Print

Programmstatus Eurofighter 3Q/2004

Fertigung und Auslieferung

Per September 2004 waren folgende Flugzeuge bereits von den Betreibern abgenommen:

England:9 Maschinen, alles Zweisitzer: BT001, BT003, BT004, BT006-11
Deutschland: 8 Maschinen, alles Zweisitzer: GT001-GT008
Italien: 5 Maschinen, alles Zweisitzer: IT001-IT005
Spanien: 5 Maschinen, alles Zweisitzer: ST001-ST005

Vier weitere Maschinen sind fertig zur Übergabe an die Kunden, jeweils zwei für Italien und England.
Insgesamt 41 Maschinen befinden sich in verschiedenen Stadien der Endfertigung.
15 Bei BAE SYSTEMS in Warton, 12 bei EADS-D in Manching, 8 bei Alenia in Cassele und 6 bei EADS-C in Getafe.

Bereits abgeschlossen wurde der Bau von 81 Bugsektionen, 83 Mittelrumpfsektionen, 90 Hecksektionen, 87 linke und 81 rechte Flügel.

Im Bau sind die Bugsektionen bis Nr. 112, die Mittelrumpfsektionen bis Nr. 141, die Hecksektionen bis Nr. 109, die linken Flügel bis Nr. 107 und die rechten Flügel bis Nr. 103.

Innerhalb des Batch-2, welches 117 Maschinen der ersten Tranche umfasst wird es zu drei großen Softwareupdates kommen.
Beginnend mit den ersten Batch-2 Flugzeugen wird die Softwareversion PSP-2 freigegeben, welche erste Teile der Sensorfusion (Radar, MIDS und IFF), anfängliche DASS-Funktionen (Selbstverteidigung), das Pirate-FLIR, das Sprachsteuerungssystem und die volle Luftkampffunktion enthält.
Ein bis zwei Erweiterungen zu PSP2 werden dann noch den Schleppköder und ein Update des Flugsteuersystems enthalten.
Mit PSP3 werden der Striker-Datenhelm, die volle Funktion des MIDS-Datenlinks, weitere DASS-Funktionen, erweiterte Radarmodis, das Pirate-IRST und anfängliche Funktionen der Bodenkollisionswarnung freigegeben.
Schließlich folgt innerhalb des Batch-2 auch noch das PSP4 welche das Nachtsicht-Equipment für den Pilotenhelm, ein für Luft/Boden-Einsätze erweitertes Flugkontrollsystem, die volle Funktion der Bodenkollisionswarnung und eine erweiterte Funktion des Autopilot umfasst.

Fertigungsstrasse bei BAE SYSTEMS in Warton
Foto: BAE SYSTEMS

BS015 noch in Einzelteilen
Foto: Martin Rosenkranz

Testflugbetrieb

Die Eurofighter Testflotte umfasst derzeit 13 Maschinen. Neben den sechs Developement Aircrafts (DA) sind das fünf Instrumented Production Aircraft (IPA) und zwei Instrumented Series Production Aircraft (ISPA).

DA1 war Aufgrund des Absturzes von DA6 zeitweilig in Spanien, ist jetzt aber wieder zurück in Deutschland. Die Maschine wird für Handlingtests und die Triebwerksentwicklung genutzt. Die Nutzbarkeit von DA1 neigt sich dem Ende zu. Das Flugzeug repräsentiert nur noch in wenigen Punkten den Serienstandard, entsprechend eingeschränkt sind die Möglichkeiten im Testflugbetrieb. Ein groß angelegter Umbau, um künftigen Erfordernissen zu entsprechen, rechnet sich ökonomisch nicht, weshalb daran gedacht wird als Ersatz für DA1 eine Tranche-2 Maschine in die Testflotte einzugliedern.

DA2 bei BAE SYSTEMS ist mit der Erweiterung des Flugleistungsbereiches und mit Carefree Handling Versuchen beschäftigt.

DA3 bei Alenia ist betraut mit der EJ200 Integration, Abwurftests von Außenlasten und Kanonenschießversuchen.

Mit DA4 bei BAE SYSTEMS werden Zweisitzer-Handlingtests sowie die Entwicklung und Integration des Captor Radars vorangetrieben. Das Flugzeug wurde auf Batch-2 Standard gebracht.

DA5, ebenfalls auf Batch-2 Standard, findet bei EADS in Deutschland für aufgaben im Rahmen der Avionik- und Waffenintegration Verwendung. Am Programm stehen AMRAAM Versuche.

