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"Endmontage"
Von der Baugruppe zur Auslieferung - so entsteht ein Eurofighter

Spätestens am 1. Juni 2007 ist es soweit - dann wird die Republik Österreich geliefert bekommen worüber im Lande seit Jahren so heftig diskutiert wird - den Eurofighter Typhoon. Derzeit befinden sich fünf Maschinen für Österreich in der Endmontagelinie von EADS Military Aircraft in Manching bei Ingolstadt.
Martin Rosenkranz hat sich für www.airpower.at den Prozess der Endmontage näher angesehen.

Ein Eurofighter entsteht

38 Monate - solange dauert es von der ersten Order für Bauteile mit langer Lieferzeit (sog. "Langläufer") bis zum fertigen Flugzeug. Dazwischen steht eine ausgefeilte Logistik welche rund 400 europäische High-Tech Unternehmen und 150.000 Mitarbeiter mit verschiedensten Tätigkeitsbereichen in die Fertigung eines Produktes mit einbezieht. Ca. zwei Jahre vergehen bis hunderttausende Einzelteile in wenige große Hauptbaugruppen des Eurofighters zusammengestellt sind. Diese werden einbaubereit "Just-in-Time" in die vier Endmontagewerke der Partnerländer geliefert. Danach vergeht noch knapp ein Jahr bis der Kunde sein Flugzeug bekommt.

Im Zuge der "Bauaufsicht" üben Mitarbeiter des BMLV sowie Mitarbeiter der durch das BMLV beauftragen deutschen Güteprüfbehörde permanent eine begleitende Kontrolle der Fertigung der Luftfahrzeuge durch. Diese auch deshalb weil viele Stellen des Luftfahrzeuges nach dem Zusammenbau nicht mehr einsehbar sind und viele Tests hohen Zeitaufwand und spezielles und teures Prüfgerät erfordern. Bau und Prüfung mit - selbstverständlich behördlich geeichtem - Gerät erfolgt somit gemeinsam durch Hersteller und Kunden was beiden Zeit und Geld spart.

Die Hauptbaugruppen des Eurofighters

An insgesamt sieben Standorten in vier Ländern bauen die Unternehmen welche im Eurofighter-Konsortium gebündelt sind Eurofighter- Hauptbaugruppen und komplette Flugzeuge.

Bei BAE-SYSTEMS in Samlesbury und Warton in Nordwest-England entstehen die Eurofighter Rumpfvorderteile inkl. Cockpit und Canards, das Seitenleitwerk, der Rumpfrücken samt Luftbremse sowie die inneren Flaperons und führt den ersten Arbeitsgang an den Rumpfhecks durch. In Warton rund 10km westlich von Preston an der irischen See steht die Endmontagelinie für die britischen Eurofighter.

Deutschland baut bei EADS in Augsburg, Lemwerder und Manching das Rumpfmittelstück und rüstet im EADS-Werk Manching bei Ingolstadt die Rumpfmittelstücke zu einbaufertigen Baugruppen aus. In Manching findet auch die Endmontage der deutschen Eurofighter statt.
Auch die österreichischen Eurofighter werden im EADS-Werk Manching endmontiert.

Italien baut bei Alenia in Foggia und Cassele bei Turin die linken Flügel aller Eurofighter sowie die äußeren Flaperons und komplettiert das aus England übernommene Rumpfheck in zwei weiteren Arbeitsgängen. Die Endmontagelinie für die italienischen Eurofighter steht in Cassele bei Turin.

Spanien baut bei EADS in Getafe bei Madrid die rechten Flügel und Vorflügelklappen aller Eurofighter und betriebt dort auch die Endmontagelinie der spanischen Eurofighter.

