Übergangslösungen

Die Lücke zwischen dem Draken und dem Eurofighter - verursacht durch eine immer wieder verschobene und letztendlich viel zu späte Einleitung des Beschaffungsvorganges (der Rechnungshof hat kritisiert, dass nicht schon 1998 begonnen wurde) - bietet in letzter Zeit immer wieder Anlaß zu wilden Spekulationen und ruft auch wieder div. vorher unterlegene Jet-Anbieter auf den Plan. Eine Übergangslösung mit einer anderen Type als dem Eurofighter Typhoon steht jedoch außerhalb der Realität.
Martin Rosenkranz und Georg Mader für www.airpower.at über die Übergangslösungen und deren Rahmenbedingung.

Grundsätzliches

Ab 2005 bis 2007/08 sollen Eurofighter aus einem oder mehreren Ländern in Österreich die Luftraumüberwachung sicherstellen.
Foto: Martin Rosenkranz

Die Betriebseinführung schon eines einzigen so komplexen Systems frist sämtliche verfügbare personelle Resourcen - eine paralell laufende technisch vollkommen unterschiedliche Übergangslösung ist nicht machbar.
Foto: Martin Rosenkranz

Der Draken-Unterstützungsvertrag läuft aus. Mit der eigenen Erfahrungen, eigenem Know-how sowie "Resten von Ersatzteilen" und einigen Publikationen will man den Betrieb in verringertem Umfang bis 2005 sicherstellen.
Foto: Martin Rosenkranz

Die Einführung eines so komplexen Systems, wie ein Überschall-Kampfflugzeug es darstellt, ist ein vielschichtiger, komplexer Vorgang, der auf jeden Fall mehrere Jahre in Anspruch nimmt.
Einem Draken-Einsatzpiloten das Fliegen dieses neuen Gerätes beizubringen ist dabei wohl noch das einfachste Unterfangen - die Schulung der Notfallprozeduren und der Bedienung der neuen Geräte wie Radar, Daten-Übertragungseinrichtungen, etc. nimmt da schon wesentlich mehr Zeit in Anspruch.
Wirklich umfangreich wird es aber im Bereich der Technik und der Logistik für das neue System. Durch den technischen Quantensprung von 60er-Jahre Flugzeugen auf aktuelle Toptechnologie sind zum Teil vollkommen neue Fachrichtungen gefragt. Die Schulung der Techniker am neuen System betrifft dabei generell wesentlich mehr Personal und nimmt weit mehr Zeit in Anspruch als auf der Ebene der Piloten.
Auch müssen organisatorische sowie infrastrukturelle Änderungen - zu einem Gutteil typen(ausrüstungs)spezifisch - vorgenommen werden.
Zu guter letzt ist eine "Einsatzbereitschaft" nach Zulauf des neuen Flugzeuges erst nach mehrjährigem Probebetrieb - oft begleitet durch Techniker des Herstellers und/oder Personal der Referenzluftwaffe - gegeben.

Die Ausschreibung

In der Fassung vom 10. Oktober 2001 war ursprünglich eine Lieferung der neuen Flugzeuge mit vier Stück pro Jahr von 9/2005 bis 12/2012, sowie einer komplexen Übergangslösung mit 4 TYPENGLEICHEN Maschinen ab 6/2003, vier weiteren ab 2004 und nochmal vier Maschinen ab 6/2005 bis Ende 2009 oder 2012 gefordert worden.
Ergebnis der ersten Ausschreibungsrunde war, dass die gebotenen Übergangslösungen durch die Bieter mit Kosten von rund einer halben Milliarde Euro unleistbar war, die geforderten Flugzeuge aber ohne große Mehrkosten von Eurofighter GmbH (Tranche 1), Lockheed und Saab wesentlich früher geliefert werden konnten.
Deshalb wurde am 26. März 2002 eine - in einigen Teilen stark - überarbeitet Fassung der Ausschreibung übermittelt, in der die Übergangslösung entfiel und eine heftig verdichtete Lieferung der Neuflugzeuge zwischen 7/2005 und 7/2007 vorgesehen war.
Am 1. Juli 2002 entschied der Ministerrat schliesslich zugunsten des Eurofighter Typhoon.

Die Übergangslösung

Die Manager der Eurofighter-GmbH und die EADS-Sprecher wiederholen seither gebetsmühlenartig, dass man selbstverständlich 2005 Typhoon's der ersten Bauloses hätte liefern können. Im Zuge der anschliessenden Vertragsverhandlungen mit der Eurofighter GmbH bzw. EADS entschieden sich jedoch die Verantwortlichen der Österreichischen Luftstreitkräfte - nach Beendigung der Wettbewerbsphase - für einen späteren als den ursprünglich ausgeschriebenen und geplanten Termin. Die Zulieferung von Tranche 2-Maschinen soll nun von 2007 bis 2009 erfolgen.
Durch diese Lösung ist es den heimischen Fliegerkräften möglich, die erste Tranche des Eurofighter zu umgehen und direkt in die ‚erwachsenere' Tranche 2 einzusteigen. Finanziell war der Unterschied zwischen
a) Lieferung Tranche 1 mit späterer Umrüstung auf Tranche 2 bzw.
b) Lieferung als Tranche 2 sehr gering.
Allerdings hätte man auf die neuen Flugzeuge - bei einer nachträglichen Tranche 2-Umrüstung - längere Zeit verzichten müssen. Irgendwann musste man also auf jeden Fall eine geringere Verfügbarkeit in Kauf nehmen.
Die Entscheidung fiel - nachdem der Kommandant der Luftstreitkräfte Gen.Mj. Erich Wolf zu Ostern positive Rücksprache mit seinen Kollegen der anderen Eurofighter-Nutzer halten konnte - zugunsten einer späteren 2007/09-Lieferung.

