Eurofighter: Antwort auf BRH-Kritik

Anfang September 2003 hat eine Story in der Zeitschrift "Der Spiegel" über einen Bericht des deutschen Bundesrechnungshofes (BRH) über den Sachstand des Rüstungsvorhabens Eurofighter (airpower.at berichtete) die Gemüter in der öst. Innenpolitik erhitzt.
Erhebliche Mängel, Systemfehler, eine 6jährige Programmverzögerung und erhebliche Kostenüberschreitungen waren die Kernpunkte der BRH-Kritik.

Die Beamten des deutschen Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) haben offenbar nichts anbrennen lassen und sehr rasch auf die BRH-Kritik geantwortet - und können in kaum einem Punkt der Kritik des BRH folgen.

So schreibt das BMVg im Bezug auf die Kostensteigerung: "Die tatsächlichen Kosten für das Basisflugzeug EUROFIGHTER sind wesentlich geringer, ihr bisheriger Aufwuchs umfasst lediglich die vertraglichen Preisstandsanpassungen und den Effekt der einprozentigen Mehrwertsteuer-Erhöhung aus dem Jahr 1998". Die angeführte Gesamtsumme von 24 Mrd. EURO enthalte Kosten die gemäß Haushaltssystematik anderwärtig veranschlagt sind.

Zum vom BRH als nicht eingehalten kritisierten "Zulauftermin 1999" bemerkt das BMVg trocken: "...wurde bereits durch die vom Parlament im Juni 1995 gebilligte Reorientierung gegenstandslos".

Geradezu ungehalten reagiert das BMVg auf die BRH-Kritik an den Leistungen des Eurofighters. Die Formulierungen des BRH erwecke den Eindruck, dass das Waffensystem nur 6% seiner vereinbarten Leistung erreicht, was keineswegs der Fall sei. Durch Flugversuch und Erprobung sei bereits jetzt ein Erfüllungsgrad von über 90% erreicht. Die industrielle Bearbeitung konzentriere sich auf den Abschluss der Entwicklung und erst sekundär auf die formale, viernationale aufwendige Verifikation.

"Die vom EUROFIGHTER im Überschallflug erreichten Werte werden - außer von der F 22 - von keinem Jagdflugzeug auch nur annähernd erreicht.
Geschwindigkeit, Steiggeschwindigkeit und Agilität erfüllen die Spezifikationen, die geforderten Kurvengeschwindigkeiten werden in fast allen definierten Flugbereichen erfüllt oder sogar übererfüllt
" so das BMVg weiter.
Die vom BRH behauptete Überlegenheit der MiG 29 kann das BMVg nur im Zusammenhang mit der Lenkwaffe "Archer" (MiG 29) gegenüber "Sidewinder" (EF) sehen (Anm: IRIS-T wird hier Abhilfe schaffen) und das BMVg stellt fest: "Bei Annahme gleicher Bewaffnung ist der EUROFIGHTER der MiG 29 in allen Konfigurationen überlegen....in der Luftverteidigungsrolle ist er (Anm: EUROFIGHTER) dem Waffensystem MiG 29 deutlich überlegen und kann im Gegensatz zur MiG 29 auch in Krisenreaktions-Szenarien eingesetzt werden."

Am BRH bemängelt das BMVg auch, dass dieser Zitate unvollständig wiedergab und aus dem Zusammenhang riss. Das Zitat wonach der "Programmstand hochgradig kritisch und risikoreich" sei, beziehe sich auf die Auswirkungen des Zulaufs auf die Ausbildungsplanung. Das durch den BRH vorenthaltene Satzende lautet: "...aber durch planerische Anpassung noch zu bewältigen". All das beschreibe jedoch weder des Stand des Programms als Ganzes und bezieht sich nicht auf das Leistungsvermögen des Luftfahrzeuges.

Auch, dass die beim Absturz von DA6 "aufgedeckten" Mängel nicht behoben wären sein nicht zutreffend. (Anm: Durch zu früh einsetzende Nachverbrennung bei noch nicht ganz geöffneter Schubdüse erlitten beide Triebwerke durch Rückstau ein "flame out".)
Bei den neueren Entwicklungstriebwerken und den Serienaggregaten wird geänderte Software verwendet, bei der diese Unzulänglichkeit nicht auftritt.

