"Pandoras Box"
Quo Vadis Russland ?

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Während auf der diesjährigen Moskauer Luftfahrtschau MAKS praktisch aller Augen und auch die gesamte Medienlandschaft auf den Auftritt der beiden Sukhoi PAK FA (T-50 Prototypen des neuen stealthy-Kampflugzeuges gerichtet waren, stand in der Bodeausstellung des riesigen Geländes ein nicht minder "interessantes" Waffensystem.

Schon vor über einem Jahr kamen Gerüchte darüber auf und erste Medienberichte schwankten in der vollen Bandbreite zwischen Zeitungsente, unbrauchbar und Panik. Nun hat der Hersteller Morinformsystema-Agat ein 1:1 Mockup seines "Club-K Container Missile System (CMS)" präsentiert.
Nun Lenkflugkörper (LFK) in Containern gibt es viele. Meist sind die Container etwas größer als der LFK selbst. Der Container dient primär dazu die teure Rakete vor Umwelteinflüssen zu schützen. Diese wird dann direkt aus dem Container entnommen auf das Trägerwaffensystem montiert oder in immer mehr Fällen, direkt aus dem Container verschossen.
Mit dem Container von Morinformsystema-Agat verhält es sich etwas anders. Der Club-K Container ist gibt sich als unscheinbarer Standard Seefrachtcontainer in ISO-Normgröße 40ft (12.2m) aus. Darin verborgen befindet sich eine Startvorrichtung für vier 3M-54 Klub (NATO SS-N-27) Anti-Schiff oder Anti-Boden Marschflugkörper.

Der rund 6,2m lange LFK trägt einen 400kg Gefechtskopf auf Entfernungen zwischen 250km und 300km. Ein Tubojet-Triebwerk sorgt für hohe Unterschallgeschwindigkeit (0,8 Mach) im Marschflug und der LFK kann in seiner Anti-Schiff Variante im Endanflug auch auf Überschall beschleunigen und Geschwindigkeiten von Mach 2,5 und mehr erreichen.

Ein Werbevideo von Morinformsystema-Agat führt drastisch vor Augen wie sich der Hersteller den Einsatz des Systems vorstellt. Auf zivilen Frachtschiffen, Zügen oder LKWS verladen wird aus einem vermeintlich harmlosen Kontakt schnell ein Lenkwaffen speiendes Ungetüm.

Stellt sich noch die Frage - wer braucht so was ?
Denn eines ist offensichtlich. Dieser Container bewegt sich tief im Graubereich des Völkerrechts und es ist zumindest in den Raum zu stellen ob hier nicht Heimtücke / Prefidie vorliegt. Ihn auf ein Schiff zu laden welches für militärische Zwecke aquieriert wurde und dann im Rahmen einer Kriegsflotte fährt - wie z.B. die "Atlantic Conveyor" im Falklandkrieg - ist sicherlich rechtlich gedeckt.
Ihn einfach ohne weiteres auf ein Containerschiff zu stellen fällt jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit unter "Vortäuschen eines zivilen oder Nichtkombattantenstatus" welches in den Genfer Abkommen geächtet wurde.
Zwar gestattet das Völkerrecht "Kriegslisten" wie z.B. Tarnen oder die Verbreitung von Falschinformationen, aber nicht seine Waffen versteckt zu tragen.
Für Besatzungen solcher Schiffe würde dann bei Gefangennahme im Extremfall der Verlust des "Kombattantenstatus" und damit der Anspruch auf Behandlung entsprechend der Genfer Konventionen als Kriegsgefangener drohen.

Laut Morinformsystema-Agat besteht bereits mehrfaches Interesse an dem System.
Und der Hersteller verweist in eimem Jane's Interview auch auf das strikte Waffenxport-Kontrollsystem in Russland (.....) welches gewährleistet, dass unautorisierter Waffentransfer zu Terrororganisationen und Regime nicht stattfinden können.....

