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Canberra vor Super Hornet-Order
24 F/A-18F Block II um AU$ 6 Mrd.

Wie ersetzt man einen Dinosaurier ?

Mit Ende des Jahres 2010 spätestens 2012 beabsichtigt die Royal Australian Air Force ihre F-111 Flotte außer Dienst zu stellen. Eine Ausschreibung für ein Multirole-Nachfolgemodell war zwar geplant, 2002 wurde der Prozess jedoch gestoppt und die australische Regierung votierte für den JSF. Als Wunschliefertermin sah man 2012.
2008 soll im Rahmen des "AIR-6000" Programms die Kaufentscheidung fallen.
Doch je näher der Termin rückt, desto größer werden die Zweifel. Einerseits ist die Notwendigkeit einer Übergangslösung absehbar - 2012 wird's noch keine F-35 geben - anderseits werden Stimmen immer lauter, welche eine ausreichende Leistung der F-35 in der Luftüberlegenheitsrolle in Frage stellen.

Der Dinosaurier

Anfang der 60er mündete der Versuch den Bedarf der US.Air Force nach einem Jagdbomber und den Bedarf der US Navy nach einem Langstrecken-Abfangjäger um F-4 Phantom und F-8 Crusader zu ersetzen ins TFX-Programm.
Heraus kam die F-111 - das erste Serienflugzeug mit variabler Flügelgeometrie.
Ein Jäger (F) ist nicht draus geworden, im engeren Sinne nicht mal ein Jagdbomber - aber ein leichter Bomber der mit potentiell sehr hoher Geschwindigkeit fliegen bzw. auch recht eindrucksvolle Missionsradien vorweisen konnte.
Australien orderte das Flugzeug 1963. Das erste Flugzeug wurde 1968 geliefert. Doch Fertigungsmängel an der Wing-Center-Box führten fast zum Abbruch des Programms - Australien suchte nach Ausstiegsmöglichkeiten. Mittlerweile wurden
F-4 Phantom II der USAF als Zwischenlösung geleast, bis schließlich 1973 der Flugbetrieb mit der F-111 aufgenommen werden konnte. Mehrmals kaufte Australien ex-USAF F-111 auf um Verluste zu ersetzen bzw. die Flotte zu vergrößern.
Nun neigt sich das Leben der noch 26 Flugzeuge starken F-111-Flotte endgültig dem Ende zu und Australien fragt sich wie wohl ein Flugzeug, welches bei max. 45t Abfluggewicht bis zu 14t Waffenlast tragen kann, theoretisch bis auf 2,5fache Schallgeschwindigkeit kommt und Einsatzradien von mehr als 2.000km aufweist, am besten zu ersetzen wäre.
Dazu kommt, dass der zweite Überschall-Typ der RAAF - die Jagdkomponente bestehend aus F/A-18A zwar jetzt per Upgrade noch einmal aufgepäppelt wurde, aber einem Dienstende ab 2015 entgegensieht.

Alles in einem & stealth & preiswert - das war wohl zu verlockend und führte 2002 zum Entschluss sich am JSF-Programm des Pentagon anzuhängen.

F-35 Lightning II / JSF

USD 150mio. hat Australien im Jahr 2002 in den "Entwicklungstopf" des JSF eingezahlt und bis dato ca. USD 100mio. an Industrie-Aufträgen zurück bekommen.
Natürlich verspricht man sich ein vielfaches, wenn die Serienproduktion erst mal richtig läuft. Doch da beginnt schon der erste Teil des Problems.
Wenn nach heutiger Sicht soweit alles glatt geht sollen die ersten F-35B im Jahr 2012 beim US Marine Corps landen. 2013 sollen US Air Force (F-35A) und US Navy (F-35C) folgen. Und ab 2014 schließlich wird der wichtigste Exportkunde England bedient, sollen Royal Navy und Royal Air Force die ersten A & B Modell erhalten. Und Australien? - Australien verpasst mit ziemlicher Sicherheit die Außerdienststellung der F-111 und selbst für den Abschied der F/A-18A Hornet scheint es hübsch knapp zu werden.

Ein weiteres Problem, dass sich (nicht nur) für Australien auftut, ist der Preis.
28mio. in FY93 US Dollars war das angepeilte Preisziel für den Stealth-Alleskönner.
Bis auf USD 44,5 mio. ist der fly-away Preis bis 2002 gestiegen. Seither sind nicht nur die Entwicklungskosten enorm gestiegen, hat sich der Zeitpunkt der Auslieferung nach hinten verschoben und sind die erwarten Fertigungszahlen gesunken, sondern es ist offenbar auch der anvisierte Preis nicht mehr zu halten. Das US GAO (General Accounting Office) rechnet für das erste Los von 190 Maschinen mit einem Gesamtpreis von rund USD 26mrd. - satte USD 137mio. pro Maschine.