Etwaige Fertigungsmängel (Leitwerk, Canards) werden zu Lasten der Industrie nachgebessert. Im Fall der Cockpitfrontscheibe stehe die endgültige Freigabe der Vogelschlagsicherheit aus, "ein Fertigungsmangel liegt nicht vor".

Was die Betriebskosten betrifft, weißt der BMVg, dass aufgrund unterschiedlicher Wartungs- und Instandhaltungskonzepten ein direkter Vergleich zwischen EF und TORNADO nicht möglich ist und die Flugleistungen nur begrenzt Auswirkungen auf die Betriebskosten haben. Dem BMVg ist nicht ersichtlich auf welcher Basis die Summe von 780 Mio EURO jährlicher Betriebskosten errechnet wurden.

Nicht folgen kann das BMVg der Empfehlung der Verschiebung der Tranche 2 Vergabe auf mehrere Jahre.
Dem widersprechen internationale Verträge und Vereinbarungen, würde zu erheblichen Kostensteigerungen in dreistelliger Millionenhöhe führen, kostenintensive Lebensdauerverlängerungen bei anderen Systemen zur Folge haben und dem operationellen Bedarf der Luftwaffe nicht gerecht werden.

Ähnliches gilt auch für den Vorschlag des BRH anstatt der dritten Tranche EUROFIGHTER besser unbemannte Luftfahrzeuge zu beschaffen.
Leistungsvergleiche zwischen bemannten und unbemannten Luftfahrzeugen hätten nur beschränkte Gültigkeit, höhere Missionswirksamkeiten wurden von UAV's noch nicht erbracht und sind nicht absehbar und UAV's werden überall nur als Ergänzung zu bemannten Lfz's gesehen - und das bei Flottengrößen an bemanntem Gerät die in USA, GB und F größer als in Deutschland seien.

In der zusammenfassenden Bewertung schreibt das BMVg, dass die Leistungen des EUROFIGHTER eine zielgerichtete Anfangsnutzung zulassen und die vollen IOC und FOC-Standards nach gegenwärtigem Kenntnisstand zu den operationell erforderlichen Zeitpunkten - Mitte 2004 und Ende 2005 - erreichbar seien.
Die Feststellung, dass der Zustand des EF-Programms besorgniserregend sei, ist entschieden zurückzuweisen.

Zahlungsraten sind vertraglich an Zahlungsmeilensteine gekoppelt, Zahlungseinbehalte bei erfülltem Meilenstein einem Vertragsbruch gleichzusetzen. Für Leistungsstandards die nicht erfüllt werden, werde ein Zahlungseinbehalt vorgenommen. Eine Verweigerung der Abnahme von Lfz mit "unzulänglicher Leistung" ist grundsätzlich zulässig, stellte sich bisher jedoch nicht.

Anstatt wie vom BRH angegeben 6 Jahren beträgt laut BMVg der Rückstand bei der Entwicklung ca. zwei Jahre und in der Auslieferung ca. ein Jahr. Der BMVg nennt diesen Verzug "nicht akzeptabel" und führt aus, dass Abhilfemaßnahmen getroffen und Fertigungsabläufe verbessert werden.


(Anm: Zumindest im Bereich der Auslieferung muss hier schon von neuen Regelungen ausgegangen werden. Wie airpower.at berichtet hat, wurde im Zuge der Tranche 2 Verhandlungen entschieden die bestehende Verzögerung festzuschreiben. Ohne Auswirkungen auf Österreich wird Tranche 2 daher statt von 2005-2010 nach neuer Planung von 2006-2011 ausgeliefert werden.)

Die vollständige Antwort des BMVg auf den BRH-Bericht können sie unter www.geopowers.com als pdf-Downloaden (5,1MB).

ANKÜNDIGUNG

Am Dienstag den 14. Oktober 2003 findet im
Großen Festsaal im Haus der Industrie am 3,Schwarzenbergplatz 4
von 18.15 - 20.00 Uhr
ein Vortrag von Ing. Robert Schweinfurth,

mit dem Titel
"DIE TECHNIK DES NEUEN EUROFIGHTERS"
statt.

Die Veranstaltung ist bei freiem Eintritt allgemein zugänglich.


Veranstalter ist der
ÖVK - Österreichischer Verein für Kraftfahrzeugtechnik
Elisabethstraße 26, 1010 Wien
www.oevk.at
info@oevk.at

Ing. Robert Schweinfurth, Programmleitung Eurofighter, EADS Deutschland GmbH, Militärflugzeuge, München

Martin Rosenkranz