Print

Wos is mit Du??
"Schlaue Ambivalenz" oder "hirngewaschene Psychose"?
Die psychologische Einbettung des ‚15er-Schnapsers' in unsere kollektive Meinung

Eigentlich ist ‚Psychose' nach dem dt. Medizin-Lexikon ein Sammelbegriff für psychische Erkrankungen welche mit Realitätsverlust, Trugwahrnehmungen, Wahnvorstellungen, Bewusstseinsstörungen, Störungen des Denkens und der Gefühlswelt verbunden sind. Rasch ist man damit in der Nähe klinischer Psychiatrie. Diese Destination samt der genannten Symptome waren wohl vertraute Attribute, die jedem mehr oder weniger geballt entgegen flogen, der als Bürger in den letzten Jahren FÜR die Anschaffung von neuen Jagdflugzeugen für unser Land bzw. dann für die Auswahl der Eurofighter eintrat.

"Die Österreicherinnen und Österreicher haben den durchsichtigen und schlechten Deal des SPÖ-Verteidigungsminister längst durchschaut! Österreich braucht eine ordentliche Luftraumüberwachung zur Sicherheit der Menschen in Österreich und keine halben Sachen", so VP-Wehrsprecher Murauer in einer jüngsten Aussendung zu ersten bekannt gewordenen Details aus dem jüngsten RH-Rohbericht.

Er spielt auf das am Montag 28.4. erschienene "profil" an, in welchem sich 66% der Österreicher gegen den Vergleich von Verteidigungsminister Darabos mit der ‚Eurofighter GmbH' (15 statt 18 Eurofighter, davon 6 gebrauchte) aussprechen. Nur 16% der Befragten geben laut der im Auftrag von "profil" vom Meinungsforschungsinstitut OGM durchgeführten Umfrage an, dass sie den Darabos-Deal als günstig erachten, 18% konnten keine Angaben machen. Statistisch gesehen betrachtet also die Bevölkerung jene - anderswo undenkbare - Kastration als ungünstig für Österreich. Immerhin. Und das obwohl sich eine große Mehrheit - erschreckend umgekehrt proportional zur eigenen Technikverliebtheit (PC, Handys, Konsolen, Navi, WLAN etc.) - ausgerechnet mit dieser Thematik nicht und nicht auskennen will.

Obwohl das fröhliche ‚Rupfen' des Eurofightervogels - ein paar wichtige Federn jener ‚ordentlichen Luftraumüberwachung' Murauer's flatterten schon damals zu Boden - schon 2003 beim Drücken unter 2 Mrd. durch Finanzminister Grasser begann, nimmt der VP-Wehrsprecher in seiner berechtigten Aufwallung uns alle gleich wieder auf einen Flight-Level mit, auf dem die Mehrheit - leider - nicht ist. Wie nämlich das "profil" in der gleichen Ausgabe berichtet, geben 64% der ÖsterreicherInnen - vermutlich anlässlich der gleichen Umfrage - auch gleich an, ihrer Meinung nach seien überhaupt keine Abfangjäger zur Überwachung des Luftraumes nötig! Nur 32% der Befragten geben an, dass sie für eine Luftraumüberwachung mit Fliegern wie den Eurofightern sind. 4% wollten sich nicht festlegen. So schaut's aus. Es ist jenes öffentlich-mediale Umfeld in das ein unseriöses Wahlversprechen und sein schä(n)dlicher Realisierungsversuch eingebettet zu sehen sind. Zwei Drittel der Bevölkerung versteht ‚Open Skies' viel radikaler als es ein EU-Flugsicherungsabkommen oder Kontrollflüge mit Aufklärungsflugzeugen (denn für beides steht der Fachausdruck) meinen. Solange also ein "Auf da oben wird g'sch..n" vorherrscht, dann können ruhig 2/3 den jüngsten ‚Deal' für schlecht halten, ist das für sachferne Ideologen und deren beamtete - aber sachkundige (!) - Handlanger völlig ohne Konsequenzen. Der Hinweis auf entgangene Gegengeschäfte (no na, da braucht man nur das Kopferl schräg halten!) ist da ganz nett, aber die drei ‚K' (Kräuter, Kogler, Kronen-Zeitung) haben jenen 2/3 ohnehin die Überzeugung eingeimpft, diese ‚Offsets' wären eh' nur kriminelle Trugbilder… Der Schleudersitz bleibt also ‚disengaged' - dabei hätten wir alle die Hand an seinem Auslöser, wenn wir es wollten. Die Fettfinger werden bei der EM (‚panem et circenses') aber viel eher zur Fernbedienung des geschnorrten Flatscreen greifen oder zum 16er-Blech…