Stop Gap

Kurzfristig spielte Canberra mit dem Gedanken statt dem JSF den noch teureren, dafür aber im Luft/Luft-Bereich wesentlich leistungsfähigeren F-22 Raptor zu ordern.
Die USA machten dem Ansinnen einen Strich durch die Rechnung. Raptors gibt es ausschließlich für die US Air Force und sonst niemanden - weder Australien noch Japan werden Raptoren zum Kauf angeboten.
Auch deshalb entschied sich Canberra nun offenbar für den Ankauf der Super Hornets.
Australien wird damit auch weit ins neue Jahrhundert hinein eine Luftwaffe mit zwei Typen an Jagdflugzeugen betreiben.
Konkret beschafft Canberra 24 Stk. zweisitzige F/A-18F Block II für die Royal Australian Air Force. Mit ihnen wird die F-111 auf der RAAF Base Amberley in der Strike-Rolle ersetzt.
Und der Australische Verteidigungsminister Brendan Nelson beeilt sich zu betonen, dass Australien voll zum JSF-Programm steht, aber die Regierung keine Risken in der Übergangsphase bis zum JSF akzeptieren kann.
Und Australien - welches sich bisher eher skeptisch gegenüber der "vierten Generation" geäußert hatte lässt sich nun sein "4.Gen Stop Gap" ganz schön was kosten.
Die US Defense Security Cooperation Agency (DSCA)- zuständig für die Exportaktivitäten hat in ihrer Mitteilung an den Kongress von einem Exportvolumen von US$ 3,1 Mrd. (EUR 2,36Mrd.) gesprochen. Das Australische Kommuniqué hingegen spricht von AU$ 6 Mrd. (EUR 3,54 Mrd.). Es wird angenommen, dass der von Canberra genannte Preis auch die System- und Infrastrukturkosten auf Australischer Seite enthält.
F-111 - das erste operationelle Schwenkflügeflugzeug der Welt.
Foto: RAAF

Kalter Krieger in "Down under" - die Lifetime der F-111 nähert sich rasch dem Ende.
Foto: RAAF

Die erste JSF-Vorserienmaschine beim Testflug.
Foto: Lockheed

Das US GAO hat das JSF-Business Case schon längst für obsolet erklärt, das Programm läuft trotzdem weiter - die Zukunft zu vieler Luftwaffen ist längst abhängig vom Gelingen des Programms.
Foto: Lockheed


australien lässt sich die F/A-18F "Übergangslösung satte EUR 3,54 Mrd. kosten.
Foto: Martin Rosenkranz

Schon 2009 soll die Ausbildung beginnen - 2010 sollen die Maschinen in Australien fliegen.
Foto: Martin Rosenkranz

Das Paket

http://www.dsca.mil/PressReleases/36-b/2007/Australia_07-13.pdf
Konkret meldet die US DSCA ein Interesse Australiens an 24 F/A-18E/F Super Hornet's, 54 F414-GE-402 Triebwerken (sechs Umlaufreserve), 24 AN/APG-79 Radarsystemen, 24 AN/USQ-140 MIDS-Datenlink-Terminals, 30 AN/ALR-67(V)3 Electric Warfare Countermeasures Receiving Sets, 145 LAU-127 Guided Missile Launchers und 30 AN/PVS-9 Nachtsichtgläser.
Weiters sollen die Flugzeuge das AN/ALE-47 Electronic Warfare Countermeasures System, das Joint Helmet Mounted Cueing System und AN/ALE-55 Fiber Optic Towed Decoys enthalten. Zwölf Joint Mission Planning Systeme, Systemintegration und Tests, Ersatzteile und Reparaturkit, Piloten und Techniker-Training, Software Unterstützung, die notwendigen Publikationen sowie Unterstützung und Logistik durch das US Government und die Industrie sind ebenfalls enthalten.

Der Zeitplan für die Super Hornet dürfte mehr als eng sein.
Die Außerdienststellung der F-111 wird nach neuesten Angaben für 2010 ins Auge gefasst. Im selben Jahr will Australien mit den Super Hornet einen zumindest vorläufigen operationellen Status erreichen. Ob sich das ausgeht darf aber stark angezweifelt werden.

Foto: Martin Rosenkranz

Foto: Martin Rosenkranz

Martin Rosenkranz