Print
Aufgrund der inzwischen vorliegenden Informationen und Daten haben wir uns entschlossen den Artikel über den Priorität "Alpha" Abfangeinsatz der Draken vom 18. Oktober 2002 neu überarbeitet ins Netz zu stellen.

Das vorliegende Beispiel zeigt eine (sehr bemerkenswerte) der vielen Varianten wie aktive Luftraumüberwachung in der Praxis funktioniert.

Viele Leute sind der Meinung Abfangeinsätze sind für ein "kleines Land" wie Österreich in der Praxis gar nicht durchführbar sind, da Österreich in wenigen Minuten überflogen ist - noch bevor Abfangjäger überhaupt aufsteigen können.
Und schon gar nicht sind Abfangeinsätze im extrem exponierten Luftraum Westösterreichs möglich - wo zwischen dem NATO-Luftraum Deutschland im Norden und dem NATO-Luftraum Italien im Süden gerade einmal der 2 Minuten breite Korridor des neutralen Österreichs liegt.
Selbst Politiker - die es in Wahrheit besser wissen - stellen diese Möglichkeit aus populistischen Gründen in Frage.

Über Österreich finden jedes Jahr mehr als 800.000 zivile Instrumentenflugbewegungen statt und mehr als 14.000 Flugbewegungen durch fremde militärische Luftfahrzeuge mit Überflugsgenehmigung.
Das sind bis zu 2.800 zivile und bis zu 120 militärische Maschinen jeden Tag, welche durch die zivile Luftverkehrskontrolle (austrocontrol) geführt und durch die militärische Luftraumüberwachung (Bundesheer) kontrolliert werden.
Etwa 20 bis 30x im Jahr "brennt der Hut" und die Luftraumüberwachungsflugzeuge des Bundesheeres steigen scharf bewaffnet (30mm Bordkanone & Sidwinder-Lenkwaffe) zu einem Abfangeinsatz auf.
In der Regel wird dann ein Flugzeuge mit zweifelhafter Herkunft mit unklarem Flugauftrag identifiziert, bei Missachtung von Flugverkehrsregeln oder ausdrücklichen Überflugsverboten eingeschritten, ein illegaler Einflüge nach Österreich verhindert oder offenkundig falsch deklarierte militärischer Flüge oder die Verletzung von Sperrzonen im Luftraum dokumentiert.

Und wenn man wie am 18. Oktober 2002 zwei "unsichtbare" F-117A "Stealth Fighter" inflagranti über Österreich erwischt - eine Flugzeugtype von der es weltweit nur ganze 36(!) Einsatzmaschinen gibt - dann hat das absolut nichts mit "Glück" zu tun, sondern stellt die hervorragende Funktion sämtlicher Komponenten der Österreichischen Luftraumüberwachung eindrucksvoll unter Beweis.

Dass man die Sicherheits-Dienstleistung "Luftraumüberwachung" nicht Gratis bekommt ist klar - immerhin allein der Betrieb der Flugzeuge kostet EUR 77 Mio. im Jahr. Aber sie beschäftigt auch, von der Personalverrechnung über die Flughafenfeuerwehr und den Radartechniker bis zum Abfangjägerpiloten, über 4.500 Personen.

Schade nur, dass sich zumindest derzeit politisch kein Konsens bezüglich Luftraumüberwachung herstellen lässt. Und dass wegen notwendiger Modernisierungen selbst die Funktion populistisch angezweifelt wird. Dabei haben sämtliche Regierungen seit Kreisky maßgeblich Anteil an der Errichtung und der hervorragenden Funktion des Systems.

Arbeitsanteile an den Systembestandteilen der Österreichischen Luftraumüberwachung

Regierung Kreisky (SPÖ): 1970-1983 Grundlagen und Errichtung des "Goldhaube" Radarsystems inkl. Beschaffung Radarsysteme Selenia RAT-31S & MRCS-403 sowie Planung und Bau der Einsatzzentrale/Basisraum (Regierungsbunker) und der Flugverkehrskontrollzentrale, Schnirchgasse/Wien.
Regierung Sinowatz (SPÖ/FPÖ): 1983-1986 Beschaffung "Draken" Abfangjäger
Regierung Vranitzky (SPÖ/ÖVP): 1986-1997 Beschaffung Tiefflugerfassungsradar und Lenkwaffe "Sidewinder" für den Draken
Regierung Klima (SPÖ/ÖVP): 1997-2000 Erarbeitung Pflichtenheft für Nachbeschaffung Luftraumüberwachungsflugzeuge
Regierung Schüssel (ÖVP/FPÖ): 2000- Nachbeschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeuge "Eurofighter"

 

Priorität "A", Freitag 18. Oktober 2002, 15:03-15:10 Uhr
Draken fangen "Stealth Fighter" östlich von Innsbruck ab!

Alles fängt an wie immer. Ein Flugplan wird eingereicht und um Überflugsgenehmigung für eine Maschine der Type DC10 kommend von US-Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem (D) angesucht. Die Genehmigung wird erteilt.

Allerdings gibt der Flugplan einige Rätsel auf. Das Kennzeichen der DC10 weißt auf ein Luftbetankungsflugzeug hin - und dieses hätte dann eigentlich die Typbezeichnung "KC10". Und obwohl nur ein Luftfahrzeug zum Überflug angemeldet wird, finden sich mehrere Registrierungen.
Darüber hinaus war die Fluganmeldung zweimal kurzfristig geändert, deshalb wird entscheiden "das Flugobjekt" durch Einsatz der Draken-Abfangjäger optisch zu identifizieren.