Das die Gefahr durch "Terrororganisationen" wirklich kaum gegeben sei dürfte gewährleistet schon das umfassende know-how für den Betrieb solcher Systeme. Auch die Kosten solcher Systeme schließen andere Käufer als Staaten/Streitkräfte faktisch aus. Womit wir wieder zurück beim rechtlichen Problem wären...

Der Hersteller bezeichnet das system übrigens auch als "Pandora's Box"....und das gilt zweifelsohne für alle die damit zu tun bekommen...Verkäufer, Käufer, "Versender" und "Empfänger"....

Martin Rosenkranz

Der Container war letztes Jahr noch Grafik... ...inzwischen ist er Realität.


Für Spannung...

...in der Logistikbranche...

...ist gesorgt.


Für das eher herbe Hersteller-Video....

...wurde inzwischen auch schon ein alternatives Ende gebastelt....

 

Live-Statement für www.airpower.at von Jane's Air-Launched Weapons Editor Rob Hewson, der auf der MAKS-2011 auf das 'erwachsene' CLUB-K-System traf…

Ich teile Eure Besorgnis, empfinde aber die Reaktion des Herstellers [zu den seit 2010 geäußerten internationalen Bedenken] als typisch Russisch und wenig überraschend. Leugnen, leugnen und weiter leugnen, bis zu dem Punkt sich selbst komplett zu widersprechen - ja sogar dem was ‚Morinformsystema-Agat' selbst auf Videos zeigt bzw. nun wieder auf der MAKS sagte!:

"Zuletzt fanden sich in ausländischen Internetportalen und Massenmedien Diskussionen über das CLUB-K Container-Flugkörper System. Um es mit den Worten aus der Propaganda zu sagen, sehen diese Diskussionen sehr stark nach Hysterie aus und nicht nach einer Analyse nach Leistungskriterien des Systems.

Normalerweise sollte uns das nicht kümmern, aber wir wurden der Unterstützung des Terrorismus beschuldigt, sogar von respektierten Militärexperten und nicht bloß von den üblichen Philistern... Es gibt in Russland strikteste Exportkontrollsysteme die klar gewährleisten dass es zu illegalen Verkäufen von Waffen oder ‚Dual-Use'-Gütern kommt. Dieses System elliminiert die Möglichkeit unautorisierter Waffenlieferungen an Terrororganisationen oder -regimes...!

Auch ist CLUB-K kein explizites Beispiel von guter Tarnung, es ist nicht einfach nur getarnt - es ist nur in einem zivilen Transportcontainer verborgen...! Es ist in erster Linie für die Installation auf Schiffen entworfen, um bei Bedohung militärisch wirksam zu werden." Abschwächend wurde jedoch hinzugefügt: "Profis verstehen aber perfekt, dass es unmöglich ist das System einfach so einzusetzen, etwa vom Lastwagen aus..."

Also: Nichts was jemand in Russland sagt ist bedenklich oder dumm, DU als Ausländer bist dumm wenn Du nichts verstehst oder was anderes vermutest..:

Zwar war am ausgestellten 1:1 Funktionsmodell von CLUB-K niemand Technischer anwesend der Englisch konnte (!), es wurde aber bereits etwas an Missionsplanung und Operator-Hardware gezeigt. Wie ich es verstanden habe, braucht man nicht zwingend einen Satelliten zur Zielansprache, man kann auf viele Ziele feuern wenn man nur ein Set von GPS-Koordinaten benutzt. Es kommt nur darauf an, was das genau für ein Ziel ist bzw. wieviel an Genauigkeit man braucht.

Neu ist jedenfalls ein Detail: Nicht nur die klassischen CLUB-Marschflugkörper sondern auch der Flugkörper Kh-35U (3M24 oder SS-N-25 'Switchblade', Turbofan-Triebwerk, aktive Radarlenkung) scheint nun in der Waffenauswahl des Kontainersystems inkludiert zu sein.

Cheers, Rob