Die Überschallpaparazzi
www.airpower.at zu Besuch beim Aufklärungsgeschwader 51 "Immelmann" in Jagel

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Historisch betrachtet war Informationsbeschaffung die erste militärische Verwendung von Flugzeugen. Im Italienisch-Türkischen Krieg wurden im September 1911 von Italienischer Seite mehrmals Flugzeuge zum Einsatz gebracht um Türkische Positionen vor Tripoli aufzuklären, wodurch die Italiener in die Lage versetzt wurden ihre zahlenmäßig stark unterlegene Truppe optimal aufzustellen und die Türkischen Angriffe abzuwehren.
Anfangs noch mit bloßem Auge ausgerüstet nahmen die Piloten im ersten Weltkrieg alsbald Fotoapparate mit, als sie die Erfahrung machen mussten, dass ihren Berichten am Boden oft wenig Glauben geschenkt wurde. Seit damals und bis heute ist die Technik der Luftaufklärer ständig weiterentwickelt worden. Neue Technologien im Bereich der digitale Bildproduktion und Auswertung, Echtzeit-Daten und -Videoübertragung und die immer selbstverständlichere Verwendung unbemannter Luftfahrzeuge haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, die klassische taktische Luftaufklärung bisher jedoch nicht obsolet gemacht.

Das AG 51 "I" am Fliegerhorst Jagel in Schleswig-Holstein verfügt über all diese Fertigkeiten und Gerätschaften und steht damit auch täglich im Einsatz.
Martin Rosenkranz hat für www.airpower.at das letzte Aufklärungsgeschwader im deutschen Sprachraum besucht.

Geschichte

Kommodore Oberst Karsten Stoye
Foto: Luftwaffe, Pressestelle

Tornados des AG51 beim Vorstartcheck
Foto: Martin Rosenkranz

Tornado beim Start, im Hintergrund der neue Hangar für den EuroHawk
Foto: Martin Rosenkranz

Das Aufklärungsgeschwader 51 ist das jüngste Geschwader der deutschen Luftwaffe. Es wurde am 1. Januar 1994 in Dienst gestellt. Die Deutsche Luftwaffe hatte im Zuge der Truppenreduzierungen durch das Ende des kalten Krieges zwischenzeitlich die Fähigkeit zur abbildenden Luftaufklärung verloren. Standort und Luftfahrzeuge wurden vom aufgelösten Marinefliegergeschwader 1 (MFG 1) übernommen. Personal kam sowohl vom MFG 1 als auch von aufgelösten Luftwaffenverbänden.
Schon im Jahr darauf kam der Einsatzbefehl die schnelle Eingreiftruppe der UNO in Bosnien-Herzegowina zu unterstützen. Sechs Jahre lang, beginnend mit dem 1. September 1995 bis zum 20. Juli 2001 war das Geschwader mit sechs Tornados samt Bodenpersonal von Piacenza/IT aus im Rahmen UNPROFOR, IFOR, SFOR, der Operation Allied Force und KFOR an Einsätzen über dem ehemaligen Jugoslawien beteiligt. Bei 4.700 Einsatzflügen wurden 12.000 Flugstunden absolviert und rund 13.400 Aufklärungsziele überflogen und ausgewertet.

Mit der Auflösung des Marinefliegergeschwader 2 (MFG 2) wurde dem AG 51 per 1.Januar 2005 auch die Aufgabe der Seekriegsführung aus der Luft übertragen. Bewaffnet mit den Lenkwaffen Kormoran und HARM wird seither auch dieser Auftrag durchgeführt. Diese beinhaltet z.B. auch simulierte Angriffe auf deutsche Marinekräfte um diese zu beüben.

