlich: "Es ist möglich, dass ich dann nur noch Privatmann sein werde."
Auch Rückzug auf europäischer Ebene
Auf europäischer Ebene werde er nicht mehr aktiv werden, sagte der Landeshauptmann weiters: "Das ist mit diesem Schritt (gemeint Rückzug vom Bundesparteiobmann) zwangsläufig verbunden." Denn er sei ja zur "Gallionsfigur im rechtsdemokratischen Lager hochstilisiert" worden.
"Wer zu mir steht, wird meinen Schritt verstehen"
Auf die Frage, ob er in der jüngsten Vergangenheit selbst Fehler gemacht habe, sagte Haider: "Ich hatte fälschlich geglaubt, in der Diskussion um die Steuerreform noch etwas ändern zu können und die Partei von einer falschen Entscheidung wegzubringen." Aber es sei nie ernstlich darüber diskutiert worden, trotz Hochwasserkatastrophe einen Kompromiss für eine Steuerreform zu finden. Am Bundesparteitag am kommenden Samstag in Oberwart wird Haider nicht vertreten sein, um den Rückzug selbst zu erklären. "Das wird nicht notwendig sein", sagte er. "Wer zu mir steht, wird meinen Schritt verstehen. Ich bin ja nicht aus der FPÖ weg."


16.09.2002
Nach Haider-Vorwürfen: Abfangjäger-Ausschuss?
Wie politische Gegner, klagt der Interimsobmann der FPÖ, Herbert Scheibner, verhalte sich Jörg Haider bei seinem Abgang. Tatsächlich hat der Kärntner Landeshauptmann seiner Partei einen Bärendienst erwiesen. Als Grund für seinen Verzicht auf die Kandidatur als FP-Obmann hatte Haider in seiner schriftlichen Erklärung angeführt: „In den letzten Tagen wurde mir klar, dass die wirtschaftlichen Interessen mit der Abfangjägeranschaffung die FPÖ in ihrer politischen Handlungsfähigkeit offenkundig lähmt. “ Haider sprach von „Lobbys“ rund um die „bisherigen Regierungsmitglieder“ und deutete dunkel an, dass „über Hintergründe und Details“ in absehbarer Zeit „ausführlich zu diskutieren“ sei. Dieser Aufforderung kam die Opposition gestern gern nach. SP-Chef Alfred Gusenbauer forderte Haider auf, sein „Abfangjäger-Wissen“ preiszugeben. Er solle „vermeintliche Unregelmäßigkeiten beim Abfangjäger-Kauf klar und deutlich auf den Tisch legen“.
Untersuchungsausschuss gefordert
SPÖ und Grüne fordern die umgehende Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Die Gegenoffensive von Verteidigungsminister Herbert Scheibner, der auf Haiders Vorwürfe hin den Rechnungshof bemühen will, hält die Opposition für nicht zielführend. Der grüne Rechnungshofsprecher Werner Kogler: „In Verdacht geratene Minister sollen noch vor der Wahl unter Wahrheitspflicht im Parlament aussagen müssen.“ SP-Abgeordneter Günther Kräuter verweist darauf, dass der Rechnungshof ohnehin eingeschaltet ist. Aber: „Zielführend wäre ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss.“ Bis dieser installiert sei, seien „alle Beschaffungsaktivitäten“ beim Abfangjägerkauf „sofort zu stoppen“. Kräuter: „Sämtliche von Haiders Korruptionsverdacht betroffenen Minister sind aufgefordert, klarzulegen, worin ihre wirtschaftlichen Interessen beim Abfangjägerkauf bestehen.“
EADS-Geld für FP-nahen Verein?
Der Initiator des Anti-Abfangjäger-Volksbegehrens, Rudolf Fussi, behauptet, Eurofighter-Produzent EADS habe dem FP-nahen Verein „Österreicher in Not“ Inserate zur Verfügung gestellt. Mit diesem Verein wirbt die FPÖ auf ihrer Homepage um Hochwasser-Spenden. Fussis Vorwurf konnte man in einer P.-R.-Agentur, die für EADS arbeitet, nicht ausschließen. EADS hat nach dem Hochwasser die Eurofighter-Werbung gestoppt, um „Hilfsorganisationen zu unterstützen“. Eine endgültige Stellungnahme war gestern nicht zu erhalten. Fussi behauptet weiters, dass sogar ihm, „einem kleinen Würschtel“, wie er sagt, Wahlkampf-Millionen von einem Jet-Erzeuger geboten worden seien, damit er seinen „Widerstand“ aufgebe. Sein Volksbegehren haben 624.000 Österreicher unterschrieben.


16.09.2002
Rüstung und Korruption - Für Spekulationen und Vorwürfe immer gut
Jörg Haiders Hinweis auf "wirtschaftliche Interessen" seiner Partei im Zusammenhang mit der Abfangjäger-Beschaffung, die in absehbarer Zeit noch zu diskutieren sein würden, öffnet wieder einmal Tür und Tor für Korruptions- und Schmiergeldspekulationen im Zusammenhang mit Waffengeschäften. Neu sind derartige Vorwürfe auch in Österreich nicht. Sehr wohl neu ist allerdings, dass Mitglieder der eigenen Partei Gegenstand von Mutmaßungen sind.
Abhörprotokoll
Konsequenzen haben Skandale im Dunstkreis der Waffenlobbys in Österreich bisher selten gehabt. Nur der damalige ÖVP-Wehrsprecher Hermann Kraft musste am 25. Jänner 1995 das Feld räumen: An diesem Tag hat die Info-Illustrierte "News" das Abhörprotokoll eines Gesprächs veröffentlicht, das Kraft ein Jahr zuvor in den Couloirs des Parlaments mit dem damaligen SPÖ-Bundesgeschäftsführer Peter Marizzi geführt hatte. Thema waren Provisionszahlungen für die Beschaffungen von Transportflugzeugen und Hubschraubern für das Heer - Geschäfte, die damals freilich nicht zu Stande gekommen sind.
Kraft trat noch am Tag der Veröffentlichung zurück und betonte, er habe "auf eigene Faust gehandelt". Marizzi ging wenige Tage später als Bundesgeschäftsführer. Sein Mandat behielt er entgegen einer ersten Ankündigung aber bis zur Wahl 1999. Nach einem Zwischenspiel im Bundesrat ist er nun seit Jänner 2002 wieder im Nationalrat vertreten.
Ebenfalls im Zuge dieser Affäre aufgetaucht ist der Name Alfons Mensdorff-Pouilly. Kraft hatte den Mann von ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat auf die Frage Marizzis genannt, wie eine Provisionszahlung denn abgewickelt werden könne. Mensdorff wurde später vom Vorwurf der verbotenen Intervention freigesprochen. In einer Aussendung bestätigte er im Jänner 1995 lediglich, "in beratender Funktion" für die "British Aerospace" tätig gewesen zu sein.
Oerlikon
Ohne Folgen geblieben ist hingegen die Oerlikon-Munitionsaffäre Ende der achtziger Jahre, in deren Mittelpunkt der damalige ÖVP-Verteidigungsminister Robert Lichal gestanden war und die ebenfalls Anlass für Spekulationen um Parteienfinanzierung geboten hatte. Lichal wurde vorgeworfen, 1987 ungeachtet eines um 20 Millionen Schilling billigeren Angebotes einer französischen Firma bei der Schweizer Firma Oerlikon Bundesheer-Munition eingekauft zu haben.
Lichal wies die Vorwürfe stets zurück und rechtfertigte seine Vorgangsweise damit, dass Oerlikon der einzige Anbieter gewesen sei, der die Ausschreibungsbedingungen erfüllt habe. Vorerhebungen gegen den Minister wurden im Dezember 1990 eingestellt.
Waffenhändler Schreiber
Immer wieder Gegenstand von Spekulationen sind auch Kalender-Einträge des deutschen Waffenhändlers Karlheinz Schreiber, die den nunmehrigen österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zum Inhalt haben. Hintergrund ist die Beschaffung eines Radarsystems: Schüssel hatte 1994 als Wirtschaftsminister dem französischen Anbieter Thomson ermöglicht, sein Offert nachträglich zu verbessern und damit - obwohl ursprünglich von einer Kommission nur zweitgereiht - den Zuschlag für das 1,3-Milliarden-Geschäft zu erhalten.
Schreiber soll im Vorfeld entsprechende Kontakte vermittelt haben. Aus den Reihen der ÖVP wurden die Vorwürfe freilich stets zurück gewiesen. Und auch Schreiber selbst sagt: "Ich kenne Schüssel nicht. Ich würde ihn nicht einmal im Fernsehen erkennen." Zu den Kalender-Einträgen meinte er in einem Interview: "Ich lasse mir von niemanden vorschreiben, wann ich was zu sagen habe."
Geheimhaltung fördert Schiebung
Rüstungsgeschäfte bieten sich für Schmiergeld-Spekulationen geradezu an. Laurence Cockroft, der Vorsitzende der britischen Sektion der Anti-Korruptions-Organisation "Transparency International", nannte dafür im Juli in der Fachzeitschrift "Jane's Defence Weekly" mehrere Gründe: Die mit den Interessen der nationalen Sicherheit begründete Geheimhaltung, den großen Umfang der Geschäfte und die Komplexität der Spezifikationen, die es leicht machten, Schmiergelder zu verbergen sowie die Tatsache, dass Politiker und Spitzenbeamte nach ihrem Ausscheiden oft bei Rüstungskonzernen anheuern.
Der Grün-Abgeordnete Peter Pilz, der immer wieder als Aufdecker auftritt, nannte am Montag die Kompensationsgeschäfte als weiteren Bereich, der Provisionszahlungen begünstige. "Da gibt es jede Menge von Parallelgeschäften. Die haben auch den Sinn, weitere Zahlungen zu ermöglichen."
Schmiergeldzahlungen aufzudecken sei aber schwierig, räumte Pilz ein. "Das geht nur über Zeugen und über Insider. Die Leute haben ja selbst ein Interesse, dass niemand etwas erfährt. Wer auspackt, muss automatisch mit Gefängnsi rechnen."
Anfällig für Skandale seien neben dem Rüstungsbereich auch öffentliche Aufträge an die Bauwirtschaft, so Pilz weiter: "Das sind auch die beiden einzigen Bereiche, wo immer wieder etwas gekauft wird, das man nicht braucht."


16.09.2002
Eurofighter-Gegner durch Haiders Aussagen motiviert
Die jüngsten Aussagen Jörg Haiders über "wirtschaftliche Interessen" im Zusammenhang mit der Abfangjäger-Beschaffung haben nun weitere Gegner des Rüstungsprojekts auf den Plan gerufen. Der Grün-Abgeordnete Werner Kogler forderte am Sonntag, dass noch in der laufenden Legislaturperiode ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden solle. Nur so könnten die Vorwürfe unter Wahrheitspflicht aufgeklärt werden. Volksbegehrer Rudolf Fußi will die Causa gerichtsanhängig machen und per Sachverhaltsdarstellung mit den jüngsten Entwicklungen die Gerichte befassen.
Regierung eingekauft
"Wenn da indirekt behauptet wird, dass die halbe Bundesregierung eingekauft ist, wäre es das wert, noch einen Untersuchungsausschuss zu initiieren. Das kann ja auch ein Schnellverfahren sein", so Kogler. Die vermutete "größte Schiebung der Republik" müsse auf alle Fälle aufgeklärt werden.
RH blockiert
"Völlig unglaubwürdig" ist für Kogler der Ruf von Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) nach Kontrolle durch den Rechnungshof (RH): Das Verteidigungsministerium selbst habe die Veröffentlichung der bisher vorliegenden Prüfung durch den RH habe das Verteidigungsministerium blockiert, indem es die ihm zur Verfügung stehenden Fristen für eine Stellungnahme voll ausgenützt habe. Schleunigst offen gelegt werden sollte nach Ansicht Koglers auch der Stand der laufenden Vertragsverhandlungen für den Eurofighter-Ankauf.
Sachverhaltsdarstellung
Fußi wiederum kündigte an, eine Sachverhaltsdarstellung einbringen zu wollen. Als Zeugen will er neben Haider und Scheibner den früheren FPÖ-Geschäftsführer Gernot Rumpold und dessen Frau, Haider-Pressesprecher Karl-Heinz Petritz, Haiders persönlichen Referenten Franz Koloini, Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer "sowie weitere Politiker der ÖVP" geladen sehen.
Wie Uganda
Begründen will Fußi diese Sachverhaltsdarstellung einerseits mit einem Zitat Rumpolds ("Format" vom 13. September), "das ist ja wie in Uganda. Wenn man in Österreich nicht mit dem Geldkoffer auftaucht, dann klappt gar nichts". Andererseits sollen die Ausführungen Haiders durchleuchtet werden. Beweise für Unregelmäßigkeiten habe er keine, sagte Fußi aber auf entsprechende Frage. Fußi berichtete auch, ein Flugzeugkonzern habe ihm "nützliche Aufwendungen" für den Fall in Aussicht gestellt, dass er seinen Widerstand gegen den Abfangjäger-Deal aufgebe. "Wenn das sogar mir angeboten wird, der nichts zu sagen hat", dann sei es nachvollziehbar, wenn es an Regierungsmitglieder ähnliche Offerte gegeben haben könnte.


16.09.2002
Spitzelaffäre: Pilz hofft auf U-Ausschuss
Der Grün-Abgeordnete Peter Pilz geht davon aus, dass die Spitzelaffäre auch mit dem am Montag beginnenden Prozess gegen Josef Kleindienst und den früheren Wiener FPÖ-Landesparteisekretär Michael Kreißl nicht beendet ist. "Die Sache ist nicht erledigt. Früher oder später kriegen wir den Untersuchungsausschuss", so Pilz am Montag. Dass nun lediglich gegen Kreißl und Kleindienst verhandelt wird, ist für Pilz die "größte Justizfarce der Zweiten Republik". Er hoffe auf einen U-Ausschuss in der nächsten Legislaturperiode nach der Nationalratswahl.
"Die Glanzleistung des Justizministers und Parteianwalts"
"Das ist sicherlich die Glanzleistung des Justizministers und Parteianwalts, dass der Aufdecker und nicht die Tatverdächtigen vor Gericht stehen", so Pilz in Richtung Dieter Böhmdorfer. Eigentlich sollten auch die wichtigsten Staatsanwälte vor Gericht stehen, ergänzte er.
Genügend Material für einen U-Ausschuss
Er gehe davon aus, dass genügend Material für einen U-Ausschuss vorliege, so Pilz. "Wenn vom Justizminister bis zum einfachen Parteimitglied alle vor den U-Ausschuss müssen, können wir das Kapitel FPÖ endgültig abschreiben." Gute Zukunftsaussichten gibt er den Freiheitlichen aber schon jetzt nicht mehr. Er empfahl den Spitzenfunktionären, statt eines neuen Obmanns einen "Masseverwalter" zu bestellen.


16.09.2002
Jörg Haider bestätigt seinen Rückzug: "Ich muss der Gewalt weichen"
Jörg Haider bleibt bei seiner Entscheidung, nicht als FP-Obmannkandidat zur Verfügung zu stehen. Der Grund seien "massive Drohungen" wegen seiner jüngsten Anti-Abfangjägerlinie.
"Ich muss der Gewalt weichen", begründete Haider sein erstmaliges Beharren auf einer Rücktrittsankündigung. Auslöser soll die Begegnung mit einem Unbekannten Freitagabend vor einem Restaurant in Klagenfurt gewesen sein. Der Mann habe gemeint: "Herr Doktor Haider, behindern Sie den Kauf der Abfangjäger nicht und passen Sie auf Ihre Familie auf."
Im ORF meinte Haider gestern, er sei noch nie "so direkt" bedroht worden und glaube nicht an Zufälligkeiten. "Daher bin ich nicht bereit, ein Risiko einzugehen, wenn in Österreich solche Methoden einreißen." Die FP, aber auch die Politik insgesamt, müsse sich die Frage stellen, ob sie bei diesem Geschäft (Eurofighter-Kauf, Anm.) mitmachen wolle.
Am Samstag, also einen Tag nach dieser Drohung, hatte sich Haider über das FP-Regierungsteam und deren "Lobbys und Interessengruppen" beklagt, die nun an einer Linie arbeiten würden, um "für die VP einen maßgeschneiderten Koalitionspartner darzustellen" .
Verteidigungsminister Herbert Scheibner forderte Haider daraufhin auf, derartige Beschuldigungen zu unterlassen. Ebenfalls für Aufregung - und erste gerichtliche Klagen - haben bei Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer Gerüchte gesorgt, wonach sie und ihr Mann vom Eurofighter-Kauf indirekt profitieren würden. In ihrem Umfeld geht man davon aus, dass "diese bösartigen Unterstellungen aus den eigenen Parteireihen kommen".
Andererseits gibt es aus den FP-Regierungskreisen diskrete Hinweise auf den - geheimen - Briefwechsel zwischen Haider und dem Verteidigungsministerium, in denen sich Haider als glühender Verfechter des Abfangjägerkaufs und vor allem der Kompensationsgeschäfte erwiesen haben soll.
Parteitag ohne Haider
In der offenen Obmannfrage plädiert Haider entweder für einen der Minister Scheibner, Herbert Haupt, Mathias Reichhold und Dieter Böhmdorfer oder für einen "Neuen". Er selbst wolle bis 2004 "vorderhand in Kärnten weiterarbeiten". Offen sei, ob er in den Nationalswahlkampf eingreifen werde. Auf europäischer Ebene werde er nicht mehr aktiv werden. Und auch zum Bundesparteitag am Samstag in Oberwart will er nicht kommen: "Das wird nicht notwendig sein."


17.09.2002
Wirbel um Abfangjäger: Staatsanwaltschaft will Ermittlungen einstellen
Vorhabensbericht nach anonymer Anzeige mit Vorwürfen gegen Grasser, Westenthaler & Co. liegt im Justizministerium. Dort ist noch keine Entscheidung gefallen.
VON WERNER BENINGER

Mit seiner kryptischen Andeutung über wirtschaftliche Interessen der FPÖ rund um die Abfangjäger hat Jörg Haider für Wirbel gesorgt. SPÖ und Grüne forderten einen Beschaffungsstopp, einen Untersuchungsausschuß noch vor den Wahlen und eine Überprüfung des Falles durch Rechnungshof und Justiz.
Indes: Nach einer anonymen Anzeige vom 22. Juli, die offensichtlich von einem Insider des Deals verfaßt wurde, hat der Leiter der Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft Wien, Erich Müller, in der Causa bereits ermittelt. Sein Vorhabensbericht ist inzwischen im Justizministerium eingelangt. Darin kommt der Staatsanwalt zum Schluß, daß kein strafbarer Tatbestand vorliege und er daher die Einstellung des Verfahrens vorschlägt. Auch die Oberstaatsanwaltschaft hat sich Müllers Rechtsauffassung angeschlossen. Im Ministerium ist aber noch keine Entscheidung gefallen, wie der zuständige Sektionschef Werner Pürstl der "Presse" am Montag bestätigte.
Am 22. Juli dieses Jahres war per Fax eine anonyme Anzeige wegen Amtsmißbrauchs, Anstiftung zum Amtsmißbrauch, Untreue und schweren Betrugs bei der Staatsanwaltschaft Wien eingelangt. Namentlich nennt die Anzeige als Verdächtige: Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Peter Westenthaler, Gernot Rumpold und dessen Gattin, Magna-Chef Siegfried Wolf, sowie namentlich nicht genannte Vertreter des Eurofighter-Herstellers EADS und die Mitglieder der Bewertungskommission des Bundesheeres. Beigelegt ist dieser Anzeige, die der "Presse" vorliegt, ein ganzes Konvolut an internen Unterlagen des Heeres.
Die Vorwürfe, bei denen die Staatsanwaltschaft keinen strafbaren Tatbestand finden oder beweisen konnte, im Detail:
[*] Entgegen dem Endbericht der Bewertungskommission, der eindeutig Saab mit dem Gripen als Bestbieter bezeichnet, habe die Vergabeempfehlung auf den Eurofighter von EADS gelautet. Dieses Ergebnis sei in der entscheidenden Sitzung am 25. Juni um Mitternacht auch "von außen" diktiert worden.
[*] Zusätzlich hätten höchste Militärs ("Die Presse" berichtete) ebenfalls am 25. Juni schriftlich aus Kostengründen den Kauf des Gripen empfohlen.
[*] Insgesamt, also mit Preisdifferenz, Vorteilen aus einer Preisgleitklausel und niedrigeren Betriebskosten komme der Saab-Gripen um 640 Millionen Euro billiger als das EADS-Produkt.
[*] Auf Empfehlung Grassers habe EADS ausgerechnet eine Werbefirma von Gernot Rumpolds Gattin unter Vertrag genommen. Damit wollte EADS signalisieren, daß auch die FPÖ etwas davon habe, heißt es in der anonymen Anzeige.
[*] Das Vertragsvolumen mit Rumpolds Firma: drei Millionen Euro und bei Vertragsabschluß zehn Millionen Euro als Erfolgsprämie "zum Verteilen".
Nach ersten Berichten über die Vorgänge dementierten sämtliche Beteiligte die Vorwürfe. Auch die Staatsanwaltschaft konnte keinen strafbaren Tatbestand entdecken.


