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PLÄNE UND PROBLEME

Ambitionierte Pläne wälzt die neue Regierung mit dem Bundesheer. Die jahrelange Absenz der politischen Führung - Struktur und Doktrin stammen aus der Zeit des kalten Krieges und sind genauso überholt wie große Teile der Ausrüstung - bei gleichzeitiger finanzieller Austrocknung sollen ein Ende haben. Klar definierte Ziele sollen innerhalb überschaubarer Zeiträume umgesetzt werden, eine Expertenkommission soll Entscheidungsgrundlagen für die Umstellung des Wehrsystems liefern. Parallel dazu sollen Mängel bei der Ausrüstung behoben werden und es wird versucht Anschluss an eine noch zu definierende europäische Friedens-, Sicherheits- und Verteidigungsgemeinschaft zu finden (Stichwort: EUROKORPS, WEU, NATO, WEAG). Diese Ziele verlangen höchste Bereitschaft zur Reform bei allen Beteiligten und erfordert zusätzliche Finanzmittel trotz bereits sehr angespannter Budgetlage. So mutig diese Zielsetzung ist, so schwierig wird die Umsetzung dieser Pläne sein.

Die innenpolitische Situation
Im Inland sieht sich die VP/FP - Regierung härtestem Widerstand von Seiten der Opposition gegenüber. Die Sozialdemokratische Partei und die Grünen waren und sind gegen eine Erhöhung des Wehretats, gegen den Ankauf teurer Waffensysteme, zum Teil gegen eine Umstellung des Wehrsystems und strikt gegen jede Änderung im neutralen Status der Republik Österreich. Während die Möglichkeiten der Opposition auf Finanz- und Ausrüstungsfragen Einfluss zu nehmen sehr beschränkt sind - SPÖ und Grüne haben kein Gewicht mehr im Landesverteidigungsrat - ist in der Frage der Neutralität und des Wehrsystems eine Zusammenarbeit mit der SPÖ unumgänglich. Mit 65 Sitzen im Nationalrat besitzt die Sozialdemokratische Partei als Einzige eine Sperrminorität und muss somit bei Änderungen des Bundesverfassungsgesetzes eingebunden werden - Wehrsystem und Neutralität sind in der Verfassung festgehalten.


Der "kostengünstige" Ersatz der veralteten Draken ist eines der Hauptpunkte im Bereich der Ausrüstung.


Mehrzweckhubschrauber wurden schon von der alten Regierung beschlossen, der Ankauf muß noch fixiert werden.


Die Formulierung "kostengünstig" läßt auch für die MiG-29 Chancen erkennen.
Die politischen Probleme mit den Partnerländern in Europa
Aber nicht nur im Inland sieht sich die Regierung Widerständen gegenüber, die Einbindung der rechtspopulistischen FPÖ in die neue Regierung hat zu massiven Auslandsreaktionen geführt. Vor allem Aussagen des FPÖ- Bundesobmannes Dr. Jörg Haider aber auch Aktionen und Aussagen die von Seiten der FPÖ in diversen Wahlkämpfen getätigt wurden führten zu heftigen Protesten anderer Regierungen und zum Abbruch von diplomatischen Beziehungen mit einigen Ländern. Das die Nutzung entsprechender Auslandskontakte von Seiten der Opposition und "reißerische" Medienberichte zur Schadensmaximierung beigetragen haben sollte nicht unerwähnt bleiben. Und so sieht sich die Regierung auch im Ausland großen Problemen gegenüberstehen da entsprechende Kontakte unbedingt nötig sind um viele der gesetzten Ziele umsetzen zu können. Primär betrifft das natürlich Fragen einer verstärkten Zusammenarbeit in sicherheitspolitischen Angelegenheiten, der Eintritt in eine Verteidigungsgemeinschaft ist wohl eine der engsten Formen der Zusammenarbeit verschiedener Länder und kann gegen Widerstände nicht erreicht werden. Diese Probleme sind geradezu paradox. Endlich gibt es eine Österreichische Regierung die sich eine sicherheitspolitische Integrationspolitik als Ziel gesetzt hat, die Überflüge und Durchfuhr von Kriegsmaterial erleichtern und die EU-Zielsetzung von verstärkten Anstrengungen im Verteidigungsbereich umsetzen will. Und obwohl genau das von Seiten des Auslandes immer wieder gefordert wurde verschließt man jetzt einer Regierung welche diese Ziele erreichen will die Türen.

