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Stille Post
Die "miese" Medienberichterstattung rund um den Eurofighter

Eine freie, unabhängige und kritische Presse ist für eine lebendige Demokratie etwas unendlich wertvolles, ja unabdingbar notwendiges - eine tragende Säule, ohne die Freiheit nicht funktionieren kann.
Wenn sich aber die Berichterstattung abseits der Realität bewegt, dann schränken sich die Medien selbst ein und berauben sich selbst des wichtigsten Gutes mit dem sie arbeiten können - ihre "Glaubwürdigkeit".

Erster Akt: Recherche was ist das ?

Am Montag den 24. Mai 2004 stellt der britische Abgeordnete Norman Lamb dem Staatssekretär für Verteidigung Adam Ingram im britischen Parlament eine Frage und bekommt auch eine Antwort. Die Frage lautete: "Welche Diskussionen im britischen Verteidigungsministerium über die Möglichkeit stattgefunden haben britische Eurofighter an andere Länder zu verkaufen ohne sie an die RAF auszuliefern?".
Ingram antwortet: "Ja es gab einige Überlegungen mit der Absicht frühzeitige Auslieferungen an potentielle Übersee-Kunden zu ermöglichen. Wenn solch eine Übereinkunft erzielt wird, dann könnte das durchgeführt werden, in dem man die Zulieferrate an die RAF ändert. Allerdings bleibt die RAF Primärkunde für diese Flugzeuge und jede Entscheidung wird auf den Bedarf der RAF voll Rücksicht nehmen". *1)

Nun, was meint Ingram damit ? Eines ist klar - die RAF wird die von Lamb gemeinten britischen Flugzeuge übernehmen. Andererseits könnte der Wunsch eines Überseekunden nach einer schnelleren Zulieferung dazu führen, dass die Geschwindigkeit mit der die RAF ihre Flugzeuge übernimmt sich ändert. Die RAF-Flugzeuge könnten auf der Produktionsstrasse dem Exportkunden nachgereiht werden obwohl die RAF früher bestellt hat - wenn die RAF dem zustimmt. Keine Rede davon, dass RAF-Flugzeuge an irgend jemanden verkauft werden.

Am Sonntag den 30. Mai veröffentlicht die britische Zeitung "Sunday Telegraph" einen Artikel von Sean Rayment in dem all das "etwas" anders dargestellt wird: "Das britische Verteidigungsministerium versucht bereits duzende Eurofighter zu verkaufen bevor sie diese erhalten hat.... Der Minister plant bis zu 50 Jets an Österreich und Singapur zu verkaufen anstatt damit die RAF auszurüsten....." *2)

Genau das hat Ingram eben NICHT gesagt - trotzdem - mehr braucht es schon nicht mehr. Die Schlüsselwörter "Eurofighter" und "Österreich" reichen aus damit die Nachricht von den internationalen News-Tickern in den Redaktionen der österreichischen Medien ausgeworfen wird - und das Unheil nimmt seinen Lauf.

Wer auch immer in an diesem Sonntag-Abend in der ZIB1-Redaktion Dienst gehabt hat - er sprang gleich als erster auf - und schoss einen kapitalen Bock - und die Meute der Innenpolitikjournalisten sollte noch folgen wie die Lemminge.

Gleich als Aufhänger zur ZIB1 kriegt Österreich zur Nachrichten-Prime-Time vom staatlichen Fenrnsehen "Unsinn pur" serviert: "Die Briten geben Eurofighter weiter....Als potenzieller Abnehmer wird dabei Österreich genannt. Laut der Zeitung wurde auch bereits eine Übereinkunft erzielt." *3)

Eine Übereinkunft? Wann? Durch wen? Mit Österreich? Und mit welchem Geld?
Noch im August des Vorjahres hat Österreich eine Parlamentspersiflage erlebt, als der Bundesrat an der Eurofighter-Finanzierung, verpackt ins Budgetbegleitgesetz, gewürgt hat ohne, dass er zu einer Entscheidung gekommen wäre. Erst dann war der Ankauf rechtswirksam. Und was haben wir daraus gelernt? "Ohne Geld, keine Musik".
Und vom Frühjahr 2004 sollte jedem noch die ebenfalls üppig kommentierte Übergangslösung mit Schweizer F-5E in Erinnerung sein ?
Also wozu 18 RAF-Eurofighter der Tranche 1, wenn es schon rechtsgültige Verträge aus dem Sommer 2003 mit der Eurofighter GmbH für Tranche 2 gibt und eine ebenso gültige Abmachung mit den Schweizern für eine Übergangslösung etabliert ist ?

