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Die Vision einer europäischen Lufttransportflotte findet derzeit ohne Österreich statt.
Foto: EU Council

Col. Fredrik Heden (Flygvapnet) bei der Übernahme der ersten C-17 in den USA.
Foto: USAF

Bei strömendem Regen landete die dritte C-17 am 12. Oktober 2009 in Pápa
Foto: USAF

Vollgestopft mit logistischem Material frü den Eigenbedarf kamen die "Globemaster III" aus den USA.
Foto: USAF

Zumindest die Propeller drehen sich schon am A400M Prototyp - wann die Maschine zum Erstflug abhebt will Airbus nicht vorab kommunizieren.
Foto: Airbus Military

Europa poolt Lufttransportkapazitäten
Österreich (vorerst?) wieder nicht dabei

EDA poolt Lufttransportkapaziäten

Am 17. November unterzeichneten 14 der gesamt 26 Mitglieder der European Defence Agency (EDA) eine Absichtserklärung um ab 2014 ihre Lufttransportkapazitäten zu poolen. Mit im Boot sind die NATO Länder Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Portugal, Luxemburg, Slowakei, Spanien und Tschechien sowie die neutralen PfP-Nationen Finnland und Schweden.

Es wird erwartet dass der "European Air Transport Fleet" (EATF) genannten Organisation weitere Interessenten beitreten - Bulgarien, Rumänien und Slowenien signalisieren entsprechendes Interesse.

Ziel der EATF ist es nicht nur die Flugstunden nach Bedarf möglichst effizient aufzuteilen, sondern das Management der vorhandenen Transportkapazitäten soll die gesamte Bandbreite von Beschaffung über Training und Logistik bis hin zur Ersatzteilversorgung abdecken.

Zwei Jahre Vorbereitungszeit sind bisher in das Projekt geflossen und weitere folgen.
Im nächsten Schritt werden Arbeitsgruppen bestehen aus nationalen sowie EDA Experten die rechtlichen Rahmenbedingungen, Beschaffungsziele sowie die Prozeduren für Ausbildung, Logistik und das poolen und zuteilen der vorhandenen Transportkapazitäten ausarbeiten.
Auch werden diese Arbeitsgruppen prüfen wie die Koordination mit anderen Lufttransportorganisationen ablaufen soll. Dies betrifft z.B. die Zusammenarbeit mit dem Movement Coordination Centre Europe in Eindhoven welches Bedarf und Kapazitäten für militärische Luft- und Seetransporte für EU und NATO Länder koordiniert.

Pápa / Strategic Airlift Capability: Alle drei C-17 im Betrieb

Am 27. Juli 2009 landete in Pápa (Ungarn) die erste von gesamt drei Boeing C-17 "Globemaster III" und nahm binnen wenige Tage den Betrieb auf.
Die zweite Maschine folgte im September, die dritte und letzte Maschine setzte am 12. Oktober 2009 in Pápa auf.

Nur drei Jahre nach Unterzeichnung der Absichtserklärung im September 2006 und ein Jahr nach der offiziellen Gründung der NATO Airlift Management Organization (NAMO), welche als Eigentümer der Flugzeuge fungiert, nähert sich die Organisation somit dem Status der vollen Einsatzbereitschaft.
Die insgesamt 12 SAC-Mitglieder (zehn NATO-Länder: Bulgarien, Estland, Litauen, Niederlande, Polen, Rumänien, Slowenien und die USA sowie zwei PfP-Nationen: Finnland und Schweden) haben den multinationalen Heavy Airlift Wing (HAW) ins Leben gerufen um gemeinsam ihren Bedarf an strategischem Lufttransportraum abzudecken und von einer gemeinsamen Basis aus zu betreiben. Die Wahl viel auf das Ungarische Pápa - ca. 120km westlich Budapest ziemlich genau in der Mitte zwischen Budapest, Wien und Graz.
Einst Basis für MiG-21 und MiG-23 Jagdflugzeuge des "Stromfeld-Aurel"-Regiments arbeitet heute ein international beschicktes Team aus 135 Mitarbeitern an und mit den nagelneuen Flugzeugen. Unter dem Kommando von Col. John Zazworsky (U.S. Air Force) sowie seinem schwedischen Stellvertreter Col. Fredrik Heden (Flygvapnet) versehen 41 US Amerikaner, 21 Schweden, 20 Niederländer, 15 Norweger sowie weiteres Personal der anderen SAC-Mitglieder ihren Dienst in Pápa.
Die Aircrews sind multinational zusammengestellt. Allerdings stellt nicht jedes Mitgliedsland fliegendes Personal, sondern die kleineren Mitgliedsländer hauptsächlich logistisches und organisatorisches Bodenpersonal.

Noch ist die Infrastruktur spärlich - die drei C-17er stehen im Freien und das gesamte logistische Material für deren Versorgung und Betrieb stapelt sind in den Sheltern die einst ungarische Jagdflugzeuge beherbergten.
Ein neuer C-17 Mehrzweckhangar steht somit sehr weit oben auf der Prioritätenliste. Abhängig von der Ausstattung sind USD 20-30 Mio. dafür veranschlagt und man erspart sich im Gegenzug die Flüge in die USA welche derzeit alle 6 Monate angeflogen werden muss um dort größere Wartungsereignisse durchzuführen.
In Pápa hofft man diese Infrastrukturmaßnahmen im nächsten Jahr unterzubringen. Sicher ist das aber nicht, denn das Infrastrukturbudget der NAMO ist aufgrund der hohen operationellen Anforderungen sehr unter Druck.