Seit 2. April 2007 nimmt das Geschwader im Rahmen der internationalen Unterstützungsmission ISAF mit sechs Tornados von Mazar-e-Sharif am Einsatz in Afghanistan teil. Im Zuge dieser Mission kamen ab 2009 auch die neuen digitale Aufklärungsbehälter RECCE-Lite samt verschlüsselter Datenfernübertragung zu Auswertestationen zum Einsatz. Ein Auftrag der in Kürze endet. Erst vor wenigen Wochen hat die deutsche Bundesregierung beschlossen die Aufklärungs-Tornados bis November diesen Jahres abzuziehen.
Weiterhin im Einsatz in Afghanistan bleibt das jüngste Gerät des AG51 - die unbemannten Luftfahrzeuge der Type "Heron 1". Die 2010 vom israelischen Hersteller IAI zur raschen Abdeckung des Bedarfes geleasten Geräte werden dort weiterhin die Truppe mit den notwendigen Aufklärungsinformationen versorgen.
Und die Heron 1 bleibt nicht die einzige unbemannte Luftfahrzeugtype im Geschwader. Per 2011 soll der erste EuroHawk in Jagel landen. Der von Northrop Grumman gebaute, unbemannte Höhenaufklärer wird von EADS mit der zugehörigen SIGINT-Technik ausgerüstet. Der EuroHawk wird dann, anders als Tornado und Heron 1, keine optischen Informationen liefern sondern wird elektronische Signale, sowohl aus dem Bereich der Kommunikation als auch Signale für andere Zwecke, zur Analyse auffangen.

Kommodore des Aufklärungsgeschwader 51 "Immelmann" ist Oberst Karsten Stoye. Seit mittlerweile drei Jahren führt der 48jährige Offizier den Verband - und das nicht nur in Deutschland sondern auch im Rahmen des ISAF Einsatzes vor Ort in Mazar-e-Sharif/Afghanistan.

Aufklärungsmittel im AG51

Die 1.Staffel des AG51 ist Heimat aller Tornados des Geschwaders. Sie hat alle Maschinen der 2. Staffel übernommen, in welcher hinkünftig sämtliche unbemannten Systeme des Geschwaders organisiert sind.
Für den Tornado stehen zwei Pods zur Verfügung - der langjährig genutzte GAF Recce Pod und der 2009 zugelaufene RecceLite Pod.

Der German Air Force (GAF) Recce Pod des AG51 ist mit zwei Nassfilmkameras und einem Infrarot-Linescanner ausgestattet und eignet sich vor allem für Aufklärung im Tief- und Tiefstflug. Drei Linsentypen stehen für die Nassfilmkameras zur Verfügung. Mit dem Trilens-System können mit drei 80mm Linsen pro Einsatz 1.850 Aufnahmen angefertigt werden. Mit dem Pentalens-System mit fünf 57mm Linsen pro Einsatz 2.480 Aufnahmen. Alternativ steht ein 610mm Telelens-System für bis zu 1.200 Aufnahmen pro Flug zur Verfügung. Der obligatorisch eingebaute Infrarot-Linescanner hat mit 48GB Speicher bis zu 64 Minuten digitale Aufnahmekapazität.

Der moderne RecceLite Pod ist rein äußerlich ident mit dem Litening-Zielbeleuchtungsbehälter, das Innenleben ist jedoch ein anderes. Der RecceLite Pod produziert hochauflösendes digitales Bildmaterial bei Tage und Nacht aus niedrigen und mittleren Höhen mit Hilfe von Infrarot- und optischen Sensoren. Die gesammelten Bilddaten können nicht nur im internen Massenspeicher abgelegt sondern können mit Line-of-Sight-Breitbandübertragung die Aufklärungsergebnisse in nahezu Echtzeit während des Fluges an die Bodenauswertungsstation übermittelt werden.
Spricht man mit den Piloten wird schnell klar, dass die Digitaltechnik noch nicht in allen Fällen mit dem Nassfilm mithält. Gerade die klassische taktische Luftaufklärung im bodennahen Flug mit hoher Geschwindigkeit ist nach wie vor die Stärke des Nassfilms - die Digitaltechnik kommt da noch nicht mit, produziert nicht ausreichend scharfe Bilder.