Gibt's im ganzen ORF niemand der kurz mal reflektiert ob das real sein kann oder zumindest Kontakt zum BMLV-Pressedienst hat?

Aber denken ist zu Pfingsten irgendwie grad nicht "in" - statt dessen herrscht offensichtlich Panik in den Redaktionen, dass man eine Top-Meldung verpassen könnte. Das Pfingswochenende (Montag ist Feiertag) ist innenpolitisch sowieso mager - man ist im wahrsten Sinne des Wortes für jeden Unsinn dankbar, um die Seiten zu füllen.

Und so kommen am Dienstag Morgen alle großen Tagszeitungen im Innenpolitik-Teil mit einer Meldung raus, wo nur einer vom andern abgeschrieben hat und die Recherche oder auch nur Logik der Einfachheit halber aussen vor blieb:

Dem Öst. Verteidigungsministerium - das in der ganzen Eurofighter-Diskussion noch nie Herr der Lage war - bleibt Tags drauf eigentlich nur noch über, kleinlaut zu dementieren (Nicht, dass das irgendjemand auch nur interessiert hätte!).

Zweiter Akt: Der Doppelpass

Mit ca. einem Jahr Verzögerung gehen derzeit die Verhandlungen um die zweite Tranche in den Endspurt. Ein Schauplatz ist Deutschland, wo sich das Parlament gekünstelt ziert Minister Struck den notwendigen Beschluss des Haushaltsausschusses zu geben.
Entsprechende Medienberichte werden in Österreich - vor allem durch die "Krone" - sehr gerne aufgegabelt um eine schöne Eurofighter-Gruselstory daraus zu basteln.

So titelt die Süddeutsche Zeitung am 16. Mai: "Haushaltspolitiker bremsen den "Eurofighter". "...Eine "Billigung des Projekts noch vor der Sommerpause sei "vom Tisch"..." *10)

Am selben Tag zitiert die Financial Times Deutschland den Grünen-Haushälter Alexander Bonde, dass "im Falle einer Vereinbarung der Partnerstaaten Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien mit dem Hersteller-Konsortium Struck umgehend grünes Licht gegeben werden soll. Die für den Wehretat zuständigen Berichterstatter von Rot-Grün und Opposition werden dazu ermächtigt ohne, dass es dazu eine Zeit raubende Sondersitzung des Gremiums bedarf." *11)

Einfach gesagt. In Deutschland geht es darum wie Struck so rechtzeitig zu seinem Beschluss kommt, dass Deutschland keine Strafe zahlt aber doch noch so spät, dass sich die grünen Abgeordneten - die jahrelang in vorderster Front verbissen gegen den Eurofighter gekämpft haben und jetzt mit dem Vollzug betraut sind - sich diesbezüglich nicht auch noch "Freizügigkeit" vorwerfen lassen müssen.

Für die Krone, dessen Chef Hans Dichand den Eurofighter wie den Leibhaftigen bekämpft, reicht das nicht.
Mit der medialen Wucht von drei Millionen Lesern im Gepäck titelt die Kleinformat-Denkvorlage am 19. Juni: "Deutsche stoppen Abfangjäger!" 4,6 Milliarden EUR werden eingefroren - Jetzt müssten auch bei uns Alarmglocken läuten. *12)

Wir reflektieren: Es war in Deutschland von "stoppen" und "einfrieren" keine Rede - nur über den richtigen Zeitpunkt des Beschlusses gibt es in Deutschland ein kleines innenpolitisches Geplänkel.