17.09.2002
Haider: "Familie wurde bedroht"
Massive Drohungen seien Ursache für seinen Rückzug, meint der Kärntner Ex-FP-Chef.
Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider begründet seinen am Samstag bekanntgegebenen Rückzug von der Rückkehr an die Spitze der FPÖ mit einer "massiven Drohung" im Zusammenhang mit dem Kauf der Abfangjäger. "Ich muß der Gewalt weichen. Auch in Österreich wird unwahrscheinlicher Druck gemacht, um dieses Geschäft zu machen", sagte er Montag nachmittag in einem ORF-Interview. "Ich will mich und meine Familie nicht gefährden."
Laut Haider habe es Freitag abend in Klagenfurt vor einem Restaurant einen Zwischenfall gegeben. Ein Unbekannter sei auf ihn zugegangen und habe gesagt: "Herr Doktor Haider, behindern Sie den Kauf der Abfangjäger nicht und passen Sie auf Ihre Familie auf." Er sei "schockiert" gewesen, sagte der Landeshauptmann. Den Mann habe er vorher noch nie gesehen, aber "ich habe ihn mir genau gemerkt".
Haider sagte, er sei noch nie "so direkt" bedroht worden und glaube nicht an Zufälligkeiten. "Daher bin ich nicht bereit, ein Risiko einzugehen, wenn in Österreich solche Methoden einreißen", sagte er. Wer dann neuer Bundesparteiobmann werden solle? "Entweder einer der Minister (Herbert) Scheibner, (Herbert) Haupt, (Mathias) Reichhold und (Dieter) Böhmdorfer oder ein Neuer." Er betonte, daß nicht er und die FPÖ, sondern Bundeskanzler Wolfgang Schüssel den Koalitionsvertrag gebrochen habe.


17.09.2002
"Sauberer als ein Kinderpopo"
Eurofighter-Hersteller EADS dementiert alle Korruptionsgerüchte
Weiße Westen sind in der Rüstungsindustrie nicht in Mode, verrät Wolfram Wolff, Sprecher des Eurofighter-Herstellers EADS: "Aber ich kann Ihnen versichern, wir sind sauberer als ein Kinderpopo." Eigentlich will der EADS-Mann die österreichische Innenpolitik gar nicht kommentieren. Nachdem Jörg Haider aber persönliche Interessen der freiheitlichen Regierungsmitglieder am Abfangjägerkauf in den Raum gestellt hatte, was wiederum von der Opposition mit zahlreichen weiteren Vorwürfen aufgegriffen wurde, entfährt es Wolff doch bayrisch-deftig: "Ich bin nicht der Interpret irgendwelcher Wahnsinniger. Wir bewegen uns auf der Basis eines Ministerratsbeschlusses und setzen die Gespräche fort - so schwer das auch manchmal sein mag."
Dass der ehemalige FP-Geschäftsführer Gernot Rumpold letzte Woche im Format als "EADS-Lobbyist" zitiert wurde, schmerzt Wolff allerdings: "Da tut man dem Herrn zu viel der Ehre an - er hat bloß im Auftrag unseres Büros in Wien ein paar Einzelmaßnahmen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit gesetzt." Rumpolds kolportierte Aussage, "wenn man in Österreich nicht mit dem Geldkoffer auftaucht, klappt gar nichts", fügt sich nämlich in ein Puzzle, das ein Bild der Korruption zeichnet. Was den Wahlkampf beflügeln könnte: Ein hochrangiger Kärntner FPÖ-Funktionär behauptet bereits, dass Haider ein "Abfangjäger-Dossier" besitze. Welche Vorwürfe da im Detail drinsteckten, wisse er aber nicht.
Die Offiziersgesellschaft hat unterdessen darauf hingewiesen, dass es - entgegen den als "populistisch" eingestuften politischen Diskussionen - keine vernünftige Alternative zum Kauf von Abfangjägern gebe. Weder könne man nicht identifizierte Flugzeuge einfach "auf Verdacht" vom Boden aus abschießen (es könnte sich ja beispielsweise um eine Zivilmaschine mit Funkproblemen handeln), noch könne man langsamere oder einfachere Flugzeuge statt der Abfangjäger einsetzen.
Die Idee, den Luftraum im Zweifelsfall durch Nachbarstaaten überwachen zu lassen, wäre auch rechtlich unmöglich, sagt der Verfassungsrecht-Professor Manfred Rotter im Gespräch mit dem STANDARD: "Das ginge nur, wenn die Dinger ständig unter österreichischer Kontrolle und Kommando stünden - sie müssen der Republik Österreich zurechenbar sein. Im Neutralitätsfall brauchen wir die Möglichkeit, unsere Souveränität im Luftraum zu wahren." Das könne schon demnächst gefragt sein, falls es im Irak zum Krieg kommen sollte.


17.09.2002
Sichrovsky ortet Erklärungsbedarf
Ex-FPÖ-Generalsekretär Sichrovsky nennt Haiders Verfolgungsthese "absurd".
"Absurd" sind nach Ansicht des zurückgetretenen FPÖ-Generalsekretärs Peter Sichrovsky die Vorwürfe des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider, er werde von der Waffenlobby bedroht weil er sich gegen den Kauf von Abfangjägern ausgesprochen hat.
Haider müsse nun erklären, warum er so mächtig sei, dass sich die einzige Bedrohung gegen ihn richte, so Sichrovsky am Dienstag im Gespräch mit der APA.
"Haider muss die Öffentlichkeit informieren"
"Jetzt ist Haider aufgefordert, die Öffentlichkeit zu informieren, warum er so eine wichtige Person ist, dass sich die Bedrohung gegen ihn richtet", sagt Sichrovsky, der bis zum FPÖ-Parteitag am Samstag noch Generalsekretär ist.
Und weiter: "Wenn Haider so mächtig ist, dann muss es parallel zur Regierungsentscheidung eine Struktur geben, wo er eine ganz entscheidende Rolle spielt. Sonst verstehe ich nicht, dass ihn jemand bedroht".
"Unbegreifliche Vorwürfe"
"Völlig unbegreiflich" ist für Sichrovsky, dass sich die Vorwürfe Haiders nur gegen FPÖ-Minister richten. "Niemand spricht heute von ÖVP-Ministern als verdächtig", dabei habe Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Entscheidung mitgetragen und stehe auch jetzt noch dazu.
Angeschwärzt werde nun "von FPÖ Politikern und Funktionären" Vizekanzlerin Riess-Passer "als ob sie eine größere Entscheidungsgewalt als der Bundeskanzler hätte".
"Voll eingebunden"
Auch Haider sei in die Kauf-Entscheidung "voll eingebunden" und "auf Grund der wirtschaftlichen Vorteile für Kärnten ein ganz starker Verfechter des Ankaufs" gewesen, erinnert Sichrovsky. Es gebe Gesprächsprotokolle aller Anbieter mit Haider.
Sichrovsky selber ist nach wie vor für den Ankauf der Eurofighter, weil dies die Empfehlung der Militärs gewesen sei. "Ich lasse mich als Befürworter (des Abfangjägerkaufs, Anm.) nicht kriminalisieren", betont Sichrovsky. "Das dürfen wir uns nicht mehr gefallen lassen".


17.09.2002
Abfangjäger: Kuntzl fordert U-Ausschuss
"Von Stunde zu Stunde wird klarer, dass wir vor einem Scherbenhaufen stehen", erklärte heute Andrea Kuntzl, Bundesgeschäftsführerin der SPÖ, in einer Pressekonferenz. Sie fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den "im allerhöchsten Ausmaß aufklärungsbedürftigen" Vorgängen rund um die EADS-Entscheidung in der Abfangjäger-Causa.
Kuntzl hält es in dieser Angelegenheit "für möglich, dass der eine oder andere Abgeordnete der Freiheitlichen Partei" diesen Antrag "mitunterstützt".
"Dichte Gerüchte"
In der Causa Abfangjäger gebe es "dichte Gerüchte von sehr großer und umfassender Tragweite". Die Rede sei "von wirtschaftlichen Interessen, ohne das genau zu definieren". Es würden sich in diesem Zusammenhang die "Gerüchte von Geldflüssen verdichten".
Die SPÖ werde daher nächste Woche einen Antrag auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses stellen. Kuntzl erklärte, dass sich die Regierungsparteien in dieser Causa "nicht länger drücken können".
"Staatsanwalt soll ermitteln"
Im Raum stehen für Kuntzl im Zusammenhang mit den Abfangjägern die Vorwürfe Jörg Haiders bezüglich der Bedrohung seiner Familie. "Ich halte es für äußerst wichtig, dass hier die Staatsanwaltschaft ermittelt", meinte Kuntzl. Kuntzl warnt, dass diese Angelegenheit nicht "als Show-Einlage" betrachtet werden dürfe.


17.09.2002
Dringliche der Grünen zu Abfangjägern
Die Grünen wollen in der letzten Plenarwoche des Nationalrats in dieser Legislaturperiode zwei Themen abhandeln: das Scheitern der Bundesregierung und den Abfangjäger-Kauf. Das kündigte Grünen-Chef Alexander Van der Bellen am Dienstag an. Die Regierungsarbeit werden die Grünen daher in den Mittelpunkt der "Aktuellen Stunde" Donnerstag Vormittag stellen, für deren Gestaltung sie dieses Mal verantwortlich zeichnen. Zum Thema Abfangjäger werde es dann am Donnerstag Nachmittag eine Dringliche Anfrage oder einen Dringlichen Antrag geben.
FPÖ sei "implodiert"
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) versuche nun zu suggerieren, dass die vorgezogenen Neuwahlen die Regierung nicht in ihrer Handlungsfähigkeit beeinträchtigen würden, so Van der Bellen. "Das ist natürlich blanker Unsinn." Es gebe Neuwahlen, weil die Mehrheit im Parlament unsicher geworden sei, weil "die FPÖ implodiert ist".
Mitverantwortung Schüssels soll erörtert werden
Diskutieren wollen die Grünen dabei die Mitverantwortung Schüssels. Dieser habe zu Ereignissen geschwiegen, die einem die Zornesröte ins Gesicht hätten steigen lassen. Van der Bellen nannte dabei drei Punkte: die Angriffe von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider auf den Verfassungsgerichtshof als Institution und auf dessen Präsidenten Ludwig Adamovich als Person, die Irak-Reise Haiders und die Ausführungen von Volksanwalt Ewald Stadler zu NS- und Besatzungszeit. Das seien "gravierende Einschnitte in die demokratische Kultur Österreichs" gewesen - und Schüssel habe aus taktischen Gründen geschwiegen. Damit habe Haider bei Schüssel den Eindruck erweckt, "man kann sich sehr vieles, fast alles erlauben". Das habe dann zu der gravierenden Fehleinschätzung Haiders der FPÖ-Minister rund um die Ereignisse von Knittelfeld geführt.
Fragen an Scheibner
In Sachen Abfangjäger wollen die Grünen von Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) wissen, ob dieser nun die Verträge unterschreiben wolle oder nicht. Bisher habe es dazu von Scheibner keine klare Aussage gegeben. Und ein weiteres Huhn habe man mit Scheibner zu rupfen: dieser habe die Unwahrheit gesagt, als er den Abfangjäger-Ankauf als reinen Beschaffungsakt dargestellt habe. Nun stelle sich heraus, man benötige doch ein Gesetz. Und weil Schüssel wisse, dass es da mit einer Mehrheit im Parlament schwer werde, nur deshalb habe er nun die Entscheidung über die Flugzeuge verschoben.


18.09.2002
Abfangjäger: Opposition will Licht ins Dunkel bringen
Nach Haiders Äußerungen zum Abfangjäger-Kauf wollen SPÖ und Grüne diese Causa im Parlament klären.
Die SPÖ nimmt Jörg Haider einmal voll ernst: Es geht um Haiders jüngste Äußerungen im Zusammenhang mit der Anschaffung von Abfangjägern (siehe auch nebenstehenden. Bericht "Polizei war nicht informiert"). Den Vorwürfen müsse nachgegangen werden, forderte am Dienstag SP-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß solle Licht ins Dunkel bringen und müsse alle Gerüchte um wirtschaftliche Interessen beim Kauf der Eurofighter klären. Kärntens Landeshauptmann Haider hat am Montag erklärt, er stehe als Obmann der FPÖ nicht zur Verfügung, weil er von der Waffenlobby bedroht werde.
Haupt reagiert "allergisch"

Schon am Samstag hatte der Kärntner Landeshauptmann "wirtschaftliche Interessen" von FP-Regierungsmitgliedern im Zusammenhang mit der Beschaffung der Abfangjäger als Grund für seinen neuerlichen Rückzug genannt. Sozialminister FP-Spitzenkandidat Herbert Haupt reagierte am Dienstag "sehr allergisch": Wenn es um die Reputation gehe, wenn er selbst betroffen sei, würde er notwendige Maßnahmen setzen. Er sei daher froh, daß Verteidigungsminister Herbert Scheibner erklärt habe, er werde den Rechnungshof einschalten. Haupt: "Es kann kein Mensch mit negativer Reputation leben, und Schmutzwäsche waschen war noch nie meine Angelegenheit."
Die Grünen wollen die Abfangjäger jedenfalls Ende dieser Woche bei den beiden letzten Plenartagen des Nationalrates vor der Neuwahl zur Debatte bringen. Kritik an der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung kam von Abfangjäger-Gegner Rudolf Fußi. Der Eurofighter-Hersteller EADS bezahle Inserate für Industrie und Wirtschaftskammer, "die jetzt eine Plattform zusammenstellen soll, die den Kauf finanziert", so Fußi.


18.09.2002
Licht dringt ins Dunkel
Es ist wie am Anfang von Baukartell, Lucona oder Noricum ... ein Kommentar von Peter Pilz
Licht dringt ins Dunkel. Langsam zeichnen sich Antworten auf eine einfache Frage ab: Warum kauft Österreich Abfangjäger, die es nicht braucht? Seit heute gibt es eine Zusatzfrage: Warum kauft Österreich Kampfflugzeuge, für die es seit Anfang des Jahres kein Radar mehr hat? Es ist wie am Anfang von Baukartell, Lucona oder Noricum. Die ersten Bruchstücke der Antwort finden sich wie Puzzlesteine an unterschiedlichen Orten. Die Wirtschaftsblatt-Hinweise auf möglichen neuen Reichtum der Vizekanzlerin und ihres Klubobmanns gehören ebenso dazu wie die ersten Berichte über die hektische Nacht vor dem Ministerrat, in deren Verlauf der Verteidigungsminister vom Schweden zum Deutschen wurde. Jörg Haider und Ewald Stadler bieten sich als wichtige Zeugen an. Die ersten Militärs haben mit mir Kontakt aufgenommen. Hinweise auf Firmen und Zuwendungen müssen jetzt überprüft werden.
Es scheint wie immer: Das Heer muss das kaufen, was ihm die Mitschneider diktieren. Im Normalfall wie bei Schüssel-Thomson wird routiniert geschwiegen. Jeder der Mitwisser muss im Fall einer Schiebung damit rechnen, als möglicher Mittäter verfolgt zu werden.
Der Fall "Eurofighter" liegt anders. Zum ersten Mal wird eine militärische Milliardeninvestition von freiheitlichen Schlüsselpersonen abgewickelt. Verteidigungsminister, Finanzminister, Vizekanzlerin, Klubobmann und Parteimitglied, alle haben ihre Finger im Spiel. Im klassischen rot-schwarzen Normalfall läuft alles wie geschmiert. Im blauen Erstfall zerbricht daran die Regierung.
Wahrscheinlich werden wir den Untersuchungsausschuss bekommen. Er hat einen ganz besonderen Sinn: Er wird die Konkursbilanz der FPÖ erstellen.


18.09.2002
Abfangjäger als SP-Koalitionsfrage
Die Opposition drängt auf einen Untersuchungsausschuß zum Abfangjägerkauf, Cap schließt eine Koalition mit einer Partei, die für den Kauf ist, aus.
"Bisher war ich gegen Abfangjäger. Jetzt bin ich gegen blinde Abfangjäger." Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz kritisierte am Mittwoch, daß die österreichische Luftraumüberwachung nicht funktioniere und verlangt einen Untersuchungsausschuß zum Abfangjägerkauf. Das Radarsystem Goldhaube mußte eine von drei Frequenzen abschalten, da diese tschechischen Mobilfunkbetreibern zugesprochen wurde.
Pilz wirft dem Verteidigungsministerium vor, dieses Problem seit längerem gekannt zu haben und legte ein Papier aus dem Verteidigungsministerium vor, das mit dem 5. August datiert ist. Darin wird beklagt, daß der Ausfall des Frequenzbereiches für das Radar eine "sehr eingeschränkte Beobachtungs- und de facto keine Führungsfähigkeit" zur Folge habe. Pilz zitierte ferner ein Hintergrundgespräch der Zeitschrift Jane's Defense Weekly mit dem damaligen Leiter der Luftabteilung des Verteidigungsministeriums Josef Bernecker, in dem er von einem "Schweigekegel" spricht, "wo wir nichts sehen". Demnach sehe man über Österreich am Radar "wenig oder gar nichts".
Das Ministerium bestätigte in einer Reaktion, daß eine Frequenz des Luftraumüberwachungssystems Goldhaube derzeit nicht genützt werden könne und spricht von "geringen Qualitätseinbußen". Im Ernstfall würde auf die Telephonnetze aber keine Rücksicht genommen werden.
SPÖ beantragt U-Ausschuß
In der Nationalratssitzung wird die SPÖ nun einen Untersuchungsausschuß zum Abfangjägerkauf beantragen, "um zu klären, wie weit die wirtschaftlichen Verstrickungen der Regierungsparteien im Abfangjägerdeal gehen", wie SP-Klubobmann Josef Cap erläuterte. Angesichts der jüngst geäußerten Andeutungen des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider müsse geklärt werden, ob "hier Korruption, Bestechung oder Parteienfinanzierung das richtige Wort ist". Dezidiert ausgeschlossen ist für ihn eine Koalition der SPÖ mit einer Partei, die nach der Wahl zum Abfangjägerkauf steht. VP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat warf der "derzeitigen SPÖ$!R" vor, nicht in der Lage zu sein, politische Verantwortung zu übernehmen.
Kärnten hätte profitiert
Unterdessen sorgt Haiders rigoroser Schwenk in der Abfangjäger-Frage auch innerhalb seiner Partei für Kopfschütteln. Denn Kärnten hätte von dem Kauf der Eurofighter unter allen Bundesländern am meisten profitiert: An den Gegengeschäften wären 150 Kärntner Firmen mit einem Geschäftsvolumen von zusammen 190 Millionen Euro beteiligt worden. Dies habe Haider persönlich mit einem Manager des Eurofighter-Herstellers EADS fix und fertig verhandelt - erst Anfang September habe man die Gegengeschäfte in diesem Sinn paktiert. Als er vom EADS-Mann im Zuge dieser Verhandlungen auf seine politische Agitation gegen den Jet-Kauf angesprochen wurde, habe Haider inbrünstig versichert, daß er voll und ganz zu dem Beschaffungsvorgang stehe. Doch nur zwei Tage später schwenkte der Landeshauptmann um - und ließ über Nacht jene Plakate affichieren, in denen er sich brüstet, den Kauf der Flugzeuge verhindert zu haben.