Diese Probleme kennt man in der 2.Staffel nicht. Dort sind beim AG51 die Unmanned Aerial Systems - kurz UAS - zuhause. Wem das Wort Drohne über die Lippen kommt der riskiert gleich eine Rüge. Aktuell hat das AG 51 genau genommen gar keine eigenen UAS. Die Heron 1 welche in Afghanistan vom AG 51 eingesetzt werden sind vom israelischen Hersteller IAI geleast. Und auch hier nicht eine gewisse Stückzahl sondern der Vertrag bezieht sich auf Flugstunden pro Monat.
Die deutsche Luftwaffe schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie bekommt Einsatzerfahrung mit einem aktuellen MALE (Medium Altitude Long Endurance) UAS und kann im praktischen Einsatz feststellen ob das System den erwarteten bzw. gewünschten Leistungen entspricht. Ganz unzufrieden dürfte man nicht sein, wurde doch der Vertrag erst kürzlich um zwei Jahre bis Oktober 2012 verlängert. Trotzdem, theoretisch besteht für die Deutsche Luftwaffe immer noch die Möglichkeit sich letztendlich auch für ein Mitbewerber-Modell zu entscheiden.

Heron 1 ist ausgerüstet mit dreh- und schwenkbaren, hochauflösenden elektrooptischen Infrarot- und Tageslicht-Kameras mit welchen sowohl Fotos als auch Videos erstellt werden können sowie mit einem Synthetic Aperture Radar (SAR) welches Radarbodenbilder liefert. Abgerufen werden diese Bild-, Film- und Sensordaten über einen Bereitband-line-of-sight Datenlink welcher Videoübertragung in Echtzeit auf ein Remote Video Terminal zur Unterstützung der taktische Operationsführungen ermöglicht.
Es ist aber ebenfalls möglich das Videosignal via Satellit an die Gefechtsstände in Afghanistan und Deutschland zu übertragen.

Ein Gespräch mit den gerade erst geschulten Piloten offenbart, das man beim AG 51 noch nicht wirklich mit dem eher gemächlichen Tempo eines MALE UAS vertraut ist - vom Tornado war man deutlich anderes gewöhnt. Das relativiert auch etwas die lange theoretische Einsatzdauer von rund 24h eines "Long Endurance" UAS. Immerhin muss auch An- und Abmarsch zum Zielgebiet eingerechnet werden.
Das nicht immer alles geht macht das Gespräch auch deutlich. Zwar schafft Heron 1 bis zu 9km Flughöhe - und ist dort oben vom Boden aus kaum mehr wahrzunehmen - der Qualität der Videobilder sind solche Höhenflüge jedoch nicht zuträglich.

Die Steuerung des UAS erfolgt aus einer Operationszentrale - genannt "Advanced Ground Control Station" - in Form eines Containers vor Ort. Die Crew besteht aus zwei Soldaten, dem Piloten der Air Vehicle Operator (AVO) genannt wird und dem Sensorbediener welcher als Payload Operator (PO) bezeichnet wird.

Vor Ort ergeben sich daraus Einschränkungen im Bezug auf die Einsatzmöglichkeiten der UAS. Nicht nur die Übertragung der Sensordaten auch die Steuerung benötigt eine line-of-sight Funkverbindung. Liegt zwischen der Operationszentrale und dem Einsatzgebiet des UAS eine Bergkette steigt schnell die Mindestflughöhe unter welcher das UAS die Funkverbindung verlieren würde.
Das mag in einem kleinen Land wie Israel, kein großes Problem darstellen, in Afghanistan tut es das aber sehr wohl.
Deshalb werden die Heron 1 UAS auch nur im Bereich des deutschen Kontingents in Nordafghanistan eingesetzt, obwohl durch die lange Einsatzdauer theoretisch ein viel größeres Einsatzgebiet erschlossen werden könnte. Dem gegenüber werden die Tornados des AG51 auf Anforderung der ISAF in g a n z Afghanistan eingesetzt.