DA7 bei Alenia wird ebenfalls mit der Waffenintegration sowie mit Leistungstests betraut. Nach Abschluss einer laufenden Testreihe mit Raketenschießversuchen wird das Flugzeug auf Batch-2 Standard gebracht.

Die DA-Testflotte hat seit 1994 knapp über 3.000 Flüge mit gesamt knapp über 2.606 Flugstunden absolviert.
Die fünf IPA's sind seit 2002 gemeinsam 545 mal aufgestiegen und haben 472 Stunden in der Luft verbracht.
Die beiden ISPA's flogen erstmals heuer und haben gemeinsam 48 Flüge und 50 Flugstunden absolviert.
Mit gesamt 3.621 Flügen und 3.129 Flugstunden sind ca. 60% des gesamt eingeplanten Aufwandes bis zur Erreichen der vollen operationellen Einsatzfähigkeit absolviert.

Das Testflugprogramm für Luft/Luft-Raketen ist nahezu abgeschlossen.
Die IRIS-T Integration ist bereits fertig.
Für die AIM-9L fehlen noch zwei Experimentalschüsse, welche eine Überprüfung der Auswirkungen von Raketenabgasen auf die Triebwerke des Eurofighter zum Ziel haben.
Mit der ASRAAM steht für diesen Herbst noch ein Schuss am Programm.
Das offene Programm mit der AMRAAM umfasst noch Schüsse bei hohen g-Belastungen von den äußeren Flügelstationen sowie die Überprüfung der aerodynamischen Auswirkungen von Luft/Boden-Waffen auf die Separation der AMRAAM vom Flugzeug.
Ebenfalls abgeschlossen wurden die Überschalltests mit den 1.000l Außentanks inkl. Abtrennung der Tanks bei Überschallgeschwindigkeiten.
Der Flugleistungsbereich, was Geschwindigkeit und Höhe angeht ist zu 80%, was die g-Belastungen angeht zu 90% freigegeben.

Die Temperaturtests in künstlicher Umgebung sind abgeschlossen - Temperaturen von -31°C bis +49°C wurden erreicht. Um die ermittelten Resultate auch in natürlicher Umgebung verifizieren zu können, werden Eurofighter im Winter in Nordschweden und nächstes Jahr über der Wüste Nevadas ihre Kreise ziehen.

Des weiteren wurden die bisher umfangreichsten Blitzschlagtests, denen je ein Flugzeug unterzogen wurde, mit dem Eurofighter durchgeführt.
Die Serienflugzeuge BT002 und BS002 wurden 2.000x bzw. 600x mit künstlich erzeugten Entladungen mit bis zu 200KA unterzogen (nur 2% aller Blitzschläge erzielen Stärken über 100KA).

Eine weitere aktuell laufende Testserie beschäftigt sich mit der elektromagnetischen Standfestigkeit der Maschinen.
Ohne konkrete Zahlen zu nennen, gibt das Konsortium an, dass der Eurofighter im Frequenzbereich über 1GHz den Tornado in Sachen EM-Festigkeit um das zehnfache übertrifft, im Bereich 500MHz-1GHz 100% über den Spezifikationen liegt und darunter eine dem Tornado vergleichbare Festigkeit aufweist.

Außerdem wurde auf Wunsch der Deutschen Luftwaffe wurde das Testprogramm für die sogenannte "Auto Lowspeed Recovery" (automatisches Abfangen und Stabilisieren bei zu niedrigen Fluggeschwindigkeiten) vorgezogen und abgeschlossen. Nach Akzeptanz durch die Betreiber kann die Funktion in alle bereits ausgelieferten Maschinen überspielt werden.

Abschuss einer AIM-9L "Sidewinder"

Abschuss einer IRIS-T

Abwurf eines 1.000l Aussentanks bei Überschallgeschwindigkeit.

Der Eurofighter wird künstlichen Blitzen mit bis zu 200KA Stärke unterzogen.
Foto: BAE SYSTEMS


Zwei Serienmaschinen mussten bisher gesamt 2.600 Einschläge über sich ergehen lassen.
Foto: BAE SYSTEMS

In der "Anechoic Chamber" wird das DASS-Selbstverteidigungssystem getestet, in dem die Reaktion des Flugzeuges auf Emitter in kontrollierter Umgebung geprüft wird.
Foto: Eurofighter GmbH

Foto links und oben: Für ein Flugzeug mit über 80 Computern ist Unempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Einflüssen überlebenswichtig. In Manching durchlaufen Serienmaschinen diverse EM-Testreihen.
Foto: EADS

Flugbetrieb Serie

Bis Mitte August 2004 haben die Betreiberluftwaffen 1.300 Flugstunden mit den 27 ausgelieferten Zweisitzern absolviert, davon etwa 1.150 Stunden seit Februar 2004 bzw. zuletzt ca. 250 Stunden alleine im Juli 2004.