Weil dem so ist, wird die Reduktionen wichtiger militärischer Fähigkeiten, Aufwuchsreserven oder Flugstunden und die Bestimmtheit künftig nötiger Nachrüstungen von all diesen ZeitgenossInnen bzw. ‚ihren' Mandataren und ‚ihren' Journalisten wohl kaum als etwas verstanden werden, dass auch ihnen - weil uns allen - an Leistung abgezwickt bzw. angetan wurde! Obwohl das ja für sie, ihren Staat und in ihrem Auftrag geschieht, à Siehe die berechtigte Empörung auch von SP-Politikern wegen des Anzweifelns der Rechtmäßigkeit der Lissabon-Abstimmung durch gewählte Volksvertreter.

Und so wie "profil" die eine Umfrage in eine Andere einbettet, ist der bisherige Widerhall dieses ‚Schnapsers' in noch größere, tiefere Ambivalenzen eingelagert. Es gibt da in unseren Analen so ein BGBl. Nr. 211/1955 und dort steht etwas von: "...zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen." Blickt man nun zurück, wurde was die dritte Dimension betraf, dieses ‚zu Gebote stehend' - angesichts weniger als 30 Flugminuten zu unseren Nervenzentren - eher mit ‚zum Gebet liegend' erfüllt, ja wurde in einer eigentlich rotzfrechen Mischung von verschmitztem Lächeln und dreckigem Grinsen gehandhabt!

Ambivalenzen werden in der Psychologie als "Nebeneinander von eigentlich gegensätzlichen Gefühlen, Gedanken und Wünschen" verstanden. So setzen die Österreicher nämlich in sicherheitspolitischer Ausrichtung nach wie vor auf jene immerwährende Neutralität, verstehen jene aber - im Lichte der oben zitierten Mehrheiten (‚freier Himmel') - bezüglich Dokumentation, ihres Wertes bzw. ihrer KOSTEN offenbar nicht, oder nicht richtig. Auf die Frage, ob Österreich - auch Jahre nach dem EU-Beitritt - die Neutralität weiter beibehalten soll, antworteten erst letztes Jahr 68% mit "Ja". Nur 17% halten die Neutralität nicht mehr für sinnvoll, 16% waren unentschieden.

Befürwortung der Neutralität bestimmte - bei dieser weit tiefer als "profil"/OGM reichenden Studienumfrage des IILP - wohl auch die Antworten auf eine andere Frage: Für den Fall, dass es wieder zu einer großen militärischen Krise zwischen Weltmächten kommt, meinten ebenfalls 68 gegen 11% (bei allerdings 21% Unentschiedenen), dass die Neutralität dann für Österreichs Sicherheit besser sei, als per Mitgliedschaft von der NATO geschützt zu werden!