18.09.2002
SPÖ beantragt im Nationalrat Untersuchungsausschuss
Cap: Keine Koalition mit Partei, die für Kauf ist
Die SPÖ wird in der bevorstehenden Nationalratssitzung die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Abfangjäger-Beschaffung beantragen. Angesichts der jüngst geäußerten Vorwürfe des Kärntner LH Jörg Haider müsse geklärt werden, ob "hier Korruption, Bestechung oder Parteienfinanzierung das richtige Wort ist", sagte der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann, Josef Cap, Mittwoch in einer Pressekonferenz. Dezidiert ausgeschlossen hat Cap eine Koalition der SPÖ mit einer Partei, die nach der Wahl zum Abfangjägerkauf steht. Dies wäre Caps Ausführungen nach die ÖVP, sie werde - auch wenn sie derzeit von einer Unterzeichnung des Eurofighter-Vertrages Abstand genommen hat - die Kampfflugzeug-Beschaffung in die nächsten Koalitionsverhandlungen "mit Sicherheit einbringen".
Prinzipiell blieb Cap aber dabei, dass für die SPÖ - wenn es keine schwarz-blaue Mehrheit gibt - nach der Wahl im November keine Koalition mit der FPÖ ("diese Partei ist regierungsunfähig") in Frage kommt. Mit jeweils 50:50 Chancen seien "Rot-Schwarz" oder "Rot-Grün" möglich. Eine persönliche Präferenz ließ sich Cap nicht entlocken, "das hängt von den Inhalten ab". Das Wichtigste sei jedenfalls, die VP-FP-Mehrheit zu brechen. Andernfalls "will Wolfgang Schüssel die schwarz-blaue Regierung fortsetzen".
Hinsichtlich der Haider-Vorwürfe über "wirtschaftliche Interessen" der FP-Regierungsvertreter in Sachen Eurofighter-Kauf forderte Cap, dass der Kärntner LH "alle Beweise auf den Tisch legt". Er erwartet außerdem, dass die Staatsanwaltschaft von sich aus aktiv wird. Die Regierungsparteien forderte er auf, dem U-Ausschuss-Antrag zuzustimmen.


18.09.2002
Abfangjäger im Blindflug?
Pilz: Luftraum- Überwachung funktioniert nicht mehr - Tschechische Mobilfunk- Frequenz beschneidet heimisches Radarsystem
"Blind und teuer" wäre die von der Regierung ins Auge gefasste Beschaffung von Abfangjägern, kritisierte der Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Denn: in Österreich funktioniere die Luftraumüberwachung gar nicht mehr, prangerte Pilz an. Das Problem: das System Goldhaube, ein Primärradarsystem (im Gegenzug zu einem Sekundärradar etwa bei Linienmaschinen) bestehe aus drei Keulen bzw. Beam-Gruppen. Die oberste arbeite allerdings in einem Frequenzbereich, der einem tschechischen Mobilfunkbetreiber zugesprochen worden sei.
Ministerium kennt Problem
Dieses Problem sei dem Ministerium bereits seit längerem bekannt. Pilz legte dazu ein entsprechendes Papier aus dem Verteidigungsministerium, datiert vom 5. August 2001, vor. Darin ist die Rede, dass eine Modifikation des Radarsystems erforderlich sei und "die Beam-Gruppe 3 nunmehr endgültig mit 31. Dezember 2001 abzuschalten ist, da das Band kommerziell genützt wird und die Investoren die Störungen ihrer zwischenzeitlich privaten Netze nicht mehr hinnehmen". Weiter heißt es in dem Papier: "Das bedeutet, dass durch die 14-monatige Verzögerung einer Entscheidung hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise ab 1. Jänner 2002 im Primärradarbereich nur mehr eine sehr eingeschränkte Beobachtungs- und de facto keine Führungsfähigkeit mehr besteht."
Die Kosten für diese technische Modifikation werden in dem Papier mit 7,27 Mill. Euro (100 Mill. S) beziffert. Pilz zitierte dazu zudem aus einer Aufzeichnung eines Hintergrundgesprächs von mit Sicherheitsfragen befassten Journalisten mit dem früheren Leiter der Luftabteilung des Verteidigungsministeriums, Josef Bernecker. Dieser beklagte in dem Gespräch demnach, dass er diese 7,27 Mill. nicht vor 2005 bekommen werde. Jüngsten Auskünften aus dem Verteidigungsministerium zu Folge sei immer noch nichts passiert, sagte Pilz. Dazu komme, dass eine der beiden weiteren Keulen einer Frequenz entspreche, die einem deutschen Mobilfunkanbieter zugesprochen worden sei.
"Sicherheitspolitisches Kabarett
All diese Informationen würden belegen, dass bei der Beschaffung nicht die Sicherheit des Luftraums im Vordergrund stünde, so Pilz, der von einem "sicherheitspolitischen Kabarett" sprach. Ein Dorn im Auge ist Pilz in diesem Zusammenhang auch das Vorgehen bzw. Nicht-Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Dieser sei eine anonyme Sachverhaltsdarstellung übermittelt worden. Die Staatsanwaltschaft habe jedoch relativ rasch einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft übermittelt - ohne Zeugen einzuvernehmen. Genau das fordert Pilz aber. Als Zeuge in Frage käme allen voran Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (F), aber auch Volksanwalt Ewald Stadler (F). Beide hätten den Beschaffungsvorgang kritisiert.
Abfangjäger Thema im Plenum
Derzeit liege die Sache bei Sektionschef Werner Pürstl im Justizministerium. Ihn forderte Pilz auf, den Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft nicht zu genehmigen. Es könne nicht so sein, dass blaue Funktionäre vor einer ordentlichen Justiz in Sicherheit gebracht würden. Er wolle jedenfalls nicht, dass bei einem allfälligen Untersuchungsausschuss über diesen Beschaffungsvorgang, wo dem Vernehmen nach Freiheitliche zu Reichtum gekommen sein könnten, auch die Rolle der Justiz zu untersuchen sei. Von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer forderte Pilz am Mittwoch das Versprechen ein, bei der ersten Möglichkeit einem solchen U-Ausschuss zuzustimmen. Das Thema Abfangjäger werden die Grünen diese Woche Donnerstag auch im Plenum des Nationalrats über einen Dringlichen Antrag zur Sprache bringen.


18.09.2002
Bundesheer bestätigt Qualitätseinbußen
Kommandant Luftraumüberwachung: Aber keine Probleme beim Betrieb mit den Draken - Kein Bereich nicht abgedeckt
Das Bundesheer hat am Mittwoch die Angaben des Grün-Abgeordneten Peter Pilz bestätigt, dass ein Frequenzbereich des Luftraumüberwachungssystems "Goldhaube" derzeit nicht genutzt werden könne und es daher "geringe Qualitätseinbußen" gebe. Im Betrieb mit den Draken ergebe sich daraus aber kein Problem, so Oberst Karl Gruber, Kommandant der Luftraumüberwachung. Es gebe auch keinen Bereich in Österreich, der nicht abgedeckt sei. Dennoch brauche man Ersatz: "Für moderne Abfangjäger werden wir diese Funktionalität aber wieder voll brauchen." "Es ist richtig. Es stehen gewisse Frequenzen nicht zur Verfügung", so Gruber. Es handle sich um einen Frequenzbereich, der sowohl in Tschechien als auch in Deutschland von Mobiltelefon-Betreibern genutzt wird. Im Ernstfall würde auf die Telefonnetze freilich keine Rücksicht genommen: "In einem Krisenfall könnten wir es jederzeit wieder einschalten ohne Rücksichtnahme auf die Störung ziviler Telefone."
Der Wegfall der Frequenzen habe zur Folge, dass der "tote Kegel" über den Radarstationen - die Goldhaube verfügt über fixe Anlagen auf der Koralpe (Steiermark/Kärnten), am Kolomannsberg (Salzburg), Steinmandl (Niederösterreich) - größer werde. Dies wirke sich umso stärker aus, je höher ein Flugzeug fliegt. Und moderne Jets könnten in Höhen bis zu 16.000 Meter operieren, während für die Draken bei 13.000 Metern Schluss sei.
Der "tote Kegel" bedeute aber nicht, dass ein Gebiet gar nicht mehr überwacht wird. Vielmehr wird der betreffende Raum von den anderen Stationen mit überwacht. In der Computerzentrale, in der die Daten zusammen geführt werden, gehen für diesen Bereich dann aber weniger Daten ein. Man könne sich daher kein so genaues Bild von der Lage machen. Gruber: "Die einzige Auswirkung sind geringe Qualitätseinbußen." Ergänzt würden die fixen Stationen zudem auch durch mobile Radaranlagen.
Umbauten könnten den Problemen abhelfen, so Gruber. Veranschlagt dafür seien die auch von Pilz genannten rund 7,27 Mill. Euro. Zumindest mittelfristig sollte diese Entscheidung auch fallen, hofft Gruber. Es gebe auch lange Vorlaufzeiten: Wenn die Finanzierung jetzt für das kommende Jahr zugesagt würde, wäre 2004 mit einer Einsatzfähigkeit der Neuerungen zu rechnen.
Für das Funktionieren der Luftraumüberwachung wird seitens des Bundesheeres auch ins Treffen geführt, dass derzeit der Bereich Salzburg verstärkt beobachtet werde. In der Mozartstadt tagt derzeit das Weltwirtschaftsforum.


19.09.2002
Scheibner: Pilz-Akt verschwunden
Verteidigungsminister wirft grünem Sicherheitssprecher "Amtsmissbrauch" vor - Keine Vertragsunterzeichnung vor Nationalratswahl
Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) hat am Donnerstag im Nationalrat den Aussagen des Grün-Abgeordneten Peter Pilz, dass das Luftraumüberwachungs (LRÜ)-System "Goldhaube" nicht einsatzbereit sei, mit einem schweren Vorwurf gekontert. Er habe den Akt, aus dem Pilz zitiert hatte, einsehen wollen. Dabei habe sich herausgestellt, dass der Akt verschwunden sei, so Scheibner in der Debatte über den Dringlichen Antrag der Grünen auf Beschaffungsstopp für die Eurofighter. Er werde im Übrigen vor Beschluss des Ermächtigungsgesetzes im Nationalrat keinen Kaufvertrag unterzeichnen. Pilz hatte am Mittwoch in einer Pressekonferenz aus dem Akt zitiert: "Das bedeutet, dass durch die 14-monatige Verzögerung einer Entscheidung hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise ab 1. Jänner 2002 im Primärradarbereich nur mehr eine sehr eingeschränkte Beobachtungs- und de facto keine Führungsfähigkeit mehr besteht." Hintergrund sei, dass Frequenzen an Mobilfunk-Betreiber abgetreten werden mussten. Als Investitionsbedarf für die nötigen Änderungen seien 7,27 Mill. Euro angegeben.
Am Donnerstag bekräftigte Pilz seine Aussagen in der Begründung des Dringlichen Antrags. Er schloss daraus, dass das Funktionieren der LRÜ kein Grund für den Ankauf der Eurofighter sein könne. Auch könne kein Grund sein, von Flugzeugen, die den Luftraum queren, Fotos zu schießen. Auch die Gegengeschäfte könnten kein Grund sein, sonst würde man die Stückzahl ja nicht reduzieren.
Linienänderung
Pilz sah vielmehr einen anderen möglichen Grund. Scheibner fragte er, ob es richtig sei, dass er - der Verteidigungsminister - erst am Abend vor der Typenentscheidung vom Gripen auf den Eurofighter umgeschwenkt sei. "Stimmt es, dass nicht Sie die Linie geändert haben, sondern dass es Ihre Vorgesetzte getan hat, und Ihre politischen Vorgesetzten in der damaligen Führung der Freiheitlichen Partei."
Pilz erinnerte auch an die Aussagen Jörg Haiders von den "wirtschaftlichen Interessen" im Zusammenhang mit dem Abfangjäger-Kauf - und daran, dass Eurofighter-Anbieter EADS in Südafrika in einen Korruptionsskandal verwickelt sei. "EADS besticht Regierungsmitglieder, wenn EADS der Meinung ist, so zu seinem Ziel zu kommen. Das ist noch kein Beweis für Österreich. Aber das sind viele gute Gründe." Aus Sicht von Pilz gebe es jedenfalls genügend Gründe für einen Untersuchungsausschuss, betonte er. Im Übrigen würden die Nationalratswahlen zur wahren Volksabstimmung über Abfangjäger.
Scheibner warf Pilz im Gegenzug vor, mit der Sicherheit Parteipolitik machen zu wollen. Noch interessanter, "vielleicht auch noch bedenklicher" sei aber die Sache mit dem Akt: "Dieser Originalakt ist verschwunden - und bei Ihnen ist er angekommen." Die Herausgabe derartiger Akten sei Amtsmissbrauch, strafrechtlich relevant sei aber auch die Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Im Übrigen seien auch zwei weitere Akten in diesem Zusammenhang verschwunden.
Inhaltlich verwies er darauf, dass mit dem Wegfall der Frequenz lediglich eine "unerhebliche Reduzierung der Radardaten" verbunden sei. Dazu komme, dass ab 2010 die Goldhaube ohnehin erneuert werden müsse, außerdem gebe es auch andere Elemente der LRÜ. Generaltruppeninspektor Horst Pleiner habe deshalb festgehalten, dass die Ersatzinvestition nicht durchgeführt werden solle. Dabei nehme man auch Rücksicht auf die Budgetlage.
In Sachen Eurofighter betonte er: "Wir werden keine Präjudizien schaffen. Wir werden keine Maßnahmen setzen, die zu Schadenersatzverpflichtungen führen." Die Verhandlungen würden zwar fortgeführt. Aber: "Vor dem Ermächtigungsgesetz wird es keine Unterschrift des Verteidigungsministers unter den Kaufvertrag geben."
Verhandlungspaket
Er wolle mit der EADS aber ein Verhandlungspaket erreichen, "an das die Firma auch gebunden ist für die nächste Legislaturperiode". Ein Beispiel dafür sei der Auftrag für die Produktion des Jeep Cherokee, der vor der Typenentscheidung schon als verloren gegolten habe. Dass der Auftrag nun doch nach Österreich gehen solle, sei ein "klares Signal" für die Sicherung von Arbeitsplätzen, dass gesetzt werde, "auch wenn der Vertrag jetzt nicht unterschrieben werden kann".
Scheibner gab sich zudem überzeugt: "Wer auch immer im neuen Nationalrat vertreten ist: Sie werden alle vor der Aufgabe stehen, dem gesetzlichen Auftrag zu folgen, den Luftraum über Österreich abzusichern."


19.09.2002
Cap: "Fast ein Kriminalfall"
SP-Klubobmann über Scheibners "Coolness" bei Akten-Verschwinden verwundert - Grüne und Scheibner schalten Gerichte ein - Dringlicher Antrag bleibt in Minderheit
SP-Klubobmann Josef Cap zeigte sich am Donnerstag im Parlament überrascht, mit welcher "Coolness" Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) "über das Verschwinden von Akten berichtet". Er sieht in diesen Vorgängen einen Grund mehr für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Bei den Regierungsparteien beeilte man sich zu betonen, dass der Kauf der Eurofighter vor der Wahl ohnedies nicht mehr abgeschlossen werde. Beide Parteien ließen aber durchblicken, dass man grundsätzlich weiter an der Kaufentscheidung festhalte. Deshalb lehnten sie auch die Oppositionsanträge ab. Cap sieht im Beschaffungsvorgang rund um die Eurofighter "fast einen Kriminalfall". Wenn der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) sage, er werde bedroht und bei den Regierungsmitgliedern seien "wirtschaftliche Interessen" im Spiel, dann müsste dies untersucht werden. Auch die SPÖ brachte einen Entschließungsantrag ein, mit dem die Regierung aufgefordert wird, den Beschaffungsvorgang abzubrechen und auf einen Kauf zu verzichten. Dieser wurde aber ebenso abgelehnt wie der Antrag der Grünen.
VP-Wehrsprecher Walter Murauer meinte, dass man die Anträge "selbstverständlich" ablehne, da man auf die Ankündigung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Scheibner vertraue, wonach die Beschaffung bis zur Wahl "auf Eis gelegt" sei. Den Grünen warf er vor, dass es ihnen nicht um Sicherheitspolitik gehe, sondern um die Abschaffung des Bundesheeres.
Ähnlich äußerte sich FP-Wehrsprecher Wolfgang Jung. Er ortete einen "großen Riss" im sicherheitspolitischen Bereich der Opposition. Pilz halte "unterschwelige Reden" ohne einen "Zipfel an Wahrheit", so die Kritik. Auf den Abfangjägerkauf ging er zwar nicht direkt ein, sprach sich aber für die Einbindung in ein europäisches Sicherheitssystem aus.
Gegen Schluss der Debatte meldete sich schließlich Pilz noch einmal. Er wollte von Scheibner wissen, was der Inhalt der weiteren verschwundenen Akten sei und kündigte an, bei der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung einbringen zu wollen. Nicht nötig, konterte Scheibner. Er werde als Ressortleiter selbst dafür sorgen, dass dem Verdacht auf Amtsmissbrauch nachgegangen werde. Zum Abschluss warf er der SPÖ vor, keine klare Linie zu haben. So habe etwa der sozialdemokratische Bürgermeister von Villach, Helmut Manzenreiter, in einem Brief das große Interesse der Stadt an Gegengeschäften ausgedrückt.


19.09.2002
Pilz kontert Ministerium: "Eigene Akten lesen"
Ministerium leugne heute, was es gestern zugab
Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz hat die Angaben des Verteidigungsministeriums, wonach das Luftraumüberwachungssystem Goldhaube "voll einsatzbereit" sei, zurückgewiesen. "Das Militär soll seine eigenen Akten lesen", empfahl er in einer Aussendung, weil sowohl in Akten der Luftabteilung als auch in Gesprächsprotokollen zuständiger Militärs festgehalten sei, dass im System Goldhaube "nur eingeschränkte Aufklärungs- und de facto keine Führungskapazität besteht". "Gestern hat das Ministerium das noch zugegeben. Seit heute wird wahrheitswidrig geleugnet", so Pilz, der jetzt wissen will, wer im Verteidigungsministerium den Auftrag zur heutigen "Verschleierung" gegeben hat. Der Grüne Mandatar will jedenfalls weitere Fakten vorlegen.


19.09.2002
Bundesheer betont: "Goldhaube voll einsatzbereit"
"Verbleibende Kapazität ist für die Luftraumüberwachung vollkommen ausreichend" - "Schwachstellen" im Betrieb nicht bemerkbar
Das Verteidigungsministerium hat am Donnerstag betont, dass das Luftraumüberwachungssystem Goldhaube "voll einsatzbereit" sei. Die vom Grün-Abgeordneten Peter Pilz beschriebenen "Schwachstellen" machten sich im Betrieb nicht bemerkbar, hieß es in einer Aussendung. Die Kapazität sei trotz der Abschaltung einer "Beam-Gruppe" des Radarsystems und der damit verbundenen "Aufgabe zusätzlicher Redundanz" für die Luftraumüberwachung (LRÜ) "vollkommen ausreichend". In Modifikationen investiert werden solle daher vorerst nicht. "Die in Aussicht genommene Nachbeschaffung von Gerät in einer Größenordnung von rund sieben Millionen Euro hat daher keine Priorität, weil der mögliche Gewinn an Sicherheit den Aufwand vorerst nicht rechtfertigt und im Zeitraum 2010 bis 2012 ohnehin technische Erneuerungen vorgenommen werden, bei denen alle bisherigen Erkenntnisse berücksichtigt werden", hieß es wörtlich. In "dringenden Fällen" könne das Bundesheer zudem "jederzeit den normalerweise abgeschalteten Frequenzbereich des Radars in Betrieb nehmen und dadurch mögliche Sicherheitsrisken minimieren".
"Nichtkooperative Ziele"
Erläutert wird auch das Funktionieren der passiven Luftraumüberwachung. Verarbeitet würden die Daten verschiedenster ziviler und militärischer Radaranlagen, die in ganz Österreich stationiert sind. Im Gegensatz zu zivilen Radars könne das militärische Primärradar auch "nichtkooperative Ziele" verfolgen, Flugzeuge also, die nicht erkannt werden wollen. Durch "Mehrfachbedeckung" sei ein hohes Maß an Ausfallsicherheit gegeben.
"Die Ausfallsicherheit ist auch durch die Abschaltung einer Teilkomponente (Beam-Gruppe 3) nicht gefährdet", wird betont. Es komme lediglich "in großen Höhen und regional eindeutig zuordenbaren Räumen" zu einer "Reduzierung einer Dreifachbedeckung". Allerdings: "Die noch immer verbleibende Kapazität ist für die Luftraumüberwachung vollkommen ausreichend."
Möglich war und ist auch die "Sicherstellung der Führung der aktiven Komponente der österreichischen Luftraumüberwachung" (der Abfangjäger, Anm.), wird weiters betont. "Die Aussage von Dr. Peter Pilz ist daher sowohl technisch als auch betrieblich als unrichtig bzw. nicht den Tatsachen entsprechend einzustufen", wird betont. Pilz hatte am Mittwoch in einer Pressekonferenz gemeint, die Luftraumüberwachung funktioniere gar nicht mehr.
"Österreich kann auch ohne BG 3 unter Einbindung aller in Österreich verfügbaren militärischen und zivilen Radaranlagen, unter Aufgabe zusätzlicher Redundanz, den souveränitätspolitische Auftrag europaweit führend erfüllen", heißt es abschließend.