Die Kosten

Die Frage der Kosten der Übergangslösung erhitzt seitdem die Gemüter. Obwohl (zumindest offiziell) keinerlei Zahlen vorliegen, wurden - vor allem von Seiten der Gegner - bereits einige "Horrormeldungen" verbreitet. Von vornherein festzustellen ist, dass die Übergangslösung nicht - wie in der ersten Ausschreibung - von der Industrie, sondern von einer oder mehreren Luftwaffen die den Eurofighter einführen, gestellt werden soll. Entscheidend ist dieser Umstand deshalb, weil sich dadurch die Rahmenbedingungen für dieses Geschäft vollkommen ändern.
Streitkräfte haben in der Regel keine eigene Budgethoheit. Deshalb bekäme Geld für solche Leistungen nicht der Leistungserbringer (die Luftstreitkraft, die uns ein Flugzeug borgt) sondern der jeweilige Finanzminister. Und kein Kommandant einer Luftstreitkraft ist davon sonderlich erbaut, Leistungen zu erbringen und das Geld dafür seinem Finanzminister für das allgemeine Budget zu überweisen. Deshalb werden auf der Ebene der Luftstreitkräfte üblicherweise Wege gesucht solche Transaktionen ohne Geldfluss über die Bühne zu bringen und sich statt dessen gegenseitig Leistungen zu erbringen.
Denkt über Übergangslösung mit anderen Flugzeugtypen "nicht einmal nach", GenMj. Erich Wolf.
Foto: Martin Rosenkranz
Die Plattform auf der diese Dinge wahrscheinlich abgewickelt werden ist die EURAC - die European Air Chiefs Conference - an der bisher "Chief of Air Staff" aus 17 Ländern - NATO, Bündnisfreie und Neutrale (darunter auch Österreich) teilnehmen. Nicht nur mit seinen Kollegen sondern auch von den Regierungsvertretern der anderen Eurofighter-Länder kamen zumindest positive Signale im Hinblick auf die Möglichkeit einer solchen Übergangslösung. In welcher Größenordnung und mit welchen Kosten die Übergangslösung letztendlich ausfällt ist bis in den Spätherbst noch offen und etwaige Spekulationen und verbreitete Schwarzsehereien entbehren daher jedweder Grundlage.

Alternativen ?

Gangbare Alternativen zu dieser Übergangslösung-nach-getroffener-Typentscheidung gibt es nicht wirklich.
Zwar bieten jetzt - natürlich gegen Bares - beide unterlegene Kontrahenten, Lockheed Martin und Saab, gebrauchte F-16 bzw. Gripen als Übergangslösung an, lt. Gen.Mjr. Wolf ist das wörtlich "eine nette Idee", jedoch für die Österreichischen Luftstreitkräfte und die Materialstaborganisation des BMLV außerhalb jeder personellen Machbarkeit
- den Draken zu erhalten,
- sich auf den Typhoon vorzubereiten und
- fast zeitgleich einen dritten (Interims)Typ einzuführen.

"Sie lernen's noch immer nicht, was für eine verrückte Idee", so der Gen.Mjr. heute zu airpower.at !
Österreich hat eben nur ein Geschwader Überschallkampfflugzeuge und dieses erreicht gerade einmal die Größenordnung einer durchschnittlichen NATO-Staffel (18 Maschinen). Dazu kommt eine angespannte Personalsituation bei den Piloten, ein technologischer Warpsprung für die Techniker und ein Logistik- und Materialstab der die Einführung drei neuer Luftfahrzeugtypen (S-70A-42 Black Hawk, C-130K Herkules, und eben Eurofighter) sowie ein Avionik-Upgrade-Programm beim AB-212 innerhalb weniger Jahre zu verkraften hat. Dem Vernehmen nach hebt - hin-und-hergerissen zwischen Stratford, Manching und Cambridge - schon heute dort nicht immer jemand das Telefon ab und übernehmen MitarbeiterInnen so manche Aufgabe obwohl diese Flugzeuge lediglich vom Flug in den Urlaub kennen. Der Plafond des Machbaren ist also hier absolut erreicht. Deshalb kann eine Übergangslösung nur im Rahmen des zu beschaffenden Systems stattfinden - notfalls um den Preis der Einzelanfertigung von Ventilen oder Actuators für den Draken durch schwedische Betriebe bzw. weiterer Reduzierungen in dessen Flugstundenaufkommen bis zur Ankunft des neuen Systems.


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