Aber selbst wenn die Kronenzeitungs-Schlagzeile stimmen würde - wem fällt die feine Unlogik in Peter Gnams Artikel auf ? Wieso müssen denn die "Alarmglocken läuten" wenn die Deutschen stoppen ?
Etwas besseres kann doch den Eurofighter-Gegnern gar nicht passieren - ohne deutsche Unterschrift keine Tranche 2 - und ohne Tranche 2 keine Österreichischen Eurofighter. Wäre die Schlagzeile wahr müsste Dichand eigentlich jubeln. Sie ist es nicht - was aber die SPÖ, in Person des Abgeordneten Gaal, nicht abschreckt den Querpass anzunehmen und weiterzugaberln.

Der setzt sich noch am selben Samstag vormittag hin und wirft eine OTS-Meldung in die Medienmanege: "Gaal zu Eurofighter: Festhalten der Regierung an der Beschaffung nicht mehr nachvollziehbar". "...nun stoppen sogar die Deutschen den Eurofighter-Deal...". *13)
Für Gaal hat der "Eurofighter nichts mit Luftraumüberwachung zu tun" und er ist "für Österreich und ganz Europa aus sicherheitspolitischen Gründen völlig sinnlos". Es braucht "die unverzügliche Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, um die Hintergründe für dieses Milliarden-Desaster zu untersuchen."

Dass der rote Wehrsprecher dem Eurofighter jeglichen Zusammenhang mit der Luftraumüberwachung absprechen muss, ist aus seiner Sicht irgendwie logisch. Hat er doch erst Tage zuvor den Endbericht der Bundesheerreformkommission unterzeichnet - und dort steht geschrieben, dass "die permanente Luftraumüberwachung zum Souveränitätsschutz mit all ihren Elementen sicherzustellen ist". Es ist natürlich öffentlich zelebrierter Autismus, wenn die neuen Flugzeuge für das "Luftraumüberwachungsgeschwader" "nichts mit Luftraumüberwachung zu tun" haben.
Dass er dann als kleiner Wehrsprecher eines neutralen Landes dem Rest von (NATO-)Europa auch noch mitteilt was er für diese als sinnvoll hält, ist nur noch die Kirsche auf dem Sahnehäubchen über einer Torte voller Unsinn. Und sich auf die Suche nach dem "Milliarden-Desaster" zu machen ist auch wie Ostern ohne Eier - denn Österreich zahlt bekanntlich erst ab 2007 bis 2014 in 18 Raten.
Anton Gaal, Wehrsprecher der SPÖ
Foto: © Petra Spiola

Und so geht die Eurofighter-Kugel zurück zur Krone, wo Peter Gnam die Unsinnsgeschichte weiter am Leben erhält. Der muss in der Sonntagskrone auch irgendwie die Seiten füllen und schreibt am 20. Juni : "Stopp für die deutschen Eurofighter alarmiert jetzt SPÖ und die Grünen" *14)
Spätestens jetzt ist die Geschichte Zirkusreif - man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: "der Stopp der Eurofighter alarmiert(!) SPÖ und Grüne" - bunt, klein und komisch kommt die Sonntagskrone auf den Ösi-Frühstückstisch.
Und Gnam bleibt seinen Lesern nichts schuldig. Gleich im ersten Satz erfährt der geneigte Leser, dass Deutschland "den Kauf von 180 Eurofightern gestoppt" hat und die dafür vorgesehenen EUR 4,6 Milliarden eingefroren sind.

Man bedenke - es geht nur um den Zeitpunkt der Unterschrift für die zweite Tranche. Dichands-Kampfblatt stoppt gleich ALLE deutschen Eurofighter und stellt sie der Einfachheit halber in eine Ebene mit EUR 4,6 Milliarden! Wahrlich eine Kunst so viel Unsinn in einen einzigen Satz zu packen!
Neben den üblichen Eurofighter-Mischmasch von "technischen Mängeln", "überhöhtem Kaufpreis" und "vernichtender Rechnungshofkritik" verlängert Gnam das Europa-Statement des SP-Wehrsprechers um ein weiteres Bonmot. Gnam schreibt, dass sich laut Gaal "die Ansicht von Militärs durchsetzt", dass der Eurofighter für die Luftraumüberwachung weniger geeignet und für Österreich und Europa sei. Nur, dass die Militärs von dieser ihrer Meinung gar nichts wissen.....was aber weder Gaal noch Gnam und schon gar nicht Dichand irgendwie kümmert.