Noch heuer bzw. je nachdem wie schnell die Luftwaffen mit ihren Prozeduren fertig sind auch Anfang nächstes Jahr sollen die ersten Einsitzer in den Flugbetrieb bei den Luftwaffen gehen. Diese werden schon mit der neuen Software PSP2 ausgestattet sein. Die bereits ausgelieferten Zweisitzer werden in Folge ebenfalls PSP2 erhalten.

1.300 Serien-Flugstunden bis Mitte August 2004 bei zuletzt ca. 250 Stunden pro Monat.

Schulung

Beauftragt mit dem größten Flugsimulationsprogramm Europas (ASTA - Aircrew Synthetic Training Aids) führt die Eurofighter Simulation Systems GmbH derzeit den Bau von Flugsimulatoren und Gebäuden in allen vier Konsortiumsländern durch. Der Vertrag hat einen Wert von über einer Milliarde Euro und umfasst den Bau von Gebäuden, Infrastruktur und Simulatoren in und für 13 Standorte in vier Ländern.

Die Standorte sind Laage, Wittmund, Nörverich, Büchel und Neuburg in Deutschland; Moron und Albacete in Spanien; Grosetto, Gioa del Colle und Trapani in Italien sowie Coningsby, Leuchars und Leeming in England.

Gebaut werden

  • 18 Full Mission Simulators (FMS). Der FMS ist ein gewaltiger Dom mit 4m Durchmesser welche ein Bilddarstellung mit 13 Kanälen zu je 1.600x1.200 Pixel und einem 360° Blickfeld ermöglicht. Gedacht ist er um komplexe Szenarien inkl. Bedrohung durch Boden-Luft-Lenkwaffen, elektronische Kriegsführung und ähnliches durchführen zu können. Die dafür notwendigen Computer füllen gut eine 100m² Wohnung.
  • Neun sogenannte Cockpit Trainer/Interactive Pilot Stations - Enhanced (CT/IPS-E). Die CT/IPS-E ist ein erheblich kleinerer Simulator als der FMS und kostet auch nur etwa die Hälfte. Die Sation ermöglicht auf einem facettierten Bildschirm ein Blickfeld von 220° Horizontal x ca. 100° Vertikal, was etwa dem natürlichen Blickfeld eines Menschen entspricht. Mit dem CT/IPS-E können die Cockpitbedienung inkl. Notfallprozeduren und Szenarien mit reduzierter Komplexität geübt werden.
  • sowie vier Deployable Cockpit Trainers, transportable Simulatoren um Cockpitbedienung inkl. Notfallprozeduren schulen zu können.
Derzeit sind die Gebäude in Laage, Coningsby und Moron errichtet und teilweise schon in Betrieb.
Sämtliche Gebäude besitzen Schulungs- und Briefingräume, in denen auch die Flüge in den Simulatoren life mitverfolgt werden können. Ebenso ist es möglich die Simulationen für spätere Analysen abzuspeichern.

Selbstverständlich bieten die Simulatoren die Möglichkeit sowohl Standardlektionen mit steigender Komplexität automatisch ablaufen zu lassen als auch über Szenario Generator beliebig Änderungen an bestehenden Übungen vorzunehmen bzw. gänzlich neue Formate zu entwerfen.
Der Gegner kann dabei vom Computer generiert werden, vom Instruktor gesteuert werden oder aber auch ein oder mehrere andere Piloten in Simulatoren an anderen Standorten sein. Denn es wird auch eine Vernetzung der einzelnen Simulatoren an den verschiedenen Standorten durchgeführt - dies allerdings nur auf nationaler Ebene. Eine internationale Vernetzung wäre zwar theoretisch ohne Probleme möglich, würde allerdings voraussetzen, dass die Luftwaffen sensible Daten (z.B. zur Simulation elektronischer Kriegsführung) austauschen. Diese Grundvoraussetzung ist offenbar aber weder innerhalb der NATO noch innerhalb der EU gewünscht und/oder gegeben (Europa lässt grüßen....).

Die Planung sieht vor, dass die erste CT/IPS-E noch heuer in Betrieb geht, der erste FMS-Dom soll Ende 2005 / Anfang 2006 in Betrieb gehen. Inzwischen üben die Crews auf der Eurofighter Interim Training Device welche mit einer Dreikanal-Sichtanlage ein Sichtfeld von 150° x 40° bietet.