Anders ausgedrückt: Allein schon der Begriff der - Sicherheit spendenden - Neutralität, behält für die Österreicher auch dann seinen Zauber, wenn es wider Erwarten zu einer großen militärischen Krise zwischen Weltmächten käme. Obgleich die ÖsterreicherInnen die Wahrscheinlichkeit einer großen militärischen Krise in Europa als äußerst gering taxieren (nur 27% der Österreicher glauben, dass in Zukunft möglich ist), halten sie fast starrsinnig an der Neutralität zwischen - folglich mindestens genau so unwahrscheinlichen - Konfliktparteien fest. Ihr Wissensstand über sicherheitspolitische Zusammenhänge bleibt offensichtlich äußerst gering - aber (oben) ohne bleibt eben alles besser…

Im August 2005 fanden noch 77% die Neutralität sympathisch, die Zustimmung schwankte in den vergangenen 10 Jahren aber zwischen 54 und 80%. Der letztere Wert entstand unmittelbar nach dem 11. September 2001. Zugleich gaben aber 75% an, sie würden nicht (!) glauben, dass unsere Neutralität Schutz gegen große Terroranschläge bieten würde. Wie sehr das Meinungsbild in der Bevölkerung als mindestens ebenso instabil eingeschätzt werden kann wie mancher Hang, zeigt die Reaktion auf eine Frage von 1998: "Wären Sie für einen NATO-Beitritt, wenn die Neutralität für alle jene Bereiche, die von den NATO-Pflichten nicht erfasst sind, beibehalten wird?" Die Tageszeitung, die diese Umfrage in Auftrag gab wies darauf hin, dass demnach 50% der Österreicher dann für den Beitritt zur NATO gewesen sind, wenn dieser mit der Aufrechterhaltung einer ‚Restneutralität' verbunden wäre...! ("diepresse"/Fessel + GFK, Okt. 1998)

Politologe Anton Pelinka hat einmal die Neutralität treffend als "prominentesten Untoten Österreichs" bezeichnet. Wenn er trotzdem wissen möchte, wie unsere LandsleutInnen im Gefolge all dieser schief hängenden Erkenntnisse und Ambivalenzen noch immer ticken, da meldete sich dieser Tage ein - nach seiner Mailadresse als Optiker aus Salzburg ausgewiesener - ‚Bürger' mit vier, sowohl den rechten als auch linken Rand des politischen Spektrums bedienenden Punkten:

  1. Sofortiger Abzug aller Soldaten von Auslandseinsätzen
  2. Strikte Neutralität und Nichteinmischung in Krisengebieten
  3. Bundesheer-Konzept ausschließlich für Landesverteidigung
  4. Bundesheer für Katastropheneinsätze besser ausbilden und ausrüsten
Pelinka hin oder her, wo ist mein Fleckerl Sand? Oder noch ein Widerspruch: Bei allem Zurückzucken vor der NATO bzw. dem Verleugnen ihrer Schlüsselrolle in den immer wieder strapazierten ‚50 Friedensjahren', ist es auffällig dass auch die EU von den Österreichern nicht als ein militärisches Sicherheitsversprechen empfunden wird: Nur jeder vierte Erwachsene teilt die Auffassung, dass sich Österreich in der Europäischen Union sicher fühlen könne und dass diese ganz allgemein eine große Friedensorganisation sei, ohne die es in Europa neue Kriege geben würde. Die Österreicher haben gegenüber der EU weder eine euphorische noch eine feindliche Grundhaltung, aber eine sehr schlechte Realitätswahrnehmung: So sehen beispielsweise nur 25% die EU als europäische Friedensorganisation, und nur 37% wollen eine einheitliche Außen- und Sicherheitspolitik der EU.