Sollten Sie, werter Leser, jetzt endgültig der Meinung sein, die Eurofighter-Berichterstattung in den Österreichischen Medien ist bestenfalls fürs Katzenkistl gut, dann sind wir sehr erschüttert. Denn - was muten Sie ihrer Katze zu ? Man ist ja fast versucht ein Anzeige nach dem Tierschutzgesetz einzubringen!

Dritter Akt: superdringliche Unterschuchungsausschüsse

"Dringliche Anfragen" an den Minister und Untersuchungsausschüsse sind geharnischte parlamentarische Instrumente. Ersteres steht auf Basis der Geschäftsordnung den Parteien in gewisser Häufigkeit und Reihenfolge zu. Für zweiteres Bedarf es eines Merheitsbeschlusses des Nationalrates.

Nun gibt es in der Geschichte der 2.Republik wohl kein zweites Beispiel, wo etwas so intensiv geprüft wurde, bevor noch ein einziger Steuer-Euro geflossen ist. Auf zwei Rechnungshofberichte zur Abfangjägerbeschaffung sieht die Republik schon zurück, ein dritter ist in Arbeit. Die - großteils anonymen - Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft sind sonder Zahl und waren allesamt fruchtlos. Und in Fällen wo Personen direkt genannt wurden gab es auch schon Gerichtsurteile - die in allen Fällen gegen die SPÖ und die Grünen ausgefallen sind, weil sie NICHT EINEN Beweis für ihre Behauptungen beibringen konnten.
Sogar der designierte Bundespräsident Dr.Fischer bringt sich ein und will sich gleich nach Amtsantritt "sehr sorgfältig zu diesem Thema informieren lassen" (als ob es dafür in den letzten Jahren nicht überreichlich Zeit und Gelegenheit gegeben hätte).

Dem nicht genug fordert die Opposition unentwegt einen Untersuchungsausschuss, frei nach dem Motto "Irgendein Haar in der Suppe wird sich schon finden, man muss nur lang genug suchen" Nach was man sucht und gegen wen ermittelt werden soll, dazu gibt es aber keine Aussagen.

Und auf die Frage welche Umstände jetzt aktuell eine dringlich Anfrage an den Minister rechtfertigen wird's wohl auch kaum brauchbare Antworten geben. Denn die österreichischen Eurofighter kommen frühestens Mai 2007 und bezahlt wird auch erst ab 2007. Bis dahin wird man auch ohne "Dringliche" jede Zeit der Welt haben um auf etwaige noch offene Fragen früh genug die passenden Antworten zu bekommen.

Martin Rosenkranz

Quellennachweise und Weblinks:


*1) Anfrage von Norman Lamb an Adam Ingram im britischen Parlament vom 24. Mai
*2) Sunday Telegraph: "MoD to sell off undelivered Eurofighters" vom 30. Mai
*3) ORF: "Briten geben Eurofighter weiter" vom 30. Mai
*4) Der Standard: "Mangelhafte Kampfjets für Österreich?" vom 1.Juni
*5) Die Presse: "Eurofighter: Britische Kampfflieger für Österreich?" vom 31. Mai
*6) Die Presse: "Abfangjäger: Okkasion bei Eurofightern?" vom 1. Juni
*7) Kurier: "Briten wollen Jets an Wien verkaufen" vom 31. Mai
*8) Oberösterreichische Nachrichten: "Eurofighter: Zu teuer für die Briten?" vom 1. Juni
*9) KRONEN ZEITUNG: "Kommen 18 Eurofighter jetzt im Sonderangebot auf den Markt?" vom 1. Juni
*10) Süddeutsche Zeitung: "Haushaltspolitiker bremsen den „Eurofighter“ vom 16. Juni
*11) Financial Times Deutschland: "Parlamentsvotum zum Eurofighter fällt im kleinen Kreis" vom 16. Juni
*12) KRONEN ZEITUNG: "Deutsche stoppen Abfangjäger!" vom 19. Juni
*13) OTS: "Gaal zu Eurofighter: Festhalten der Regierung an der Beschaffung nicht mehr nachvollziehbar" vom 19. Juni
*14) KRONEN ZEITUNG: "Stopp für die deutschen Eurofighter alarmiert jetzt SPÖ und die Grünen" vom 20. Juni