19.09.2002
Korruptionsverdacht gegen früheren Leiter der Luftabteilung
Interne Ermittlungen gegen früheren Beamten - Betroffener dementiert
In der Causa um die verschwundenen Original-Akten aus dem Verteidigungsministerium, die Ressortchef Herbert Scheibner (F) selbst am Donnerstag im Nationalrat publik gemacht hat, wird heeresintern bereits seit "geraumer Zeit" ermittelt. Das berichtet die "Presse". Ermittelt werde gegen den früheren Leiter der Luftabteilung, Josef B., sowie ein bis zwei weitere Personen, hieß es auf Anfrage. B. war in allen drei Fällen, wo Akten verschwunden sein sollen, zuständig, heißt es. B. selbst zeigte sich auf Anfrage verwundert. "Was soll ich mit den Akten machen? Ich habe nur meine persönlichen Sachen mitgenommen." Im Übrigen würden die Originalakten in den Kanzleien aufbewahrt und nicht in den Abteilungen. Und zu dem von der Zeitung genannten "Korruptionsverdacht": "Was soll ich Informationen verkaufen. Mit dem Vorwurf der Korruption habe ich mich ungefähr 20 Jahre herumschlagen müssen. Wenn ich alle Yachten und Villen tatsächlich hätte, ich wäre voll ausgelastet gewesen, sie selbst zu verwalten."
Die Zeitung berichtet auch über den Inhalt der betreffenden Akten: Einer betrifft die Abschaltung einer "Beam Gruppe" des Radarsystems "Goldhaube", über die der Grün-Abgeordnete Peter Pilz am Mittwoch die Causa ins Rollen gebracht hat.
Akt zwei betrifft rund 14 Millionen Euro, die die zivile Luftraumüberwachung Austro Control dem Bundesheer jährlich verrechnet. In Akt drei schließlich geht es um eine heereseigene Entwicklung zur Hochrüstung des Saab Draken, die nach Schweden verkauft wurde.
In allen drei Fällen seien die Originale der Akten verschwunden, es gebe nur mehr so genannte "Referatskopien". Details zum Inhalt wollte man im Verteidigungsministerium "im Hinblick auf die militärische Geheimhaltung" nicht bekannt geben. Bereits vor einigen Wochen waren freilich Klagen laut geworden, dass man der Austro Control zu viel bezahle. Die Austro Control hat dies bestritten; die detaillierten Abrechnungen würden auch von Experten der Landesverteidigung geprüft.
Aus dem Akt zur "Goldhaube" wiederum hatte Pilz am Mittwoch zitiert: "Das bedeutet, dass durch die 14-monatige Verzögerung einer Entscheidung hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise ab 1. Jänner 2002 im Primärradarbereich nur mehr eine sehr eingeschränkte Beobachtungs- und de facto keine Führungsfähigkeit mehr besteht."
Der Abgeordnete hatte außerdem von einem Hintergrundgespräch mit Journalisten berichtet. Dabei handelte es sich um den Österreich-Korrespondenten der Fachzeitschrift "Jane's Defence Weekly", Georg Mader, sowie den Betreiber der Internet-Homepage airpower.at. Das Interview sei geführt, aber nie veröffentlicht worden, so Mader. B. habe eine Abschrift erhalten.
B. wiederum ist mit Jahresbeginn in Pension gegangen. Im Gegenzug ist ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingestellt worden. Grund des Verfahrens war, dass er sich - während die Ausschreibung noch gelaufen ist - in einem Interview öffentlich für eine "europäische Lösung" bei der Draken-Nachfolge und damit indirekt für den schwedischen "Gripen" ausgesprochen hatte.


19.09.2002
Bundesheer kontert: 'Goldhaube einsatzbereit'
Die Schwachstellen im Luftraum-Überwachungssystem seien "nicht bemerkbar". "Das Luftraum-Überwachungssystem 'Goldhaube' ist voll einsatzbereit." Das betonte gestern ein Sprecher des Verteidigungsministeriums als Reaktion auf die Kritik des Grünen-Abgeordneten Peter Pilz, wonach Schwachstellen den Betrieb der "Goldhaube" angeblich unmöglich machten. Die Kapazität sei trotz der Abschaltung einer "Beam-Gruppe" des Radarsystems und der damit verbundenen Aufgabe zusätzlicher "Redundanz" (doppelter Absicherung) für die Luftraumüberwachung vollkommen ausreichend.
Nachbeschaffung. Und weiter das Verteidigungministerium: "Die in Aussicht genommene Nachbeschaffung von Gerät in einer Größenordnung von sieben Millionen Euro hat keine Priorität, weil der mögliche Gewinn an Sicherheit den Aufwand vorerst nicht rechtfertigt." Für den Zeitraum 2010 bis 2012 seien ohnehin technische Neuerungen geplant, bei denen alle bisherigen Erkenntnisse berücksichtigt werden. In dringenden Fällen könne das Bundesheer zudem "jederzeit den normalerweise abgeschalteten Frequenzbereich des Radars in Betrieb nehmen und dadurch Sicherheitsrisken minimieren.
Sicherstellung. Möglich war und ist auch die "Sicherstellung der Führung der aktiven Komponente der österreichischen Luftraumüberwachung". Die Kritik von Peter Pilz sei daher sowohl technisch als auch betrieblich als unrichtig einzustufen. Pilz hatte in einer Pressekonferenz gemeint, die Luftraumüberwachung funktoniere überhaupt nicht mehr. Vielmehr, so das Verteidigungsministerium, könne "Österreich den souveränitätspolitischen Auftrag europaweit führend erfüllen".


19.09.2002
Mobilfunk lähmt das Radar der 'Goldhaube'
Weil eine ihrer Frequenzen einem Mobilfunkbetreiber zugesprochen wurde, ist das Radarsystem "Goldhaube" nicht mehr voll einsatzfähig.
VON STEFAN WINKLER

Österreichs Luftraumüberwachung arbeitet nur noch bruchstückhaft, weite Landesteile liegen völlig bloß. Die Abfangjäger, die im Bedrohungsfall den Luftraum sichern sollten, sind in Wahrheit "blind". Es war eine kleine Bombe, die Peter Pilz da am Mittwoch zündete: Teile des heimischen Luftraumüberwachungssystems "Goldhaube", das über Radarstationen auf der Koralpe, Kolomannsberg (Salzburg) und Steinmandl (NÖ) verfügt, sind seit Jahresbeginn abgeschaltet.
"Beam-Gruppe 3". Konkret handelt es sich um die so genannte "Beam-Gruppe 3", die oberste der drei Keulen, mit denen die Goldhaube den Himmel über Österreich abtastet. Sie arbeitet offenbar in einem Frequenzbereich, der dem tschechischen Mobilfunkbetreiber CTU zugesprochen wurde, und darf von den Militärs daher nicht mehr genützt werden.
Internes Papier. Das Problem ist dem Verteidigungsministerium schon länger bekannt. Pilz präsentierte am Mittwoch ein internes Papier vom 5. August 2001, in dem es heißt, dass die "Beam-Gruppe 3" mit 31. 12. 2001 abzuschalten sei. Das bedeute, dass ab 1. Jänner 2002 im Primärradarbereich "nur noch eine sehr eingeschränkte Beobachtungs- und de facto keine Führungsfähigkeit (für die Abfangjäger Anm.) mehr besteht". Deshalb werden dringend "Modifikationen" am System gefordert. Kostenpunkt: 7,27 Millionen Euro.
Bestätigt. Im Verteidigungsministerium bestätigte man am Mittwoch die Angaben von Peter Pilz. "Die einzige Auswirkung sind aber geringe Qualitätseinbußen", schwächte der Kommandant der Luftraumüberwachung, Karl Gruber, ab.
"Riesiger Schweigekegel". Der ehemalige Leiter der Luftabteilung im Verteidigungsministerium, Brigadier Josef Bernecker, ist da allerdings anderer Meinung. In einem der Kleinen Zeitung vorliegenden, nie veröffentlichten Interview vom 27. März 2001, erklärte er der Zeitschrift "Jane's Weekly Defence": "Uns fängt an, die Goldhaube einzugehen. Unser 3-D-Radar misst in drei Keulen. Jetzt fallen die oberen Keulen weg, das heißt, es entsteht ein riesiger Schweigekegel, wo wir nichts sehen. Wir sehen zwar bis zur tschechisch-polnischen Grenze, aber über Österreich sehen wir nichts oder wenig."
Für Peter Pilz ist damit das Argument, Österreich sei in Gefahr, weil sein Luftraum nicht lückenlos überwacht werde, hinfällig: "Offenbar nehmen die Militärs selbst das nicht so ernst. Wozu brauchen wir also die Eurofighter?"


19.09.2002
Abfangjäger als SP-Koalitionsfrage
Die Opposition drängt auf einen Untersuchungsausschuß zum Abfangjägerkauf, Cap schließt eine Koalition mit einer Partei, die für den Kauf ist, aus.
"Bisher war ich gegen Abfangjäger. Jetzt bin ich gegen blinde Abfangjäger." Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz kritisierte am Mittwoch, daß die österreichische Luftraumüberwachung nicht funktioniere und verlangt einen Untersuchungsausschuß zum Abfangjägerkauf. Das Radarsystem Goldhaube mußte eine von drei Frequenzen abschalten, da diese tschechischen Mobilfunkbetreibern zugesprochen wurde.
Pilz wirft dem Verteidigungsministerium vor, dieses Problem seit längerem gekannt zu haben und legte ein Papier aus dem Verteidigungsministerium vor, das mit dem 5. August datiert ist. Darin wird beklagt, daß der Ausfall des Frequenzbereiches für das Radar eine "sehr eingeschränkte Beobachtungs- und de facto keine Führungsfähigkeit" zur Folge habe. Pilz zitierte ferner ein Hintergrundgespräch der Zeitschrift Jane's Defense Weekly mit dem damaligen Leiter der Luftabteilung des Verteidigungsministeriums Josef Bernecker, in dem er von einem "Schweigekegel" spricht, "wo wir nichts sehen". Demnach sehe man über Österreich am Radar "wenig oder gar nichts".
Das Ministerium bestätigte in einer Reaktion, daß eine Frequenz des Luftraumüberwachungssystems Goldhaube derzeit nicht genützt werden könne und spricht von "geringen Qualitätseinbußen". Im Ernstfall würde auf die Telephonnetze aber keine Rücksicht genommen werden.
SPÖ beantragt U-Ausschuß
In der Nationalratssitzung wird die SPÖ nun einen Untersuchungsausschuß zum Abfangjägerkauf beantragen, "um zu klären, wie weit die wirtschaftlichen Verstrickungen der Regierungsparteien im Abfangjägerdeal gehen", wie SP-Klubobmann Josef Cap erläuterte. Angesichts der jüngst geäußerten Andeutungen des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider müsse geklärt werden, ob "hier Korruption, Bestechung oder Parteienfinanzierung das richtige Wort ist". Dezidiert ausgeschlossen ist für ihn eine Koalition der SPÖ mit einer Partei, die nach der Wahl zum Abfangjägerkauf steht. VP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat warf der "derzeitigen SPÖ$!R" vor, nicht in der Lage zu sein, politische Verantwortung zu übernehmen.
Kärnten hätte profitiert
Unterdessen sorgt Haiders rigoroser Schwenk in der Abfangjäger-Frage auch innerhalb seiner Partei für Kopfschütteln. Denn Kärnten hätte von dem Kauf der Eurofighter unter allen Bundesländern am meisten profitiert: An den Gegengeschäften wären 150 Kärntner Firmen mit einem Geschäftsvolumen von zusammen 190 Millionen Euro beteiligt worden. Dies habe Haider persönlich mit einem Manager des Eurofighter-Herstellers EADS fix und fertig verhandelt - erst Anfang September habe man die Gegengeschäfte in diesem Sinn paktiert. Als er vom EADS-Mann im Zuge dieser Verhandlungen auf seine politische Agitation gegen den Jet-Kauf angesprochen wurde, habe Haider inbrünstig versichert, daß er voll und ganz zu dem Beschaffungsvorgang stehe. Doch nur zwei Tage später schwenkte der Landeshauptmann um - und ließ über Nacht jene Plakate affichieren, in denen er sich brüstet, den Kauf der Flugzeuge verhindert zu haben.


19.09.2002
Verwirrung um umstrittene Eurofighter
Neben Abschied und Bilanzen gab es gestern im Nationalrat auch inhaltliche Debatten. Allen voran das Wahlkampfthema Abfangjäger.
Im Mittelpunkt standen der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz, Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FP) und ein brisanter Akt, der Letzterem abhanden gekommen ist und von Ersterem am Mittwoch präsentiert worden war.
Aus dem Akt, so Pilz, gehe hervor, dass das Primärradarsystem "Goldhaube" wegen der kommerziellen Nutzung eines Frequenzbereichs durch einen tschechischen Mobilfunkbetreiber gar nicht mehr voll funktioniere. Wodurch die Luftraumüberwachung vom Boden aus eingeschränkt wäre, somit die geplanten Eurofighter als Beschaffung "blind und teuer" wären. Die Reaktionen des Bundesheeres auf diese Enthüllung fielen verwirrend aus. Zuerst wurde bestätigt, dass ein Frequenzbereich der "Goldhaube" tatsächlich derzeit nicht genutzt werden könne, es daher "geringe Qualitätseinbußen" gebe. Gestern kam das Dementi aus dem Verteidigungsministerium. Die passive Luftraumüberwachung sei "voll einsatzbereit, Schwachstellen" gebe es nicht.
Scheibner berichtete, dass er den Akt einsehen habe wollen, dieser sei jedoch - wie zwei weitere - aus dem Ministerium verschwunden. Die Herausgabe derartiger Akten sei Amtsmissbrauch, strafrechtlich relevant sei aber auch die Anstiftung, so Scheibner in Richtung Pilz. Der Wegfall der Frequenz bedeute nur eine "unerhebliche Reduzierung der Radardaten". Zudem müsse die "Goldhaube" 2010 ohnehin erneuert werden.
In Sachen Eurofighter betonte Scheibner: "Wir werden keine Maßnahmen setzen, die zu Schadenersatzverpflichtungen führen. Vor dem Ermächtigungsgesetz wird es keine Unterschrift unter den Kaufvertrag geben."
Auch die Kompensationsgeschäfte sorgten für Gesprächsstoff. Das Wirtschaftsministerium hat bisher darauf hingewiesen, dass mit dem Eurofighter-Kauf die schon verloren geglaubte Produktion des Jeep Grand Cherokee durch Magna-Steyr in Graz über das Jahr 20 05 hinaus gesichert werden könne. Gestern verdichteten sich die Signale, dass der Milliarden-Auftrag ohnehin nach Graz gehen soll. Für Scheibner dennoch ein "klares Signal" für die Sicherung von Arbeitsplätzen, auch wenn der Eurofighter-Vertrag "jetzt nicht unterschrieben werden kann". Anträge auf einen Untersuchungsausschuss (G) sowie Abbruch des Beschaffungsvorgangs (SP) wurden von der Koalition abgelehnt.


19.09.2002
Nationalrat lehnt U-Ausschuss zu Eurofighter-Beschaffung ab
Bürgermeister von SChwertberg berichtet von Drohung des Abzugs von Bundesheer-Hochwassereinsatz aus Schwertberg
Der Nationalrat hat am Donnerstagabend erwartungsgemäß mit der Mehrheit von ÖVP und FPÖ die Anträge von SPÖ und Grünen abgelehnt, einen Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen rund um die Abfangjäger-Beschaffung einzusetzen. Andrea Kuntzl (S) verwies in ihrer Begründung des Antrags auf Zeitungsinterviews sowie auf den "plötzlichen Wohlstand für Regierungsmitglieder". Sie sprach zudem von offenen und verdeckten Geldflüssen.
Entschädigung
Ihr Fraktionskollege Kurt Gaßner, Bürgermeister der oberösterreichischen Gemeinde Schwertberg, überraschte mit dem Bericht über einen Vorfall im Zusammenhang mit der Hochwasser-Katastrophe. Er habe damals gemeint, wenn Abfangjäger leistbar sein, müsste auch eine hundertprozentige Entschädigung für die Opfer möglich sein. Ein Offizier habe ihn in der Folge gebeten, dies nicht mehr zu sagen. Es werde schon überlegt, das Bundesheer vom Hilfseinsatz in Schwertberg abzuziehen. Den Namen des Offiziers wolle er nur dann nennen, wenn die Regierungsfraktionen einen U-Ausschuss zustimmen.
Werner Kogler (G) konnte der Causa Abfangjäger nur eine aus seiner Sicht positive Seite abgewinnen: "Ein Verdienst hat dieser ganze Vorgang um die Abfangjäger-Beschaffung ja. Der Spuk um diese blau-schwarze Bundesregierung ist dadurch beendet worden." Kogler plädierte für einen U-Ausschuss noch vor der Wahl, nur so müssten die beteiligten Personen noch unter Wahrheitspflicht aussagen.
Ernst Fink (V) kritisierte, dass von der Opposition praktisch alle Personen, die nur irgendwie am Rande mit der Beschaffung zu tun hätten, "in den Bereich der Gaunerei gestellt" würden. Überhaupt stehe hinter der Kampagne der Opposition gegen die Abfangjäger nur eines: "Sie haben Angst vor dem 24. November. Darum schütten Sie die Menschen an."
Auch Wolfgang Jung (F) wies die Vorwürfe zurück. "Nur ein Gulasch wird besser, wenn man es aufwärmt." Scharfe Kritik übte er an Gaßner und dessen "Unterstellung", der Hochwasser-Einsatz des Bundesheeres sei nach parteipolitischen Gesichtspunkten gesteuert worden: "Das Bundesheer hat sich diese Unterstellung nicht verdient." Jung würde im Gegenzug interessieren, welche "positiven Gespräche" SPÖ-Alfred Gusenbauer mit EADS-Vizechef Klaus-Dieter Bergner geführt habe, wie der EADS-Manager dies in "News" gesagt hatte.
Die nächste Sitzung des Nationalrats ist zugleich die letzte in dieser Legislaturperiode und findet morgen, Freitag, um 9 Uhr statt. Auf der Tagesordnung steht der Beschluss des 600 Millionen Schilling schweren Konjunktur- und Beschäftigungsprogramms, das die Regierung gemeinsam mit den Sozialpartnern geschnürt hat. Im Anschluss dürfte einstimmig der Beschluss zur vorzeitigen Auflösung des Nationalrats fallen. Damit ist dann der Weg frei für Nationalratswahlen am 24. November.