Aber da kommt schon der nächste ‚irre Iwan': Trotz ihrer EU-Skepsis traten 75% der Österreicher 2004 für eine europäische Armee ein, lediglich 18% waren dagegen. Gleichzeitig hielten unsere Landsleut' aber nicht sehr viel von einer militärischen Beistandspflicht innerhalb der Union. Genauer genommen hielten sie wohl nicht viel davon, dass Österreich anderen Beistand gewährt, wogegen sich doch relativ viele erwarten dass uns fallweise Beistand geleistet wird. Immerhin ein Drittel der ÖsterreicherInnen (33%) glaubt das wirklich. Weil "wir zum Westen gehören", wegen der UNO-City, dem Konferenzplatz, Urlaubsland, Opernball, Schifoan - warum auch immer. Hingegen hat - was (zu) wenige wissen - die österreichische Bundesregierung anders als Irland (2002) und Malta (beim Beitritt 2003) zur EU-Beistandspflicht (Art. 42/7) im Falle eines bewaffneten Angriffs auf einen anderen EU-Staat, KEINEN Neutralitätsvorbehalt erklärt! Ihr genügt bis heute die dort enthaltene sogenannte ‚Irische Klausel', wonach "der besondere Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik mancher Staaten" unberührt bleibt...

Das hausgemachte Problem mit jenem ‚besonderen Charakter' ist aber, dass das was die ÖsterreicherInnen unter der dadurch scheinbar geretteten ‚Neutralität' verstehen, weit über das hinausgeht, was sie im politischen oder militärischen Sinn ist oder je sein könnte. Für viele MitmenschInnen steht sie für den (Irr-)Glauben, man könnte schon allein mit der möglichst lauten Erwähnung des Begriffes alles Unangenehme oder gar Gefährliche vermeiden oder abwenden. Oder für die Meinung, sich nie auf irgendetwas festlegen, sich gar verpflichten zu müssen - was ja irgendwann auch unangenehm oder gefährlich eingefordert werden könnte. Psychologen kennen das Phänomen: Wer längere Zeit hindurch immer fest behauptet, dass alles bestens bzw. ideal (neudeutsch: ‚suppa') sei, verfällt seiner eigenen Darstellung. Irgendwann schlägt die stete Wiederholung auf die Psyche des Sagers zurück und generiert darin Blindheit. Und derart erblindet verfestigt sich, dass das Ganze - siehe Abfangjägerumfrage(n) - auch noch quasi ‚taxfrei' und ohne was dafür springen zu lassen ginge…! Bauernschlau, was?

Damit kein Irrtum entsteht: Wir sind nicht plump gegen die Neutralität oder unreflektiert für einen NATO-Beitritt, nein. Nur gegen die - von allen Parteien - gekreuzten Finger am Rücken! All jener nun wieder einmal so deutlich erhobene Neutralitäts-Patriotismus mag ja seine ehrliche und glaubwürdige Berechtigung haben… Ja, wenn man - wie in dessen ‚Vorbildländern' Schweden, Schweiz oder Finnland - seine Sachen AUCH etwa punkto der souveränen Kernaufgabe aktiver Luftraumüberwachung ‚in Ordnung' hätte! 24 Stunden, 7 Tage die Woche lang! Oder wenn man in seiner Solidarität mit den Entsendungen in eine doch so sehr erstrebte GSVP (Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik) der EU, mit den sicher nicht billigen ‚Commitments' Schwedens oder Finnlands in die NATO-Lufttransportpools auf Augenhöhe wäre. Oder wenn man angesichts wochenlanger Diskussionen rasch wenigstens 5 (durchhaltefäige) Hubschrauber entsenden kann. Oder beim Begriff ‚EU-Battle-Group' nicht präventiv mit "aber das letzte Wort liegt…" begänne, oder, oder... All diese Mätzchen interessieren schon in Passau oder Tarvis niemanden mehr…