Eine Alternative zur line-of-sight Steuerung der UAS bietet eine Satellitenverbindung. Damit kann die Steuerung des UAS praktisch weltweit von einem Ort aus erfolgen. Was bei der Heron 1 aber noch eine theoretische Möglichkeit ist, wird beim demnächst erwarteten jüngsten Kind des AG51 wohl zur Alltagsroutine.

Beim HALE (High Altitude Long Endurance ) UAS EuroHawk handelt es sich um eine Variante der von Northrop Gumman produzierten RQ-4E Block 20 "Global Hawk". EADS wird dieses UAS mit einem Sensorkomplex zur elektronischen Aufklärung ausstatten. EuroHawk wird dann außerhalb des eigenen Territoriums als SIGINT (Signal Intelligence) Aufklärer für die Bundeswehr Funkdaten aus dem Bereich der Kommunikation (COMINT) als auch elektronische Signale für andere Zwecke (ELINT) erfassen und zur Auswertung und Analyse nach Deutschland übertragen.
Gewaltig die Flugleistungen dieses elektronischen Schnüfflers. Mit rund 650km/h Reisegeschwindigkeit sind Flüge von an die 30h möglich. Damit ist man z.B. in der Lage 5.000km entfernt vom Start und Landeplatz für 24 Stunden zu patrouillieren um an elektronischen Signalen einzusammeln um die Bundeswehr mit "Informationsüberlegenheit" zu versorgen und zur "vernetzten Operationsführung" zu befähigen. Am Fliegerhorst Jagel wird bereits fleißig am neuen Hangar für die EuroHawk gebaut - über 35m Spannweite wollen untergebracht werden....


Ein Tornados des AG51 mit GAF Recce Pod
Foto: Martin Rosenkranz

Die deutsche Bundeswehr setzt geleaste Heron 1 UAS in Afghanistan ein.
Foto: web

Der Euro Hawk beim Erstflug am 29. Juni 2010
Foto: Northrop Grumman

Der RecceLite Pod ist nur äusserlich mit dem Litening-Pod ident.
Foto: Martin Rosenkranz

Die Bestandteile des Systems Heron
Grafik: Luftwaffe

Die Kameras für den GAF Recce Pod
Links: Telelens-Aufnahme;
Mitte-oben: Trilens-Aufnahme;
Rechts: Pentalens-Aufnahme
Foto: Luftwaffe

Die Auswertung

NATO Zielkategorien

CAT 01 Airfields
CAT 02 Missiles and Artillery Systems
CAT 03 Electronic Installations
CAT 04 Military HEadquarters and Barracks
CAT 05 Storage and Repair Installations
CAT 06 Ground Activity
CAT 07 Obstacle Crossing
CAT 08 Shipping
CAT 09 Route Reconnaissance
CAT 10 Terrain Reconnaissance
CAT 11 Coastal Reconnaissance
CAT 12 Bridges
CAT 13 Water Control Installations
CAT 14 Port Installations
CAT 15 Rail Installations
CAT 16 Industrial Installations
CAT 17 Power Installations
CAT 18 Urban Areas / Habitations
CAT 19 Specific Structures

Mindestens so wichtig wie der Einsatzflug ist eine korrekte Interpretation des angefertigten Bildmaterials. Das ist der Job der Luftbildauswerter - und das sind Leute die von praktisch allem Ahnung haben müssen.
Die NATO kennt - vom Flugfeld über Kasernen, Straßen, Schiffe, Industrieanlagen, etc. - grob 19 Zielkategorien. Doch das ist nur der Anfang. Die höheren Weihen der Auswerterei erreicht wer System nicht nur klassifizieren sondern auch identifizieren kann und deren rundherum kennt. Zu welchem Flugabwehrsystem gehört das entdeckte Radargerät, welche Einheiten benutzen das entdeckte Fahrzeug und zu welcher Flugzeugtype gehört das vor dem Hangar abgestellte Zubehör wie Leiter, Schleppstange, etc. ?