19.09.2002
Die Black Hawks durften der Steuer nicht davonfliegen
Während der Streit um die Abfangjäger munter weitertobt, landen, nicht ganz heimlich und auch nicht still und leise, die neuen Black Hawk-Hubschrauber mitten im Wahlkampf. Vorerst in Hörsching.
Der erste "Schwarze Falke" wird, wie auch die acht folgenden, im Käfig befördert: An Bord einer Iljuschin-Transportmaschine, die am Samstag um neun Uhr ankommen soll. Den teuren Transport aus den USA organisiert die Herstellerfirma Sikorsky. 203 Millionen Euro (2,8 Milliarden Schilling) kosten die neun Vögel inklusive Ausbildungskosten und Einfuhr-Umsatzsteuer von 20 Prozent.
Diese Steuer hätte sich das Verteidigungsministerium mit Hilfe eines Tricks gern erspart und dafür die Option auf drei weitere Helikopter wahrgenommen. Der Plan, die Hubschrauber auf dem Umweg über eine der britischen Kanalinseln (die Zoll- und Steuerparadiese Jersey oder Guernsey) in den EU-Raum zu importieren und so die saftige Abgabe einzusparen, scheiterte an rechtlicher Unsicherheit und dem Finanzministerium. Es ließ die Zusatzeinnahmen nicht davonfliegen.
Warum die Black Hawks (Nummer zwei und drei kommen am Dienstag, die restlichen bis Dezember) nach Hörsching geliefert werden, wo sie doch in Langenlebarn (Niederösterreich) stationiert werden?
Weil die Iljuschin-Transportmaschinen eine entsprechend lange Landepiste brauchen, begründet man im Ministerium. Die Vier-Blatt-Rotorflügel der Helikopter lassen sich nur zusammengeklappt befördern. Sie werden erst in Hörsching montiert. Bis zum 18. Oktober überstellen jene zwei Piloten, die bereits die Ausbildung hinter sich haben, die Hubschrauber zum Fliegerhorst Langenlebarn bei Tulln. Währenddessen läuft die Schulung der benötigten weiteren 18 Piloten.
Im Dezember wird in Hörsching das erste der gebraucht aus britischen Beständen erworbenen Hercules-Transportflugzeuge (C 130) einschweben, die zwei anderen folgen bis März. Sie werden in Oberösterreich stationiert. Für ihre Wartung muss ein alter Hangar vergrößert und adaptiert werden.


20.09.2002
Heer: Verschwundene Akten und Korruptionsverdacht
Interne Ermittlungen gegen frühpensionierten Leiter der Luftabteilung; Originalakten in drei Fällen unauffindbar.
VON WERNER BENINGER

Im Zusammenhang mit den Behauptungen des grünen Parlamentariers Peter Pilz, wonach das militärische Radarsystem "Goldhaube" nicht mehr voll einsatzfähig ist, laufen bereits seit geraumer Zeit heeresinterne Ermittlungen gegen den früheren Leiter der Abteilung Luft, Josef B. Dabei steht in drei Fällen auch der Verdacht von Korruption im Raum. Für alle drei Causen war B. zuständig, und in allen drei Fällen sind die Originalakten unauffindbar.
Mittwoch hatte Pilz mit Kopien aus einem verschwundenen Akt und einer Abschrift eines nie veröffentlichten Interviews von B. mit der militärischen Fachzeitschrift "Jane's Defense Weekly" vom 21. Juli 2001 Alarm geschlagen: Das Heer habe die oberste der drei Radarkeulen des Systems "Goldhaube", die sogenannte "Beam-Gruppe 3", abschalten müssen, weil die Frequenz einem tschechischen Mobilfunkbetreiber zugesprochen worden sei. Daher bestehe, so der von Pilz präsentierte heeresinterne, von B. bearbeitete Akt, "nur noch eine sehr eingeschränkte Beobachtungs- und de facto keine Führungsfähigkeit (für Abfangjäger, Anm. d. Red.) mehr. Das hatte B. auch zu "Jane's" gesagt.
Georg Mader, Österreich-Korrespondent von "Jane's", bestätigte der "Presse", daß man mit B. ein Interview mit diesem Inhalt zwar geführt, aber nie abgedruckt habe. B. habe eine Abschrift erhalten.
B. ist mit Beginn heurigen Jahres vom Heer frühpensioniert worden. Er hatte sich beim Abfangjägerkauf öffentlich und lange vor der offiziellen Bewertung für den Saab/Gripen stark gemacht. Deswegen bot ihm das Heer einen Deal an: Entweder B. geht freiwillig in Frühpension, oder es wird ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet.
Unabhängig davon ermittelt die interne Revision des Verteidigungsministeriums in drei Fällen gegen B.:
[*] Als Ersatz für die dem tschechischen Mobilfunkbetreiber zugesprochene Frequenz wollte B. das System "Goldhaube" um sieben Millionen Euro aufrüsten, obwohl diese Neuanschaffung nur wenige Monate genutzt worden wäre. Bereits 2000 wurden nämlich neue Radarsysteme um 28 Millionen Euro gekauft, die Ende 2002 voll einsatzfähig sind. Zudem würde, wie aus Akten des Heeres hervorgeht, durch den Wegfall der "Beam Gruppe 3" die Radarbedeckung nur marginal verschlechtert. Ein teurer Ersatz für wenige Monate sei nicht sinnvoll.
[*] Im zweiten Fall geht es um jene rund 14 Millionen Euro, die die zivile Luftraumüberwachung Austro Control dem Bundesheer jährlich verrechnet.
[*] Der dritte Fall betrifft eine hochkomplizierte, heereseigene Entwicklung zur Hochrüstung des Saab Draken, die nach Schweden verkauft wurde.
In allen drei Fällen war B. der Verantwortliche, sind die Originalakten verschwunden und steht laut Heeresinsidern auch Korruptionsverdacht im Raum. B. selbst konnte Mittwoch von der "Presse" zu keiner Stellungnahme erreicht werden.


20.09.2002
Eurofighter sponsert Klasnic-Aktion
Grüne: Inserat kostete 40.000 Euro
Warum ausgerechnet der Rüstungskonzern und Eurofighter-Hersteller EADS Ende August eine Initiative der steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic mit einer rund 40.000 Euro teuren Anzeige in der Grazer Kleinen Zeitung sponserte, will der Grünen-Landtagsabgeordnete Peter Hagenauer jetzt genau wissen. Er stellt dazu am Dienstag in der Landtagssitzung eine Anfrage an Klasnic. Im einseitigen Inserat wurde für "Kinder(er)leben" - eine Aktion zur Steigerung der seit Jahrzehnten sinkenden steirischen Fruchtbarkeitsrate - geworben und anlässlich der Flut zum "Zusammenhalt" als "oberstes Gebot" aufgerufen. EADS hatte zuvor angekündigt, zu gunsten der Organisationen, die Hochwasseropfern konkret helfen, zu inserieren. "Aber in welchen Zusammenhang steht bitte das Hochwasser und diese Aktion?", fragt Hagenauer. Aus dem Büro Klasnic heißt es dazu: "Beim Hochwasser waren auch Kinder betroffen."
Für Hagenauer ist ein anderer möglicher Zusammenhang interessanter: Habe sich doch Klasnic bis zu letzt als Fürsprecherin des Abfangjägerkaufes hervor getan.


21.09.2002
Pilz: "Scheibner soll Staatsanwalt einschalten"
Grüner bei Aktensuche "behilflich"
"Warum zögert Verteidigungsminister Herbert Scheibner bis heute, die Staatsanwaltschaft einzuschalten?" Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz stellt die Frage rhetorisch. Praktisch hat er Scheibner die Arbeit abgenommen und der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt. Inhalt: das Verschwinden dreier Akte aus dem Verteidigungsministerium, bei denen es um den Zustand des militärischen Radarsystems "Goldhaube", einen Vertrag des Verteidigungsministeriums mit der Firma Austro Control sowie einen Geheimakt aus dem Bereich der Luftraumüberwachung geht. Scheibner hatte am Donnerstag einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden des Aktes über die "Goldhaube" und einer Pressekonferenz hergestellt, bei der Pilz die Mängel beschrieben hatte. Scheibner wörtlich: "Dieser Originalakt ist verschwunden. Aber bei Ihnen ist er angekommen, Herr Abgeordneter." Pilz betont, dass er das Original weder gesehen noch daraus zitiert habe, und stellte das Scheibner gegenüber klar, der darauf zurückzog: "Ich habe Ihnen ja nicht vorgeworfen, dass Sie da irgendwie beteiligt sind." Eine Anzeige sei nicht notwendig, weil das Ministerium intern ermittle.
Genau das ist Pilz zu wenig. Außerdem sei man offensichtlich dabei, einen Beamten, "der als Kritiker der Eurofighter-Beschaffung gilt und gegen den ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde", zum Sündenbock zu stempeln. Ein Sprecher des Verteidigungsministerium weist dies zurück. Man habe auf Nachfrage lediglich "die Abteilung genannt, aus der das rausgegangen sein muss". Und für eine Anzeige müsse ein strafrechtlicher Tatbestand nachgewiesen werden. Der werde derzeit noch untersucht.


21.09.2002
Black Hawk down
Erster von neun Armeehubschraubern in Österreich gelandet
Der erste von neun "Black Hawk"-Hubschraubern für das österreichische Bundesheer ist am Samstag Vormittag am Flughafen Linz-Hörsching eingetroffen. Die Maschine kam direkt aus den USA im Bauch einer Antonov-Transportmaschine mit "angelegten" Rotor-Blättern. Am Dienstag werden die nächsten zwei Hubschrauber erwartet. In Hörsching werden sie fertig montiert und Mitte Oktober dann an ihren Stationierungsort nach Langenlebarn geflogen. Der weitere Lieferplan sieht vor, dass Mitte November und Mitte Dezember je drei weitere Hubschrauber nach Österreich gekommen. Noch in diesem Jahr sollen demnach alle Maschinen im Land sein. Mit Jahresende sollen auch 20 ausgebildete Piloten zur Verfügung stehen.
Die Kosten für die Black Hawk gibt das Verteidigungsministerium inklusive Steuern und Ausbildungskosten mit 2,8 Milliarden Schilling (203 Mill. Euro) an. Nicht gelungen ist der Versuch, die Einfuhrumsatzsteuer einzusparen und die im Budget des Verteidigungsressorts dadurch frei werdenden Mittel in weitere drei "Black Hawk" zu investieren.
Die Grundsatzentscheidung für den Kauf wurde nach der Lawinenkatastrophe von Galtür im Februar 1999 noch von der früheren rot-schwarzen Regierung getroffen. Die Typenentscheidung fällte dann aber erst mehr als eineinhalb Jahre später der freiheitliche Verteidigungsminister Herbert Scheibner.


21.09.2002
Ein Handel, der stets im Zwielicht steht
Waffenhandel gilt international als besonders korruptionsanfällig - Österreich ist nur ein Minimarkt - Von Korruption will dabei aber keiner etwas wissen
Nächste Woche salutiert einer der ranghöchsten Offiziere des Bundesheeres ab: General Peter Corrieri, der österreichische Rüstungsdirektor, war seit mehr als 16 Jahren Leiter der Beschaffungssektion des Bundesheeres. "Er ist das personifizierte Beispiel dafür, dass bei uns alles sauber ist - sonst überlebt man eine solche Funktion nicht so lange", betont Herbert Kullnig, der Sprecher des Verteidigungsministeriums: Noch nie habe es einen Fall gegeben, wo ein Beamter des Ministeriums in einen Korruptionsfall verwickelt gewesen wäre. Freilich: "Geredet wird viel", räumt Kullnig ein. Und erinnert daran, dass Ende der Achtzigerjahre sogar der Verteidigungsminister ins Visier der Ermittlungen geriet: Damals wurde Robert Lichal vorgeworfen, dass er bei der Beschaffung von Übungsmunition für die Fliegerabwehr gesetzeswidrig interveniert hätte - und dass er bestätigt hätte, für seine Frau einen "Fliederbusch" (im Gauner-Jargon: ein Bündel 1000-Schilling-Scheine) von einem Waffenhändler erhalten zu haben. Hängen geblieben ist davon trotz beispiellos gründlicher Untersuchungen nichts - der Fliederbusch dürfte ein Blumenstrauß gewesen sein, den anzunehmen unbedenklich ist.
In anderen Ländern haben Rüstungsskandale andere Dimensionen: "Da sind Minister reihenweise gestürzt", sagt Georg Mader, Österreich-Korrespondent des Militärfachverlags Jane's unter Hinweis auf den belgischen Expremier Willy Claes und seinen Verteidigungsminister Guy Coëme, die 1988 46 italienische Agusta-Helikopter beauftragten - die Sozialistische Partei schnitt kräftig mit.
Und er nennt noch spektakulärere Fälle: "Am kuriosesten ist Bangladesch, wo 1999 acht MiG-29 gekauft wurden, die dieses arme Land offenbar nicht betreiben kann - jetzt werden diese Flugzeuge auf dem Weltmarkt angeboten." Der inzwischen abgelösten Regierung von Sheikh Hasina wird vorgeworfen, sich an dem 123-Millionen-Dollar-Deal bereichert zu haben.
Bewiesen ist bisher nichts. Für Mader ist das systemimmanent: "Rüstungsgeschäfte erleichtern durch die damit verbundene Geheimhaltung Korruption und undurchsichtige Geschäfte. Vielleicht wird das aber auch total überbewertet. Das Einzige, worauf man fast wetten kann, ist, dass bei jedem Rüstungsgeschäft der eine Konkurrent über den anderen Konkurrenten Gerüchte streut." Was bei den infrage stehenden Summen verständlich wird: Rüstungsbeschaffungen sind typischerweise die größten Einzelposten in nationalen Budgets - je kleiner oder ärmer das Land ist, desto mehr fallen Waffenkäufe ins Gewicht.
Eine im August veröffentlichte Studie des US-Kongresses beziffert den internationalen Waffenhandel mit 26,4 Milliarden Dollar für 2001 und sogar 40 Milliarden für 2000. Allein die USA führten demnach im Jahr 2001 Waffen um 12,1 Milliarden Dollar aus, Russland ist mit 5,8 Milliarden (und einem stabilen Markt in Entwicklungsländern) der zweitgrößte, Frankreich mit 2,9 Milliarden der drittgrößte Waffenexporteur.
Selbst wenn es bei einem Land wie Österreich "nur um absolute Peanuts" (Mader) geht, ist das für das Land viel Geld und für den Lieferanten ein interessantes Geschäft.
So interessant, dass Untergriffe an der Tagesordnung sind. Da geht es weniger um Storys wie jene, dass einem Landeshauptmann geraten wird, auf die Familie aufzupassen und den Abfangjägerkauf nicht zu blockieren. Sondern um die hinter vorgehaltener Hand ausgestreuten Gerüchte, dass 0,6 Prozent des Kaufpreises als "commission" gezahlt würden.
Bezeugen will das natürlich niemand - aber wenn die Story geglaubt wird, dann könnte das dazu führen, dass die Karten neu gemischt werden und andere Anbieter wieder zum Zug kommen. Unterschleife werden als ganz normal gesehen. Die Organisation "Transparency International" befragte international 835 Führungs- kräfte: "Wie wahrscheinlich ist es in den folgenden Wirtschaftsbranchen, dass hochrangige Amtsträger Schmiergelder verlangen oder annehmen?" Die Rüstungsbranche rangiert auf diesem Index mit 1,9 unmittelbar hinter der Baubranche (1,3) und deutlich vor der Ölindustrie.
Andererseits sind nicht alle Kommissionen und Provisionen, die bei Rüstungsgeschäften gezahlt werden, anrüchig: Heinz Apenzeller hat etwa über Jahre ein Büro in Wien unterhalten, um den Markt für Militärhubschrauber zu sondieren. Die Mühe hat gelohnt: Heute, Samstag, kommen die ersten Black-Hawk-Hubschrauber für das Bundesheer in Linz an - die Provision für das 208-Millionen-Euro-Geschäft war hart verdient.
Über die Höhe gibt es keine Auskunft - sie gehe weder das Bundesheer noch die Öffentlichkeit etwas an.


22.09.2002
Haider war von Eurofighter-Angebot "sehr angetan"
Im Gegensatz zu seiner in der Öffentlichkeit geäußerten Ablehnung eines Abfangjäger-Ankaufs, soll der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) dem Eurofighter-Hersteller EADS persönliche Unterstützung angeboten haben. In der am Montag erscheinenden Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil" berichtet Klaus-Dieter Bergner, Senior Vice-President von EADS, über ein persönliches Gespräch mit Haider im Vorfeld der Entscheidung über den Abfangjäger-Kauf. Im Zusammenhang mit geplanten Gegengeschäften habe EADS "jedem Landeshauptmann ein Angebot für sein Bundesland vorgelegt", so Bergner.
"Haider war von unserem Angebot sehr angetan"
In dem Gespräch mit Haider habe der EADS-Manager für Kärnten einen Anteil "zwischen zehn und 15 Prozent der Gegengeschäfte" in Aussicht gestellt, was Aufträgen in einer Größenordnung von 400 bis 600 Millionen Euro entspräche. "Haider war von unserem Angebot sehr angetan und hat gesagt: Ihr kriegt von mir jede Unterstützung, die ihr braucht", erklärte Bergner laut "profil"-Vorausmeldung.
"Es gehört nicht zu unseren ethischen Grundsätzen, irgend jemanden zu bedrohen"
Im Zusammenhang mit Haiders Behauptungen, kürzlich wegen seiner Ablehnung des Abfangjäger-Kaufs bedroht worden zu sein, hält Bergner fest, dass es sich bei EADS und dem Eurofighter-Konsortium um "seriöse Unternehmen" handle. "Es gehört nicht zu unseren ethischen Grundsätzen, irgend jemanden zu bedrohen", betont der EADS-Manager. "Es ist weder unser Stil, noch haben wir solche Methoden nötig."
Haider weist Aussagen von EADS-Manager zurück
Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) wies am Sonntag die Aussagen von Klaus-Dieter Bergner, Senior Vice-President von EADS, zurück, es habe konkrete Angebote für die Kompensationsgeschäfte im Zusammenhang mit der Beschaffung der Eurofighter gegeben.
Keine konkreten Angebote für Kompensationsgeschäfte
Bergner hatte in einem "profil"-Interview erklärt, er habe mit Haider bezüglich der Eurofighter ein persönliches Gespräch geführt und einen Anteil für Kärnten im Ausmaß von zehn bis 15 Prozent der Gegengeschäfte in Aussicht gestellt. Haider meinte dazu, es habe außer einer losen Zusage, im geplanten Klagenfurter Lakeside-Softwarepark eine Softwarefirma zu gründen, kein einziges konkretes Angebot an Kärnten gegeben. EADS sei insgesamt bisher nicht in der Lage gewesen, seine Vorstellungen zu konkretisieren. Lediglich der Zuschlag von Daimler-Chrysler an Magna-Steyr in Graz könne als möglicher Vorgriff auf Gegengeschäfte gesehen werden. Haider betonte, der Ankauf der Abfangjäger solle verschoben werden, er schließe sich hier der Argumentation des neuen FP-Obmanns Mathias Reichhold an, dass noch viele Fragen zu klären seien.