Noch im Oktober haben Frankreich und Österreich gemeinsam geübt,...


...jetzt gilt die Aufmerksamkeit der Medien nicht mehr den Flugzeugen sondern der politischen Eiszeit.
Wille zum Waffenverkauf fraglich
Aber auch in Materialfragen sind Probleme zumindest möglich. Der Verkauf von Waffensystemen ist eine sowohl politisch als auch wirtschaftlich hochsensible Angelegenheit. Ein Kampfflugzeug ist kein Wirtschaftsgut wie jedes andere, ein solcher Ankauf setzt den Willen der beteiligten Regierungen voraus. Da diese Fragen aber noch nicht geklärt wurden ist derzeit nur eine Einschätzung der Situation möglich, und hier gibt es zwei Denkmuster.

Dem Standpunkt das Politik und Moral die Oberhand behalten und zumindest ein Teil der Anbieter nicht gewillt ist einem Land Waffensysteme zu verkaufen dessen Regierung sie ablehnt steht der wirtschaftliche Aspekt gegenüber.

Österreich unterliegt weder einem Wirtschafts- noch einem Waffenembargo und somit ist es für jedes Land zulässig Österreich Waffensysteme zum Kauf anzubieten. In diese Richtung geäußert hat sich auch schon der Schwedische Verteidigungsminister Björn von Sydow, im Rahmen der verteidigungspolitischen Zusammenarbeit wird das Mehrzweckflugzeug SAAB-"Gripen" weiterhin zum Kauf angeboten.
Gerade der "Gripen" stellt aber ein spezielles Problem dar. Als multilaterales Projekt liefern sowohl Großbritannien, Frankreich, Deutschland und die USA entscheidende Bauteile für dieses in Schweden gebaute Flugzeug, ein Export an Österreich bedarf zumindest teilweise die Genehmigung der partizipierenden Länder.
Im Falle Frankreich könnte derzeit sogar ein beidseitiges Problem bestehen, als "Speerspitze" der Angriffe auf Österreich ist es zumindest zweifelhaft ob von Seiten Frankreichs ein Interesse an entsprechenden Geschäften besteht. Der Mehrzweckhubschrauber eurocopter "Cougar", ein französisch-deutsches Gemeinschaftsprodukt, und das Mehrzweckkampfflugzeug Dassault Mirage 2000-5 - gemeinsam mit dem "Gripen" die einzigen Flugzeuge die in Österreich getestet wurden und diese Tests auch erfolgreich absolviert haben - haben Chancen als zukünftige Ausstattung des Österreichischen Bundesheeres gewählt zu werden. Es ist aber höchst fraglich ob seitens der Österreichische Bundesregierung Interesse daran besteht solche Geschäfte mit einem Land abzuwickeln das heftigste Angriffe gegen Österreich reitet.


Es bleibt abzuwarten wie Bundesminister Herbert Scheibner und mit ihm die Regierungsspitze in der Lage sind diese mannigfaltigen Probleme zu lösen. Auf jeden Fall gelingen sollten die Erstellung einer neuen Einsatzdoktrin, die Ausarbeitung von Grundlagen für die etwaige Umstellung des Wehrsystems, Rationalisierungen im Bereich der Verwaltung und der Standorte und eine finanzielle Besserstellung des Verteidigungsressorts. Wenn darüber hinaus noch die Initialzündung für langfristige Lösungen bei benötigten Großsysteme gelingt dann hat die neue Bundesregierung zweifellos mehr erreicht als man ihr in der derzeitigen schwierigen Lage zutrauen möchte.
Teil der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsgemeinschaft zu werden war erklärtes Ziel beider Regierungsparteien vor der Wahl und ist es auch jetzt, eine Annäherung an ein westliches Verteidigungsbündnis mutet bei den derzeitigen teilweise sehr massiven Widerständen jedoch wie ein Zauberkunststück an.


Politische Probleme könnten die Mirage 2000 genauso chancenlos machen ...

... wie den eurocopter "Cougar".

Foto: BMLV
Keine leichten Aufgaben für Herbert Scheibner

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Letzte Aktualisierung: 10. Feb. 2000