Österreich bekommt übrigens ebenfalls einen FMS-Dom für den Standort Zeltweg.

Exportbestrebungen

Am Exportsektor sieht sich die Eurofighter GmbH in einem "Window of Opportunity". "Wenn wir das nicht nutzen ist uns nicht zu helfen" sagt Pierluigi Romagnoli, Export Director der Eurofighter GmbH.
Innerhalb Europas sieht man sich weit vor der Konkurrenz. Weder in der Anzahl der Nutzerländer noch in der Stückzahl, der gefertigten und noch zu fertigenden Maschinen kann die Europäische Konkurrenz aus Rafale und Gripen mit dem Eurofighter mithalten.
Die aktuellen US-Fighter - F-15 und F-16 - sieht man nahe am obersten Ende des Entwicklungspotentials angekommen. Mit dem Auftreten des JSF auf dem Exportmarkt rechnet man um 2015, was den Eurofighter für eine Dekade zum leistungsfähigsten Angebot am Kampfflugzeug-Weltmarkt macht.

Die nächsten Entscheidungen erwartet man in Griechenland, Singapur und Norwegen.

In Griechenland wurde der Eurofighter von der Luftwaffe evaluiert und 1999 von der Regierung gewählt. Aufgrund der olympischen Spiele wurde die Beschaffung von 60 Maschinen aber vorrübergehend gestoppt. Jetzt ist das Konsortium zuversichtlich, das Geschäft in absehbarer Zeit abschleißen zu können.
Das Interesse in den vier Eurofighter-Nationen ist groß, wie auch die umfangreiche Abordnung an Regierungs- und Wirtschaftsvertretern bei der dieswöchigen Defendory Airshow in Athen zeigt.

In Singapur sei man im Oktober 2003 in die Endauswahl gekommen und nun gegen F-15 und Rafale in der Endausscheidung. Mit dem Ablauf und dem Ergebnis der Evaluierung diesen Sommer in Singapur zeigte man sich hoch zufrieden.
Vorerst möchte Singapur 8+12 oder 12+8 Maschinen ordern, mit weiteren 40+ Maschinen zu einem späteren Zeitpunkt.
Eine Entscheidung wird in der ersten Hälfte des nächsten Jahres erwartet.

In Norwegen sei der Wettbewerb gegen die F-16 gestoppt worden. Nun sei man in Konkurrenz mit dem JSF. Norwegen ist JSF Level 3 Partner, wie den Medien zu entnehmen ist mit den Ergebnissen des Konstrukts aber alles andere als zufrieden.
Die kleine mit Norwegen etablierte Entwicklungszusammenarbeit am Eurofighter geben hingegen keinen Grund zur Klage. Einen Termin für eine Entscheidung gebe es noch nicht.

Weiter in der Zukunft lägen Belgien, Dänemark, Niederlande und Portugal.

Ebenfalls von Interesse - auch wenn noch keine Prozesse gestartet wurden - sind die Schweiz und die Türkei.

Kaum Aussagen bekommt man über Saudi Arabien und Indien.
Beide Märkte werden von BAE SYSTEMS betreut. In Saudi Arabien sei der Entscheidungsprozess - siehe Al Jamamah - nicht mit anderen Ländern vergleichbar.
Indien versuche sich unabhängig zu positionieren und was das Material betrifft somit breit aufzustellen, der Eurofighter ist da ein Angebot.

Eine befriedigende Antwort, wie Exportpotentiale genutzt werden sollen, wenn entsprechende Kunden durch die Situation in den Konsortiumsländern in Mitleidenschaft gezogen werden, war aber weder in München noch in Warton zu bekommen.

Das ASTA-Gebäude in Laage bei Rostock.
Foto: ASTA

Auch im britischen Coningsby ist das Gebäude schon bezogen.
Foto: ASTA

Zuletzt wurde ein ASTA-Gebäude im spanischen Moron errichtet.
Foto: ASTA

Der FMS braucht ein ganzes Rechenzentrum um über 13 Bildkanäle darstellen und den Eurofighter sowie Freund und Feind simulieren zu können.
Foto: ASTA

Der CT/IPS-E ist viel keliner, kostet nur die Hälfte, kann aber nur das vordere Blickfeld darstellen.
Foto: ASTA

Bis zur endgültigen Installation der Simulatoren läuft in Laage die Eurofighter Interim Training Device.
Foto: Georg Mader

Martin Rosenkranz