22.09.2002
Haider war von Eurofighter-Angebot "sehr angetan"
Im Gegensatz zu seiner in der Öffentlichkeit geäußerten Ablehnung eines Abfangjäger-Ankaufs, soll der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) dem Eurofighter-Hersteller EADS persönliche Unterstützung angeboten haben. In der am Montag erscheinenden Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil" berichtet Klaus-Dieter Bergner, Senior Vice-President von EADS, über ein persönliches Gespräch mit Haider im Vorfeld der Entscheidung über den Abfangjäger-Kauf. Im Zusammenhang mit geplanten Gegengeschäften habe EADS "jedem Landeshauptmann ein Angebot für sein Bundesland vorgelegt", so Bergner.
"Haider war von unserem Angebot sehr angetan"
In dem Gespräch mit Haider habe der EADS-Manager für Kärnten einen Anteil "zwischen zehn und 15 Prozent der Gegengeschäfte" in Aussicht gestellt, was Aufträgen in einer Größenordnung von 400 bis 600 Millionen Euro entspräche. "Haider war von unserem Angebot sehr angetan und hat gesagt: Ihr kriegt von mir jede Unterstützung, die ihr braucht", erklärte Bergner laut "profil"-Vorausmeldung.
"Es gehört nicht zu unseren ethischen Grundsätzen, irgend jemanden zu bedrohen"
Im Zusammenhang mit Haiders Behauptungen, kürzlich wegen seiner Ablehnung des Abfangjäger-Kaufs bedroht worden zu sein, hält Bergner fest, dass es sich bei EADS und dem Eurofighter-Konsortium um "seriöse Unternehmen" handle. "Es gehört nicht zu unseren ethischen Grundsätzen, irgend jemanden zu bedrohen", betont der EADS-Manager. "Es ist weder unser Stil, noch haben wir solche Methoden nötig."
Haider weist Aussagen von EADS-Manager zurück
Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) wies am Sonntag die Aussagen von Klaus-Dieter Bergner, Senior Vice-President von EADS, zurück, es habe konkrete Angebote für die Kompensationsgeschäfte im Zusammenhang mit der Beschaffung der Eurofighter gegeben.
Keine konkreten Angebote für Kompensationsgeschäfte
Bergner hatte in einem "profil"-Interview erklärt, er habe mit Haider bezüglich der Eurofighter ein persönliches Gespräch geführt und einen Anteil für Kärnten im Ausmaß von zehn bis 15 Prozent der Gegengeschäfte in Aussicht gestellt. Haider meinte dazu, es habe außer einer losen Zusage, im geplanten Klagenfurter Lakeside-Softwarepark eine Softwarefirma zu gründen, kein einziges konkretes Angebot an Kärnten gegeben. EADS sei insgesamt bisher nicht in der Lage gewesen, seine Vorstellungen zu konkretisieren. Lediglich der Zuschlag von Daimler-Chrysler an Magna-Steyr in Graz könne als möglicher Vorgriff auf Gegengeschäfte gesehen werden. Haider betonte, der Ankauf der Abfangjäger solle verschoben werden, er schließe sich hier der Argumentation des neuen FP-Obmanns Mathias Reichhold an, dass noch viele Fragen zu klären seien.


22.09.2002
EADS-Manager: Haider war von Eurofighter-Angebot "sehr angetan"
Kärntner Landeshauptmann hat laut Bergner persönliche Unterstützung für Abfangjäger-Kauf angeboten
Im Gegensatz zu seiner in der Öffentlichkeit geäußerten Ablehnung eines Abfangjäger-Ankaufs, soll der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) dem Eurofighter-Hersteller EADS persönliche Unterstützung angeboten haben. In der am Montag erscheinenden Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil" berichtet Klaus-Dieter Bergner, Senior Vice-President von EADS, über ein persönliches Gespräch mit Haider im Vorfeld der Entscheidung über den Abfangjäger-Kauf. Im Zusammenhang mit geplanten Gegengeschäften habe EADS "jedem Landeshauptmann ein Angebot für sein Bundesland vorgelegt", so Bergner. In dem Gespräch mit Haider habe der EADS-Manager für Kärnten einen Anteil "zwischen zehn und 15 Prozent der Gegengeschäfte" in Aussicht gestellt, was Aufträgen in einer Größenordnung von 400 bis 600 Millionen Euro entspräche. "Haider war von unserem Angebot sehr angetan und hat gesagt: Ihr kriegt von mir jede Unterstützung, die ihr braucht", erklärte Bergner laut "profil"-Vorausmeldung.
Im Zusammenhang mit Haiders Behauptungen, kürzlich wegen seiner Ablehnung des Abfangjäger-Kaufs bedroht worden zu sein, hält Bergner fest, dass es sich bei EADS und dem Eurofighter-Konsortium um "seriöse Unternehmen" handle. "Es gehört nicht zu unseren ethischen Grundsätzen, irgend jemanden zu bedrohen", betont der EADS-Manager. "Es ist weder unser Stil, noch haben wir solche Methoden nötig."
Haider weist Aussagen zurück
Haider wies am Sonntag die Aussagen von Klaus-Dieter Bergner umgehend zurück. In einer Aussendung heißt es, es habe außer einer losen Zusage, im geplanten Klagenfurter Lakeside-Softwarepark eine Softwarefirma zu gründen, kein einziges konkretes Angebot an Kärnten gegeben.
EADS sei insgesamt bisher nicht in der Lage gewesen, seine Vorstellungen zu konkretisieren. Lediglich der Zuschlag von Daimler-Chrysler an Magna-Steyr in Graz könne als möglicher Vorgriff auf Gegengeschäfte gesehen werden. Haider betonte, der Ankauf der Abfangjäger solle verschoben werden, er schließe sich hier der Argumentation des neuen FP-Obmanns Mathias Reichhold an, dass noch viele Fragen zu klären seien.


23.09.2002
Eurofight-Club
Der Eurofighter-Deal dominiert den beginnenden Wahlkampf und die FPÖ-internen Auseinandersetzungen. Nun droht das Milliardengeschäft endgültig zu platzen.
Von Gernot Bauer und Thomas Hofer

Jörg Haider sucht den kleinen Mann. Nicht irgendeinen: Der kleine Mann misst ungefähr 165 Zentimeter, hat blondes, schütteres Haar, ist schlecht rasiert, im Großen und Ganzen allerdings eine „Durchschnittserscheinung“. Als er auf Haider traf, trug der kleine Mann ein graues Sakko und ein hellblaues Hemd.
Freitag vergangener Woche veröffentlichte die Bundespolizeidirektion Klagenfurt ein Phantombild samt Beschreibung jenes Mannes, der den Kärntner Landeshauptmann Freitag vorvergangener Woche mit den Worten „Herr Doktor Haider, behindern Sie nicht den Kauf der Abfangjäger, und passen Sie auf Ihre Familie auf“ bedroht haben und ihn damit zum endgültigen Rückzug aus der Bundespolitik bewegt haben soll.
Die angebliche Drohung gegen Haider ist der groteske Höhepunkt in der innenpolitischen Auseinandersetzung um die Anschaffung neuer Abfangjäger, die mit entscheidend für die Implosion der FPÖ war und nun die erste Phase des Wahlkampfes dominiert. In Ottobrunn bei München, dem Sitz des Eurofighter-Herstellers EADS, beobachtet man die jüngsten Geschehnisse in Österreich mit zunehmender Fassungslosigkeit und Nervosität. Kein Wunder: Der Milliarden-Euro-Deal steht an der Kippe und droht nun zu platzen.
Auf Jörg Haiders Andeutungen, hinter der Bedrohung stünde die Abfangjäger-Lobby, reagierte EADS pikiert. Man verwahre sich gegen „jegliche Äußerungen, die EADS in die Nähe angeblicher Unregelmäßigkeiten rücken“ würden.
Verschwörungen
In Teilen der FPÖ wird ungeachtet der deutschen Beschwerden heftig an Verschwörungstheorien gebastelt. Im Mittelpunkt: die Wirtschaftslobbys rund um EADS. Und man will bereits einen Verdächtigen ausgemacht haben: Klaus-Dieter Bergner, Vice-President von EADS mit dem Aufgabengebiet Zentral- und Osteuropa, gebürtiger Bürger der DDR. Bergners frühere Leitungsfunktion in der DDR-Fluggesellschaft Interflug GmbH sehen einige Blaue als Beweis für eine angebliche Stasi-Vergangenheit des EADS-Managers, was Bergner gegenüber profil eher belustigt ins Reich der Fantasie verweist: „Ich war und bin bei keinem Geheimdienst“.
Auch Jörg Haiders einstige Weggefährten, Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer und Finanzminister Karl-Heinz Grasser, müssen sich weiterhin mit diffusen Beschuldigungen in Zusammenhang mit dem Abfangjäger-Deal herumschlagen. Zwar ergaben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien aufgrund jener anonymen Anzeige vom Juli, in der massive Korruptionsvorwürfe gegen blaue Spitzenpolitiker erhoben wurden, keinerlei Anhaltspunkte für die Vorwürfe. In der FPÖ-internen Gerüchteküche brodelt es dennoch weiterhin. Riess-Passer, so eine Variante, hätte nun tatsächlich eine Villa in einem Wiener Außenbezirk erworben, allerdings nicht das bislang kolportierte Penthouse auf der Hohen Warte in Döbling. Die Vizekanzlerin in statu abeundi reagiert auf die Verdächtigungen verbittert: „Diese Ekel erregenden Gerüchte bestätigen meine Rücktrittsentscheidung nur nachträglich.“
Karl-Heinz Grasser lässt die ihn betreffenden jüngsten Ondits ebenfalls heftig dementieren. Der FP-nahe Wiener Immobilientreuhänder Ernst Karl Plech soll für den Finanzminister einen Küstenstreifen im fernen Australien gekauft haben. Unfug, heißt es aus Grassers Büro. Nach dem Ausscheiden aus dem Amt sei bloß ein längerer Urlaub mit seinem Pressesprecher in Down Under geplant, abgesehen von Urlaubskosten seien keine weiteren Investitionen in Australien vorgesehen.
Gegengeschäfte
Doch nicht nur die Gerüchte über Unregelmäßigkeiten sorgen bei EADS für Verstimmung. Darüber hinaus gibt es Irritationen mit dem Wirtschaftsministerium. Beim Eurofighter-Produzenten wird davon ausgegangen, dass der Vertrag zwischen Frank Stronachs Magna-Steyr und DaimlerChrysler über die weitere Produktion von Jeep Cherokees, der Freitag vergangener Woche unterzeichnet wurde, in die zukünftigen Gegengeschäfte eingerechnet werden wird. Im Wirtschaftsministerium will man das so allerdings vorderhand nicht bestätigen. Aus dem Büro von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein heißt es, dass dies noch zur Verhandlung stünde.
Im Wirtschaftsministerium gibt man sich dieser Tage ohnehin zurückhaltend, nachdem Bundeskanzler Wolfgang Schüssel vor zwei Wochen die endgültige Entscheidung über die Beschaffung der Abfangjäger auf die Zeit nach den Wahlen verschoben hat. Dennoch gehen die Verhandlungen – sowohl im Wirtschaftsministerium über die Gegengeschäfte als auch im Verteidigungsministerium über den Ankauf der Jets – munter weiter. Jene zwischen EADS und dem Bundesheer sollen so gut wie abgeschlossen sein. Verteidigungsminister Herbert Scheibner versicherte vergangene Woche allerdings, er werde bis zu den Neuwahlen keinen Vertrag unterschreiben.
Scheibners Untergebene dürften derzeit hoffen und bangen. Trotz der Festlegung der SPÖ, weder Abfangjäger anzuschaffen noch mit einer Pro-Abfangjäger-Partei koalieren zu wollen, setzt man in hochrangigen Militärkreisen darauf, auch bei einer Regierungsbeteiligung der SPÖ Ersatz für die altersschwachen Draken zu erhalten. Das Szenario: Die SPÖ könnte nach einer Phase der Abkühlung mit dem Hinweis auf internationale Verpflichtungen Österreichs bereit sein, Saab-Gripen-Abfangjäger zu leasen, statt EADS-Eurofighter zu kaufen.
EADS dürfte wohl nur mehr dann eine Chance auf den Abschluss des Geschäfts haben, sollte auch die nächste Regierung scharz-blau sein. Doch selbst im Falle eines Revivals der ÖVP-FPÖ-Koalition ist der Deal für EADS keineswegs garantiert. Verteidigungsminister Herbert Scheibner soll unlängst im innersten Kreis von einem möglichen Scheitern der Verhandlungen mit dem europäischen Konzern gesprochen haben: Das auf dem Tisch liegende Angebot für die 18 Eurofighter sei, so der Minister jüngst zu Vertrauten, mit kolportierten 1,8 Milliarden Euro ohnehin viel zu hoch. Ein Scheitern der Verhandlungen sei damit noch vor dem Wahltermin durchaus möglich.


23.09.2002
Blindflug
Zwei alte Kontrahenten lieferten einander Donnerstag vergangener Woche ein verbales Duell im Nationalrat: Peter Pilz, Abgeordneter der Grünen, und Herbert Scheibner, Verteidigungsminister. Im Rahmen eines „dringlichen Antrags“ erneuerte Pilz seine Vorwürfe, die österreichische Luftraumüberwachung, das so genannte System Goldhaube, sei „blind“ und nicht mehr voll einsetzbar. Der Grund: Eine zur Überwachung notwendige Frequenz könne vom Bundesheer nicht mehr genutzt werden, da sie von einem tschechischen Mobilfunkbetreiber verwendet werde. Scheibner wies Pilz’ Kritik zurück: Das Radarüberwachungssystem sei trotz der fehlenden Frequenz voll einsatzfähig. Gleichzeitig warf Scheibner Pilz vor, die vertraulichen Informationen aus einem Akt des Verteidigungsministeriums bezogen zu haben, der verschwunden sei. Auch zwei weitere Akten seien nicht mehr auffindbar.
Freitag vergangener Woche legte der grüne Abgeordnete nach. Bei der Staatsanwaltschaft Wien deponierte Pilz eine Sachverhaltsdarstellung in Zusammenhang mit den verschwundenen Akten. Pilz: „Ich frage mich, warum Scheibner bis heute gezögert hat, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, wenn vertrauliche Akten entwendet werden.“ Aus Scheibners Büro heißt es, dass seit Monaten in der Angelegenheit intern ermittelt werde. Solange allerdings noch nicht geklärt sei, ob es Hinweise auf strafrechtlich relevante Handlungen gebe, sei eine Einschaltung der Staatsanwaltschaft nicht zweckmäßig.


24.09.2002
Österreichs Sicherheitspolitik - ein Trümmerhaufen?
Die Argumente gegen den Kauf von Abfangjägern sind an Absurdität nicht mehr zu überbieten.
GASTKOMMENTAR VON ROLF M. URRISK-OBERTYNSKI
Der Autor ist Brigadier im Österreichischen Bundesheer.

Bundeskanzler Schüssel hat mit seiner Entscheidung, den Kauf der "Abfangjäger" zu verschieben, vermutlich versucht, zu retten, was zu retten ist. Die für Österreichs Sicherheit und deren Glaubwürdigkeit unabdingbare Beschaffung sollte so aus dem Wahlkampf herausgehalten werden. Er hat aber die Rechnung ohne die anderen Parteien gemacht. Die Folge ist ein Trümmerhaufen, verursacht von FPÖ, SPÖ und Grünen.
Bislang hat nur Dr. Van der Bellen wegen mangelnder Kenntnisse der Grundrechnungsarten aufhorchen lassen. Nun folgt ihm unbeirrt Dr. Gusenbauer, wenn er meint, "entweder 1 Abfangjäger oder 2000 neue (also zusätzliche!) Arbeitsplätze". Da muß zunächst festgestellt werden, daß sich die Kosten für die Beschaffung von 18 Maschinen, geht man von einer 30jährigen Nutzungsdauer der Kampfflugzeuge aus, pro Jahr auf rund 60 Millionen belaufen. Zum Vergleich: Für die Bundestheater werden jährlich 137 Millionen aus Steuermitteln (also mehr als das Doppelte!) aufgebracht (für die Wiener U-Bahn sind es immerhin 109 Mill., die u. a. auch von den Tirolern oder Steirern beigesteuert werden). Ob der berühmte "kleine Mann" des Dr. Haider davon mehr profitiert als von Ausgaben für seine Sicherheit, darf bezweifelt werden. Hier würde sich für die Volksbegehrer doch eine neues Betätigungsfeld bieten, unter dem Motto: "Statt millionenteuerer Schauspielereien für die Reichen - Arbeit für die Basis".
Folgt man der absurden Logik des Dr. Gusenbauer, der meint, mit 3,7 Millionen (Jahresbeschaffungskosten eines Flugzeuges) 2000 Arbeitsplätze schaffen zu können, dann würde das bedeuten, daß die Streichung der Subventionierung für die Bundestheater gleich 6850 Arbeitsplätze bringt.
Das ist in beiden Fällen natürlich ein absoluter Schwachsinn. Wahr ist vielmehr, und man verfolge nur die Meldungen aus der österreichischen Wirtschaft, daß Tausende vorhandene (!) Arbeitsplätze durch die Stornierung verloren gehen und kein einziger neuer dadurch geschaffen wird - und das geballt in den Krisenregionen: Allein bei Magna und Fischer gehen dadurch Aufträge im Wert von 800 Millionen verloren. Gleiches gilt natürlich auch für die Bundestheater, deren Subventionierung vorhandene Arbeitsplätze sichert und neue schafft und nicht umgekehrt.
Die derzeitige Situation ist aber nur die Folge verheerender Fehler in der Information der Bevölkerung und bei der Argumentation über Sinn und Zweck der Kampfflugzeuge durch die Regierung, leider aber auch durch das Bundesheer selbst und des lustlosen Wegschiebens des Problems durch Jahrzehnte hindurch. Die überfallsartige Reduzierung der Stückzahl von ursprünglich 24 (+ 6 wohlgemerkt!) auf 24 - 6, und das auch noch mehr oder weniger im Zusammenhang mit den Folgen der Hochwasserkatastrophe gesetzt, hat der Glaubwürdigkeit der vorhandenen Argumente noch den letzten Rest gegeben.
So wie es beim Beitritt zur EU nicht um den berühmten "Tausender" für jeden Bürger gegangen ist, so geht es bei der Flugzeugbeschaffung nicht in erster Linie um neue Arbeitsplätze (das alles sind angenehme Nebeneffekte), es geht um die Bewahrung der äußeren Sicherheit dieses Landes gegen jede Art der Bedrohung und es geht um unsere Glaubwürdigkeit und das Vertrauen unserer Nachbarn in uns. Es geht aber auch um die wirtschaftliche Sicherheit, da durch den Kauf verstärktes Vertrauen in unsere Wirtschaft gesetzt und uns damit erst Zugang zu Hochtechnologie ermöglicht wird.


25.09.2002
Abfangjäger: Lockheed vermutet Parteienfinanzierung
Schwere Vorwürfe gegen das Verteidigungsministerium im Zusammenhang mit der Abfangjäger-Entscheidung für den Eurofighter erhebt der Vizepräsident des unterlegenen Flugzeugherstellers Lockheed Martin, Alan Bonderud.
In der Donnerstag-Ausgabe der "Presse" stellt Bonderud mögliche Parteienfinanzierungen in den Raum. Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ) dementiert.
"Keine Kommissionen bezahlt"
Den Grund dafür, dass Lockheed Martin den Auftrag nicht bekommen habe, sieht Bonderud darin, dass man "keine Kommissionen bezahlt" habe.
"Direkt hat niemand von uns die Zahlung von Kommissionen verlangt. Aus Hintergrundgesprächen im Verteidigungsministerium war mein Eindruck, dass von den anderen Anbietern substantielle Kommissionen bezahlt werden. Aber beweisen kann ich es nicht."
Hinter dieser Bezeichnung verstecken sich laut "Presse" gerne neben Marketing-Ausgaben auch Parteifinanzierungen. Lockheed Martin habe auch nicht die vom Verteidigungsministerium erbetenen Inserate bezahlt, erklärte Bonderud.
Scheibner schließt Unregelmäßigkeiten aus
Scheibner schließt hingegen in der "Presse" aus, dass es Unregelmäßigkeiten in seinem Bereich gegeben habe. Auch den konkreten Vorwurf der Provisionszahlungen weist der Verteidigungsminister zurück.