Kurz vor 15:00 ist es soweit. Die fragliche Maschine wird vom Goldhaube-Radarsystem im Raum Kaiserslautern erfasst. Der Startbefehl für die Abfangjäger geht raus - schon in 15 Minuten wird die Maschine über Tirol sein.

Drei Minuten nach 15:00 fliegt die Amerikanische Maschine in den österreichischen Luftraum ein - und verlässt den vorgesehenen Flugpfad. Offenbar hat man mitbekommen, dass Österreichische Abfangjäger unterwegs sind - eine Begegnung die man offenbar vermeiden möchte. Spätestens jetzt ist auch der Österreichischen Luftraumüberwachung klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zu geht.

Das Ausweichmanöver der Amerikaner zwingt die beiden Draken zu einer Kursänderung. Die zu überprüfende Maschine kann aber nicht entkommen - die Draken sind erheblich wendiger und können viel schneller fliegen als das abzufangende Flugzeug. Und dieses ist zudem noch gehandicapt. Was die Österreicher zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen - die Maschine fliegt im Verband mit noch zwei kleineren Flugzeugen.
Um 15:06 sind die Draken auf Gegenkurs am Kontakt und identifizieren neben dem KC10 Tanker noch zwei F-117A "Nighthawk" - für die weder um Überflugsgenehmigung angesucht worden war, noch genehmigt worden wäre.

Die beiden Abfangjäger wenden, setzen sich hinter und unter den Verband und dokumentieren die Luftraumverletzung per Fotoapparat.
Ein Foto mit dessen Hilfe diplomatisch Protest bei den Amerikanern eingelegt wird. Lesen Sie dazu auch die Presseaussendung der US.Botschaft Wien.

Und noch einmal werden die Fotos benötigt. Auf Antrag des grünen Abgeordneten Dr. Peter Pilz findet am Abend des 24. Oktober 2002 eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates statt. Der Grünabgeordnete wirft der Regierung vor illegale Überflüge zu genehmigen. Mit den Fotos ist die Regierung in der Lage zu belegen, dass sie solche Luftraumverletzung dokumentiert und dagegen protestiert und somit ihren Pflichten gemäß Neutralität und Verfassung nachkommt.

Der eingereichte Flugplan mit den fraglichen Punkten.
Anklicken zum Vergrößern.
Grafik: Bundesheer

"Goldhaube" Radarplotting - Flugpfade vom Freitag 18. Oktober 2002, 15:03-15:10 Uhr
Anklicken zum Vergrößern.
Grafik: Bundesheer

Grafische Darstellung der Radarerfassung und der Flugwege
Anklicken zum Vergrößern.
Grafik: Bundesheer

Herbert Scheibner präsentiert das Foto im Parlament
Anklicken zum Vergrößern.
Foto: Georg Mader

Martin Rosenkranz

F-117A Nighthawk

Das als "Tarnkappenbomber" im Golfkrieg berühmt gewordene Angriffsflugzeug F-117A "Stealth Fighter" ist eine streng geheim gebliebene Entwicklung der 70er Jahre. 59 Serienflugzeuge wurden zwischen 1982 und 1990 bei der ebenfalls geheimen "4450th Tactical Group" auf "Tonopah Airfield", tief in der Wüste Nevadas, in Dienst gestellt.

Erst im November 1988 bestätigte das Pentagon die Existenz des Flugzeuges und führte es erstmals im April 1990 auf Nellis AFB dem Publikum vor.

Der erste Kampfeinsatz der F-117A erfolgte im Zuge der Operation "Just Cause" in Panama und verlief eher enttäuschend.

Umso "durchschlagender" der Erfolg des Flugzeugs während des Golfkrieges im Jänner und Februar 1991. Die F-117A war das einzige Flugzeug der Koalition gegen den Irak, das mit Einsätzen auf Ziele in der extrem stark verteidigten Hauptstadt Baghdad beauftragt wurde.

Bewaffnet mit "nur" zwei 2.000 Pfund lasergelenkten "GBU-27" Bomben gelang es den Maschinen zahlreiche Prioritätsziele mit Treffern bisher ungesehener Präzision zu zerstören. Dazu zählten unter anderem militärische Kommando-, Kontroll- und Kommunikationseinrichtungen sowie zahlreiche andere Ziele auf irakischen Luftwaffenbasen.

Abermals in die Schlagzeilen kam das Flugzeug am 27. März 1999. Da gelang der Jugoslawischen Luftabwehr der Abschuss einer Maschine außerhalb von Belgrad.

Das Flugzeug selbst ist 20,3m lang, hat eine Flügelspannweite von 13,3m und ein Leergewicht von 23.625kg. Die keilförmige Silhouette des einsitzigen Flugzeuges sowie die verwendeten Materialien sind der einzige Selbstschutz der Maschine und sollen sie für Radar schwer entdeckbar machen.

Von den insgesamt noch 54 existierenden/flugfähigen Maschinen sind 36 als Einsatzmaschinen ausgewiesen, der Rest ist für Weiterentwicklung, Tests, Wartung, und Training in Verwendung.

Letzte Aktualisierung: 18.03.2004