Dafür sollte man sich was den Bereich der GSVP belangt, im In- und Ausland für den offensichtlichen Spagat unserer politischen Führung zwischen ihrer Vertretungs- und Gestaltungsfunktion in der EU und ihrer Gestaltungs- und Führungsfunktion nach innen interessieren. Die reale (wie mentale) Schieflage in all diesen Dingen erklärt aber auch, dass keine österreichische politische Partei bereit ist, das oder damit verbundene ‚heiße Eisen' aufklärend oder ehrlich anzutasten, Geld in die Hand zu nehmen und uns zu informieren woran wir heute damit sind. Am Ende kann ja durchaus herauskommen, dass man beim bisherigen Modell bleibt, bzw. - wünschenswert - dafür auch mehr auszugeben bereit ist. Der derzeitige Status ist aber für 3/4 der Wahlbevölkerung schlicht sorgsam gepflegter Mythos der nichts kostet, nur eine Minderheit davon würde zugeben dabei tief drin ein schlechtes Gewissen zu haben. Alle Parteistrategen wissen, der Mut lediglich zur tieferen Erklärung heutiger sicherheitspolitischer und militärischer Realitäten würde und wird von politischen und medialen Populisten reflexartig als landesverräterisch verdammt werden.

Man merkt aber, dass praktisch keine Partei von internen Debatten und Meinungsschwenks ausgenommen ist. Auffällig ist jedenfalls, dass knapp vor NR-Wahlen das Bekenntnis zu Neutralität allgemein zunimmt und es sich keine Partei erlaubt, ihre Chancen durch Hinterfragen der Neutralität zu schmälern. Genau dort entstehen übrigens schwachsinnige Wahlversprechen. Dabei fühlen wir, dass sich Teile der Regierungsparteien und der Grünen - bei denen seit 2004 übrigens ein Beschluss zu einer EU-Armee mit Volksabstimmung in 10 Jahren existiert - innerlich irgendwie längst für ein Ausbleichen der Rest-Neutralität entschieden haben, wenigstens im Bereich der EU. Nur das geschätzte Publikum weiß das (noch) nicht - und so lange ‚nix passiert' wird man es ihm auch nicht sagen. Es kriegt eh' die ‚Neutralitäts-Sozialfighter' und - kusch...

Somit hat aber die gesamte Diskussion den Bereich des Politischen längst verlassen und gehört in die Kategorie kollektiver Tiefenpsychologie. Und als solches ist das Ganze auch mit politischen Kriterien kaum zu lösen. Rasch stößt man da - unsrer Meinung nach - z.B. an die in Österreich irgendwie ‚verschlampte' weltanschauliche Leistung der Aufklärung. Oder auf mit dem Niedergang politisch/geografischer Größe einher sinkendes Selbstbewusstsein. Ganz als Widerpart zu solchen ‚Faul-Leichen' im psychologischen Keller, ist jedoch fast die gesamte Innenpolitik - bei allem Gerede von Nachhaltigkeit - derweil ‚uagesteilt' mit einem irrwitzigen Brot-und-Spiele-Tempo und untergehakt in Quoten, Polit-Barometer, OTS-Klimperei und vorauseilender Angst vor Boulevard-Schreibern unterwegs. Bei Letzteren liegen in den geistigen Schubladen die Totschlag-Kampagnen rund um zentrale Fragen der Neutralität auch sicherlich bereit.

Dass diese Totschlag-Argumente wirken, steht außer Zweifel. Steht man bezüglich Abfangjäger, Eurofighter oder Verteidigungsausrichtung(en) im Diskussionsgeschehen, glaubt man fast an die Existenz eines vererbbaren Myzels lustvoller Beharrung. Was einem da entgegenstampft, geht ungefähr so: "Die österreichische Bevölkerung wünscht konstant seit Jahrzehnten mit einer großen Mehrheit unsere Neutralität und will sie nicht verändert sehen. Angesichts dieser Tatsache sind alle Vorstöße der Militaristen als undemokratisch zu bezeichnen!" Also abgesehen davon, dass wir nicht - wie Militaristen - alle großen gesellschaftlichen Probleme militärisch lösen wollen: Man ist, wenn man aus Weltoffenheit, Blick über den militärischen Topfrand oder eben aus freien Stücken nicht der Meinung der Biertischmehrheit oder jener des Kleinformates ist, a priori undemokratisch? Ein interessantes Demokratieverständnis! Überhaupt wenn wir wissen, wie diese Meinungen in der Bevölkerung gemacht bzw. gehegt werden! Oder aber wir der Ansicht frönen, dass nach dem Modus der TV-Spots einer Elektromarkt-Kette ‚Verflachte' für emotionelle Propaganda mehr als empfänglich sind...