25.09.2002
Abfangjäger: F-16 Hersteller Lockheed vermutet Parteienfinanzierung
Bonderud hat den Eindruck, dass von anderen Anbietern "substantielle Kommissionen" bezahlt werden - Scheibner dementiert
Schwere Vorwürfe gegen das Verteidigungsministerium im Zusammenhang mit der Abfangjäger-Entscheidung für den Eurofighter erhebt der Vizepräsident des unterlegenen Flugzeugherstellers Lockheed Martin, Alan Bonderud, der mit der F-16 das billigste Angebot gelegt hatte. In der Donnerstag-Ausgabe der "Presse" stellt Bonderud mögliche Parteienfinanzierungen in den Raum. Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) dementiert. Den Grund dafür, dass Lockheed Martin den Auftrag nicht bekommen habe, sieht Bonderud darin, dass man "keine Kommissionen bezahlt" habe. "Direkt hat niemand von uns die Zahlung von Kommissionen verlangt. Aus Hintergrundgesprächen im Verteidigungsministerium war mein Eindruck, dass von den anderen Anbietern substantielle Kommissionen bezahlt werden. Aber beweisen kann ich es nicht." Hinter dieser Bezeichnung verstecken sich laut "Presse" gerne neben Marketing-Ausgaben auch Parteifinanzierungen. Lockheed Martin habe auch nicht die vom Verteidigungsministerium erbetenen Inserate bezahlt, erklärte Bonderud.
Der Amerikaner beurteilt auch die politische Verantwortung: "Kanzler Wolfgang Schüssel war ehrlich, der wollte nur die Fakten. Aber Herbert Scheibner (Verteidigungsminister, Anm.) muss alles gewusst haben, was sich in seinem Ministerium abgespielt hat." Dem Bundeskanzler hingegen seien vom Verteidigungsministerium nicht nur wichtige Informationen vorenthalten worden, Schüssel sei sogar falsch informiert worden.
Bonderud wirft dem Verteidigungsministerium vor, die F-16 nie wirklich bewertet zu haben. Das zeige alleine die Tatsache, dass die F-16 bereits im Frühjahr ausgeschieden worden sei - mit dem Scheinargument, dass das Radar nicht den österreichischen Anforderungen entspreche.
Scheibner schließt hingegen in der "Presse" aus, dass es Unregelmäßigkeiten in seinem Bereich gegeben habe. "Ich gehe doch nicht davon aus, dass Großkonzerne so etwas ernsthaft überlegen." Auch den konkreten Vorwurf der Provisionszahlungen weist der Verteidigungsminister zurück: "Das ist das übliche Spiel bei Großprojekten, solche Gerüchte tauchen immer auf. Die unterlegene Firma wirft den anderen Unregelmäßigkeiten vor. Da sollen einmal Beweise auf den Tisch gelegt werden." Dann könne man gegebenenfalls auch klagen.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums begründete in der "Presse" das Ausscheiden der F-16 damit, dass die Amerikaner an ihrer eigenen Bürokratie gescheitert seien. Sie seien nämlich nicht in der Lage gewesen, fixe Preise für das verlangte Radar auszupreisen und schriftlich nachzuweisen, dass dieses Gerät tatsächlich den von Österreich verlangten Spezifikationen entspricht. Dies könne man anhand von Dokumenten lückenlos nachweisen. Zu der von Bonderud behaupteten Weigerung von Lockheed Martin, Inserate zu bezahlen, sagt der Scheibner-Sprecher: Die Amerikaner hätten genauso wie ihre beiden Konkurrenten ein Inserat in der Zeitung der "Aktion Unabhängiger Freiheitlicher Heeresangehöriger" bezahlt. In der zweiten Ausgabe dieser Zeitschrift der Freiheitlichen Personalvertreter seien aber nur noch EADS und Saab vertreten gewesen. Mit dem Verteidigungsministerium habe das nichts zu tun, von diesem sei nie um irgendwelche Inserate gebeten worden.


26.09.2002
Scheibner: "Das ist das übliche Spiel"
Der Minister wehrt sich gegen die Vorwürfe: "Man soll Beweise vorlegen." Persönlich ziehe er sich nun "in die zweite Reihe zurück".
VON RAINER NOWAK

Über Abfangjäger will Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FP) eigentlich gar nicht reden. Nachdem sein einstiges Projekt vorerst auf Eis gelegt wurde, meint er im Gespräch mit der "Presse": "Ich bin nicht mehr bereit, in diesem Spielchen mitzumachen, wo nur mehr über Abfangjäger diskutiert und so getan wird, als gäbe es keine anderen Themen in der Verteidigungspolitik."
Es sei etwa unverantwortlich, wie die SPÖ gegen das Bundesheer Stimmung mache. "Gerade, wo das Heer etwa beim Hochwasser unter Beweis gestellt hat, daß die gestellten Aufgaben bewältigt werden können." Daß die Abfangjäger nicht mehr in dieser Legislaturperiode angeschafft werden, "ist nicht meine Schuld." Scheibner: "Ich weiß, daß alle anderen wissen, daß dieses Projekt notwendig ist, und ich bin sicher, daß es von der nächsten Regierung umgesetzt wird - egal wie diese aussieht."
Zu den massiven Vorwürfen, in der Ausschreibungsphase seien von Anbietern Provisionen gezahlt und verlangt worden, meint Scheibner: "Das ist das übliche Spiel bei Großprojekten, solche Gerüchte tauchen immer auf. Die unterlegene Firma wirft den anderen Unregelmäßigkeiten vor. Da sollen einmal Beweise auf den Tisch gelegt werden." Dann könne man gegebenenfalls auch klagen, so der Verteidigungsminister. Er schließt aus, daß es Unregelmäßigkeiten in seinem Bereich gegeben habe. "Ich gehe doch nicht davon aus, daß Großkonzerne so etwas ernsthaft überlegen."
Er sei nicht frustriert, meint Scheibner. Viele Projekte seien erfolgreich umgesetzt worden. "Jetzt kommen die Ergebnisse, die Hubschrauber, die Transportflugzeuge." Auch die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin sei gelungen. Ob er noch einmal Verteidigungsminister werden wolle, läßt er offen: "Ich habe immer gesagt, daß ich kein Sesselkleber bin."
Ob er auf der Bundesliste antrete? "Die Wiener Parteifreunde" hätten angefragt, ob er wieder auf der Wiener Liste kandidieren wolle. Er stehe zwar prinzipiell zur Verfügung, "aber das muß man erst besprechen. Ich gehe jetzt einmal in die zweite, dritte Reihe."


26.09.2002
F-16-Manager attackiert Scheibner: "Eindruck, daß Geld geflossen ist"
Schwere Vorwürfe erhebt ein Manager von Lockheed Martin: Beim Abfangjäger-Entscheid sollen "Kommissionen" verlangt und gezahlt worden sein. Minister Scheibner spricht von haltlosen Gerüchten.
VON ANDREAS UNTERBERGER UND WERNER BENINGER

Alan Bonderud, Vizepräsident des Flugzeugherstellers Lockheed Martin, hat mit der F-16 das eindeutig billigste Angebot für Abfangjäger gelegt. Warum seine Firma den Auftrag trotzdem nicht bekam, ist für Bonderud ziemlich klar: "Erstens haben wir keine Kommissionen bezahlt."
Hinter dieser Bezeichnung verstecken sich gerne neben Marketing-Ausgaben auch Parteifinanzierungen. Bonderud sagt im Gespräch mit der "Presse" wörtlich: "Direkt hat niemand von uns die Zahlung von Kommissionen verlangt. Aus Hintergrundgesprächen im Verteidigungsministerium war mein Eindruck, daß von den anderen Anbietern substantielle Kommissionen bezahlt werden. Aber beweisen kann ich es nicht." Lockheed Martin habe auch nicht die - wie Bonderud sagt - vom Verteidigungsministerium erbetenen Inserate bezahlt.
Der Amerikaner läßt sich auch eine Beurteilung der politischen Verantwortung entlocken: "Kanzler Wolfgang Schüssel war ehrlich, der wollte nur die Fakten. Aber Herbert Scheibner (Verteidigungsminister, Anm.) muß alles gewußt haben, was sich in seinem Ministerium abgespielt hat." Dem Bundeskanzler hingegen seien vom Verteidigungsministerium nicht nur wichtige Informationen vorenthalten worden, Schüssel sei sogar falsch informiert worden.
Bonderuds Vorwürfe an das Verteidigungsministerium sind jedenfalls massiv: Dort sei die F-16 nie wirklich bewertet worden. Das zeige alleine die Tatsache, daß die F-16 bereits im Frühjahr ausgeschieden worden sei - mit dem Scheinargument, daß das Radar nicht den österreichischen Anforderungen entspreche. Als "Die Presse" das vorzeitige Ausscheiden der F-16 vor dem Sommer aufdeckte, habe das Verteidigungsministerium den Artikel dementiert.
700 Millionen € billiger
In Reaktion auf den "Presse"-Bericht versicherten die US-Militärbehörden dem österreichischen Verteidigungsministerium, daß das F-16-Radar die Anforderungen der Ausschreibung zur Gänze erfülle. Zusätzlich betont Bonderud, daß sogar die am Eurofighter-Hersteller EADS beteiligten Franzosen die Bewertung der Österreicher, daß die F-16 nicht ihren Ansprüchen genüge, als "lächerlich" bezeichnet hätten. Besonders engagiert wehrt er sich gegen den Vorwurf, die F-16 seien gebrauchte und nicht mehr zeitgemäße Flugzeuge: Zum einen habe Lockheed Martin auch eine komplett neue Version angeboten, die mit rund 1,4 Milliarden Euro noch immer deutlich billiger als die beiden Konkurrenten gewesen wäre (Gripen: 1,9, Eurofighter 2,1 Milliarden Euro bei sofortiger Zahlung, Anm. d. Red). Zum anderen seien die generalüberholten "Midlife Update" F-16 auf neuesten Stand gebracht. Allein während der Verhandlungen mit Österreich seien weitere 320 F-16 verkauft worden. Das Flugzeug werde jedenfalls bis 2015 produziert.
Besonders harte Kritik übt Bonderud an der Forderung nach 200 Prozent Gegengeschäft. Lockheed Martin habe nur 100 Prozent angeboten, weil 200prozentige Gegengeschäfte nicht als seriös einzustufen seien. Bonderud: "Ich kann nicht zwei Euro bezahlen, wenn ich damit nur einen verdiene." Natürlich könnten sich Gegengeschäfte über 15 Jahre auch in Richtung 200 Prozent entwickeln. Aber das könne seriöserweise niemand garantieren. Lockheed Martin habe jedoch im Gegensatz zu den anderen eine auch auf Ebene der Klein- und Mittelbetriebe detaillierte und genaue Liste präsentiert.
Überdies wirft er seinen Konkurrenten vor, keine genaue Kostenliste mit den Gesamtkosten über die Lebenszeit eines Flugzeugs erstellt zu haben. Treibstoff, Training, Ersatzteile und Waffen würden aber rund zwei Drittel dieser Gesamtkosten ausmachen.
Überraschend positiv reagiert Bonderud hingegen auf die Idee von Bundeskanzler Schüssel, bei Anschaffung der Flugzeuge eine privatwirtschaftliche Finanzierung zwischenzuschalten: Das sei eine "Standardpraxis". Die Flugzeuge selbst müsse sicherlich die Republik Österreich kaufen, Ersatzteile und Betriebsmittel könne man aber über Firmen abwickeln.
An Bürokratie gescheitert
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagt zu den Vorwürfen, die Amerikaner seien an ihrer eigenen Bürokratie gescheitert. Sie seien nämlich nicht in der Lage gewesen, fixe Preise für das verlangte Radar auszupreisen und schriftlich nachzuweisen, daß dieses Gerät tatsächlich den von Österreich verlangten Spezifikationen entspricht. Dies könne man anhand von Dokumenten lückenlos nachweisen. Zu der von Bonderud behaupteten Weigerung von Lockheed Martin, Inserate zu bezahlen, sagt der Scheibner-Sprecher: Die Amerikaner hätten genauso wie ihre beiden Konkurrenten ein Inserat in der Zeitung der "Aktion Unabhängiger Freiheitlicher Heeresangehöriger" bezahlt. In der zweiten Ausgabe dieser Zeitschrift der Freiheitlichen Personalvertreter seien aber nur noch EADS und Saab vertreten gewesen. Mit dem Verteidigungsministerium habe das nichts zu tun, von diesem sei nie um irgendwelche Inserate gebeten worden.


26.09.2002
Die Dornenvögel
Auch ohne Kauf der Abfangjäger wird Steuergeld verbrannt oder: Falsche Käufe haben Tradition.
GASTKOMMENTAR VON GERHARD VOGL
Der Autor ist Journalist und ehemaliger Berufsoffizier.

Ganze 24, später reduzierte 18, inzwischen null Abfangjäger haben Geschichte geschrieben. An ihnen ist die schwarz-blaue Koalition mit zerbrochen. Aus Abfangjägern wurden Dornenvögel. Glaubt man den ersten Wahlplakaten, haben wir sonst keine Probleme, oder können damit alle anderen lösen - von Kindergärten bis Arbeitsplätzen.
Die Bewaffnung des Bundesheeres war von der ersten Stunde an eine Lebenslüge. Waffengeschenke der Alliierten, dann die Westentaschenausgabe einer Voll-Armee im Stil der Schweiz, obwohl der gemeinsame politische Wille fehlte, dem Vorbild auch beim Geld zu folgen.
Als sich 1989 die politische Großwetterlage in Europa dramatisch veränderte, riß weder Politik noch Generalität das sicherheitspolitische Ruder herum, sondern baute weiter sklavisch die Rüstungsdefizite ab. So haben die Panzerwaffe und die Artillerie gegenwärtig den höchsten Standard in der Geschichte des Bundesheeres. Das kostete Milliarden. Die Verantwortung für diese Fehlkäufe tragen Minister Werner Fasslabend und Teile seines damaligen Generalstabs.
In wenigen Monaten werden wir von lauter NATO-Mitgliedern umgeben sein. Kein Panzer, kein Geschütz wird je von unserem Staatsgebiet aus feuern. Droht uns militärisch überhaupt noch eine Gefahr, die ein Heer notwendig macht? Wenn unsere Neutralität in Zukunft überhaupt gefährdet ist, dann wohl in erster Linie aus der Luft. Dort ist sie am leichtesten zu verletzten und am aufwendigsten zu verteidigen.
Hat man über diesen entscheidenden Kern die Bevölkerung aufgeklärt? Anscheinend nicht, sonst könnte nicht gleichzeitig eine Mehrheit für die Neutralität und gegen Abfangjäger sein. Im Gegenteil, das sklavische Festhalten von SPÖ und Grünen an der Neutralität macht eigentlich den Kauf der Flugzeuge erst richtig notwendig, und kein ernst zu nehmender Fachmann bestätigt das Gegenteil. Das außenpolitische Gewicht Österreichs wird im größeren Europa noch kleiner; wir werden bespöttelte Außenseiter sein.
Haben nicht auch die Fachleute geschlafen? In der wehrpolitischen Abteilung des Verteidigungsministeriums verrotten Berge von ausgezeichnet gemachtem Informationsmaterial, um gegen den zu erwartenden Argumentations-Populismus in Sachen Abfangjäger gewappnet zu sein. Doch Minister Scheibner entschied, die Frage politisch zu lösen. So ist es auch geschehen - allerdings in Klagenfurt und gegen ihn.
Gibt es noch eine Lösung? Sicherheitspolitisch müßten wir sofort die Panzer verkaufen, das Heer am Boden drastisch reduzieren, um mit dem ersparten Geld die Abfangjäger bezahlen zu können. Doch dieses Signal an die Bürger, die Wähler hätte am Anfang der Diskussion um die Draken-Nachfolge kommen müssen, also vor Jahren.
Jetzt wird auch ohne Abfanjägerkauf sinnlos Steuergeld beim Rauchfang hinaus geblasen. Denn die milliardenschwere Investition der Luftraumüberwachung "Goldhaube" ist nutzlos geworden. Ihre Aufgabe kann die zivile Austro Control übernehmen. Die Fliegerdivision ist ihres Herzstücks beraubt, gehört aufgelöst, hochqualifizierte Piloten und die kostspieligen Fliegerwerften kann man der AUA verkaufen.
Peter Pilz, der stets vom Gedanken beseelt war, das Heer aufzulösen, wäre ein passender Exekutor, mit der Schweiz können wir ja einen Untermietvertrag für gemeinsame Luftraumüberwachung abschließen.
Das ist kein Kabarett-Text. Die besten Nummern schreibt bekanntlich die Realität.


26.09.2002
Abfangjäger: Alarmstart und neue Debatte um Parteienfinanzierung
Rüstungsmanager stellt Zahlung von Kommissionen in den Raum - Reichhold verweist auf Ablehnung durch Bevölkerung
Alan Bonderud hat zwar betont, dass er keine Beweise habe. Dass mit dem Lockheed Martin-Vertreter aber ausgerechnet ein Rüstungsmanager offen davon gesprochen hat, dass im Zuge der Abfangjäger-Beschaffung "substanzielle Kommissionen" bezahlt würden, hat die Opposition nach Aufklärung rufen lassen. Die Draken haben unterdessen wieder ein unbekanntes Flugzeug identifiziert: Alarmstart Nummer 24 seit dem 11. September 2001. Und der neue FPÖ-Chef Mathias Reichhold deutet einen möglichen Ausstieg aus der Beschaffung an. Bonderud, dessen Unternehmen mit der F-16 nicht zum Zug gekommen ist, hat der "Presse" für die Donnerstag-Ausgabe den Blattaufmacher geliefert: "Direkt hat niemand von uns die Zahlung von Kommissionen verlangt. Aus Hintergrundgesprächen im Verteidigungsministerium war mein Eindruck, dass von den anderen Anbietern substanzielle Kommissionen bezahlt werden. Aber beweisen kann ich es nicht." Und weiter: "Kanzler Wolfgang Schüssel war ehrlich, der wollte nur die Fakten. Aber Herbert Scheibner muss alles gewusst haben, was sich in seinem Ministerium abgespielt hat."
Das Verteidigungsministerium hat die Vorwürfe als "haltlos" zurück gewiesen. "Weder wurde die F-16 vorzeitig aus der Bewertung genommen, noch hat das Verteidigungsministerium die Bezahlung von Inseraten 'angeregt'", hieß es. "Bemerkenswert" sei, dass Bonderud "selbst seine Vorwürfe als unbeweisbar bezeichnet".
Auf Distanz zum Rüstungsmanager ist auch die US-Botschaft gegangen. "Die amerikanische Regierung macht keine öffentlichen Beschuldigungen ohne ausreichende Beweise und unterstützt die im 'Presse'-Artikel erhobenen Behauptungen nicht", heißt es. Im übrigen bestätige Bonderud selbst, dass er keine Beweise habe. Und: "Er vertritt ausschließlich seine eigene Meinung."
Die Opposition wollte die Dementis nicht gelten lassen. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures verdichtet sich der Vorwurf der Parteienfinanzierung in Zusammenhang mit der Abfangjäger-Beschaffung. Und der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz will vom Verteidigungsminister vor allem Details für die nun in das öffentliche Interesse gerückte Handhabung von Inseraten wissen.
Wenig Freude dürften die Abfangjäger-Befürworter auch mit Reichhold haben. "Die politische Meinung in Österreich ist eindeutig gegen den Ankauf. Es ist auf Dauer unmöglich, gegen die Meinung der Bevölkerung zu handeln", sagte der FP-Obmann in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Format".
Noch wird der Luftraum jedenfalls durch die alten Draken gesichert. Am Mittwochabend hat ein russisches Transportflugzeug hat die österreichische Luftraumüberwachung in Alarmbereitschaft versetzt. Kurz nach 19 Uhr stiegen von Linz aus zwei Draken auf, die südwestlich von Linz eine Iljuschin 76 auf dem Weg von Kiew nach Casablanca identifiziert haben. Grund für den Alarmstart waren unklare Angaben zum Flugplan.