Wie alle anderen C-17 Betreiber ist auch die SAC Mitglied in der Globemaster III Sustainment Partnership - dem internationales Ersatzteil-Pool von Boeing. Alle nicht-US C-17 Betreiber ( das sind Australien (4), Kanada (4), England(6), Katar (2) sowie die SAC/NATO(3) ) zahlen entsprechend der Anzahl ihrer Maschinen in den Pool ein und der Ersatzteilvorrat bleibt im Eigentum der USA bis das entsprechende Teil in die Maschine eingebaut wird. Für die kleinen C-17 Betreiber ist somit ein sofortiger Zugriff und stetiger Strom an Ersatzteilen gewährleistet - direkt aus den Lagern des größten C-17 Betreibers USA mit derzeit 178 Maschinen - ohne selbst umfangreiche Lager aufbauen zu müssen.

Für 30 Jahre ist der Betrieb des HAW geplant und es sollen im Vollbetrieb jährlich ca. 3.000 Flugstunden absolviert werden. Damit sind die drei C-17 noch nicht voll ausgelastet - über 4.000 Stunden pro Jahr wären möglich und erlauben es der NAMO neue Mitglieder aufzunehmen ohne die Zuteilung der Flugstunden an die bestehenden Mitglieder kürzen zu müssen.

Derzeit sind die nationalen Anteile am jährlichen Flugstunden-Kontingent wie folgt: USA (1.000h), Schweden (550h), Niederlande (500h), Norwegen (400h), Rumänien (200h), Polen (150h), Finnland (100h), Bulgarien (65h), Slowenien (60h), Ungarn (50h), Estland (45h), Litauen (45h).
Die Kosten pro Flugstunde werden derzeit auf USD 25.000,- bis 30.000,- geschätzt - die USA planen diese mit rund USD 22.000,-.

SALIS geht ins fünfte Jahr

Die Strategic Airlift Interim Solution, welche per Vertrag zwischen der NAMSA (NATO Maintenance ans Supply Agency) und der Ruslan SALIS GmbH per 23. Januar 2006 zunächst für drei Jahre geschlossen und dann bis Ende 2010 verlängert wurde geht im Jänner in sein fünftes Jahr.
Mittlerweile sind die riesigen An-124 Ruslan Transporter in Halle bei Leipzig ein gewohntes Bild. Zwei der Frachtgiganten sind ständig dort stationiert auf vier weitere binnen längstens neun Tagen hat SALIS zugriff.
Diese Maschinen schließen die Fähigkeitslücke der SALIS Partner im Bereich schwerer (bis 120t) und übergroßer Güter (bis 1.160m³).

An SALIS sind die NATO-Länder Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn sowie die PfP-Nationen Finnland und Schweden beteiligt.
Wie es mit SALIS nach 2010 weitergeht ist noch nicht klar. Fakt ist der Bedarf an schwerem Lufttransport wird für Europa weiterhin vorhanden sein und ist mit eigenen Kapazitäten nicht abzudecken.
Bisher hat SALIS pro Jahr im Schnitt an die 200 Flüge absolviert und jährlich über 11.000t an Fracht primär nach Afghanistan transportiert.

Als Übergangslösung bis zur Verfügbarkeit des A400M ins Leben gerufen steht SALIS heute nicht anders da als 2006. Noch immer wartet der A400M auf seinen Erstflug - bisher sind nur Triebwerkstests am Boden absolviert.

Wie es Ende nächsten Jahres weitergeht ist noch nicht klar - das SALIS MoU lässt jedenfalls eine weitere Verlängerung bis Ende 2012 zu. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Option auch wahr genommen wird ist groß. Immerhin bewegen sich die Kosten für eine An-124 Flugstunde mit USD 34.000,- nur um 30-50% über einer C-17 Stunde - dafür allerdings bei 100% mehr Leistung.

Und Österreich ?

Die Alpenrepublik macht zumindest derzeit nirgendwo mit und das obwohl die beiden anderen neutralen EU/PfP-Länder Finnland und Schweden in allen drei Initiativen vertreten sind.

Nicht, dass es keinen Bedarf gäbe - im Gegenteil. Der Einsatz im Tschad hat gezeigt, dass eine Verlegung selbst einer relativ kleinen und leicht bewaffneten Einheit die Kapazitäten der drei Herkules überschreitet und die folgende Anschlussversorgung ein Unterfangen an der Leistungsgrenze war.
Klar ist, dass die drei Herkules - obwohl bestens gewartet - nicht jünger werden und ein gröberes Problem an nur einer der Maschinen - seien es technische Schwierigkeiten, eine Beschädigung oder sonstige Probleme welche ein Flugzeug unvorhergesehen für längere Zeit dem Flugdienst entzieht - abhängig vom momentanen Bedarf kurzfristig zu einem sehr großen Problem werden könnte.
Dies auch im Hinblick auf Österreichs Teilnahme an den Battlegroups in den Jahren 2011 und 2012.

Das Prädikat "NATO" schreckt offenbar an einer Teilnahme am HAW in Pápa so sehr ab, dass nicht einmal die geografische Nähe und die Teilnahme der neutralen PfP-Partner Finnland und Schweden, über diese Hemmungen helfen.
Dass man aber auch bei EATF nicht mitmacht ist mit dem "NATO-Argument" nicht mehr begründbar, zumal Österreich Mitglied der European Defence Agency ist.

Martin Rosenkranz