Nur - wie läuft das mit der Auswertung in Afghanistan ? Dort hat man es nicht mit einer regulären Armee zu tun deren Fahrzeug und Gerätschaften man kennt und die "nur" gefunden werden müssen. Nicht nur aus der Luft betrachtet schaut ein Afghane wie der andere aus. Wie also unterscheidet man einen friedlichen Paschtunen vom radikalislamischen Taliban ?

Die Antwort klingt simpel und doch verlangt sie von den Luftbildauswertern sehr viel Kenntnisse von den Gegebenheiten und Lebensgewohnheit der Menschen vor Ort.
Im Prinzip sucht man nach Unregelmäßigkeiten. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier - auch in Afghanistan. Routine bestimmt maßgeblich unser tägliches Leben und auch unsere Bewegungsmuster. Abweichungen von diesen Mustern fallen auf und werden näher betrachtet.
Das kann ein Auto sein, dass aus unerfindlichen Gründen auf freier Strecke steht und dessen Insassen gerade die Umgebung begutachten. Und dies kann dann z.B. ein Hinweis sein auf das Versteck einer IED ( Improvised Explosive Device ). Solche Sprengfallen sind eine der Hauptursachen für Verluste im Irak und in Afghanistan.
Das kann auch ein Zelt in den Bergen sein. Camping ist eher keine Freizeitbeschäftigung in Afghanistan und Ziegen sind auch keine zu sehen, dafür sind im Zeitraffer einiger Aufnahmen verteilt über mehrere Tage Büsche zu entdecken die ihre Position verändern bzw. viel zu schnell wachsen. Auch das ein Hinweis über Vorgänge die eine nähere Betrachtung rechtfertigen.
Und ebenfalls eine Aufgabe der Aufklärung die Kontrolle der Straßen, Wege und Brücken auf Passierbarkeit und Hindernisse, welche einen Konvoi oder Patrouille stoppen und der Gefahr eines Feuerüberfalls aussetzen könnten.

Eine ganz andere Art der Aufklärung stellt die Möglichkeit der Echtzeit-Videobild-Übertragung mit dem MALE UAS dar. Dieses aktuelles Lagebild landet bei Bedarf ohne Verzögerung bei den Gefechtsständen und unterstützt so die Kommandeure der Einsatzkräfte bei ihren Entscheidungen vor Ort.

Die Gerätschaft der Luftbildauswerter ist sämtlich in Containern untergebracht - nicht nur am Einsatzort Afghanistan sondern auch in Jagel. Einen ganzen Hangar füllen die Container - praktisch jeder Zeit bereit binnen kurzer Zeit per LKW, Schiff und/oder Lufttransport zu einem Einsatzort in oder außerhalb Deutschlands transportiert zu werden.

Die Arbeitsstationen für die Bearbeitung der klassischen Nassfilmaufnahmen des GAF Recce Pods und des digitalen RecceLite Pods unterscheiden sich naturgemäß etwas. Der Nassfilm durchläuft in wenigen Minuten die Entwicklung und wird dann in weiterer Folge an einem Leuchttisch von zwei Auswertern bearbeitet. Bei Bedarf kann an diesem Tisch eine Aufnahme auch gleich digitalisiert werden.

Die digitalen Aufnahmen des RecceLite benötigen natürlich keine Entwicklung und auch keinen Leuchttisch, sie landen gleich auf Flachbildschirmen, wobei die Auswertestation im Digitalbereich nur mit einem Auswerter besetzt wird.
Nicht verzichten muss man im Digitalbereich übrigens auf stereoskopische Aufnahmen, auch RecceLite kann das. Eine Brille ist dafür aber nach wie vor notwendig.

Allzu viel Zeit haben die Auswerter für ihren Job übrigens nicht. Je nach Auftragslage müssen die ersten Ergebnisse bereits deutlich vor Ablauf einer Stunde beim Bedarfsträger abgeliefert werden. Und selbst umfassendere Analysen dürfen nur wenige Stunden in Anspruch nehmen - nicht viel Zeit wenn tausende Aufnahmen zu sichten sind.