26.09.2002
Jörg Haiders Bauchfleck
Brisant: Nach neuestem Ermittlungsstand gilt Jörg Haider als „nicht mehr gefährdet“. Peinlich: Möglicherweise war die Bedrohung durch die Waffenlobby ein „Kommunikationsproblem“.
Hofrat Ernst Frießnegger von der Sicherheitsdirektion Kärnten gilt als nicht besonders auskunftsfreudig – die spektakulären Ergebnisse der NEWS-Recherchen in Sachen „Haider-Bedrohung“ kann er aber bestätigen: „Ja. Es ist richtig. Die Personenschützer vom Gendarmerie-Einsatzkommando wurden abgezogen.“
Seit Montag, 15 Uhr, steht der Kärntner Landeshauptmann nicht mehr unter dem Schutz der Anti-Terror-Eliteeinheit „Cobra“ – obwohl er nach eigenen Angaben eben noch von der internationalen Waffenlobby „massiv bedroht“ wurde.
Der Hintergrund des – auf den ersten Blick – doch recht leichtsinnigen Schritts der Kärntner Behörden: Ganz offensichtlich stellt sich seit Anfang dieser Woche die Bedrohung des Kärntner Landeshauptmanns in einem dramatisch veränderten Licht dar.
Neue Fakten in Sachen „Haider-Bedrohung“
Am frühen Montagnachmittag waren Ermittler bei Jörg Haider vorstellig geworden, um ihn zu seinem alptraumhaften Erlebnis persönlich zu befragen. Ganz Österreich erinnert sich noch mit Schaudern: Vergangene Woche hatte Haider seinen Verzicht auf die Wiederkandidatur zum FPÖ-Obmann damit begründet, „massiven Bedrohungen“ ausgesetzt zu sein. Am Freitag, dem 13. September, hatte ihm sich eine finstere Gestalt (siehe Phantombild) an der Pforte des Klagenfurter Nobellokals „Oscar“ in den Weg gestellt und ihm mit den Worten „Herr Doktor Haider, behindern Sie den Abfangjägerkauf nicht, und passen Sie gut auf Ihre Familie auf“ einen gehörigen Schrecken versetzt.
Als die Ermittler Jörg Haider diesen Montag präziser befragen wollten, geizte der Bedrohte plötzlich mit konkreteren Angaben. Ergebnis des Gesprächs, über dessen Details der Kärntner Sicherheitsdirektor Frießnegger jede Auskunft verweigert: Die Gefährdungssituation des Landeshauptmanns wurde neu bewertet und – so viel darf Frießnegger schon sagen: „Aufgrund unserer Gefährdungseinschätzung haben wir festgestellt, dass ein weiterer Personenschutz nicht mehr notwendig erscheint. Der Landeshauptmann hat dieser Einschätzung ebenso wie dem Abzug der Personenschützer zugestimmt.“ Die „Cobra“-Männer durften also wieder gehen.
Brisantes Gespräch
Die Ermittler hatten Haider mit Sachverhaltsdarstellungen konfrontiert, die im klaren Widerspruch zu Haiders ursprünglichen Angaben standen:
„Bitte, Herr Landeshauptmann, Sie sind doch der Vater der Partei. Passen Sie gut auf Ihre Parteifamilie auf, und gefährden Sie uns nicht durch die Ablehnung des Abfangjägerkaufes“, soll ein Ohrenzeuge dieses Gesprächs verstanden haben.


27.09.2002
"Schmutzwäsche" um Jets
Gerüchte um Zahlungen - FPÖ vor Schwenk?
Schwere Vorwürfe gegen das Verteidigungsministerium erhebt der Vizepräsident des unterlegenen Abfangjäger-Anbieters Lockheed-Martin, Alan Bonderud. Der Grund, warum seine F-16 trotz des billigsten Angebots nicht den Zuschlag erhielt, sei, dass man "keine Kommissionen bezahlt" habe, sagte er in der "Presse". Er könne das zwar nicht beweisen, aus Hintergrundgesprächen im Verteidigungsministerium habe er aber den Eindruck, dass die anderen Bewerber substanzielle Kommissionen bezahlt hätten, so Bonderud.
Das Verteidigungsministerium dementierte energisch: Dass Bonderud selbst eingestehe, seine Vorwürfe nicht beweisen zu können, sei bemerkenswert. Es handle sich um das übliche Spiel bei Großprojekten, dass der unterlegene Bieter von Unregelmäßigkeiten spreche. Die US-Botschaft in Wien hat sich von den Aussagen Bonderuds distanziert. Der Rüstungsmanager habe seine Äußerungen nicht mit der US-Botschaft abgesprochen, sondern seine Privatmeinung geäu-ßert, wurde betont.
Für die Opposition sind die Vorwürfe Bonderuds dennoch ein gefundenes Fressen: Sowohl SPÖ als auch Grüne verlangen Aufklärung, ob es im Zusammenhang mit dem mittlerweile auf Eis gelegten Kauf der "Eurofighter" zu Parteienfinanzierung gekommen sei.
FPÖ-Obmann Mathias Reichhold deutete unterdessen an, dass seine Partei nach den Wahlen für eine Stornierung des Abfangjä-ger-Kaufs eintreten könnte.


27.09.2002
Eurofighter: Wieder wilde Gerüchte
Die Abfangjäger-Debatte und damit verbunden die Gerüchte um illegale Parteienfinanzierung erhielten gestern neue Nahrung.
Durch die Verschiebung des Eurofighter-Kaufs muss das Bundesheer vorerst auf Ersatz für die betagten Draken warten. Seit gestern steht auch fest, dass die alljährliche Bundesheer-Leistungsschau am Nationalfeiertag auf dem Wiener Heldenplatz gänzlich "eurofighterfrei" über die Bühne gehen wird. Das Verteidigungsministerium hat auch die Bestellung eines lebensgroßen Modells storniert.
Unterdessen meldete das Heer den Alarmstart Nummer 24 seit dem 11. September 2001. Grund war eine russische Transportmaschine, die sich nicht ausreichend identifiziert hatte.
Für politische Aufregung sorgten Andeutungen des Rüstungsmanagers von Lockheed-Martin (F-16), Alan Bonderud, der in der "Presse" von "substanziellen Kommissionen" als Forderung aus dem Verteidigungsministerium spricht, freilich ohne Beweise vorzulegen.
Im Ressort von Minister Herbert Scheibner (FP) wurden die Vorwürfe als "haltlos" zurückgewiesen. Auch die US-Botschaft distanzierte sich von Bonderuds Aussagen. Der Opposition reichen die Dementis nicht. Sie fordert Aufklärung.


27.09.2002
Abfangjäger-Inserate: 1450 Euro pro Seite, aber "alles korrekt"
Die Vorwürfe von F-16-Manager Bonderud weist man im Verteidigungsministerium zurück. Die Opposition will Aufklärung.
Das "Presse"-Interview mit dem Flugzeug-Manager Alan Bonderud über vermutete Unregelmäßigkeiten beim Abfangjägerkauf rückt den "Zankapfel" Eurofighter wieder in den Vordergrund. Bonderud, Vizechef des F-16-Herstellers Lockheed Martin, hatte von seinem "Eindruck" gesprochen, wonach "von den anderen Anbietern substantielle Kommissionen" bezahlt worden seien. Die Opposition verlangt neuerlich einen Untersuchungsausschuß, das Verteidigungsministerium ist über die "haltlosen und unfairen Vorwürfe" empört. Auch die Wiener US-Botschaft distanzierte sich am Donnerstag, Bonderud vertrete "ausschließlich seine eigene Meinung".
Der Sprecher von Minister Herbert Scheibner, Günther Barnet, bestätigt lediglich, daß es von allen drei Abfangjäger-Anbietern (neben Lockheed Martin waren das Gripen und Eurofighter) Inserate in diversen bundesheer-nahen Zeitschriften gegeben hat. Unter anderem wurde in der von freiheitlichen Personalvertretern herausgegebenen Zeitschrift "Heer aktiv" inseriert - zum Tarif von rund 1450 Euro je Seite. "Mit solchen Beträgen kann man niemanden bestechen, das ist ja lächerlich", so Barnet. Kein einziger Beteiligter der FP-Zeitung sei in der 33köpfigen Abfangjäger-Bewertungskommission gesessen. Alle Anbieter seien zur Schaltung von Inseraten "eingeladen" worden. Lockheed Martin hat dann als einzige Firma in einer Sondernummer von "Heer aktiv" nicht mehr inseriert.
"Wenn es Vorwürfe gibt, soll man sie konkret benennen", so Barnet. Auch Bonderuds Kritik an den 200-Prozent-Gegengeschäften weist er zurück: "Bei der Black-Hawk-Beschaffung war etwa der Hubschrauber-Anbieter Sikorski sehr wohl imstande, 200 Prozent Gegengeschäfte zu garantieren."
Aus Heereskreisen werden dunkle Hintergründe für die harte Kritik des F-16-Managers kolportiert: Im arabischen Raum sei die Position von Lockheed Martin derzeit geschwächt, weil etwa Saudi-Arabien die Anschaffung von 50 Eurofightern überlege. Deshalb suche man das Heil in der Offensive. Dazu und zu den genauen Details, warum die F-16 als Billigstbieter nicht genommen wurden, schweigt Barnet - er verweist auf die zugesagte Vertraulichkeit des Geschäfts und auf die Rechnungshof-Prüfung. Es ist aber bekannt, daß F-16 zwei Muß-Kritierien (Radar und "Digital Moving Map") nicht erfüllt hat. Das Radarsystem hätte die F-16 vermutlich um rund 70 Millionen Euro teurer gemacht. Die "Moving Map" hat Lockheed Martin nur als mobiles, aber nicht als fest im Cockpit verankertes System angeboten.
Neuer Pressesprecher
Das Verteidigungsministerium bekommt mit 1. Dezember einen neuen Kommunikationschef: Leiter der neuen Abteilung "Strategische Kommunikation" wird Oberst Wolfgang Schober (43), nebenbei auch FP-Gemeinderat im niederösterreichischen Statzendorf.


27.09.2002
Eurofighter: SPÖ garantiert U-Ausschuss
Die SPÖ wird, sofern sie der nächsten Regierung angehört, "unter Garantie" einen Untersuchungsausschuss zur Abfangjäger-Beschaffung einsetzen. Dieses Versprechen gab SP-Klubobmann Josef Cap am Freitag ab.
Bestärkte Vorwürfe
Die jüngsten Vorwürfe des Lockheed Martin-Managers, Alan Bonderud, wonach es im Zusammenhang mit der Beschaffung zu Kommissionszahlungen gekommen sein könnte, hätten ihn nur noch bestärkt, so Cap. Die Einsetzung eines U-Ausschusses werde man auch zum Gegenstand von etwaigen Koalitionsverhandlungen machen.
Ungeklärte Linie
Er gehe auch davon aus, dass die Staatsanwaltschaft mittlerweile von sich aus Ermittlungen eingeleitet habe, sagte Cap. Von den beiden Regierungsparteien forderte er eine Klarstellung, wie es nach der Wahl mit dem Beschaffungsvorgang weiter gehen soll.
Wahltaktische Korrektur
Eine neuerliche VP-FP-Regierung sei jedenfalls eine "Abfangjäger-Koalition". Die ÖVP stehe nach wie vor klar zum Eurofighter-Kauf, die FPÖ hätte lediglich eine "wahltaktische Korrektur" vorgenommen, glaubt Cap. Für die Wähler müsse daher klargestellt werden, ob es bei den 18 Abfangjägern bleibe, ob es eine U-Ausschuss geben werde und welche Rolle die Kampfjets bei den Koalitionsverhandlungen spielen würden.


30.09.2002
Berliner Luft
Abfangjäger: Zwischen der Regierung und dem Eurofighter-Hersteller EADS fliegen die Fetzen. Soll nun der deutsche Bundeskanzler den Milliardendeal für EADS retten?
Von Gernot Bauer

So schön hatte man es sich vorgestellt: Am Nationalfeiertag sollte ein Eurofighter-Modell im Maßstab 1:1 bei der alljährlichen Leistungsschau des Bundesheeres auf dem Wiener Heldenplatz präsentiert werden. Uniformierte Helferleins hätten dazu das unvermeidliche Prospektmaterial, Ansichtskarten von Eurofightern mit österreichischen Hoheitszeichen, verteilt. Doch leider wird nun nichts aus der Attraktion. Im Kabinett von Verteidigungsminister Herbert Scheibner wurde die Entscheidung getroffen, auf das Eurofighter-Modell zu verzichten. Begründung: Man wolle "linken Gruppen kein Objekt für Agitation bieten".
Stattdessen soll nach dem Wunsch der heimischen Militärs ein Eurofighter-Jet – von linken Agitatoren ungestört – den Heldenplatz überfliegen. Aber leider – beim Hersteller des Eurofighter-Jets, dem EADS-Konsortium mit Sitz in Ottobrunn bei München, kann man sich das nur schwer vorstellen.
Kippt der Deal?
Der Zorn auf die österreichischen Geschäftspartner, die sich von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel abwärts Zug um Zug vom bereits akkordierten Jetgeschäft wieder verabschieden, nimmt bei EADS Woche für Woche zu. Gleichzeitig scheinen dem Eurofighter-Konsortium die Felle davonzuschwimmen, der Milliarden-Euro-Deal steht an der Kippe (siehe profil 39/02). Nur bei einer Neuauflage der schwarz-blauen Koalition dürfte das Projekt, 18 fabriksneue Eurofighter für das Bundesheer zu beschaffen, durchgezogen werden. Doch selbst bei einem Revival der schwarz-blauen Regierung wackelt der Großauftrag bedenklich. So meldete der neue Parteiobmann der FPÖ, Infrastrukturminister Mathias Reichhold, vergangene Woche gegenüber dem Magazin "Format" Zweifel darüber an, "ob dieses Projekt überhaupt noch durchsetzbar" wäre. Es sei auf Dauer unmöglich, so Reichhold, gegen die Meinung der Bevölkerung zu handeln.
Rote Attacken
Reichholds nunmehrige Erkenntnis hatte sich in der SPÖ von Anfang an durchgesetzt. Die Sozialdemokraten bearbeiten in der ersten Phase ihres Wahlkampfs voll und ganz das Thema "Abfangjäger". Unter einer SPÖ-geführten Regierung, so die klare Botschaft, werde es keine neuen Abfangjäger für das Bundesheer geben.
Die Aussicht, bald mit einer rot geführten Bundesregierung weiterverhandeln zu müssen, sorgt dem Vernehmen nach auch bei EADS für neue Planspiele. So soll es in der Führungsetage des Konzerns Überlegungen geben, die rote Karte auszuspielen. Der deutsche Kanzler Gerhard Schröder, der bekanntlich immer ein offenes Ohr für Anliegen der deutschen Industrie hat, könnte im Falle des Falles bei Alfred Gusenbauer ein gutes Wort für die Eurofighter einlegen und so das Geschäft nach einer Phase der Abkühlung nach den Wahlen unter Umständen doch noch möglich machen.
Im internationalen Politgeschäft wäre dies durchaus nichts Außergewöhnliches. Schröder soll bereits vor einigen Monaten in einem Brief an seinen Amtskollegen Wolfgang Schüssel Stimmung für den Eurofighter gemacht haben. Auch Vertreter der schwedischen und der amerikanischen Regierung betrieben hinter den Kulissen auf höchster Ebene Lobbying für ihre Konzerne Saab mit dem Gripen und Lockheed Martin mit der F-16. So schlug der schwedische Verteidigungsminister Björn von Sydow seinem Amtskollegen Scheibner Anfang September in einem Schreiben vor, angesichts der Flutkatastrophe doch gebrauchte Gripen direkt von der schwedischen Luftwaffe zu leasen.
Neue Vorwürfe
Dass etwaige Interventionen Schröders bei seinen österreichischen Genossen Wirkung zeigen, ist derzeit zu bezweifeln. Denn die SPÖ hat sich in der Frage der Abfangjäger einbetoniert. Vergangene Woche erhoben die Sozialdemokraten erneut den Vorwurf, es wäre beim Ankauf der Jets zu illegaler Parteienfinanzierung gekommen. Der Anlass: In einem Interview mit der "Presse" äußerte der für das Österreich-Geschäft verantwortliche Lockheed-Martin-Manager, Alan Bonderud, den Verdacht, sein Konzern sei mit der F-16 deswegen nicht zum Zug gekommen, weil Lockheed im Gegensatz zu den anderen Anbietern "keine Kommissionen" bezahlt habe. Im Verteidigungsministerium wies man Bonderuds Anschuldigungen brüsk zurück. Auch die US-amerikanische Botschaft distanzierte sich von den Vorwürfen des Lockheed-Managers.
Doch damit wollen sich die SPÖ-Spitzen nicht zufrieden geben. Freitag vergangener Woche legte der geschäftsführende Klubobmann im Parlament, Josef Cap, noch nach. Sollte die SPÖ der nächsten Bundesregierung angehören, werde es einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Abfangjägerbeschaffung geben. Und zwar, so Cap, "unter Garantie".


30.09.2002
Wahlkampfthema Bundesheer
Sowohl die Militärs als auch die Politiker scheuen klare Worte - von Conrad Seidl
Der im Jahr 1970 von Bruno Kreiskys SPÖ plakatierte Slogan "Sechs Monate sind genug", mit dem die Verkürzung der Wehrdienstzeit versprochen wurde, und jener der FPÖ, "Jörg Haider stoppt Abfangjägerkauf", haben einen stärkeren inneren Zusammenhang, als allgemein bekannt ist: Dieser Zusammenhang beruht auf einem Treffen des Rings Freiheitlicher Jugend mit hohen Offizieren zur Heeresreform. Damals saß der RFJ-Bundesjugendführer Jörg Haider den hohen Militärs gegenüber und ließ sich darauf einschwören, dass man niemals einer Schwächung des Bundesheeres zustimmen dürfe, weil das dessen Ende bedeuten würde. Nur Wochen später war Kreiskys Reform beschlossen (übrigens unter Mithilfe der FPÖ, die das schlauer fand als das Beharren ihres Jungfunktionärs). Und dieselben Offiziere, die Haider zu seiner unter Jugendlichen nicht gerade populären Haltung gedrängt hatten, setzten um, was sie zuvor für "unmöglich" erklärt hatten. Nur ein Einziger, General Albert Bach, trat aus Protest zurück.
Mehr als 30 Jahre später ist das Heer wieder Wahlkampfthema - und nicht nur Jörg Haider hat gelernt, dass ein bisserl Populismus nützlich sein kann. Dieselben Offiziere, die noch im Juli 24 Abfangjäger als das Minimum angesehen hatten, wären im August auch mit 18 zufrieden gewesen. Und wenn's nach der Novemberwahl gar keiner ist, dann wird die Welt auch nicht zusammenbrechen.
Stimmt. Das ist ja die Schwierigkeit mit Investitionen in künftige Sicherheit: Man weiß in der Phase, wo es richtig teuer wird, nie wirklich, ob es nicht hinausgeschmissenes Geld ist. Das vor 30 Jahren in Wien errichtete "Entlastungsgerinne" zum Hochwasserschutz hätte bis zum heurigen Jahrhunderthochwasser als Geldverschwendung gegolten, wenn nicht ein kluges Stadtmarketing das Gerinne in "Copa Kagrana" und das Schutzbauwerk in "Donauinsel" umbenannt hätte.
Ziviler Zusatznutzen aus militärischer Stärke für den verdrängten Ernstfall ist halt auch nur in Katastrophenfällen darstellbar. Seit zivilere Darbietungen den einst so beliebten Militärparaden und Regimentsmusikkonzerten den Rang abgelaufen haben, hat es das Militär schwer. Die Mode, militärisches Gerät durch verschleiernde Bezeichnungen populärer zu machen, hat auch ziemlich in die Irre geführt: Man hat gelernt, dass es nichts bringt, Panzer "Kettenfahrzeuge" zu nennen. Und dass ein Abfangjäger von seiner Natur her ein Kampfflugzeug ist, lässt sich auch schwer bestreiten.
Aber solche Wortklaubereien im Bereich der Landesverteidigung sind ja nur ein oberflächliches Indiz dafür, dass weder die Militärs noch die für sie verantwortlichen Politiker klare Worte zur Landesverteidigung finden können. Während er in der Abfangjäger-Frage gerade die größte Schlappe seiner Karriere einstecken muss, löst Verteidigungsminister Herbert Scheibner jenes Büro für Wehrpolitik auf, das ihn monatelang zu einer offensiveren Kommunikationsstrategie gedrängt hatte.
Dabei wäre es heute immerhin leichter als noch vor einem Jahr, den Österreichern zu erklären, welche Ernstfälle drohen und welche militärischen Mittel notwendig sind, um ihnen zu begegnen. Im letzten Herbst wurde ja endlich der noch aus der Zeit des Kalten Krieges stammende Landesverteidigungsplan durch eine neue Doktrin abgelöst, die sowohl die Bedrohungsbilder beschreibt als auch die militärischen Mittel, ihnen zu begegnen.
Nur allzu laut sagen will man das nicht. Also lieber Populismus: weniger Abfangjäger. Keine Abfangjäger. Keine Wehrpflicht. Darf's noch ein bisserl weniger sein? Vielleicht: "unbewaffnete Neutralität"? Die Grünen halten das für eine gute Idee - wann wird Haider das unterbieten?
Bleibt als Trost, dass Wahlversprechen nie so ganz umgesetzt werden. Die sechs Monate, die angeblich "genug" waren, sind in der Praxis zu acht Monaten Wehrdienst geworden.


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Letzte Aktualisierung: 01.01.2004