Die Endmontage

Station 1: Empfang der Hauptbaugruppen & mechanische Zusammenfügung - genannt: "Splice"

Einlegen der Hauptbaugruppen Rumpfvorderteil, Rumpfmittelstück und Rumpfheck in die Struktursplice-Vorrichtung.
Die drei Rumpfsektionen werden mit einer Genauigkeit von 1/100 mm ( = 0,0001cm) auf einander ausgerichtet und mit den Hauptverbindungsbolzen miteinander verbunden. Ca. 800 Verbindungsteile (Spezialnieten) werden beim "Splice" verbaut.

Station 2 bzw. 2.1: Anbau Tragflächen, Leitwerk, Vorflügel und Fahrwerk sowie Verbindung der Systeme

Auf Station 2 werden auf dem in Station 1 komplettierten Rumpf die beiden Tragflächen, das Seitenleitwerk, die Canards, das Hauptfahrwerk und die Vorflügelklappen angebaut. Ausserdem werden die Stellglieder für Canards, Seitenruder und Flaperons montiert. Ebenso werden in Station 2 die Verbindungen der Elektrik, Hydraulik, Kraftstoff, Klimaanlage und des sekundären Energieversorgungssystems zwischen den Hauptbaugruppen hergestellt.

Station 3: Automatischer Verkabelungstest

Alleine im Rumpfmittelstück sind 30 km elektrische Leitungen und faseroptische Lichtwellenleiter verbaut - im ganzen Eurofighter sind es etwa 100km.
Auf Station 3 werden anstelle der Avionikboxen rote Dummy-Boxen eingesetzt an welche die Verkabelung angeschlossen wird. Mit Hilfe dieser Boxen kann die komplette Verkabelung im Zuge einer durch den Computer gesteuerten automatischen Prüfung auf Widerstand, Spannungsfestigkeit und Isolation geprüft werden.

Station 4: Geräteeinbauten und Prüfung der elektrischen, mechanischen u. hydraulischen Grundsysteme

Nach absolviertem Verkabelungstests ist der Eurofighter jetzt bereit um seine Avionik in empfang zu nehmen. Es erfolgt der Einbau der Systemrechner - und davon gibt es eine ganze Menge. Ebenso werden die Missile Ejection Launcher in Rumpf und Flügeln montiert, das Kabinendach wird angebaut und auf Funktion geprüft, die Hilfsturbine wird eingebaut.
Danach folgen Systemtests von Lichtwellenleitern und konventionellen Datenbussen sowie der Bedienelemente und Anzeigeinstrumente im Cockpit. Außerdem wir das Fahrwerk getestet und justiert sowie die Hydraulik- und Klimaanlage getestet und auf Dichtheit geprüft.

Station 5: Triebwerkeinbau und Systemtests

Auch auf Station 5 wird eingebaut und getestet. Nebst Einbau von Kanone und Munitionsbehälter werden hier vor allem auch die Triebwerke mit dem Flugzeug vereint und mit der Triebwerkelektronik ein Systemtest gefahren. Radarkühlsystem wird befüllt und die Hydraulik entlüftet. Weiters durchläuft das Kraftstoffsystem samt Luftbetankungsstutzen einen Trockentest. Die Flugsteuerungsanlage, der Fanghaken, die Bremsschirm-Anlage, die Cockpitleiter sowie abermals das Kabinendach durchlaufen ebenfalls Systemtests.

Station 6/7: Avionik- und Radar-System Tests

Dies ist die letzte Station in der Halle bevor der Eurofighter an die Frischluft kommt. Die Maschine durchläuft Tests der Funk- und Kommunikationssysteme, des elektronischen Selbstschutzsystems DASS, des Feuerleit- und Identifizierungssystems, des Waffensteuerungssystems, der Kanonensteuerung, der Außen- und Innenbeleuchtung sowie des Klimasystems für den Piloten.
Um den Systemtest des Radars durchführen zu können wird eine "Radar-Absorberkammer" an der Nase angebracht um das Personal nicht den enormen elektronischen Emissionen der Radaranlage auszusetzen. Darüber hinaus wird hier noch eine Harmonisierung der Waffenstationen und Zieleinrichtungen durchgeführt.