Das digitale Zeitalter ermöglicht es hier auch zu einem rascheren Ergebnis zu kommen. Bei guter Datenlinkverbindung beginnt die Arbeit an den gerade erst geschossenen Bildern noch bevor die Aufklärungsmaschine mit dem Pod wieder zurück ist. Und das Auswerteteam hat mit seinen Arbeitsstationen ständig Zugriff auf das digitale Archiv, aus welchem sämtliche ältere Aufnahmen bei Bedarf zu Vergleichszwecken sofort abrufbar sind.


Arbeitsstationen für Nassfilmaufnahmen mit Leuchttisch und Scanner wird von zwei Personen bedient.
Foto: Martin Rosenkranz

links oben und links unten: Die Zelte bleiben gleich nur das Buschwerk verändert sich verdächtig schnell.
rechts oben: Ein Fahrzeug hält in unmittelbahrer Nähe eines kleinen Tunnels unter der Straße - eine einladende Stelle für eine IED (Improvised Explosive Device / impovisierte Sprengfalle)
rechts unten: An dieser Baustelle wird ein Konvoi oder eine Patrouille die Straße verlassen müssen und it einer höheren Gefährdung ausgesetzt.
Fotos: AG51

Der Arbeitsplatz für den Auswerter der Recce Lite Aufnahmen verfügt über einen permanenten Zugriff auf das umfassende Bildarchiv.
Foto: Martin Rosenkranz

Abzug aus Afghanistan

Ende September gab Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bekannt, dass bis Ende des Jahres die in Mazar-e-Sharif stationierten sechs Aufklärungs-Tornados aus Afghanistan abgezogen werden. Bereits im November sollen Mannschaften und Gerät wieder in Jagel landen. Das Aufklärungsgeschwader 51 bleibt aber weiterhin mit den Heron 1 UAS in Afghanistan tätig.

Taktische Aufklärung - Gestern - Heute - Morgen

Gefragt nach der Zukunft der Aufklärung im Hinblick auf die Entwicklungen im Bereich Digitaltechnik und unbemannte Systeme zeigen sich sowohl Oberst Karsten Stoye also auch Piloten der 1. Staffel - und sogar Piloten der UAS-Systeme der 2.Staffel überzeugt, dass der bemannten taktische Aufklärung im Tiefflug auch in Zukunft große Bedeutung zuzumessen ist.
Erst kürzlich habe der Generalinspekteur der Bundeswehr explizit darauf hingewiesen, dass für die Bundeswehr weiterhin Bedarf besteht "das ganze Szenario" abzudecken - und "das bedeutet auch Low-level mit dem Pod" erklärt uns Kommodore Stoye. Unisono weisen auch die Piloten beider Staffeln als auch die Auswerter darauf hin, dass die Qualität der Bilder im Tiefflug am besten ist. Eine Aussage die man erst richtig zu werten weiß, wenn man weiß, dass die Bundeswehr auch hochmoderne Aufklärungssatelliten ihr Eigen nennt.
Hinzu kommt, dass für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann, dass in Konfliktszenarien gegnerische Flugabwehrsysteme nur im Tief- und Tiefstflug überwunden werden können - Szenarien in denen MALE und HALE UAS nicht eingesetzt werden können.

Abschließend bleibt zu hoffen, dass nicht der Rotstift der aktuell überall grassierenden Einspaarungswut an der Fähigkeitspalette des AG 51 nagt. Denn nachdem die Schweizer Luftwaffe die Fähigkeit zur operativen Aufklärung mit dem Abstellen der Mirage III im Jahr 2003 verlor und Österreich im Zuge der Eurofighter-Beschaffung gleich im Ansatz kläglich gescheitert ist in diesem Bereich begrenzte Kapazitäten zu schaffen (geplant und zu Papier gebracht waren sie), ist das AG 51 "I" der letzte deutschsprachige Einsatzverband welcher über solche Fähigkeiten verfügt.

Martin Rosenkranz für www.airpower.at