Im Sinn der repräsentativen Demokratie und der politischen Bildungsarbeit an uns Allen wäre es vielmehr freilich wünschenswert, wenn es trotz jenes "Blödmann"-Phänomens für unsere politische Führung keine Tabuthemen gäbe bzw. sie insbesondere gegen populär-vertiefte Halbwahrheiten inhaltliche Argumente vorbringen würden. Auch wenn jenes Vorbringen in Sachen Sicherheitspolitik und -ausrichtung teuer wird. Tut die politische Führung das weiterhin so konsequent nicht, lässt das ihre Akzeptanz - nicht nur für den Bereich der Verteidigung - als Führung unseres Staates schlicht brüchig werden. Denn dadurch gefährdet sie ihren Bezug zu unserer internationalen Lebenswirklichkeit, eine etwas geschwollene Formulierung für: Sie sind nicht mehr die Unseren! Bevor das immer mehr Leuten auffällt, muss also geschaut werden dass wir jenes Nichtstun nicht ‚gneißen'. Dabei wissen Politiker und Soziologen eigentlich seit der Antike, dass in Wahrheit das Verlassen jedweder Sachebene - bloß um dem Volk aufs Maul zu schauen - gemeingefährlich und letztlich kontraproduktiv ist…

Als ‚therapeutischen Versuch' probieren wir daher gleich mal eine Anmerkung punkto den Halbwahrheiten: SPÖ-Wehrsprecher Prähauser merkte in Verteidigung von Minister Darabos an, dass "der Entfall von angeblich 500 Millionen Euro an Gegengeschäften in keiner Relation zum Entfall bei der Reduktion der Eurofighter von 24 auf 18 im Jahr 2002 stehen dürfte. Damals müsste noch viel mehr an Gegengeschäften verloren gegangen sein." Klingt doch schlüssig, oder? Müßig - etwa in einer heimischen Zeitung - nach der Richtigstellung suchen, dass es 2002 zum Zeitpunkt der - gleichwohl populistisch-schädlichen - Reduktion auf 18 nur eine simple Typenentscheidung gab, kaum Vertragsverhandlungen, keinen Kauf- und schon gar keinen Gegengeschäftsvertrag. Das war zwei Monate nach der Typenwahl! Aber um solche ‚Feinheiten' kann man sich in der Panik des Wissens dessen was da angerichtet - und nicht eingespart - wurde, wirklich nicht kümmern…

A propos Verträge: Verkehrsminister Faymann knirschte neulich angesichts eines anderen ‚Erbstücks': "Im übrigen seien Verträge einzuhalten, dies sei in einem Rechtsstaat unbedingt geboten."

Daten: Abseits der beiden ‚profil'-Umfragen basieren jene auf einer Repräsentativbefragung vom April 2007, durchgeführt von IMAS-International, Linz, im Auftrag des Internationalen Institutes für Liberale Politik Wien (IILP). 1042 Personen, die in ihrer Zusammensetzung den statistischen Proportionen der österreichischen Bevölkerung ab dem 16. Lebensjahr entsprechen, wurden von 101 Interviewern befragt. Das airpower-Team dankt IMAS und PROFIL für die Freigabe zur Nutzung.

Georg Mader

Grafik: Profil

Grasser begann das das fröhliche ‚Rupfen' des Eurofightervogels.

"Auf da oben wird g'sch...n", "Open Skys" auf Österreichisch

"So sieht die Volksseele unsere feschen Soldaten am liebsten"...

"...es wird aber in Hinkunft viel eher so aussehen. Bloß keiner sagt's laut..."

Norbert Darabos hatte das grosse Los gezogen....
Foto: Georg Mader