Station 14: Kraftstoffsystem und Wasser-Dichtigkeitstest

Auf Station 14 bekommt der nunmehr fertig gestellte Eurofighter vorerst einmal drei Aussentanks montiert. Danach erfolgt der Funktionstest des Treibstoff- Management-Systems welches automatisch die Füllstände der internen und externen Tanks kontrolliert um den Schwerpunkt optimal zu halten und die Treibstoffversorgung für die Triebwerke zu gewährleisten.
Ausserdem werden ausgewählte Flugzeuge mittels einer Berieselungsanlage auf Wasserdichtheit geprüft. Danach werden die Aussentanks wieder demontiert.

Station 15: Schleudersitzinstallation / COG- Test / Triebwerkbodenlauf und Tests

Bisher wurde aus Sicherheitsgründen keine Pyrotechnik verbaut. Auf Station 15 erfolgt der Einbau des Schleudersitzes sowie der Ladungen für die absprengbare Kabinenhaube. Anschliessend wird das Luftfahrzeug gewogen und der Schwerpunkt ermittelt. Danach erfolgt die Vorbereitung für die ersten Testläufe der Hilfsturbine und der Triebwerke. Nach einer Überprüfung der Stromversorgung wird in einer Lärmschutzhalle der erste Testlauf von Triebwerken und Hilfsturbine durchgeführt. Danach erfolgt die Überprüfung aller Systeme bei laufenden Triebwerken.

Station 16: PFAT (Production Flight Acceptance Tests bzw. Abnahmeflüge)

Hier beginnt für das Flugzeug der Ernst des Lebens - ab hier geht's in die Luft. Mit zwei bis drei Abnahmeflügen von je zwischen 60 und 90 Minuten kann die Maschine in der Regel ausreichend überprüft werden um sie für die Auslieferung bereitzumachen. Vor jedem Flug erfolgt eine ausführliche Flugvorbereitung des Piloten bzgl. der durchzuführenden Tests sowie eine gründliche Vorflugkontrolle der Maschine durch die EADS Techniker. Sollte die Vorflugkontrolle oder die Flüge noch etwaige Mängel aufzeigen werden diese beseitigt, das betreffende System nochmals gründlich geprüft und der entsprechende Test wiederholt. Insgesamt sechs Werkspiloten teilen sich diese Aufgaben es kommen zum Teil aber auch Piloten der Deutschen Luftwaffe - genauer gesagt der Wehrtechnischen Dienststelle 61 - für diese Aufgaben zum Einsatz.

Station 19: Lackierung

Da inzwischen alle Tests und Prüfungen erfolgreich absolviert wurden und man davon ausgehen kann, dass nicht mehr ununterbrochen alle möglichen Klappen geöffnet und geschlossen werden sowie mit Werkzeug, Kabeln und div. anderem Testequipment durch den Hersteller an der Maschine hantiert werden muss, wird die Maschine jetzt der Lackiererei zugeführt wo nebst dem gewünschten Farbton auch Beschriftungen und sonstige Markierungen angebracht werden. Danach wird bei ausgewählten Maschinen ein Test des elektronischen Selbstschutzsystems DASS durchgeführt sowie eventuell auch der Radarquerschnitt vermessen.

Station 21: Acceptance Tests / Überführungsflug

Die letzte Station im Werk ist vor allem auch für den Kunden und zukünftigen Nutzer von entscheidender Bedeutung. Hier findet die Vorbereitung der Übergabe an die jeweilige Luftwaffe statt. Im Rahmen der Vorflugkontrolle werden noch einmal alle Systeme auf Herz und Nieren geprüft. Danach erfolgt der Überführungsflug auf den zukünftigen Heimathorst der Maschine. Im Fall Österreich ist dies Zeltweg in der Steiermark - wo gemäß Vertrag auch die offizielle Übergabe der Maschine an den neuen Eigentümer - die Republik Österreich - stattfinden wird.